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Milliarden-Dollar-Defizit: Wie kann nachhaltige Mode finanziert werden?

Von Simone Preuss

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Fashion will finanziert werden, gerade nachhaltige Mode - zwischen 20 und 30 Milliarden US-Dollar werden Schätzungen zufolge jährlich benötigt, um Innovationen in Richtung umweltfreundlicher Lösungen voranzutreiben. Doch die 2 Billionen US-Dollar schwere Industrie (nach Marktgröße) stößt bei der Finanzierung nachhaltiger Textilinnovationen auf Hindernisse, die zum Beispiel in einem begrenzten Bewusstsein für die Möglichkeiten, die sie bieten, verankert sind, aber auch dem Fehlen eines strukturierten Innovationsprozesses und dessen Koordination.

Gemeinsam mit der Boston Consulting Group (BCG) hat die globale Nachhaltigkeitsinitiative Fashion for Good ihren Bericht „Financing the Transformation in the Fashion Industry: Unlocking Investment to Scale Innovation“ veröffentlicht, der die Finanzierungslücke in der Modebranche beleuchtet und wie man sie schließen kann.

„Heute gibt es bereits disruptive Lösungen, die große Sprünge in Richtung Zirkularität bieten können, und die Möglichkeiten, in diese innerhalb der Branche zu investieren und sie zu skalieren, sind enorm. Diese bahnbrechende Studie liefert aussagekräftige Erkenntnisse und einen klaren Handlungsaufruf für alle Akteure, um gemeinsam Innovationen voranzutreiben“, kommentierte Katrin Ley, Geschäftsführerin von Fashion for Good, in einer Pressemitteilung.

Im September letzten Jahres startete Fashion for Good den Good Fashion Fund, eine Zusammenarbeit zwischen der C&A Foundation, The Mills Fabrica mit Sitz in Hongkong und der niederländischen Impact-Investment- und Beratungsgesellschaft Fount, um die Lücke zwischen nachhaltigen Lösungen für die Bekleidungs-Lieferkette und dem für ihre Skalierung erforderlichen Kapital zu schließen. Mit einem Zielvolumen von 60 Millionen US-Dollar ist der erste Investmentfonds, der sich ausschließlich auf die Umsetzung innovativer Lösungen in der Modebranche konzentriert, jedoch nicht ausreichend, um die Lücke zu füllen, die der neue Bericht aufzeigt.

Modebranche muss sich wandeln und in nachhaltige Innovationen investieren

Die Frage ist nun, wie sich die Modebranche wandeln wird, um ein nachhaltiges Betriebsmodell zu erreichen, da sie sich „historisch gesehen, in einem kostengetriebenen Wettlauf nach unten befunden und radikal neuen Technologien wenig Aufmerksamkeit geschenkt hat“, so der Bericht. Es wird jedoch auch auf die Tatsache hingewiesen, dass „sich jetzt ein perfekter Sturm von Innovationen und Möglichkeiten bildet“, den Investoren und Unternehmen nun in Form von wirkungsorientierten Innovationen nutzen können, die die Branche verändern werden. „Ein Schrittwechsel erfordert disruptive Innovationen in Form von neuen Materialien, Prozessen, Technologien und Geschäftsmodellen“, so der Bericht.

Die Studie berechnete, dass der Übergang zur Nachhaltigkeit eine Finanzierungsmöglichkeit von 20 bis 30 Milliarden US-Dollar pro Jahr für die Entwicklung und Skalierung von disruptiven Innovationen bietet. Im letzteren Fall müssten Innovationen bis 2030 schneller entstehen, was wiederum eine Verdreifachung oder mehr der Investitionen gegenüber dem derzeitigen Niveau erforderlich macht.

„Während die ersten Schritte unternommen wurden, muss die Modebranche Innovationen annehmen und beschleunigen, um die Industrie zukunftssicher zu machen. Dies eröffnet denjenigen, die aus dem bevorstehenden technologischen Umbruch Kapital schlagen können, große unerschlossene Möglichkeiten“, sagte Sebastian Boger, einer der Geschäftsführer und Partner von BCG, in der Mitteilung.

