Berlin Fashion Week: New Yorker Künstlerkollektiv spielt Adidas einen Streich
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Es beginnt bereits am Montagmorgen. In den Postfächern vieler Redaktionen landet eine E-Mail, in der der deutsche Sportartikelkonzern Adidas unter dem neuen Geschäftsführer Björn Gulden einen “revolutionären Plan” ankündigt. Die neue Initiative “Own the Reality” sei der ehrgeizigste “Plan für soziale und ökologische Verantwortung, der jemals von einer großen Marke umgesetzt wurde.” Bei der Neuausrichtung helfen solle eine neue Co-CEO – die ehemalige kambodschanische Textilarbeiterin Vay Ya Nak Phoan.
Klingt zu schön, um wahr zu sein? Stimmt, denn das New Yorker Künstlerkollektiv Yes Men spielt in seinen Aktionen gerne mit der Realität, um Unternehmen und Organisationen wie die Welthandelsorganisation aufs Korn zu nehmen. Die von ihr verfasste Unternehmensmitteilung von “adidas” ahmte den Marketing-Ton und die Superlativen dieser Art Texte nach, aber übertreibt so sehr, dass sie diese auch gleichzeitig parodiert.
Anti-Fashion-Show
Dass es sich bei der Mitteilung um einen Streich handeln musste, wurde spätestens auf der Berliner Modewoche klar. Im Multilabel-Store Platte begann Montagnachmittags eine Show, bei der Adidas passend zur neuen Initiative eine Kollektion namens “Realitywear” vorstellte.
Die vermeintliche neue Geschäftsführerin, aber in der Tat ehemalige Näherin, Vay Ya Nak Phoan war selbst vor Ort. Sie berichtete, wie sie in den ersten Tagen ihrer Arbeit in einer Textilfabrik nicht auf die Toilette durfte, bevor sie nicht 20 Stück Klamotten fertig genäht hatte. Dann liefen sichtlich mitgenommene Models mit Kostümen aus upgecycelten Adidas-Kleidungsstücken über den Laufsteg, manche verteilten Gutscheine mit Aufschriften wie “Das perfekte Geschenk – endlich unsere Arbeiter:innen” bezahlen”.
Mit der Aktion zum Beginn der Berlin Fashion Week prangern die Kunstschaffenden nicht nur die ausbeuterischen Mechanismen oder das Marketing und Greenwashing der Modeindustrie an. Letztendlich bekamen auch die Medien ihr Fett ab. Denn einige griffen die falsche Pressemitteilung auf, gingen damit den Künstlern auf den Leim, und legten offen, wie nah Wahrheit und Falschmeldung in einer schnelllebigen Medienwelt beieinander liegen können.
Der Sportartikelkonzern hat sich in der Zwischenzeit eindeutig von der Aktion distanziert. Ein Sprecher der Adidas AG bestätigte gegenüber FashionUnited, dass die fragliche Pressemitteilung nicht von dem Unternehmen verschickt wurde.