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Digitaler Produktpass: neuer Ratgeber von TrusTrace hilft beim Einstieg

Von Simone Preuss

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Der digitale Produktpass wird bald für alle Textilprodukte verlangt. Bild: TrusTrace

„Ich bin in die Modebranche eingestiegen, weil ich Zahlen und Daten liebe …“, hat wohl kaum jemand gesagt, wie das neue Handbuch zum digitalen Produktpass (DPP) feststellt, das von TrusTrace, einer Plattform für Rückverfolgbarkeit und Compliance in der Lieferkette, herausgegeben und von etwa einem Dutzend Fachleuten verfasst wurde.

Das Europäische Parlament hat jedoch am 23. April 2024 die Verordnung über die umweltgerechte Gestaltung nachhaltiger Produkte (Ecodesign for Sustainable Product Regulation, ESPR) verabschiedet, die vorschreibt, dass jedes in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union verkaufte Textilprodukt mit einem Ökodesign und einem digitalen Produktpass versehen sein muss, der zwischen 2026 und 2030 eingeführt werden soll.

Das bedeutet, dass viele Daten und Zahlen auf europäische Textilunternehmen zukommen werden, unabhängig von ihrer Größe und ihrem Umsatz. Laut dem neuen Handbuch „Unlocking DPP: The Why, What And How Of Digital Product Passports“ sind die ESPR und der darin enthaltene DPP jedoch „genau das, was die Modebranche schon seit Jahren gefordert hat, sie wusste es nur nicht".

„Die EU-Ökodesign-Verordnung und die darin enthaltene Komponente des digitalen Produktpasses sollen gleiche Wettbewerbsbedingungen schaffen und standardisierte Möglichkeiten zur Messung und Kommunikation von Nachhaltigkeitsbemühungen und -auswirkungen bieten, die die Branche schon lange benötigt“, heißt es im Ratgeber.

“Unlocking DPP. The Why, What and How of Digital Product Passports”. Bild: TrusTrace

Es wird erklärt, warum und wie die Verordnung dies erreichen will, warum sie für die Schaffung einer Kreislaufwirtschaft von zentraler Bedeutung ist, was die ESPR und der DPP beinhalten und was dies für alle Marken bedeutet, die Textilprodukte in Europa verkaufen. Darüber hinaus enthält der Ratgeber Einblicke von Marimekko, Kappahl und Ganni auf Markenseite sowie von der internationalen Standardisierungsorganisation GS1 und der Textile Exchange.

„Wir sehen darin eine Chance, Verbraucher:innen mehr Informationen und Transparenz über Produkte zu bieten, aber auch die Möglichkeit, Produktdaten effizienter zu verwalten, mit Blick auf das Leben nach dem Kauf“, stimmt Ganni-Mitbegründer Nicolaj Reffstrup zu.

„Es ist leicht, die Hürden und Unwägbarkeiten zu erkennen, aber wir sollten uns alle auf den Datenwandel freuen, der in den kommenden Jahren stattfinden wird. Je schneller Sie sich auf die Einhaltung der Vorschriften vorbereiten, desto reibungsloser wird der Übergang für Sie und Ihre Zielgruppe verlaufen. Dieser Leitfaden ist ein hervorragendes Hilfsmittel, um sich auf den Weg zu machen und die derzeitigen Unwägbarkeiten der Gesetzgebung zu meistern“, fügt Reffstrup hinzu.

Mit Mythen aufräumen

Das Buch räumt auch mit einigen weit verbreiteten Mythen und Missverständnissen über den digitalen Produktpass auf, zum Beispiel dass es sich lediglich um einen QR-Code auf einem Kleidungsstück und eine App handele. „Er umfasst digitale Informationen, eine physische Produktidentifikation und ein umfassendes digitales System, das in der Lage ist, große Datenmengen zu verarbeiten und den Datenzugriff und die Dateneingabe durch mehrere Akteur:innen zu erleichtern“, heißt es.

Ein weiterer Mythos ist, dass der DPP lediglich ein Mechanismus zur Sammlung produktspezifischer Daten sei, um Reparatur, Recycling und die Einbeziehung der Verbraucher:innen zu ermöglichen. Stattdessen ist er aber „ein zentraler Aspekt des Umwelt- und Wirtschaftsplans des gesamten EU-Blocks, um Wirtschaftswachstum mit reduzierten Umweltauswirkungen zu erreichen. Der Textilsektor in Europa befindet sich seit einiger Zeit im Niedergang, und die EU-Textilstrategie zielt darauf ab, ihn wiederzubeleben, indem sie einen größeren wirtschaftlichen Wert und mehr Beschäftigung für den Sektor schafft.“

Der digitale Produktpass ist auch nicht nur für Textilprodukte oder Fast Fashion im Besonderen gedacht. Tatsächlich sind Textilerzeugnisse (das heißt alle Bekleidungs-, Haushaltswaren- und Schuhprodukte, die mehrheitlich aus textilen Materialien bestehen) nur eine von 19 Produktgruppen und 12 Endprodukten wie Kosmetika, Möbel, Spielzeug und andere, für die die EU DPPs verlangen wird. „Die Europäische Kommission geht davon aus, dass Textilerzeugnisse den höchsten Wert für die Kreislaufwirtschaft haben, was das wirtschaftliche Potenzial verdeutlicht, das man zu erschließen hofft“, heißt es im Buch.

