Circularity Gap Report: Sechs mögliche Strategien zur Kreislaufwirtschaft
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In Zusammenarbeit mit der H&M Foundation hat die in Amsterdam ansässige Organisation Circle Economy die neueste Ausgabe ihres Circularity Gap Report herausgebracht. Zum ersten Mal haben die Organisationen eine eingehende Untersuchung der Textilindustrie durchgeführt, die aufzeigt, dass diese nur zu 0,3 Prozent zirkulär ist, verglichen mit einem globalen Durchschnitt von 7,2 Prozent. Der Bericht analysiert, wie die Branche zu verschiedenen Umweltauswirkungen beiträgt und modelliert potenzielle Lösungen.
Er hebt insbesondere sechs Strategien der Kreislaufwirtschaft hervor, die die Umweltauswirkungen der Textilindustrie halbieren könnten. Es handelt sich jedoch um „Was-wäre-wenn“-Szenarien, „weitgehend frei von den Einschränkungen von Verordnungen oder politischen Realitäten“, die weder die technologische Skalierbarkeit noch die Qualität der physischen Materialströme, wie zum Beispiel die Qualität von Altkleidung oder die Produktleistung, berücksichtigen.
„Sie sind bewusst nicht zeitlich festgelegt und explorativ. Letztendlich beeinflusst ihre Realisierung in der Praxis nicht unsere Analyse. Dieser Ansatz erlaubt es uns, uns frei vorzustellen, wie unsere Gesellschaft mit einem wirklich transformativen Wandel aussehen könnte: eine Textilindustrie, die sich von ihrer linearen Vergangenheit abwendet“, erklären die Autor:innen des Berichts.
So könnten beispielsweise Ansätze wie eine erhöhte Haltbarkeit von Kleidungsstücken, die nachhaltige Produktion von Naturfasern und die Entwicklung zirkulärer Herstellungsverfahren die Auswirkungen – wie Treibhausgasemissionen, Wasserverbrauch und Bedrohungen für die menschliche Gesundheit – laut dem Bericht um bis zu 50 Prozent reduzieren. FashionUnited hat sich die sechs vorgeschlagenen Strategien angeschaut und die Ergebnisse im Folgenden zusammengefasst.
1) Umstellung auf natürlichere, lokale und recycelte Fasern
Die Textilindustrie produziert eine breite Palette von Fasern, die für alles von Alltagskleidung bis hin zu spezialisierter technischer und Performance-Bekleidung verwendet werden. „In den letzten Jahrzehnten wurde die Verlagerung hin zu synthetischen Fasern – wie Polyester, Nylon und Acryl – durch ihre Kosteneffizienz, Haltbarkeit und Vielseitigkeit vorangetrieben. Diese Materialien dominieren nun den Markt und machen 65 Prozent der weltweiten Faserproduktion oder 75,5 Millionen Tonnen aus“, heißt es im Bericht.
Ihre petrochemische Basis trägt jedoch zu den CO2-Emissionen und der Umweltbelastung während ihres gesamten Lebenszyklus bei, was synthetische Fasern ökologisch problematisch macht. Daher „gibt es angesichts des wachsenden Drangs nach Nachhaltigkeit ein zunehmendes Interesse, synthetische Fasern durch natürliche Alternativen zu ersetzen“, so der Bericht.
Zu den Naturfasern gehören pflanzliche Fasern wie Baumwolle und Leinen, Chemiefasern auf Zellulosebasis (MMCFs) wie Viskose und tierische Fasern wie Wolle, Kaschmir, Seide und andere, die die restlichen 35 Prozent der weltweiten Faserproduktion darstellen. Davon machen pflanzliche Fasern 27 Prozent oder 31,5 Millionen Tonnen aus, MMCFs 6,3 Prozent (7,3 Millionen Tonnen) und tierische Fasern 1,7 Prozent (2 Millionen Tonnen).
„Obwohl diese Fasern oft wegen ihrer biologischen Abbaubarkeit und geringeren Umweltbelastung geschätzt werden, wirft ihre Produktion auch Bedenken auf: Naturfasern benötigen erhebliche Mengen an Wasser und Düngemitteln, Pestiziden und synthetischen Chemikalien während des Anbaus und der Verarbeitung“, warnt der Bericht.
