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Clean Clothes Campaign: Türkische Textilarbeiter:innen verdienen nur ein Viertel des Existenzlohns

Von Simone Preuss

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Bild: Dilara / Pexels

Im vor wenigen Tagen veröffentlichten Länderprofil der Türkei stellte die Clean Clothes Campaign fest, dass türkische Textilarbeiter:innen nur ein Viertel dessen verdienen, was sie zum Leben brauchen würden.

1,5 Millionen Menschen beschäftigt die türkische Bekleidungsindustrie - die meisten von ihnen (60 Prozent) unregistriert - in über 35.000 Fabriken. Das heißt ohne Arbeitsvertrag, ohne Sozialversicherung und ohne klare Entlohnung.

„Die Schattenwirtschaft boomt. Tagelöhner:innen aus aller Herren Länder - Geflüchtete oder Migrant:innen - schuften in der Türkei für globale Modemarken. Häufige Verletzungen von Grundrechten betreffen insbesondere gewerkschaftliche Rechte, Kinderarbeit und Diskriminierung. Überstundenregelungen bleiben durchgängig unbeachtet - und niemand kontrolliert oder ahndet dies“, fasst die türkische Clean Clothes Campaign in einer Mitteilung zusammen.

Deutschland steht an der Spitze der fünf wichtigsten Exportmärkte für Bekleidung mit einem Exportanteil von 18 Prozent, gefolgt von Spanien (13,2 Prozent), Großbritannien (10,7 Prozent), den Niederlanden (6,3 Prozent) und Frankreich (4,9 Prozent). Fast alle großen Unternehmen, die Bekleidung anbieten oder herstellen, lassen in der Türkei fertigen - von Adidas bis Zara.

Inflationsrate verschlimmert die Lohnsituation in der Türkei

Angesichts der akuten wirtschaftlichen und sozialen Krise in der Türkei - allein 2021 erreichte die Inflationsrate laut unabhängiger Quellen 83 Prozent - hat die türkische Clean Clothes Campaign die aktuellen Lohn- und Arbeitsbedingungen der Modebranche recherchiert und interviewte in den letzten zwei Jahren Hunderte von Arbeiter:innen in den Herstellungszentren Istanbul und Izmir.

Erhöhungen des Mindestlohns, der derzeit bei 4.253 Türkische Lira oder 241 Euro netto im Monat liegt, konnten den Kaufkraftverfall der Löhne nicht kompensieren. Ein Basisexistenzlohn liegt derzeit bei 13.000 Türkischen Lira oder 880 Euro (Stand: Januar 2022), wobei Berechnungen der türkischen Gewerkschaftsförderation Türk-Is zu ähnlichen Ergebnissen wie die türkische Clean Clothes Campaign kommen. Demnach deckt der Mindestlohn nur etwa ein Viertel der grundlegenden Lebenshaltungskosten und trotz Erhöhungen (von zuletzt 51 Prozent) können Beschäftigte nur durch ständige Umschuldung und Zweitjobs überleben.

„Ich komme kaum zurecht. Ich habe Schulden. Wenn ich keine Überstunden mache, bin ich im Minus. Wenn die Kinder in die Schule kommen, muss ich noch mehr Überstunden leisten, damit wir über die Runden kommen“, sagt etwa eine der Arbeiter:innen.

„Unser Lohn kann unsere monatlichen Kosten nicht decken. Die Kinder müssen in den Schulferien und an den Wochenenden auch nähen gehen“, sagt eine weitere Beschäftigte. Und nicht nur das - durch Überschuldung sind Familien gezwungen, Kinder aus der Schule zu nehmen und so ihre Ausbildung abzubrechen, damit sie auch arbeiten und Geld verdienen können.

Ein EU-Lieferkettengesetz muss her

Bego Demir von der türkischen Clean Clothes Campaign fordert deshalb, dass „Modemarken, die in der Türkei Lieferketten haben, sicherstellen müssen, dass ihre Beschäftigten ihre Rechte bekommen“.

Ein wirksames EU-Lieferkettengesetz würde zudem die Arbeitnehmer:innenrechte vom Wohlwollen der Modemarken unabhängig machen, denn dann wäre es eine gesetzlich verbindliche Pflicht, Menschenrechte in Lieferketten einzuhalten.

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