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Fat is Fabulous: Wie Londons Overweight Haters sich ins eigene Fleisch schneiden

Von Simone Preuss

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Mode |MEINUNG

"Body Shaming" - die Beleidigung oder Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer Körpergröße - ist nicht neu und die Modebranche ist Kontroversen nicht fremd, wenn es darum geht zu bestimmen, welche Körpergröße akzeptabel (sprich:vermarktbar) ist und welche nicht. Die meisten von uns würden übrigens in die letztere Kategorie fallen, denn Studien beweisen es immer wieder: 52 Prozent der Erwachsenen in Deutschland sind übergewichtig (2013), wobei mehr Männer (62 Prozent) darunter fallen als Frauen (43 Prozent).

Eine besonders scheußliche Hetzkampagne der "Overweight Haters Ltd" in London läßt derzeit die Wogen in den sozialen Medien hochschlagen. Die Gruppe verteilt Visitenkarten an Passanten der U-Banhn auf denen einfach steht "You're Fat". Während die Mitglieder der Gruppe schnell aus Zügen ein- und ausspringen, bleiben die angsprochenen Passagiere (oft Frauen) fassungslos sitzen, schämen sich oder fangen sogar an zu weinen.

Hetzgruppe versucht, Frauen aufgrund ihres Aussehens einzuschüchtern

"Was mich hieran geschockt hat, ist die absolute Frechheit der Person, aktiv und heimtückisch zu versuchen, eine Rektion von jemandem zu erwirken, der nichts anderes gemacht hat, als wie jeden Tag mit der U-Bahn zu fahren", kommentierte Fran Hayden im Independent. (Die Polizei in London untersucht gerade die 'Overweight Haters Ltd' und bittet diejenigen, die entweder eine Karte erhalten oder Personen beim Austeilen beobachtet haben, sie zu kontaktieren.)

Eine Frau, Kara Florish, war eine der ersten Empfängerinnen der Hassbotschaft und teilte ihren Inhalt (ja, es gibt mehr von diesem Schwachsinn, noch dazu schlecht geschrieben und grammatikalisch fehlerhaft, so dass wir uns entschieden haben, es hier nicht wiederzugeben) über die sozialen Medien mit, wo er für Aufregung sorgte.

Außer erregten Gemütern und Debatten schritten einige Leute aber auch zur Tat: Der weltweit führende Online-Shop für Premium-Mode ab Größe 42 navabi zum Beispiel bot Kara erst einmal ein kostenloses Outfit im Wert von bis zu 500 Pfund an. Dann druckte der Onlinehändler seine eigenen Visitenkarten mit der Nachricht "You look great!" und fing an, sie auszuteilen. Zudem bemerkte Navabi, dass die Domain overweighthaters.com noch frei war, sicherte sie sich und berichtet auf ihr über den Kampf gegen die Hetzkampagne sowie verbreitet dort seine eigene positive Nachricht.

Statt also mehr Scham über den eigenen Körper anzuregen, könnte der ausgelöste Schrei der Entrüstung wirklich ein Wendepunkt sein; nicht nur für die Modeindustrie, sondern auch die Gesellschaft als ganze, um die Leute zu vereinen statt sie in 'dick' und 'dünn' zu teilen (als ob dies alles wäre). Dies ist auch ein guter Zeitpunkt, in sich zu gehen und zu schauen, wie wir Körperfragen wirklich angehen und was als angemessene oder akzeptable Größe gilt - besonders für Frauen und gerade die, die im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen (Warum müssen Politikerinnen, Sportlerinnen, etc. immer ausgezeichnete Arbeit leisten UND gut aussehen, während ihre männlichen Kollegen einfach nur gute Arbeit leisten müssen?).

Sind wir wirklich neutral, wenn wir jemanden anschauen? Oder neigen wir zu Schnelleinschätzungen, die oft auf der Körpergröße und -form einer Person basieren? Es gibt Parallelen zwischen Body Shaming und Rassismus, da vieles subtil vor sich geht und sogar von denen, die sich als aufgeklärter oder informierter sehen; wir alle tun es unbewusst, jederzeit.

"Es gibt Tausend Wege, in denen die Gesellschaft und die Leute in ihr dicken Leuten sagen, dass wir nichts wert sind. Sicher, wenn jemand Karten austeilt und dies laut verkündet, dann ist das schrecklich, aber der einzige Unterschied zwischen ihnen und den meisten Leuten ist, dass sie ehrlich und direkt beleidigend sind", fand Rebecca Shaw in The Drum.

Fat is Fabulous

Dies erinnert mich an den Versuch eines afroamerkanischen Freundes, der mir den Unterschied zwischen Rassismus im tiefen Süden und im Norden der USA zu erklären versuchte. Im Süden, sagte er, ist Rassismus im Alltag ziemlich an der Oberfläche und man weiß, was man zu erwarten hat, während er im Norden oft unerwartet und von hinten kommt, da die Leute versuchen, ihn zu verstecken.

Zieht man eine weitere Parallele zu einer kulturellen Bewegung der 60er Jahre, die Anspruch auf den afroamerikanischen Körper erhob, indem sie erklärte "Black is Beautiful", dann ist es jetzt vielleicht an der Zeit, das Adjektiv 'dick' oder 'fett' zurückzuerobern und stolz zu erklären "Fat is Fabulous!" Ich bin dick, na und, komm' damit klar. Immerhin muss ich heutzutage meinen Körper nicht mehr verstecken, sondern habe fantastische, gut sitzende Kleidung, die ihn betont.

Fotos: navabi
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Navabi