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Wie Modehändler Shopping mit Termin angehen

Von Caitlyn Terra

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Einzelhandel |HINTERGRUND

In Deutschland begrüßen die ersten Modehändler bereits ihre Kunden nach Terminabsprache, aber erst in zwei Bundesländern. Seit Mittwoch ist das bereits im gesamten Nachbarland Niederlande der Fall. Wie gehen die Modehändler hier damit um? Concept-Stores bis Modeketten verraten, wie viele Leute sie in den Läden empfangen, wie sie die Termine reservieren und wie lange sie jeden Tag für das Einkaufen mit Termin geöffnet haben.

In Deutschland erlauben seit dieser Woche nur Rheinland-Pfalz und Saarland das Einkaufen mit Termin.. Weitere Bundesländer wie Bremen, Hessen und Baden-Württemberg möchten nachziehen. Während die Regeln in diesen Bundesländern noch recht allgemein gefasst sind, haben die Niederlande schon sehr detaillierte Vorschriften für das Empfangen der Besucher nach Vereinbarung. Der Termin muss mindestens vier Stunden im Voraus vereinbart werden. Es können nur zwei Personen pro Stockwerk begrüßt werden und das maximal sechs Mal pro Stunde. Das bedeutet, dass ein Stockwerk maximal zwölf Personen in einer Stunde aufnehmen kann, wobei Zeitfenster von zehn Minuten genutzt werden. Die Größe des Ladens spielt dabei keine Rolle – die maximale Besucherzahl gilt pro Etage, nicht pro Quadratmeter. Das bedeutet nicht, dass sich die Einzelhändler an ein Zeitfenster von zehn Minuten pro Kunde halten müssen, sie können es frei gestalten, solange sich nicht mehr als zwei Personen pro Etage darin aufhalten.

Concept Store Koekwaus

Koekwaus im niederländischen Den Bosch will das Einkaufen nach Vereinbarung zu einem echten "gemütlichen Moment" machen, sagte Mitinhaberin Marlou van Rheden gegenüber FashionUnited am Telefon. Bereits im letzten Jahr bot der Concept Store private Shopping-Sessions an und tut dies auch jetzt wieder. Kundinnen können Koekwaus an sieben Tagen in der Woche zu den gewohnten Öffnungszeiten besuchen. „Letztes Jahr hatten wir auch abends geöffnet, aber das werden wir jetzt nicht mehr tun. Van Rheden hatte nicht erwartet, dass es so einen Ansturm auf das Einkaufen mit Termin geben würde, obwohl ihre Schwester und Miteigentümerin Laura sie gewarnt hatte. Ihre Schwester behielt Recht, denn es gibt bereits viele Anmeldungen, so van Rheden im Gespräch. „Am Anfang waren es nur die Stammkunden, aber jetzt kommen auch viele neue Kunden." Nach einer Buchung erhalten die Shopper eine Reservierung und werden von Koekwaus gefragt, ob sie Artikel gesehen haben, die sie gerne noch anprobieren möchten. Von diesen kann die Kundin dann einen Screenshot machen und ihn per Whatsapp an die Schwestern schicken. „Eine Stunde ist kurz und auf diese Weise steht sofort eine Kleiderstange bereit. Diese kann natürlich mit anderen Artikeln aus dem Laden ergänzt werden." Um es zu einem ganz besonderen Moment zu machen, stehen ein Snack und ein Getränk für die Kundin bereit. „Einkaufen nach Termin ist vielleicht nicht für jedes Geschäft und jeden Modehändler geeignet, aber es passt sehr gut zu unserer Zielgruppe und unserem Lebensstil", sagt van Rheden. Ursprünglich plante Koekwaus nur in den ersten beiden Märzwochen für das Shoppen nach Vereinbarung zu öffnen, aber weil die Begeisterung so groß ist, ist es nun möglich, den ganzen März über einen Termin zu buchen. „Sollten sich die Maßnahmen ändern, können wir jederzeit absagen, aber so haben die Leute mehr Optionen."

Secondhand-Designerladen Onley Desirables

Gerard Onley von Onley Desirables in der Czaar Peterstraat in Amsterdam heißt die Kunden auch ab Mittwoch wieder im Laden willkommen. Onley Desirables verkauft einzigartige und manchmal seltene Designerstücke. Das Geschäft wird zu seinen normalen Öffnungszeiten – Dienstag bis Samstag von 10:00 bis 18:00 Uhr – geöffnet sein, teilte der Unternehmer FashionUnited schriftlich mit. „Wenn es sein muss, bin ich auch flexibel", sagte er. Onleys Laden ist nicht groß, „Zwei Besucher passen perfekt in den Raum". Jedes Zeitfenster ist eine Stunde lang. „Wenn es gut läuft, erwarte ich etwa fünf bis sechs Kunden pro Tag." Reservierungen können über die E-Mail-Adresse von Onley Desirables vorgenommen werden, wo Kunden ein Zeitfenster reservieren können und dann eine Bestätigung erhalten.

