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Experten: So können Unternehmen Auswirkungen des Coronavirus auf ihre Lieferketten steuern

Von Simone Preuss

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Früher gab es einen dummen Spruch: Wenn etwas als unwichtig erschien, fügte man hinzu „und in China fällt ein Sack Reis um“. Vor 30, 40 Jahren war China weit weg, wurde nur mit Reisanbau in Verbindung gebracht und was dort passierte, schien die Weltwirtschaft nicht sonderlich zu bewegen. Das hat sich drastisch geändert. Wenn heute der sprichwörtliche Sack Reis in China umfällt, dann nimmt es die ganze Welt zeitnah zur Kenntnis. Und wenn dort eine neuartige Atemwegserkrankung den Verkehr und das tägliche Leben lahmlegt, dann betrifft es sehr schnell die Wirtschaft und damit die Lieferketten weltweit.

Deshalb haben sich drei Experten der Unternehmensberatung Kearney mit dem Problem auseinandergesetzt und analysiert, wie die durch das Coronavirus verursachten Zwangspausen in vielen chinesischen Unternehmen die Lieferketten im weltweiten Handel belasten und wie Unternehmen die Herausforderungen meistern können; Ratschläge, die auch für die Modebranche und Luxusindustrie zutreffen, weltweit und in Deutschland und Europa.

Auch deutschen Unternehmen stehen Lieferschwierigkeiten bevor

„Kann die Epidemie nicht rasch eingedämmt werden, drohen Lieferschwierigkeiten auch für deutsche Unternehmen“, warnen Robert Kromoser, Partner und Experte von Kearney für Einkauf, Digitalisierung und Risikomanagement, Michael F. Strohmer, Partner und Co-Lead Operations Europa von Kearney und Alla Schwamborn, Expertin bei Kearney für Supply Chain Risk Management.

Angesichs von ausgesetzten Passagier- und Frachtflügen und zeitweilig geschlossenen Fabriken in China leidet auch der Export aus Europa - inzwischen gehen 7 Prozent aller deutschen Ausfuhren nach China. Robert Kromoser sieht in erster Linie unmittelbare Lieferungsprobleme, da Lieferketten bei einer Epidemie nicht auf einen Schlag ausgelöscht werden (wie etwa bei Erdbeben oder Tsunamis). Da die Infrastruktur erhalten bleibt, könnte die Produktion nach der Eindämmung schnell wieder hochgefahren werden. „Im Moment sind die Lieferketten noch nicht wirklich unterbrochen. Waren können frei bewegt werden, es kommt eher zu Reiseeinschränkungen. Eine Gefahr für die Lieferketten entsteht dann, wenn die Fabriken über längere Zeit großflächig geschlossen werden“, erklärt Kromoser.

Mehr Kommunikation mit Lieferanten in China ist notwendig

Wann genau die Produktion wieder aufgenommen wird, ist noch nicht abzusehen, da laut WHO noch kein Antiserum in Sicht ist. Für Unternehmen heißt dies, verstärkt mit ihren Lieferanten zu kommunizieren und alternative Lieferwege zu finden. „Wir bemerken, dass Unternehmen mit wesentlichen Lieferanten in der Region Task Forces aufbauen, um einen Produktionsausfall möglichst zu verhindern. Hier sind Firmen in der Elektronik- und Automobilindustrie besonders betroffen. Nun kommt es darauf an, direkte Kontakte zu den Lieferanten in der Region zu knüpfen und laufende Transporte umzuleiten“, rät Michael Strohmer.

Um Lieferengpässe zu vermeiden, empfehlen die Experten die Intensivierung des eigenen Krisenmanagements: „Wer über das beste und agilste Krisenmanagement verfügt und sich rasch die (noch) am Markt verfügbaren Kapazitäten sichert, hat einen Wettbewerbsvorteil“.

Coronavirus ist „Feuerprobe für das Risikomanagement“

Für Kromoser ist das Coronavirus eine „Feuerprobe“ für das Risikomanagement und eine Lektion, sich nie von einem einzigen Standort mit einer kritischen Komponente abhängig zu machen. „Bezieht man den CO2-Ausstoß durch lange Transportwege, vermehrte Wetterkapriolen, die die Logistik beeinträchtigen, neue Gesundheitsrisiken wie Corona usw. mit ein, dann müssen sich Firmen die Grundsatzfrage stellen, ob man bei globalen Lieferketten nicht stärker auf Lagersicherheitsbestände und einen zweiten Lieferanten setzen sollte“, gibt er zu bedenken.

Alla Schwamborn sieht die derzeitige Krise als Lehre für die Zukunft und empfiehlt, Lieferanten dementsprechend mit Sorgfalt und Weitsicht zu wählen. „Es ist zu erwarten, dass auch in Zukunft Naturkatastrophen passieren oder Epidemien ausbrechen werden. Da können rasch Schäden in Milliardenhöhe entstehen. Investition in professionelles Lieferantenrisikomanagement rechnet sich dann schnell. In der Praxis heißt das: Kritische Materialien und somit Lieferanten identifizieren, Transparenz in der Lieferkette schaffen, Szenario-basierte Krisenstrategien erarbeiten und strategische Lieferantenpartnerschaften darauf basierend aufbauen“, rät die Expertin für Risikomanagement in der Lieferkette.

Fasst man den Rat der Experten zusammen, dann gilt: Die derzeit vorhandene Infrastruktur nutzen und alternative Lieferwege finden; die Kommunikation mit den Lieferanten nicht nur aufrechterhalten, sondern verstärken; das Krisenmanagement der Situation anpassen und schnell handeln; auf mehrere Lieferanten und Lagerbestände setzen und in ein professionelles Lieferantenrisikomanagement investieren. Und vor allem gilt: Transparenz, Transparenz, Transparenz. So gerüstet, werden auch Engpässe in der Mode- und Luxusindustrie vermieden und Beziehungen zu Lieferanten selbst in Krisenzeiten gestärkt werden.

Bild: obs/Kearney/KEARNEY

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