Label to Watch: bio-zirkuläre Damenanzüge von Lotta Ludwigson
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Mattels „Day to Night“ Barbie der 80er Jahre war eine Sensation - zumindest für kleine Mädchen: Barbie ging nicht nur in einem tollen Kostüm zur Arbeit (und war damit finanziell unabhängig), sondern konnte es abends einfach wenden und zu einem Party-Outfit machen. Die kleinen Mädchen sind inzwischen gestandene Geschäftsfrauen geworden und wollen von ihrem Büro-Outfit nicht nur Vielseitigkeit und Eleganz, sondern auch Zirkularität. Sie fragen sich, was mit Anzügen am Ende ihres Lebens passiert und weigern sich, zum Textilmüll beizutragen.
Hier kommt die Slow-Fashion-Luxusmarke Lotta Ludwigson ins Spiel, die faire, zirkuläre und zeitlose Businessmode für Frauen kreiert, die auch nach Feierabend getragen werden kann. Das Label achtet darauf, die Cradle-to-Cradle Designmethode anzuwenden und Kleidung so zu entwerfen, dass sie niemals auf dem Müll landet, sondern stattdessen nach mehreren Produktlebenszyklen vollständig biologisch abgebaut werden kann.
FashionUnited sprach mit Co-Gründerin Charlotte Piller über die Herausforderungen, die der Anspruch, den ersten bio-zirkulären Hosenanzug für Frauen auf den Markt zu bringen, mit sich bringt. Zudem darüber, dass ein gerechteres, nachhaltiges und transparenteres Modesystem möglich ist und wie Lotta Ludwigson in Sachen Transparenz zum Beispiel bei Materialherkunft, Lieferkette und Preisgestaltung Pionierarbeit leistet.
Wie sind Sie darauf gekommen, eine zirkuläre Modemarke zu gründen?
Aus der eigenen Frustration heraus - ich suchte einen Blazer, der komplett zirkulär und biologisch abbaubar war, da ich nicht zum Textilmüll beitragen wollte. Mit dem Thema hatte ich mich schon in Kopenhagen beschäftigt, wo ich studiert, gelebt und gearbeitet habe. Ich suchte zirkuläre Mode, gerade elegante Businessmode für Frauen, und realisierte - da gibt es eigentlich gar nichts und entschied mich, das selber zu machen.
Dann habe ich mich auf die Suche nach Unterstützung gemacht und habe eine Agentur in Berlin gefunden, die sich auf nachhaltiges, zirkuläres Design konzentriert. Mit denen hatten wir den ersten Prototyp kreiert, was fast zwei Jahre dauerte. Die verschiedenen Komponenten, die man etwa für den Blazer braucht, gab es noch nicht, Schulterpolster etwa enthielten Plastik. Wir haben dann erste kompostierbare Schulterpolster entwickelt mit einem Schulterpolsterunternehmen aus Deutschland. Wir haben die Stoffe dann selber entwickelt und dementsprechend hat das alles gedauert.
Was passiert am Ende des Lebens mit den Stücken?
Man könnte den Anzug zurückgeben und er wird dann aufgearbeitet oder repariert. Von dort geht er dann in den eigenen Secondhand-Shop, den es derzeit noch nicht gibt, aber wir arbeiten daran. Wir haben den Onlineshop erst vor etwas über einem Jahr, am 7. Mai 2023 gelauncht, und die Anzüge werden ja mindestens ein Jahr getragen, also war das Anliegen noch nicht so dringend. Und sollte ein Anzug zu abgetragen sein, verwenden wir die Teile, also Knöpfe, Schulterpolster und Ähnliches. Den Rest könnte man, so wie er ist, auf den Kompost geben.Wie lange dauert es, bis so ein ganzer Anzug biologisch abgebaut ist?
Vermutlich zwischen neun und zwölf Monaten, je nach Wetterlage, Jahreszeit und Beschaffenheit des Komposts. Er wird also wieder zur Natur. Wir haben auch vor, dieses Experiment zu starten und im Zeitrafferverfahren zu zeigen, wie sich der Anzug zersetzt. Das wäre eine Kampagne für die Zukunft.Das ist doch eine tolle Leistung, ein komplett biologisch abbaubarer Anzug. Sie werben damit aber noch nicht?
Es ist schon das absolute USP des Anzugs, auf der einen Seite, wir stellen das aber nicht so heraus, weil es eben ein Luxusprodukt ist. Für Leute aus der Branche ist es eine tolle Leistung, aber für alle anderen hat das teils einen negativen Beigeschmack. Auch wenn es etwas sehr Positives ist, wollen die Leute nicht über Kompost und biologisch abbaubar nachdenken, da gibt es da noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten. Einige Leute fragen uns zum Beispiel, ob der Anzug dann zerfällt, wenn es regnet. Die Leute, die sich dafür interessieren, können jedoch tiefer gehen und finden die Informationen auf der Website, bald auch Podcasts zum Thema.
In Skandinavien sind die Leute da viel weiter in Sachen Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft. Schon Kinder lernen im Kindergarten über Kreislaufwirtschaft, zirkuläres Design, über die Entwicklungsziele der UN.
Wer ist Ihre Zielgruppe?