Daher wäre die vollständige Eliminierung synthetischer Materialien keine praktikable Lösung, insbesondere angesichts der großen Mengen, die bereits im Umlauf sind, und der oben genannten Nachteile von Naturfasern. Außerdem benötigen Produkte wie Mainstream-Sportbekleidung und -schuhe synthetische Mischungen, um die notwendigen Eigenschaften wie Elastizität, Feuchtigkeitsableitung und Haltbarkeit zu erreichen. Zwar gibt es nachhaltigere und sogar biologisch abbaubare Beispiele von On, Veja, Allbirds und Nat-2, diese bleiben jedoch die Ausnahme.
„Ein pragmatischerer Ansatz könnte sich darauf konzentrieren, die Lebensdauer bestehender synthetischer Fasern durch Wiederverwendung und Recycling zu verlängern und gleichzeitig den Einsatz von Naturfasern zu erhöhen“. Darüber hinaus könnte man den Anteil recycelter pflanzlicher Fasern erhöhen und so die mit der Produktion von Neufasern verbundenen Umweltauswirkungen reduzieren.
Fazit Strategie eins
„Unsere Analyse zeigt, dass dieses Szenario alle Umweltkennzahlen negativ beeinflusst, mit Ausnahme des Materialfußabdrucks und des Klimawandels. Dies liegt in erster Linie daran, dass synthetische Fasern hinsichtlich Wasser- und Landnutzung effizienter sind, jedoch weniger in Bezug auf CO2-Emissionen und Materialfußabdruck. Die Substitution synthetischer Fasern durch Naturfasern (Szenario 1.1) führt zu einer größeren Reduzierung der Umweltbelastung als die Verwendung ausschließlich pflanzlicher Fasern (Szenario 1.2), da konventionelle pflanzliche Fasern einen höheren Ressourcenbedarf haben. Diese Ergebnisse verdeutlichen die Kompromisse zwischen Materialien und die Bedeutung nachhaltiger Produktionsverfahren für alle Fasertypen“, lautet das Urteil.
2) Längere Verwendbarkeit von Kleidungsstücken
Eine weitere Option ist die verstärkte Verwendung von Synthetikfasern, um die Haltbarkeit von Kleidungsstücken zu erhöhen und so den Gesamtverbrauch und Abfall potenziell zu verringern. Obwohl derzeit nur 13,6 Prozent aller Polyesterfasern aus recycelten Materialien hergestellt werden, verbessern sich die Fortschritte bei Monofaserzusammensetzungen und Recyclingtechnologien, wobei Monofaserdesigns den Recyclingprozess vereinfachen und die Rückgewinnung und Wiederverwendung von Materialien erleichtern.
Das Modell geht von einer Eins-zu-eins-Substitution von neu produzierten Synthetikfasern durch recycelte oder haltbarere Alternativen aus. In verschiedenen Szenarien würden im moderaten Fall 25 Prozent der neu produzierten Textilien aus Monofaser-Synthetikfasern hergestellt, begleitet von einer 20-prozentigen Reduktion des gesamten Textilverbrauchs. Im optimistischen Szenario würden 50 Prozent der neuen Textilien aus Monofaser-Synthetikfasern hergestellt, was zu einer 30-prozentigen Reduktion des Verbrauchs führen würde, während das ambitionierte Szenario 75 Prozent Monofaser-Synthetikfasern und eine 40-prozentige Reduktion des Verbrauchs vorsieht.
Fazit Strategie zwei
„Dieses Szenario ist am effektivsten bei der Reduzierung des Textil- und Bekleidungsverbrauchs. Die Verlängerung der Lebensdauer von Kleidungsstücken, egal ob aus synthetischen oder natürlichen Fasern, hat sehr positive Auswirkungen auf die Umwelt. Während synthetische Textilien ein erhebliches Potenzial für Haltbarkeit und geringeren Materialbedarf aufweisen, können ähnliche Ergebnisse auch mit MMCFs wie Viskose, die aus Holzzellulose gewonnen wird, erzielt werden. … Obwohl Synthetikfasern in Bezug auf Materialeffizienz und CO2-Auswirkungen gut abschneiden, unterstreichen die Bedenken hinsichtlich Mikroplastik – ein Problem, das in unseren Wirkungskategorien nicht erfasst wird – die Notwendigkeit von Vorsicht bei ihrer Förderung“, so der Bericht.
