SS25: Die Copenhagen Fashion Week zwischen Kreativität, Inklusion und Kommerz
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Die Berliner Modewoche mag darauf erpicht sein, das nächste London der Mode zu werden – ein Ort, der junge kreative Talente fördert und hervorbringt – doch auch Kopenhagen dürfte ein Wörtchen mitreden wollen, und das zu Recht.
Die Kopenhagener Modewoche hat sich längst aus dem Schatten der alteingesessenen Fashion Weeks befreit und schreitet zudem mit einer Vorbildfunktion voraus, denn Nachhaltigkeit und die Unterstützung junger Talente wird in der dänischen Hauptstadt großgeschrieben. Doch wie vereint die von Zalando gesponserte Modewoche progressives Handeln und kommerziellen Erfolg?
Sinéad O’Dwyer schreibt Geschichte
Es ist einem der besagten jungen Talente zu verdanken, dass in dieser Saison auch die zunehmend an Bedeutung gewinnenden Themen Barrierefreiheit und Inklusivität in Kopenhagen zur Sprache kamen. Die irische Designerin Sinéad O’Dwyer, die in den letzten drei Jahren von der NewGen-Initiative des British Fashion Council unterstützt wurde, wechselte von London in die dänische Hauptstadt, nachdem sie zur Gewinnerin des Zalando Visionary Award ernannt worden war. Die Auszeichnung brachte ihr 50.000 Euro und einen Platz im Programm der Kopenhagener Modewoche ein.
O'Dwyer ist seit Langem dafür bekannt, dass sie Inklusion nicht nur rein optisch anstrebt, sondern auch durch die Arbeit mit einer Vielzahl von Models in verschiedenen Größen anstelle einer Mustergröße. Mit ihrer SS25-Kollektion brachte sie jedoch nicht nur ihr Engagement für die Diversifizierung der in der Mode als Standard betrachteten Körperformen, sondern auch einen barrierefreien Laufsteg in den Opernpark von Kopenhagen.
Die junge Designerin, die sich auf Texturen spezialisiert hat, setzte ein starkes Zeichen für Inklusion und bewies, dass die Zeit der Size-Zero-Castings und nicht behindertengerechten Veranstaltungsorte endgültig vorbei sein kann, wenn man es nur will. Ihre Frühjahr/Sommer-Kollektion 2025 entwarf sie in Zusammenarbeit mit dem dänischen Blindenverband und der gemeinnützigen Organisation Hair and Care, die sich für Sehbehinderte einsetzt.
Auf dem Laufsteg wurden Riemchenkleider, Bodysuits und Cut-Out-Silhouetten präsentiert, ergänzt durch O'Dwyers ersten Vorstoß in die Denim-Welt. Die Designerin bot den blinden und sehbehinderten Zuschauer:innen zu jedem Look Audiobeschreibungen und Stoffmuster an. Doch die Inklusion beschränkte sich nicht nur auf das Publikum: Die blinde Aktivistin Lucy Edwards lief mit ihrem Blindenhund Miss Molly über den Laufsteg. Es war das erste Mal, dass ein blindes Model einen solchen Auftritt auf der Kopenhagener Modewoche hatte, und damit wurde ein neuer Maßstab für Inklusion gesetzt.
O'Dwyer's Engagement fiel vor allem deshalb auf, weil es auf dem Laufsteg weniger Körpervielfalt zu geben schien als bei früheren Ausgaben der Kopenhagener Modewoche. Das ist vielleicht nicht unbedingt ein bewusster Rückschritt, sondern eher die harte Realität der Kosten, die bei der Herstellung von Prototypen und der Entwicklung von Kleidungsstücken für verschiedene Körpertypen anfallen können – vor allem in einer Zeit, in der einige vielversprechende Talente aufgrund finanzieller Probleme bereits mehrere Saisons ausgesetzt haben.
Neustarts und Rückkehrende
Eine dieser Marken, die im Januar aufgrund wirtschaftlicher Herausforderungen eine Pause in Kopenhagen eingelegt hatte, ist nun zurückgekehrt: A Roege Hove. Vor ein paar Wochen kündigte die Marke, die 2018 von Amalie Røge Hove gegründet wurde, ihren Relaunch an, nachdem das Label, das einst zu den meistbeachteten Newcomer:innen der Stadt gehörte, im Herbst 2023 seine Türen schließen musste. Das Label hatte den Großteil vergangenen Jahres damit zu kämpfen, über die Runden zu kommen, so die Designerin im Februar gegenüber Vogue Business.
Im Interview mit dem Branchenmagazin erzählte sie eine Geschichte, die vielen jungen Brands bekannt sein dürfte: Einzelhänder:innen machten Anzahlungen für Bestellungen, doch die Restbeträge wurden erst bei Lieferung fällig. Zahlungen wurden allerdings häufig um mehrere Monate verschoben. Ein Domino-Effekt, der letztlich zum vorübergehenden Ende der Marke, die zu dieser Zeit hauptsächlich mit Strickwaren in Verbindung gebracht wurde, führte.
