Kilian Kerner: Ich kann der Krise wenig Gutes abgewinnen
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Man sieht es ihm nicht an, aber Kilian Kerner ist ein Urgestein der Berliner Mode. Sein Label gründete er 2004, bis 2010 führte er die Marke Kilian Kerner alleine, bevor Investoren das Label übernahmen und er in den Vorstand wechselte. 2011 folgte der Börsengang als Kilian Kerner AG. Im Juni 2016 trat er zurück. In dieser Saison zeigt der Berliner Designer mit KXXK seine 20. Modenschau auf der Berlin Fashion Week. FashionUnited sprach mit ihm über die Kollektion, die digitale Modewoche und seinen Blick auf die Coronakrise.
Wie stark hat Sie die Coronakrise getroffen?
Kilian Kerner: Seit ich die Marke Kilian Kerner auf Eis gelegt habe, arbeite ich auf Projektbasis. Man muss sich meine Kollektion KXXK nicht wie ein Label, sondern eher wie eine halbjährliche Kapselkollaboration mit mir selber vorstellen. Daran habe ich bis Mai gearbeitet.
Ansonsten arbeite ich üblicherweise mit unterschiedlichen Kollaborationspartnern auf Auftragsbasis zusammen – zum Beispiel mit Samsonite, Hägen Dazs, oder Villeroy & Boch. Solche Aufträge wurden in innerhalb von zehn Tagen alle gecancelt. Ich saß also nur zuhause herum und hatte nichts zu tun, das war Hölle für mich, weil ich eigentlich immer arbeite.
Im Oktober kamen dann zum Glück mehrere neue Projekte rein, aber auch da war wieder eine Absage dabei, die sehr schmerzhaft für mich war, weil es um einen Traumpartner ging. Also, alles in allem hat mich die Krise schon ziemlich getroffen und auch runtergezogen.
Wie gestaltet sich Ihre Teilnahme an der digitalen Berliner Modewoche?
Ich feiere ein Jubiläum: Meine 20. Show auf der Berlin Fashion Week. Das feiern wir trotz Corona – so gut es eben geht. Ohne Party, ohne Zuschauer und ohne sich zu berühren oder zu umarmen. Aber die Kollektion wird gezeigt, sie wird live gestreamt und ich bin sehr froh, dass sie stattfindet.
Was Nowadays in den letzten Wochen geleistet hat, da muss man echt den Hut davor ziehen. Man macht sich gar keinen Begriff davon, wie viel Aufwand das ist unter den aktuellen Gegebenheiten eine Modenschau zu zeigen, wenn es auch „nur“ online ist. Ich finde es schade, dass dafür so wenig Wertschätzung da ist. Man muss so viele Dinge bedenken: das ständige Corona-testen, es gibt kein Casting, die Models müssen direkt gebucht werden, beim Fitting dürfen sie sich nicht begegnen – dafür muss man erst einmal eine geeignete Location finden. Also kurzum, ich hoffe, dass viele Konsumenten, Presse- und Branchenvertreter sich die Shows ansehen.
Haben Sie staatliche Hilfen erhalten/in Anspruch genommen?
Ich habe die Soforthilfe beantragt und auch bekommen. Aber einmalig 5.000 Euro, von denen man nicht einmal die Miete bezahlen darf, sind nur begrenzt hilfreich, finde ich. Ich habe weniger ausgegeben und hatte zum Glück Rücklagen gebildet, von denen ich zehren konnte.
Haben Sie in den letzten Monaten einen Trend erkennen können, oder auf andere Produkte gesetzt?
Wir haben Masken produziert und verkauft, ein Teil der Einnahmen daraus ging an die Berliner Tafel.
Können Sie der Krise etwas Gutes abgewinnen?
Nein. Ich finde die traurigste Erkenntnis aus dieser Krise ist, dass leider sehr viele Menschen gibt, die entweder dumm oder super egoistisch sind. Warum muss man mitten in der Krise Skifahren gehen? Warum weigert man sich, eine Maske zu tragen, wenn es Menschenleben retten kann?
Ich sorge mich um Kinos, Theater, kleine Labels und Kreativ- und Kulturschaffende und habe Angst, dass viele das wirtschaftlich nicht überleben.
Aber wenn ich etwas nennen muss, dann vielleicht das: Ich habe gelernt, wie wichtig Freunde sind. Und ich freue mich darauf, wieder Menschen zu treffen und zu umarmen.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Ich wünsche der Branche, dass sie sich in der Saisonalität sinnvoller aufstellt, wie es zum Beispiel unter dem Hashtag Rewiring Fashion gefordert wird. Auf dem Höhepunkt meiner Marke habe ich in vierzehn Ländern verkauft, über 120 Stores beliefert, und wir haben im Dezember die kürzesten, dünnsten Seidenkleider ausgeliefert, obwohl es gerade erst richtig kalt wurde. Da musste man sich schon fragen, wie sinnhaft das ist. Also, ich hoffe, dass es weniger Kollektionen pro Jahr geben wird und dass sich die Branche da sinnvoller auf die Saisons einpendelt.
Bild: Kilian Kerner by Robin Kater