3) Nachhaltige Produktion von Naturfasern
Bei dieser Strategie lauten die Schlüsselwörter regenerative Landwirtschaft und ökologische Produktion, um den Wasser- und Chemikalienverbrauch sowie die CO2-Emissionen zu senken. „Regenerative Landwirtschaft verbessert die Bodengesundheit, die Artenvielfalt und die Widerstandsfähigkeit gegen extreme Wetterbedingungen und unterstützt gleichzeitig die lokalen Gemeinschaften. Nachhaltige Techniken wie Direktsaat, effiziente Bewässerung und ökologische Produktion können dazu beitragen, den Ressourcenverbrauch zu senken“, heißt es im Bericht.
Optionen hierfür könnten Biobaumwolle sein, die die Treibhausgasemissionen um bis zu 46 Prozent reduzieren kann, oder Hanf, der 50 Prozent weniger Wasser und Pestizide benötigt als Baumwolle. MMCFs wie Tencel Lyocell und Modalfaser verwenden Verfahren, die die Emissionen und den Wasserverbrauch um mindestens 50 Prozent reduzieren. „MMCFs der nächsten Generation, die aus Abfallströmen gewonnen werden, bieten zusätzliche Nachhaltigkeitsvorteile, indem sie Abfall reduzieren und die Abhängigkeit von traditionellen Rohstoffen verringern“, fügt der Bericht hinzu. Hierbei muss jedoch gewährleistet sein, dass Abfallströme der Textil- und Bekleidungsindustrie und nicht die anderer Industrien, beispielsweise der Lebensmittelindustrie, genutzt werden.
Die prognostizierten Reduktionen für Baumwolle umfassen 46 Prozent geringere Treibhausgasemissionen, 62 Prozent weniger Luftverschmutzung, 91 Prozent reduzierten Wasserverbrauch und 30 Prozent weniger Stickstoff- und Phosphordüngerverbrauch bei einer 14-prozentigen Zunahme der Landnutzung. Im moderaten Szenario würden 20 Prozent der Baumwolle biologisch angebaut, im optimistischen Szenario 40 Prozent und im ambitionierten Szenario 60 Prozent.
Fazit Strategie drei
Die Ergebnisse dieses Szenarios sind bescheiden, da nicht alle Umweltauswirkungen für Baumwolle modelliert werden konnten. „Die begrenzte Gesamtwirkung für alle natürlichen Materialien unterstreicht, dass die Reduzierung von Produktion und Verbrauch eine größere Wirkung hat als Verbesserungen der Materialeffizienz allein. Darüber hinaus werden die Ergebnisse durch den begrenzten Umfang der in die Analyse einbezogenen Naturfasern und einen Mangel an Daten über potenzielle Reduzierungen der Auswirkungen für bestimmte Bereiche eingeschränkt“, so der Bericht.
4) Auf Slow Fashion setzen
Um den globalen Konsum von Bekleidung und Schuhen einzudämmen, der bis 2030 um 63 Prozent von 62 Millionen Tonnen im Jahr 2022 auf 102 Millionen Tonnen steigen soll, sieht dieses Szenario Slow Fashion als Lösung vor, nämlich die Produktion weniger Kleidung, die länger hält, zusammen mit bewusstem Konsum.
„Auf der Angebotsseite kann die Reduzierung der Anzahl der von Marken herausgebrachten Modekollektionen und die Anpassung der Produktionsmengen dazu beitragen, die Produktion an den tatsächlichen Marktbedarf anzupassen und unverkäufliche Produkte zu minimieren“, prognostiziert der Bericht. „Auf der Nachfrageseite verlängern die Förderung von Wiederverwendung, Reparatur, Kleiderbibliotheken, Verleih, Spenden und Do-it-yourself-Mode die Lebensdauer von Kleidungsstücken und reduzieren den Verbrauch.“
In einem moderaten Szenario würde der unverkäufliche Bestand um 25 Prozent sinken und sich auf 22,5 Prozent der Gesamtproduktion reduzieren. In einem optimistischen Szenario würde der unverkäufliche Bestand um 37,5 Prozent sinken, wodurch unverkäufliche Artikel auf 18,75 Prozent zurückgehen würden, während das ambitionierte Szenario eine Reduktion um 50 Prozent vorsieht, wodurch der unverkäufliche Bestand auf 15 Prozent sinken würde. „Neben weniger unverkäuflicher Kleidung wird davon ausgegangen, dass ein Rückgang der Gesamtverkäufe dazu beiträgt, die Überproduktion zu verringern“, fügt der Bericht hinzu.