Strickwaren gehören immer noch zur überarbeiteten und neu lancierten Version von A Roege Hove, aber die Marke ist seit ihrem letzten Auftritt auf dem dänischen Laufsteg im Jahr zuvor ein wenig erwachsener geworden. Dies wurde auch durch ein Casting unterstrichen, bei dem Models unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Größe auftraten. Auf dem Laufsteg präsentierten die Models strukturierte Slip-Kleider mit durchsichtigen Schichten, gerippte Midi-Kleider und Röcke sowie die Lieblingshose der Saison – die Capri und ultrakurzen Shorts – in einer gedeckten Farbpalette, die von versilberten Grautönen, Cremes und Beigetönen reichte. Den farblichen Rahmen sprengte lediglich ein überraschendes, sehr "Brat"-Sommer-gerechtes Neongrün.
A Roege Hove war jedoch nicht die einzige Marke, die aus dem Kalender verschwand, nur um in dieser Saison wieder aufzutauchen. (Di)Vision ging zwar mit einem Tischdecken-Kleid-Stunt für Herbst/Winter 2023 viral, hatte aber Mühe, das Momentum in Geld umzuwandeln, was letztlich dazu führte, dass die Marke auf der Modewoche aussetzte. Jetzt ist die Marke, gesponsert von der Beauty-Firma The Ordinary, mit einer "See-now-buy-now-Kollektion" und einem ausschließlichen Fokus auf das Direct-to-Consumer-Geschäft auf die Copenhagen Fashion Week zurückgekehrt.
Der Fokus der Marke, deren eklektischer und wilder Style aus dem Meer an verspielter Sachlichkeit deutlich hervorsticht, liegt dabei immer noch ganz klar auf der Gen Z, ugecycelten Stücken und kollaborativen Designs. Für Frühjahr/Sommer 2025 ließ sich Designer Simon Wick von urbanem Maximalismus, Videospielen, Fairy Grunge und der Mode Tokios inspirieren, wie der Designer in einer Pressemitteilung über die „The Dreamer of Steam City“ betitelte Show erzählt. Ausgedrückt wurde die Vision durch Lagenlooks voller Vintage-Denim, Spitze, Jersey und Leder sowie Animal-Prints, Karomuster und Accessoires im Stil der 2000er-Jahre. Eine Vision, die, anders als das von dem Kreativdirektoren-Duo Jeanette Madsen und Thora Validmars geführte Label Rotate nicht unbedingt dem gleicht, was man mit den Looks der in den sozialen Netzwerken gefeierten „Scandi-Girls“ verbindet, dadurch aber umso mehr Abwechslung nach Kopenhagen bringen.
Was braucht es, um auf der Copenhagen Fashion Week Spuren zu hinterlassen?
Dass Marken wie Rotate und (Di)Vision nicht nur friedlich koexistieren, sondern auch passende Partnerinnen in Kopenhagen finden, zeichnet die Modewoche aus. Während (Di)Vision von The Ordinary gesponsert wurde, schloss sich Rotate mit der Schmuckmarke Pandora zusammen. Die Marke, die zu Beginn der Modewoche ihren ersten Flagship-Store in der dänischen Hauptstadt eröffnete, ließ den Schmuck von Pandora anstelle der normalerweise mit Kristallen verzierten Kleidungsstücke hervorstechen.
Stattdessen waren die Looks ätherisch, romantisch und von einer deutlichen Anlehnung an die 1920er-Jahre gezeichnet. Diese spiegelte sich insbesondere in verspielten Details und aufwendigen Verzierungen wider. Rüschen und Fransen zierten Hosen, Hemden und Chiffonkleidern, während durchgehende Knopfleisten und fließende Drapierungen einen eleganten Kontrast boten. Filigrane Stickereien und perlenbesetzte Details unterstrichen die Leichtigkeit versprühende Frühjahr/Sommer-Kollektion, die in einer dezenten Farbpalette aus Gelb, Rosa und Blau gehalten wurde.
Obwohl es Rotate erst seit fünf Jahren gibt, gehört die Marke, ähnlich wie Gestuz, das 2008 von Sanne Sehested gegründet Label, und The Garment, eine Brand, die erst 2020 auf den Markt kam, zu den begehrtesten in der dänischen Hauptstadt und beweist, dass Langlebigkeit und Tradition, die oft der Schlüssel zum Erfolg auf den Modewochen in Paris, Mailand oder New York sind, nicht unbedingt notwendig sind, um in der dänischen Modeszene einen Eindruck zu hinterlassen.
Am eindrucksvollsten demonstriert das wohl Ganni, eine Marke, die in den letzten beiden Saisons nicht präsent war, jedoch – zumindest beim Streetstyle auf den Straßen Kopenhagens – trotz ihrer Abwesenheit immer noch die modische Vorherrschaft innehat.