Eine Deutsche in Paris: Wer ist Chloé-Kreativdirektorin Chemena Kamali?
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Für Chemena Kamali ist die Berufung zur Creative Director von Chloé eine Rückkehr zu ihren modischen Wurzeln. Doch wer ist die frischgebackene Kreativdirektorin des französischen Luxusmodehauses, die in die Fußstapfen von Gabriela Hearst tritt?
Der Name Kamali war den meisten Menschen vor ihrer Ernennung am Montag wahrscheinlich noch kein sofortiger Begriff, allerdings ist die 41-jährige Düsseldorferin bereits seit mehr als 20 Jahren hinter den Kulissen verschiedener renommierter Modehäuser tätig.
Die Wahl von Designer:innen wie Kamali, die ihr Können bislang meist im Stillen bewies, gewinnt in der Mode derzeit zunehmend an Attraktivität. In den letzten Jahren schienen große Luxusmodemarken – mit Ausnahme von Pharrell Williams bei Louis Vuitton – vermehrt davor zurückschrecken, bereits etablierte Designer:innen anzuheuern. Vielmehr bewährt sich derzeit die Taktik, Talente aus den eigenen Reihen oder vielversprechende Design Direktor:innen anderer Marken den Weg ins Rampenlicht zu ebnen, wie es unter anderem mit Matthieu Blazy bei Bottega Veneta, Sabato De Sarno bei Gucci oder Peter Hawkings bei Tom Ford der Fall war. Auch Seán McGirr ist neben Kamali ein weiteres aktuelles Beispiel eines Neuzugangs. Der kürzlich ernannte Nachfolger von Sarah Burton als Kreativdirektor von Alexander McQueen agierte bislang meist nur hinter den Kulissen.
Von Trier, über London nach Paris
Beide, sowohl Kamali als auch McGirr studierten an der Londoner Modeschule Central Saint Martins unter der in der zwischenzeit verstorbenen Professorin Louise Wilson, eine treibende Kraft und Mentorin vieler englischer Modeschaffender, wie beispielsweise Alexander McQueen und auch Phoebe Philo.
Kamalis modische Reise begann allerdings in Deutschland, genauer gesagt an der Hochschule Trier Modedesign studierte, so das Branchenmagazin Women’s Wear Daily. Darauf folgte eine erste und offensichtlich prägende Zeit bei Chloé unter der damaligen Kreativdirektorin Philo, die von 2001 bis 2006 an der Spitze des französischen Modehauses stand, bevor Kamali 2007 ihren Master in Modedesign bei Central Saint Martens mit Auszeichnung abschloss. Im Laufe der Jahre folgten Stationen bei dem Luxusmodemarken Alberta Ferretti und Strenesse, bevor 2013 die erste Rückkehr zu Chloé – dieses Mal als Design Director während Clare Waight Kellers Zeit als Kreativdirektorin.
Wann genau Kamali Chloé das zweite Mal verließ ist unklar, allerdings war es die deutsche Designerin, die gemeinsam mit Designer Lucio Finale den damaligen Kreativdirektor Alber Elbaz für die Herbst/Winter 2016 Kollektion beim Luxusmodehaus Lanvin ablösten. Kurz darauf kam sie zu Saint Laurent und war dort an der Seite des damals frischgebackenen Creative Director Anthony Vaccarello als Women’s Ready to Wear Design Director tätig. Anfang des Jahres zog es die Designerin nach Los Angeles, um die Denimmarke Frame als Creative Consultant für die Herbst/Winter 2023 Kollektion zu unterstützen.
Nun ist die deutsche Designerin zurück in Paris, und das nicht allzu überraschend, denn Kamali galt zumindest Gerüchten zufolge bereits vor Hearsts offiziellem Abschied als erste Wahl für die Rolle der Kreativdirektorin bei Chloé. Seit Juli kursierten von dem Branchenmagazin Business of Fashion angestoßene Berichte über ein paralleles, von Kamali geleitetes Designstudio bei der französischen Luxusmarke, auch wenn damals noch unklar war, ob dieses tatsächlich auf Hearsts Abschied hindeutete. Für die designierte Kreativdirektorin scheint ihre Rückkehr allerdings sowohl selbstverständlich, als auch eine absolute Herzensangelegenheit zu sein. „Mein Herz hat schon immer Chloé gehört”, so Kamali in einer Mitteilung am Montag. „Schon seit ich vor mehr als 20 Jahren durch die Türen getreten bin. Die Rückkehr fühlt sich natürlich und sehr persönlich an.”
Chloé setzt weiterhin auf die Stimme der Frauen in der Branche
Die Berufung von Kamalis reiht sich nicht nur in die aktuell bevorzugte Wahl von versteckten Talenten ein, sondern ergänzt auch die immer wieder aufkommende Debatte über die von männlichen Designern dominierte Modebranche, insbesondere vor der Historie, dass diese meist Ready-to-Wear-Kollektionen für Damen entwerfen.
Obwohl die Designstudios von Branchengrößen wie Chanel und Dior derzeit mit Virginie Viard und Maria Grazia Chiuri von Frauen geleitet werden, ist das Feld der weiblichen Kreativdirektorinnen auffallend dünn gesät. Wenig verwunderlich also, dass die Ernennung von McGirr als Nachfolger von Sarah Burton bei Alexander McQueen eine hitzige Debatte in der Modebranche auslöste, denn mit ihm sind nun alle kreativen Spitzenpositionen bei dem McQueen-Mutterkonzern Kering, zu dem unter anderem auch Gucci, Givenchy und Saint Laurent gehören, von weißen Männern besetzt.
Im Gegensatz dazu wurde Chloé schon seit seiner Entstehungsgeschichte – mit wenigen, aber dafür umso berühmteren Ausnahmen wie Karl Lagerfeld – seit der Gründung durch Gaby Aghion in 1952 von Frauen geleitet. Diese Frauen, darunter Aghion, Philo, Hearst,Keller und Stella McCartney, werden in der Ausstellung "Mood of the Moment: Gaby Aghion and the House of Chloé" des Jüdischen Museums in New York gefeiert, die am 13. Oktober ihre Türen öffnen wird.
Etwas länger gedulden muss sich die Modebranche noch, um einen ersten Einblick in Kamalis Vision für Chloé zu erhaschen. Ihre erste Pre-Fall Kollektion wird im Januar vorgestellt, bevor ein Laufstegdebüt für Herbst/Winter 2024 im Februar folgen wird. Chloé-CEO Riccardo Bellini gibt sich allerdings jetzt schon optimistisch: „Chemenas Vision, inspiriert von ihrer Liebe zur Marke, wird die einzigartige DNA von Chloé wahrhaftig zelebrieren. Chemena ist sowohl die Kreativdirektorin von Chloé als auch die Verkörperung des Geistes von Chloé.”