Auf der Nachfrageseite variieren die Prognosen zwischen einer Reduktion des gesamten Textilkonsums der Verbraucher:innen um 2,5 Prozent in einem moderaten Szenario beziehungsweise 3,75 Prozent (optimistisches Szenario) und bis zu 5 Prozent in einem ambitionierten Szenario.
Fazit Strategie vier
„Dieses Szenario, das sich zwar nur auf Bekleidung konzentriert, verdeutlicht, dass die Reduzierung von Produktion und Konsum eine wirksame Strategie für alle Wirkungskategorien ist. Die Zirkularitätskennzahl stieg aufgrund der direkten Auswirkungen des Szenarios auf die Reduzierung des Textilkonsums durch Haushalte. … Szenario vier modelliert zudem sowohl angebots- als auch nachfragebedingte Rückgänge und unterstreicht die Bedeutung eines ganzheitlichen Ansatzes“, lautet der Konsens.
5) Weiterentwicklung der zirkulären Herstellung
Dieses Szenario konzentriert sich auf eine verbesserte Materialeffizienz und vermeidet so erhöhte Treibhausgasemissionen, Abfall und Materialverluste aufgrund ungenauer Zuschnitte, Fehler im Schnittmusterlayout und manueller Fehler, die alle in der traditionellen Textilherstellung vorkommen.
Stattdessen können (und haben bereits) computergestützte Systeme und Laserschneider, die den Konturen digitaler Schnittmuster folgen, den Materialabfall deutlich reduzieren. Darüber hinaus „kann Nesting-Software verwendet werden, um Schnittteile im effizientesten Layout anzuordnen und so die Materialausnutzung weiter zu optimieren, indem die Teile wie ein Puzzle zusammengefügt werden, wodurch minimale Lücken entstehen und Abfall reduziert wird“, so der Bericht.
In der Entwurfsphase ermöglicht die computergestützte Konstruktion (CAD)-Software die digitale Schnittmustererstellung und die direkte Übertragung an Schneidemaschinen, wodurch manuelle Fehler vermieden und die Präzision erhöht wird. Die CAD-Integration ermöglicht auch schnelle Anpassungen und Optimierungen, wodurch der Materialabfall während der Produktion reduziert wird. „Darüber hinaus trägt die Anwendung von Lean-Manufacturing-Prinzipien dazu bei, Verschwendung im gesamten Produktionsprozess zu eliminieren, indem Arbeitsabläufe rationalisiert und nicht wertschöpfende Aktivitäten reduziert werden“, so der Bericht.
Mit einer Modellierung, die von durchschnittlichen Verarbeitungsverlusten von 26 Prozent für die Stufen Garn-zu-Stoff und Stoff-zu-Produkt in der Bekleidungsherstellung und 14 Prozent bei Textilien (ohne die Prozesse von Faser-zu-Garn) ausgeht, wäre ein moderates Ergebnis eine Reduzierung der Verluste um 25 Prozent, ein optimistisches eine Reduzierung um 50 Prozent und ein ambitioniertes eine Reduzierung der Verluste um 75 Prozent.
Der Färbeprozess könnte ebenfalls rationalisiert werden: Während traditionelle Färbemethoden bis zu 150 Liter Wasser pro Kilogramm Stoff verbrauchen können, eliminiert das Färben mit überkritischem CO2 den Wasserverbrauch und reduziert den Energieverbrauch um 80 Prozent. Das Färben mit Luft reduziert oder eliminiert den Wasserbedarf im Färbeprozess vollständig.
