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Luxusmode: stabilstes Segment auf dem russischen Markt

Von Simone Preuss

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Einzelhandel |BERICHT

Das Luxussegment hat sich als das krisensicherste auf dem russischen Markt herausgestellt, und tatsächlich hat sich bis jetzt noch keine Luxusmarke zurückgezogen. Im Gegenteil, 8 von den 13 Marken, die 2015 auf den russischen Markt traten, gehören dem Premium-Segment an. Laut dem jährlichen Bericht zur Lage der Bekleidungsbranche des Landes hat die Fashion Consulting Group Russia (FCG) festgestellt, dass 60 Prozent aller gut betuchten russischen Verbraucher angaben, von der Schwächung des Rubels nicht betroffen zu sein, was die Ausgaben für ihre Garderobe angeht.

Interessant ist jedoch, wie die unsichere wirtschaftliche Lage den Modekonsum beeinflusst hat. So gilt es etwa als verpönt, mit seinen Einkäufen anzugeben und russische Kunden geben sich bedeckt, was ihre Ausgaben und Luxusvorlieben angeht.

Als generellen Trend stellte die FCG fest, dass das russische Konsumverhalten als "vorsichtig" und "weniger demonstrativ" charakterisiert werden kann. Gerade wohlhabende Russen und Russinnen setzen auf vernünftige Investitionen; weniger, aber bessere Produkte; individuellen Service; eine koordinierte Garderobe, was ein impulsives Einkaufsverhalten eher ausschließt; und exklusive Artikel, zum Beispiel aus exotischem Leder, limitierte Auflagen und innovative Modelle.

Zudem hat es das Luxussegment geschafft, die Nachfrage im Land auf dem gleichen Niveau zu halten, was besonders auf drei Faktoren zurückzuführen ist: eine inflationsbedingte Beliebtheit heimischer Shoppingziele wie Moskau und St. Petersburg, derzeitige konkurrenzfähige Preise auf dem Heimatmarkt und einen wachsenden Zustrom asiatischer Touristen.

Chancen für das Luxussegment

Durch die Inflation wurden viele russische Modefans, die vielleicht bereits eine Einkaufstour in Westeuropa geplant hatten gezwungen, diese Pläne aufzugeben und internationale Shoppingziele mit nationalen wie etwa Moskau und St. Petersburg zu tauschen, begünstigt von den derzeitigen guten Preisen für Luxusartikel auf dem Heimatmarkt.

Diese hängen damit zusammen, dass einige Einzelhändler ihre Preise schonender anheben als den Wechelkurs, um ihren Kunden einen Schock zu ersparen. Dadurch werden einige Luxusartikel - verglichen mit ihren Preisen in Europa - plötzlich zu Schnäppchen.

Dies bleibt auch Besuchern aus Asien nicht verborgen, die den Einkauf bestimmter (Luxus)Artikel auch zu ihrem Reiseziel machen. Gerade der Zustrom chinesischer Touristen nahm 2015/16 verglichen mit 2014 laut Rostourism um 30 Prozent zu. Zudem stieg der Wechselkurs des Yen zweimal so viel wie der Rubel, wodurch die Preise für Luxusartikel in China 70 Prozent höher sind als in Europa und damit auch in Russland. Somit wurde Russland für viele Chinesen zum nahen und günstigen Einkaufsziel für Luxusartikel wie Mode, Uhren und Schmuck.

Russische Einzelhändler wie zum Beispiel das Moskauer Kaufhaus TSUM, schlossen sich dem Trend in Europa an und setzen jetzt auch in ihren Geschäften auf chinesisch sprechendes Personal. Auch Werbung wird auf Russisch, Englisch und Chinesisch verfasst. Dadurch steigerte sich der Kundenstrom laut TSUM verglichen mit dem Vorjahr bereits um 45 Prozent, während der Umsatz um 40-45 Prozent zulegte.

Laut FCG wird das höherpreisige Segment des Modemarktes im Jahr 2016 unverändert bleiben, während das Segment im mittleren Preisbereich Einbussen verzeichnen und das im unteren Preisbereich wachsen wird (s. Tabelle). Daher sind die Modemarken, die zum mittleren Preissegment gehören, am anfälligsten, während das Luxussegment sich als das stabilste herausstellte.

Mittleres Preissegment ist am stärksten betroffen

Zudem haben Modemarken und -einzelhändler festgestellt, dass die Strategie, das Ende der Krise abzuwarten, vorbei ist. Sie müssen sich jetzt auf ein verändertes Konsumverhalten einstellen und einsehen, dass es (vorerst) keine Rückkehr zu den Ausgaben ihrer Kunden vor der Krise geben wird. Das heißt, sie müssen ihre Strategie drastisch ändern und mit der neuen Realität leben und kalkulieren lernen. Dazu gehört zum einen, dass sich das verfügbare Einkommen der meisten Russen um 30-50 Prozent reduziert hat, womit es nicht länger mit dem der europäischen Mittelklasse vergleichbar ist. Je mehr Geld für Lebensmittel, Miete und andere Haushaltsausgaben ausgegeben wird, umso weniger bleibt für Kleidung und Schuhe übrig.

Internationale Modemarken wie Zara, Mango und Gap, die sich an Mittelklassekunden richten, müssen sich auf die neuen Verhältnisse einrichten, da sie jetzt vom durchschnittlichen russischen Mittelklasseverbraucher als "zu teuer" eingestuft werden. Selbst finanziell besser gestellte Kunden wie Ärzte, Lehrer und Manager, die auf ihren Einkauf in modernen Einkaufszentren nicht verzichten möchten, werden verstärkt nach Schnäppchen, Ausverkäufen und Rabatten Ausschau halten, während der Rest sich vielleicht mit dem Schaufensterbummel begnügt.

Dies eröffnet gute Chancen für Discounter, Outlets und junge Marken, sowie jene Einzelhändler, die flexibel sind und sich mit ihren Preismodellen auf das neue Sparverhalten einstellen können. Der Outlet-Entwickler Fashion House Group etwa kündigte an, für 2016 einen Anstieg von 30 Prozent zu erwarten.

Abschließend sollte noch erwähnt werden, dass zwei Bereiche besonders gut dastehen werden: E-Commerce, der ständig wächst und gerade Nischen- und Start-up-Unternehmen gute Chancen bietet, und der Kleiderverleih, der modebewussten Kunden ermöglicht, ihren Look zu verändern, ohne groß in die Tasche greifen zu müssen. Auch Messen wie die CPM trotzen der Russland-Flaute, die in diesem Jahr eine gute Resonanz verzeichnete.

Beruhend auf einem Bericht von Anna Lebsak-Kleimans, Geschäftsführerin, Fashion Consulting Group Russia, eine der führenden Beraterfirmen der Modebranche in Russland.

Fotos: TSUM Moskau (jimmywee via Wikipedia) / TSUM Website / Tabellen: Fashion Consulting Group 2016

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