Sorgt Pharrell Williams für frischen Wind bei Louis Vuitton oder bleibt alles beim Alten?
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Mit der Verkündung von Pharrell Williams als Kreativdirektor für Herrenmode und Nachfolger von Virgil Abloh untermauerte Louis Vuitton seine neue Strategie für das französische Luxushaus. Mit dem Fokus auf Prominente, Influencer:innen und Künstler:innen entwickelt LVMH ein Konzept, um weiterhin der erfolgreichste Luxuskonzern der Welt zu bleiben und das 20 Milliarden Euro schwere Geschäft von Louis Vuitton weiter auszubauen.
Die Ernennung eines unbekannten Modeschaffenden könnte sich für Louis Vuitton als weniger fruchtbar erweisen als für andere Marken wie Bottega Veneta und Ferragamo, die auf eine eher zurückhaltende Ästhetik setzen. Auf der Pariser Männermodewoche im Januar hat Louis Vuitton eine facettenreiche, energiegeladene Show präsentiert, die zwar den Hype und die Begeisterung für die Marke entfachte, aber manchen Meinungen zufolge wenig Substanz hatte. Understatement und zeitloser Luxus scheinen nicht die Eckpfeiler des Lexikons der Marke zu sein.
Williams ist in der Modeindustrie kein Unbekannter. Er hat bereits erfolgreiche Marken lanciert und mit zahlreichen anderen zusammengearbeitet. Dennoch hat er weder eine formale Design-Ausbildung noch technisches Wissen – ein Umstand, den Designer:innen, die den Weg des Studiums und des beruflichen Aufstiegs bei verschiedenen Marken gegangen sind, rasch bemängeln werden.
Reichweite vs. Prominenz
Das Fehlen einer formalen Ausbildung scheint bei Louis Vuitton kein Hindernis darzustellen. Das Modehaus verfügt über ein hochqualifiziertes Designteam. Einer der Hauptkritikpunkte bei Prominenten, die als Designer:innen eingesetzt werden, ist der Vorwurf, dass diese aufgrund ihres Marketingpotenzials und ihrer Reichweite eingestellt werden und nicht, wie traditionell üblich, dank ihres Talents. Einige Prominente mögen durchaus ein Händchen für Mode haben, doch sie verfügen nur in den seltensten Fällen auch über die Fähigkeiten und Kenntnisse um eine Kollektion zu entwerfen, die das Gleichgewicht zwischen Ästhetik, Funktionalität, Wirtschaftlichkeit und zeitlosem Luxus schafft.
Williams, der in den frühen Neunzigern als eine Hälfte des Musikproduzenten-Duos The Neptunes bekannt wurde, hat mit zahlreichen Modemarken und Kreativen zusammengearbeitet, darunter Adidas, Chanel, G-Star Raw und auch Louis Vuitton. Außerdem gründete er zusammen mit dem japanischen Designer Nigo die Marken Billionaire Boys Club und Ice Cream, die mindestens genauso erfolgreich sind wie seine Musikkarriere. Williams ist am Designprozess beider Marken beteiligt, und sein einzigartiger Sinn für Stil und Ästhetik hat wesentlich zu deren Erfolg beigetragen. Nigo ist derzeit Kreativdirektor bei Kenzo, einer Marke, die ebenfalls zum französischen Luxusgüterkonzern LVMH gehört.
2004, während Marc Jacobs Zeit als Louis-Vuitton-Kreativdirektor, entwarf Williams eine Sonnenbrillenkollektion für die Marke. Außerdem kreierte er 2008 Schmuck für das Modehaus, wobei er mit der damaligen Schmuckberaterin Camille Miceli zusammenarbeitete.
Streetwear und kulturelle Vielfalt
Virgil Abloh hat bei Louis Vuitton einen erfolgreichen Kurs in Sachen Streetwear eingeschlagen und ein vielfältiges Publikum für sich gewonnen. Es ist so gut wie sicher, dass Williams diesen Weg in Verbindung mit dem Status der Marke als "Cultural Maison" fortsetzen wird.
Virgil Ablohs Amtszeit bei Louis Vuitton war eine einmalige Erfolgsgeschichte. Mit seinem kulturellen Geschick könnte Williams einen ähnlichen Weg einschlagen. Dennoch ist seine Ernennung weniger gewagt und wird die Modegeschichte nicht unbedingt neu schreiben. Williams' Rolodex wird nützlich sein, um mit Künstler:innen und der Streetwear-Community zusammenzuarbeiten, und die nächsten Jahre werden von seinem Ansehen und seiner Dynamik bestimmt werden. Das passt zur Strategie des neuen CEO Pietro Beccari, der die nächste Wachstumsphase von Louis Vuitton auf einem bereits vertrauten Kurs vorantreiben will.
Die Zusammenarbeit mit Prominenten führte für LVMH allerdings nicht immer zum Erfolg. Das mit Rihanna ins Leben gerufene Modelabel Fenty kam nie richtig in Schwung und wurde nach weniger als zwei Jahren wieder auf Eis gelegt.
Dieser übersetzte und bearbeitete Beitrag erschien zuvor auf FashionUnited.com.