„In ähnlicher Weise verwendet der digitale Textildruck präzise Mengen an Farbstoff und Tinte und reduziert so den Abfall-, Wasser- und Energieverbrauch im Vergleich zu herkömmlichen Methoden erheblich“, so der Bericht. Darüber hinaus trägt die Verwendung biologisch abbaubarer Chemikalien für Farbstoffe, Waschmittel und Veredelungen dazu bei, die Umweltverschmutzung zu minimieren.
Fazit Strategie fünf
„Um verschwenderische Herstellungsprozesse und die mit der Textilindustrie verbundene Umweltverschmutzung zu reduzieren, sind erhebliche Investitionen in fortschrittliche Maschinen und Technologien unerlässlich. Diese technologischen Verbesserungen gehen jedoch mit Kompromissen bei den Umweltwirkungskategorien der Materialien einher. Ähnlich wie beim Dilemma, eine Waschmaschine durch ein effizienteres Modell zu ersetzen oder ihre Lebensdauer zu verlängern, kann die Einführung neuer Technologien Umweltkosten verursachen, die sorgfältig bewertet werden müssen, um wirklich nachhaltige Praktiken in der Branche zu gewährleisten. Bemerkenswert ist, dass die Auswirkungen auf die Zirkularitätskennzahl in Szenario 5.2 null sind, da sich das Szenario primär auf die Abfallreduzierung und nicht auf die Materialverwendung konzentriert. Dies deckt sich mit den Ergebnissen von Szenario 5.1: Reduzierter Material-, fossiler Brennstoff- und Wasserverbrauch sind mit einer Vielzahl von Umweltauswirkungen verbunden“, so der Bericht.
6) Transformation der regionalen Lieferketten-Dynamik
Nearshoring ist das Schlüsselwort in dieser Strategie, die sich mit Lieferketten befasst, die stark globalisiert sind, wobei ein großer Teil der Produktion im asiatisch-pazifischen Raum konzentriert ist. Abgesehen von ethischen Bedenken hinsichtlich der Arbeitspraktiken und der Umweltvorschriften trägt der Ferntransport wesentlich zum CO2-Fußabdruck der Branche bei.
„Die Lokalisierung der Produktion trägt dazu bei, Emissionen zu reduzieren, indem Transportwege und Lieferketten verkürzt werden, wodurch die Branche widerstandsfähiger gegen Störungen wie Pandemien, Handelsstreitigkeiten und Naturkatastrophen wird. Dieser Ansatz stärkt auch die lokale Wirtschaft, indem er Arbeitsplätze schafft, die Kompetenzentwicklung fördert und Investitionen in verwandte Sektoren anzieht. Die größere Nähe zu den Produktionszentren fördert die Zusammenarbeit zwischen Design, Herstellung und Forschung, was zu höherer Produktqualität und schnellerer Innovation führt“, so der Bericht.
Das Szenario untersucht die potenziellen Vorteile einer Verlagerung der Produktion vom asiatisch-pazifischen Raum in die USA und nach Europa und fördert gleichzeitig einen stärker lokalisierten Konsum in allen Regionen, wobei davon ausgegangen wird, dass die Rohstoffpreise in allen Regionen zu Modellierungszwecken konstant bleiben. Ein moderates Szenario sieht einen Rückgang der Produktion im asiatisch-pazifischen Raum um 10 Prozent und einen Anstieg in den USA und Europa um 5 Prozent vor; ein optimistisches einen Rückgang um 15 Prozent und einen Anstieg um 7,5 Prozent und ein ambitioniertes einen Rückgang um 20 Prozent und einen Anstieg der Produktion in den USA und Europa um 10 Prozent.
Fazit Strategie sechs
„Die primäre Reduzierung der Auswirkungen ergibt sich aus der Tatsache, dass die Produktion in den USA und Europa sauberer und weniger materialintensiv ist als in Asien. Es sind jedoch Kompromisse zu berücksichtigen, insbesondere hinsichtlich der gestiegenen Nachfrage nach Produktionsanlagen in den USA und Europa, die zu einer zusätzlichen Rohstoffgewinnung führen würden. Es ist auch wichtig zu beachten, dass dieses Szenario die potenziellen negativen sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Lokalisierung der Produktion in den USA und Europa nicht berücksichtigt. Würde beispielsweise ein Großteil der Textilproduktion von Ländern wie Bangladesch nach Europa verlagert werden, könnte dies erhebliche Folgen für die Arbeitnehmer:innen in Bangladesch und die Wirtschaft des Landes insgesamt haben, da die Textilindustrie einen wesentlichen Beitrag zum BIP und zur Beschäftigung leistet. Diese Überlegungen liegen jedoch außerhalb des Rahmens dieser Analyse, da die dargestellten Szenarien rein hypothetisch sind und absichtlich außerhalb realer Einschränkungen modelliert wurden“, fasst der Bericht zusammen.
