Zwischen Vorsicht und Neupositionierung: Die besten Interviews 2025
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2025 war ein Jahr der Justierung. Weniger Extreme, weniger schnelle Entscheidungen – dafür mehr Abwägung, Struktur und strategisches Denken. In den Gesprächen mit FashionUnited zeigte sich Monat für Monat, wie stark sich die Branche mit ihrer eigenen Arbeitsweise auseinandersetzt: vom Buying über Markenführung bis hin zu Messe- und Handelskonzepten. Ein Überblick über die Interviews, die das Modejahr geprägt haben.
Die erste Jahreshälfte
Zu Beginn der Ordersaison 2025 standen bei FashionUnited vor allem Einkäufer:innen verschiedener Modehäuser auf der Gesprächsliste. ByLotte gewährte zum Jahresauftakt Einblicke in die Orderpraxis für HW25. Inhaberin Lotte Drijvers betonte, dass die Auswahl und Kombination der Artikel den Kern des Sortiments ausmachen. Für die kommende Saison plant der Store zudem den Launch einer eigenen Kollektion, um das Angebot zugänglicher zu machen und die Zielgruppe zu erweitern.
Kurze Zeit später sprach Machine‑A‑Gründer Stavros Karelis über seine Beobachtungen von der Berliner Modewoche und die wachsende Bedeutung der Hauptstadt im internationalen Fashion‑Week‑Kalender. Dabei betonte er, dass klassische Trends zunehmend an Relevanz verlieren und Individualität, Handwerk sowie ungewöhnliche Material- und Farbwahl stärker in den Vordergrund rücken. Machine‑A selbst erweitert sein Sortiment um Labels wie Sia Arnika, Marie Lueder und GmbH und schlägt mit neuen Investor:innen ein nächstes Kapitel auf, während gleichzeitig der Ausbau des Onlineshops und internationale Retail-Pläne vorangetrieben werden.
Die Entwicklungen im internationalen Luxusbereich spiegelten sich im Gespräch mit Marta Gramaccioni, Buying Director von LuisaViaRoma, wider. Sie erläuterte, dass die Herbst/Winter‑Saison 2025 von einem Übergang geprägt war, in dem viele Designer ihre Identität schärften, statt klassischen Trends zu folgen. Gramaccioni hob hervor, dass der Luxusmarkt heute größere Vielfalt und stärkere Betonung von Handwerkskunst erfordert, während Kund:innen zunehmend nach persönlichem Ausdruck statt bloßer Exklusivität suchen. Vor diesem Hintergrund plädiert sie dafür, Luxus „als einen Traum neu zu denken“ – inspirierend, emotional und an die veränderte Kauflaune angepasst.
Wie tiefgreifend sich Handelskonzepte verändern, zeigte das Interview mit Onefifteen in Taiwan. Die Einkäuferin versteht Mode nicht isoliert, sondern als Teil eines ganzheitlichen Lebensstils. Sortimente werden wie Ausstellungen kuratiert, ergänzt durch Gastronomie, Kunst und Community‑Events. Shopping wird so zur Erfahrung, der Store zum kulturellen Treffpunkt.
Im Mai bewies MAZ, wie eine unabhängige kolumbianische Marke Produktionspartner von Adidas wurde, ohne ihre gestalterische DNA aufzugeben. Das Interview machte deutlich, dass erfolgreiche Kooperationen heute auf Dialog statt Dominanz basieren. Skalierung ist möglich, wenn beide Seiten kulturelles Verständnis mitbringen und Markenidentität respektiert wird.
Der Juni brachte zwei unterschiedliche, aber inhaltlich verwandte Stimmen. Bikkembergs nutzt den globalen Fußball-Hype und Sneaker-Kollaborationen, um sich zu verjüngen und im deutschen Markt neu zu positionieren. Hier geht es weniger um kurzfristige Aufmerksamkeit als um Anschlussfähigkeit an zeitgenössische Konsumkulturen. Gleichzeitig formulierte Apropos für SS26 einen klaren Anspruch: weniger Kompromisse, weniger Beliebigkeit, mehr Profil. In Zeiten schwächerer Nachfrage wird Sortimentsklarheit zur Überlebensstrategie.
Zweite Jahreshälfte
Die zweite Jahreshälfte 2025 zeigte ein Spannungsfeld zwischen Vorsicht und Wachstumsambitionen. Olymp-CEO Mark Bezner beschrieb die Orderbereitschaft seiner Handelspartner:innen als von Unsicherheit und Zurückhaltung geprägt, beeinflusst von steigenden Kosten und einer vorsichtigen Konsumlaune. Demgegenüber betonte Luxushändler Nugnes, dass gerade jetzt die Zeit für Mut und strategisches Wachstum sei, um langfristige Marktchancen zu nutzen. Ergänzend dazu verdeutlichte CIFF-Messechefin Sofie Dolva, wie Resilienz und Kreativität Messen als Plattformen für Austausch und Innovation auch in unruhigen Zeiten lebendig halten.
Auch das Thema Markenführung rückte stärker in den Fokus. Sportalms Wholesale-Chefin lobte die Mutbereitschaft ihrer Handelspartner:innen, während Emerson Renaldi betonte, dass Non-Sale-Strategien entscheidend sind, um langfristiges Vertrauen bei Kund:innen aufzubauen. Karo Kauer schilderte den Weg von digitaler Reichweite zu strukturiertem Wholesale-Aufbau und machte deutlich, dass Markenentwicklung heute ein Zusammenspiel verschiedener Vertriebs- und Kommunikationskanäle erfordert.
Im Bereich Messe und Großhandel zeigten sich Strategien für Stabilität und Wachstum. Die neuen ISPO-Mitveranstaltenden präsentierten ihre Pläne für Amsterdam, während Stylein den gezielten Schritt zurück in den internationalen Großhandel erläuterte und darlegte, dass zuvor der Heimatmarkt stabil aufgebaut werden musste. Bugatti-CBO Florian Wortmann reflektierte über Entbehrlichkeit und Verantwortung in einem sich verändernden Marktumfeld und hob hervor, wie wichtig langfristige Planung und Krisenbewusstsein für Unternehmensführung sind.
Zum Jahresende verschob sich der Fokus auf Werte und Konsumperspektiven. Modehaus Schnitzler stellte den Menschen bewusst in den Mittelpunkt und misst Erfolg nicht nur in Zahlen, sondern an der Zufriedenheit der Kund:innen. Robert Ley blickte vorsichtig optimistisch in die Zukunft und erwartet, dass sich die Konsumstimmung spätestens im Frühjahr/Sommer 2026 wieder deutlich belebt.