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Modehändler und Verbände kritisieren abermals verlängerten Lockdown

Von Weixin Zha

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Einzelhandel

Bund und Länder haben sich auf eine Verlängerung des Lockdowns bis nach Ostern geeinigt. Damit werden die Befürchtungen von vielen Modehändlern wahr. Das sagt die Branche über die neuen Beschlüsse und die angekündigten Ruhetage am Gründonnerstag und Karsamstag, die jetzt scheinbar auf der Kippe stehen.

Das sagen Modehändler

Wie die meisten seiner Kollegen hat Modehändler Ronny Rühle kein Verständnis mehr für die Beschlüsse zur Pandemie-Bekämpfung von Bund und Ländern, wonach der Lockdown noch bis mindestens 18. April dauern soll. „Was die Regierung gemacht hat, ist nicht mehr nachvollziehbar”, sagt der Besitzer von Rühle Modehaus und Indigo Fashion e.K im sächsischen Großenhain. Er hat in der vergangenen Woche gegen die Coronavirus-Testpflicht für Mitarbeiter in Sachsen geklagt, die Unternehmen selbst bezahlen müssen, und wartet noch auf die Entscheidung über den Eilantrag.

Mit Schließungen über Ostern hat Rühle gerechnet. Er hat vorsorglich im vergangenen Jahr sowie für die kommende Herbstsaison weniger geordert, aber das federe die Gesamtbelastung nicht ab. „Es ein klassischer Pyrrhussieg”, sagte Rühle am Dienstag über die Oster-Ruhetage, die nach den jüngsten Medienberichten wieder aufgehoben werden könnten. Anfang April, von Gründonnerstag bis Ostermontag, sollte das gesamte öffentliche und private Leben in Deutschland heruntergefahren werden. Dabei wären Bekleidungsgeschäfte nicht gegenüber anderen Händlern benachteiligt gewesen, aber auch in Gebieten mit niedriger Sieben-Tage-Inzidenz wäre das Geschäft an Ostern ausgefallen.

Nach fast 100 Tagen Lockdown sehen sich 54 Prozent der Bekleidungshändler und 58 Prozent der Händler von Schuh- und Lederwaren in Insolvenzgefahr, zeigt eine Umfrage des Handelsverbands Deutschland HDE vom vergangenen Wochenende. „Bund und Länder agieren nur noch im Tunnelmodus. Die alleinige Fixierung auf die Corona-Inzidenzwerte wird der komplexen Lage nicht gerecht“, sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth in einer Mitteilung am Dienstag. „Nach einem Jahr mit Corona ist die Lage bei vielen Händlern verzweifelt, vielerorts gibt es keine Hoffnung mehr, diese Krise wirtschaftlich überstehen zu können. Deshalb muss die Politik endlich eine realistische Perspektive geben.“

Genth fordert alle Geschäfte unter Einhaltung strikter Hygienekonzepte wieder zu öffnen. Die HDE-Umfrage zeigt auch, dass geschlossene Geschäfte in den Innenstädten in der vergangenen Woche 63 Prozent weniger Umsatz als vor zwei Jahren machten. Läden, die für Einkauf mit Terminvereinbarung öffneten, verzeichneten ein Minus von knapp einem Drittel. Knapp ein Fünftel im Minus lagen die Geschäfte, die mit begrenzter der Kundenzahl geöffnet waren.

Auch der Luxus-Modehändler Apropos mit Filialen von Köln bis München ist unzufrieden. „Die Situation ist frustrierend und verfahren”, sagte Managing Director Henning Korb per E-Mail. Es müsse ein Weg gefunden werden mit Corona zu leben. „Uns fordert die anhaltende Zwangsschließung Kreativität, Flexibilität und gute Nerven ab. Verständnis haben wir für die realitätsfernen Entscheidungen schon lange nicht mehr.“

Das sagen Brands und Hersteller

„Dass die so genannte Notbremse gezogen werden würde, war vorauszusehen. Allerdings schätzen wir die Schließung des Einzelhandels absolut nicht als das richtige Mittel ein, denn die Öffnungen der Geschäfte stehen mit dem aktuellen Anstieg der Infektionszahlen nachweislich nicht im Zusammenhang“, sagte Gerry-Weber-Chef Alexander Gesat per E-Mail am Dienstag. Er plädiert für eine Öffnungsstrategie, die nicht an Inzidenzzahlen, sondern an eine Teststrategie gekoppelt ist, wie es die Stadt Tübingen vormacht . Gedat wies auch daraufhin, dass zusätzliche offizielle “Schließtage” Gründonnerstag und Karsamstag potentiellen Umsatz dort verhindern, wo der stationäre Handel in Deutschland hätte öffnen können.

„Mit diesen Beschlüssen sind wir nun endgültig im freien Fall“, sagte Uwe Mazura, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes der deutschen Textil- und Modeindustrie in einer Mitteilung am Dienstag. „Das Ostergeschäft fällt nun schon im zweiten Jahr in Folge aus, auch das Weihnachtsgeschäft wurde durch den Winterlockdown nahezu ausgebremst. Ein Jahr mit monatelang geschlossenen Läden kann kaum einer in einer Branche überstehen, in der rund 70 Prozent der Ware im stationären Handel gekauft wird.”

Die aktuelle Situation habe für die Hersteller bereits jetzt Folgen, die bis weit ins nächste Jahr reichen, so der Textilverband. Nicht verkaufte Ware gehe auch oft an die Produzenten zurück. Der Gesamtverband Textil+mode lässt nun rechtliche Schritte prüfen, damit deutsche Hersteller von den Überbrückungshilfen bei Saisonware und der steuerlichen Begünstigung von Kleiderspenden nicht ausgeschlossen bleiben.

Bild: Petra Bork / Pixelio

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