„Die Textil- und Modeindustrie kann ihren ökologischen Fußabdruck durch zirkuläre Praktiken erheblich reduzieren. Dieser Übergang wird sich jedoch auf die Lebensgrundlage der 140 Millionen Arbeitnehmer:innen in den textilen Lieferketten auswirken. Die Gewährleistung eines gerechten Übergangs für diese Arbeitskräfte sollte für Regierungen und Unternehmen oberste Priorität haben“, kommentiert Hilde van Duijn, Geschäftsführerin der Circle Economy Foundation, in einer Pressemitteilung.
Fazit
Wie im neuesten Circularity Gap Report dargelegt, können einzelne Strategien zwar wesentlich zur Reduzierung der Umweltauswirkungen beitragen, reichen jedoch nicht aus, um die Zirkularität der Textilindustrie signifikant zu verbessern.
„Die Ergebnisse … betonen, dass der Weg zu mehr Zirkularität einen vollständigen Wandel der Textilindustrie erfordert. Dieser Wandel muss eine drastische Reduzierung des Verbrauchs von Neumaterialien und eine Verlagerung hin zu Sekundärmaterialien priorisieren“, so das Fazit des Berichts.
Insbesondere hebt er vier zentrale Kreislaufstrategien hervor, um einen sinnvollen, systemischen Wandel voranzutreiben:
- 1) Regenerierung der Materialströme durch die Gestaltung zirkulärer Produkte
- 2) Einengung der Materialströme durch Reduzierung von Produktion und Nachfrage
- 3) Verlangsamung der Materialströme durch Verlängerung der Produktlebensdauer
- 4) Materialkreisläufe durch Priorisierung von Recyclingmaterialien gegenüber Neumaterialien
Es versteht sich von selbst, dass der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft weder einfach sein wird noch über Nacht stattfinden wird: „Der Weg zur Kreislaufwirtschaft erfordert koordinierte Anstrengungen von Industrie, Wissenschaft, Regierung und Finanzwesen“, so der Bericht.
Er endet daher mit vier Empfehlungen für die Branche, wie die Zirkularitätslücke wirksam geschlossen werden kann, nämlich durch die Reduzierung der Produktionsmengen (Stichworte: zirkuläre Textilien und Design, verlängerte Produktlebensdauer und Faser-zu-Faser-Recycling), die Festlegung von Umweltgrenzen über die CO2-Reduktion hinaus (Stichworte: saubere Produktion und globale Umweltstandards), die Gewährleistung eines sozial gerechten zirkulären Übergangs (Stichworte: faire Löhne und Schließung des Gender Gaps) und die Koordinierung von Maßnahmen in Wissenschaft, Technologie, Politik und Finanzen (Stichworte: globale Kennzeichnungsstandards, Rückverfolgbarkeit und Greenwashing-Vorschriften).
Eine Frage bleibt jedoch: Wie wird die Branche, die sich von einem linearen Modell verabschiedet, das auf Überproduktion und Überkonsum basiert, Geld verdienen, wenn Verbraucher:innen weniger Artikel kaufen, die noch dazu länger halten?
„Wir haben diesen Bericht unterstützt, um der Textilindustrie umsetzbare Erkenntnisse zu liefern. Der Bericht hebt die wirksamsten Kreislaufmaßnahmen hervor. Obwohl sie keine vollständige Lösung darstellt, ist Kreislaufwirtschaft ein mächtiges Instrument, um sinnvolle Veränderungen voranzutreiben. Wir hoffen, dass diese Erkenntnisse den branchenweiten Wandel unterstützen und sowohl den Menschen als auch dem Planeten zugutekommen“, kommentiert Christiane Dolva, Leiterin Innovation, Forschung & Demonstration bei der H&M Foundation, in der Pressemitteilung.