QR-Code auf einem Etikett. Bild: TrusTrace

„In Zukunft hat der DPP das Potenzial, als Teil des Produktstorytellings und des Lebenszyklus einen Mehrwert für Kund:innen zu schaffen“, sagt Marjut Lovio, Nachhaltigkeitsmanagerin bei Marimekko. Sie brachte ihre Nachhaltigkeits- und IT-Perspektiven in das Handbuch ein. „Wir glauben, dass dieser Leitfaden der Branche bei der Umstellung auf zirkuläre Geschäftsmodelle helfen kann“, fügt sie hinzu.

Die gute Nachricht ist, dass nicht alle DPP-Datenanforderungen neu sind (was ein weiterer Mythos ist), sondern dass einige bestehende EU-Verordnungen wie REACH und die EU-Umweltkennzeichnung die DPP-Datenanforderungen bereits teilweise erfüllen. Marken verfügen bereits über einige dieser Daten und müssen sie nur noch in den DPP-Daten- und Systemrahmen integrieren. An dieser Stelle kommt der Abschnitt „Wie" des Buches ins Spiel - er bietet ein Datenprotokoll, das Marken befolgen können, um mit der Sammlung von DPP-Daten und der Einrichtung ihrer digitalen Systeme für die DPP-Implementierung zu beginnen.

Was ist ein digitaler Produktpass?

Der Ratgeber bietet im Abschnitt „Was“ auch eine Erklärung, was der DPP ist, nämlich seine drei Kernkomponenten: Produktdaten, eindeutige Identifikatoren und das erforderliche interoperable IT-System (für den dezentralen Datenaustausch). Besonders nützlich ist eine Definition von Datenträgern wie RFID-Tags, QR-Codes, NFC-Tags und Wasserzeichen. In diesem Abschnitt wird auch aufgeschlüsselt, wer und was in den Anwendungsbereich fällt, sowie die erforderlichen Datensysteme.

„Die operativen Komponenten und Anforderungen des DPP sind nur unzureichend bekannt, weshalb wir uns dem Trace4Value-Projekt angeschlossen haben. Wir haben unschätzbare Erkenntnisse gewonnen - wie zum Beispiel, dass die DPP-Datenfelder, die den Verbraucher:innen angezeigt werden, standardisiert werden müssen. Wir sind stolz darauf, unsere Sichtweise für dieses Handbuch zur Verfügung zu stellen, um dazu beizutragen, dass es zu einer umfassenden Ressource für die Einhaltung der kommenden DPP-Gesetzgebung wird“, erklärt Sandra Roos, Vizepräsidentin für Nachhaltigkeit bei Kappahl. 


Das „Wann“ des DPPs - warum Marken und Einzelhändler:innen jetzt anfangen sollten

Der Abschnitt „Wann“ beantwortet die Frage, wann digitale Produktpässe eingeführt und durchgesetzt werden sollen. Er bietet auch einen Überblick über den Zeitplan für deren Einführung und die Anforderungen für Textilprodukte im Rahmen der ESPR.

Während die endgültigen Datenanforderungen, Datenstandards und die IT-Systemarchitektur und Interoperabilität voraussichtlich erst im Jahr 2026 festgelegt werden, gibt es im Rahmen der ESPR bereits „solide Anleitungen“ für Marken und Einzelhändler:innen, um mit den DPP-Vorbereitungen zu beginnen. Das Buch fordert sie daher auf, bereits jetzt damit zu beginnen, indem sie den oben erwähnten Abschnitt „Wie“ und insbesondere die darin enthaltenen Ergebnisse der jüngsten und umfassenden DPP-Pilotstudie für Textilien nutzen.

Das Buch „Unlocking DPP: The Why, What and How of Digital Product Passports“ ist sicherlich eine nützliche Ressource für Marken und Einzelhändler:innen, die sich einen Vorsprung beim DPP verschaffen und ihn erfolgreich umsetzen wollen. Das Playbook kann von der TrusTrace-Website heruntergeladen werden. Darüber hinaus werden die Teilnehmer:innen des Pilotprojekts in einem Webinar am 13. Juni ihre Erkenntnisse teilen.

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