Bild: Blijdesteijn Mode

Modehaus Blijdesteijn

Bram van Blijdesteijn führt in sechster Generation das Familienunternehmen Blijdesteijn Mode im niederländischen Tiel und sagt, dass das Einkaufen nach Vereinbarung für den Weidewinkel (Anm. der Red.: größeres Modehaus in ländlichen Gebieten der Niederlande) nicht neu ist. „Wir arbeiten seit mindestens zehn Jahren mit persönlichen Shopping-Terminen", erklärt Blijdesteijn gegenüber FashionUnited per Telefon. „Bei unserer Größe ist das einfach und sicher zu organisieren." Daher wird der 3.500 Quadratmeter große Laden definitiv nach Termin-Vereinbarung geöffnet. Mit all den Etagen, die das Gebäude hat, sind im Blijdesteijn Mode acht Termine pro Stunde möglich. Die Dauer des Termins variiert zwischen einer Stunde und eineinhalb Stunden. Besucher müssen online einen Termin vereinbaren und dabei angeben, ob sie für Damen- oder Herrenmode kommen und für welchen Anlass. „Für Casualwear buchen wir eine Stunde, für Partykleidung anderthalb Stunden", sagt Blijdesteijn. Das Modehaus werde zu seinen regulären Öffnungszeiten Kunden empfangen, sagt der Unternehmer – außer am Shopping-Abend. „Wir werden erst einmal sehen, wie es tagsüber läuft." Zwei Tage vor der teilweisen Wiedereröffnung stehen bereits einige Termine für die kommende Zeit auf dem Programm. „Innerhalb der ersten zwei Tage nach der Ankündigung wurden bereits sechzig Termine gebucht. Wir sind jetzt schon bei insgesamt achtzig oder neunzig Terminen."

„Wir vermissen den Kunden, aber der Kunde vermisst uns auch. Wahrscheinlich werden sie uns jetzt als Ausflugsziel nutzen und dabei müssen wir alle Sicherheitsmaßnahmen strikt einhalten." Über die Wiedereröffnung scheint Blijdesteijn keine Zweifel zu haben. „Wir müssen etwas tun. Wir waren schon immer serviceorientiert und Click & Collect funktioniert bei uns nicht. Wir sind einfach gut in der Beratung und im Erstellen von Outfits, das bekommt man online nicht."

Bild: Steppin' Out

Modefilialist Steppin' Out

Die Bekleidungskette Steppin' Out hat insgesamt fünfzehn Läden und alle werden nach Vereinbarung geöffnet, sagte Geschäftsführer Clé Enneking schriftlich gegenüber FashionUnited. Rund 100 Termine stehen bereits auf der Agenda und über alle Filialen verteilt, ist das leicht zu bewältigen, sagte der Geschäftsführer. „Wir freuen uns darauf, unsere Kunden wieder live treffen zu können. Diese Gelegenheit nehmen wir gerne wahr. Das war anders, als vor einiger Zeit die Möglichkeit für Click & Collect bestand. Wir haben das nicht gemacht. Das war für uns logistisch nicht machbar."

Kundinnen und Kunden können online einen Platz reservieren, aber Steppin' Out gibt keine maximale Zeit vor, die Besucher im Laden bleiben können. „Ein paar Termine stehen schon fest, aber es ist ja nicht so, dass wir rätseln müssen, wie wir das alles unter einen Hut bekommen. Wenn sich ein Kunde die Mühe macht, einen Termin zu buchen, rufen wir an, um den Termin zu bestätigen. Wir fragen dann auch, was genau sie suchen und ob wir etwas vorbereiten können. Wenn der Kunden einmal bei uns im Laden ist, nehmen wir uns alle Zeit für den Kunden. Einschließlich einer Tasse Kaffee." Ein Termin dauert also so lange, wie er dauert, und ein Kunde ist im Laden willkommen – oder ein Kunde mit seinem Partner, erklärt der Geschäftsführer.

Enneking betont, dass das Einkaufen nach Termin ein Tropfen auf dem heißen Stein ist und hofft vor allem auf die vollständige Wiedereröffnung der Läden. Trotz der Notwendigkeit einer vollständigen Wiedereröffnung ist das Einkaufen nach Vereinbarung derzeit von Mittwoch bis Samstag zwischen 12 und 17 Uhr möglich. „Wir wollen uns einen Moment Zeit nehmen, um zu sehen, was es bewirkt", sagt er. Der CEO sagt auch, dass es vom Einsatz der Mitarbeiter abhängt. „Es ist nicht praktisch, wenn man nur zwei Termine an einem Tag wahrnehmen kann. Im schlimmsten Fall um 10:00 und 16:00 Uhr. Was sollen Sie in den Stunden dazwischen tun? Deshalb haben wir es kompakt gehalten." Die Ausweitung des Angebots ist laut dem CEO einfach, sollte der Bedarf entstehen.

Nach der Anzahl der Termine zu urteilen, die Blijdesteijn Mode, Steppin' Out und Koekwaus bereits in ihren Kalendern stehen haben, scheint der Kunde darauf zu brennen, wieder in die Geschäfte zu gehen. Eine Umfrage von Strabo und Factsnapp unter 821 Niederländern zeigt, dass 90 Prozent für die Öffnung von Geschäften sind. Ob es nur darum geht, aus dem Haus zu kommen, oder ob der Kleiderschrank wirklich neue Teile braucht – der Verbraucher vermisst das physische Geschäft. Noch ist aber abzuwarten, wann der scheidende Premierminister in einer Pressekonferenz die erlösenden Worte spricht, dass die Geschäfte wieder öffnen können.

Dieser übersetzte Beitrag erschien zuvor auf FashionUnited.nl und wurde mit Angaben zur Situation in Deutschland ergänzt.

Hauptbild: Blijdesteijn Mode

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