Eines der wichtigsten Ergebnisse des Berichts ist, dass bis jetzt nur ein Bruchteil des gesamten verfügbaren Kapitals in Bekleidungs- und Textiltechnologie investiert wurde, so dass viele Innovatoren in einer Finanzierungslücke stecken bleiben, die ihre Fähigkeit zur Entwicklung und Skalierung ihrer Innovationen behindert. Darüber hinaus liegt fast die Hälfte der jährlichen Finanzierungsmöglichkeiten von 20 bis 30 Milliarden US-Dollar am Anfang und am Ende der Wertschöpfungskette, wo Rohstoffe und Anwendungslösungen das höchste Wirkungspotenzial haben. Innovatoren haben jedoch Schwierigkeiten, diese „fehlende Mitte“ der Finanzierung zu überbrücken.

„Bisher lag unser Schwerpunkt auf der Verbesserung unserer bestehenden Operationen und der Umsetzung kommerziell verfügbarer Lösungen. Nur ein kleiner Teil des Innovationsbudgets und unserer Aktivitäten ist derzeit auf die Entwicklung wirklich radikaler Lösungen ausgerichtet. Um dies weiter voranzutreiben, sind Risikokapital und eine abgestimmte Vorgehensweise zwischen Marken und Herstellern erforderlich“, bestätigt Arvinds Geschäftsführer Punit Lalbhai im Bericht.

Die Studie zeigt auch, dass Koordinatin und Konsortien wichtig sind, um Innovatoren bei der Suche nach der richtigen Finanzierung zu unterstützen, Marken einen schnelleren Zugang zu skalierbaren Technologien zu ermöglichen und Investoren bessere Möglichkeiten zu bieten. Als Gegenleistung für die Unterstützung von Innovatoren bei der Entwicklung und Erhöhung ihrer Chancen auf die Vermarktung profitieren Marken durch Abnahmevereinbarungen, Pilotprojekte und Direktinvestitionen. Nicht zuletzt wird die Finanzierung in den Modebereich fließen, wenn alle beteiligten Akteure auf Bedingungen hinarbeiten, die attraktive Renditen und messbare Auswirkungen bei überschaubarem Risiko fördern.

„Bisher nutzen nur wenige Stiftungen die Gelegenheit, eine wichtigere Rolle bei der Erschließung von Finanzmitteln für Innovationen zu spielen. Durch einen strategischeren Investitionsansatz können sie das Risiko von Investitionen des privaten Sektors verringern und eine Katalysatorwirkung erzielen“, rät Leslie Johnston, Geschäftsführerin der C&A Foundation, im Bericht.

Die Studie identifizierte auch sechs Hindernisse bei der Finanzierung von Innovationen: fehlgeleitete Anreize, bei denen die Hersteller die Kosten und Umsetzungsrisiken nicht angemessen berücksichtigen, ein begrenztes Bewusstsein für die enorme Chance, die Nachhaltigkeit in der Mode darstellt, das Fehlen eines strukturierten Innovationsprozesses und seiner Umsetzung, Mangel an Erfahrung und technischem Fachwissen, falsche Wahrnehmungen hinsichtlich der Preisgestaltung und externer Effekte wie Kohlenstoffemissionen und eine unzureichend strukturierte Exklusivität, die Innovatoren an einer breiteren Skalierung und einer raschen Kommerzialisierung hindern kann.

Dementsprechend sehen die Boston Consulting Group und Fashion for Good ihren Bericht als einen Aufruf zum Handeln für alle Beteiligten wie Koordinatoren, Marken, Partner in der Lieferkette, Innovatoren und Investoren sowie den öffentlichen Sektor.

„Es ist unbestreitbar, dass die Modeindustrie ihre Umwandlung in nachhaltige, zirkuläre Praktiken beschleunigen muss. Die Uhr tickt, und der Erfolg hängt stark von der Entwicklung neuer, bahnbrechender Lösungen ab, die die Branche zukunftssicher machen. Die wachsende Innovationspipeline beweist, dass solche Lösungen gefunden werden können, aber das Entwicklungstempo ist zu langsam, und die wichtigsten erforderlichen Innovationen sind noch nicht in großem Maßstab verfügbar. Zu viele Innovatoren stehen noch immer vor den Herausforderungen einer Finanzierungslücke, in der Marken, Investoren, Partner in der Lieferkette, Philanthropie und Regulierungsbehörden ihnen nicht die notwendige Unterstützung zukommen lassen“, fasst der Bericht abschließend zusammen.

Bilder: Neonyt Fashion Show 2020 | Boston Consulting Group und Fashion for Good

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