Wir bekommen viele Anfragen aus Deutschland, aber auch anderen Ländern und Städten, Brüssel unter anderem wegen der Europäischen Kommission, viel Interesse aus München, Frankfurt, auch Kopenhagen, Zürich, das sind so die Hauptstädte. In Bezug auf Berufsgruppen, sind es übergeordnet Frauen in Führungspositionen, aber nicht nur. Jüngst hat auch jemand in unserem cremefarbenen Anzug geheiratet. Nicht wenige der Käufer:innen unserer Bio-Seidentücher sind übrigens Männer, die werden ganz oft verschenkt.Und zum einjährigen Online-Geburtstag haben wir neue Anzüge, und da haben wir im Kopf, dass das vielleicht auch eher so Occasion-Wear sein kann, was man als Hochzeitsgast oder auf einem Gala-Dinner tragen kann. Natürlich auch im Büro, sie sind aber ein bisschen knalliger, extrovertierter. Das war das Feedback von manchen Frauen, Frauen die auf der Bühne stehen, oder Moderatorinnen etwa, sie verlangen häufig nach etwas Farbenfroherem.
Die Größen gibt es derzeit in XS bis XL. Ist da eine Erweiterung geplant?
Ja, das ist in der Zukunft durchaus geplant, erstmal beschränken wir uns jedoch auf Standardgrößen. Zukünftig wollen wir aber sowohl größere Größen als auch kleinere Größen anbieten. Wir haben gemerkt, dass für einige auch XS zu groß ist - auch in diese Richtung muss man inklusiver werden.Sie haben derzeit vier Produktionsbetriebe, könnten Sie erzählen, wie der Kontakt verläuft?
Den Betrieb in Oberschlesien in Polen, der unsere Hosenanzüge herstellt, haben wir über unsere Produktionsagentur gefunden. Die kennt den Betrieb schon seit Jahren und besucht ihn auch regelmässig. Wir waren selbst noch nicht da, da die Produktionsagentur die Kontrollen für uns macht, aber wir haben schon über mehrere Kommunikationskanäle Kontakt gehabt.
Die Bioseidentücher werden in einem Betrieb am Comer See in Italien hergestellt. Ich war erst vor ein paar Wochen selbst dort und es war ganz toll, das alles aus nächster Nähe zu erleben und die Menschen hinter den Maschinen kennenzulernen.
Den Strickwarenbetrieb in Sofia in Bulgarien haben wir über eine auf Strick spezialisierte Agentur gefunden, die aber inzwischen leider nicht mehr existiert. Die Seidenblusen werden tatsächlich in einem kleinen, frauengeführten Atelier im Herzen von Berlin in Charlottenburg hergestellt. Da sind wir natürlich regelmäßig.
Dann haben wir noch engen Kontakt mit unserem Knopfhersteller in Deutschland, dem Polsterhersteller und dem Hersteller des Oberstoffs. Wir haben Glück gehabt, da er den Stoff nur für uns herstellt. Es ist ein ganz toller Betrieb in Österreich, der Unternehmen wie uns fördern will, also mit kleinen Stückzahlen. Es ist so schön, dass es große Hersteller gibt, die daran glauben und die sagen, ‘es muss nachhaltiger werden’. Die Garnhersteller kommen auch aus Deutschland, die Färberei der Wolle ist in Österreich.
Sie schlüsseln auf der Website ganz genau auf, wie sich die Preise ergeben.
Ja, wir geben für jedes Produkt genau, welcher Anteil des Preises auf welchen Bereich entfällt, also Materialien, Produktion, Logistik, Unternehmenskosten, Steuern und soziale Verantwortung. Viele haben das mit der Preistransparenz noch nicht gesehen, daran sieht man, dass es sie noch nicht so interessiert. Sie denken eher ‘der Anzug sieht schön aus, den kaufe ich’. Vielen fehlt ein Referenzpunkt, weil man nicht weiß, wie die Preisgestaltung bei anderen Unternehmen aussieht, gerade nicht bei Fast-Fashion-Unternehmen.
Während wir geringere Logistikkosten haben als andere Unternehmen, sind die Unternehmenskosten derzeit noch hoch, da diese auch das Design und die Forschungs- und Entwicklungskosten beinhalten.
Der Bereich soziale Verantwortung heißt, dass wir für jedes gekaufte Produkt Geld an verschiedene Organisationen spenden, die sich für mehr Gleichheit, Gerechtigkeit und Chancen für Mädchen und Frauen einsetzen, derzeit an das Projekt Sparsa in Nepal. Dies wird sehr gut angenommen.
Wie sieht die Zukunft aus für Lotta Ludwigson?
Wir überlegen, den nächsten Anzug-Style mit Tencel zu machen, der wäre dann komplett vegan. Ansonsten werden wir weiterhin Produkte entwickln, die zeitlos, langlebig, kreislauffähig und fair sind.Über Lotta Ludwigson:
- Gegründet: 2022 von Charlotte Piller und Nhu Ha Dao.
- Zielgruppe: Moderne und berufstätige Frauen mit einem hohen Anspruch an Ästhetik, Qualität und Nachhaltigkeit.
- Verkaufsstellen: Der eigene Onlineshop, Pop-Ups und Online-Marktplätze, etwa Upconic und In Frauenhand.
- Bestseller:Der zirkuläre Lotta-Anzug in hellblau und salbeigrün, handrollierte Bio-Seidentücher hergestellt am Comer See in Italien.
- Preise:Seidentücher zwischen 95-195 Euro, Strickwaren etwa 220 Euro, Seidenblusen etwa 300 Euro, Hosen etwa 360 Euro und Blazer etwa 640 Euro.
- Produktion:Familienbetriebe oder frauengeführte Manufakturen in Europa.
- Kontakt: hello@lottaludwigson.com.