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Kommt jetzt der Digitalisierungsschub im Mode-Einzelhandel?

Von Regina Henkel

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Einzelhandel

Als die Bekleidungsgeschäfte wegen des Coronavirus-Ausbruchs schließen mussten, wurde schnell eines klar. Der Großteil der Mode wurde bisher weiterhin in Läden verkauft und nicht im Internet. Viele stationäre Händler waren daher nicht auf das Verkaufen online vorbereitet, obwohl es bereits viele Angebote gibt.

Für einzelne Händler ist es vergleichsweise einfach eine eigene Website mit Onlineshop aufzubauen, aber schwerer ist es, dort auch Traffic zu bekommen. Abhilfe schaffen Plattformen wie Mode24 oder auch Zalando, in den vergangenen Wochen kamen viele neue spannende Projekte dazu. FashionUnited stellt einige Anbieter abseits von Amazon vor und hat sie gefragt, wie sie die Nachfrage von Händlerseite seit den Ladenschließungen erleben.

Lokale Webseiten blühen auf - regional und deutschlandweit

Digitale lokale Marktplätze, die stationäre Geschäfte einer Stadt oder einer Region auf einer Plattform bündeln, galten eigentlich schon als überholt. Sie sind nur dann für Kunden attraktiv, wenn viele Händler mitmachen, und da fehlte bislang das Interesse. Die Coronakrise hat ihnen jetzt neuen Auftrieb verschafft. „Das Interesse an unserem Angebot explodiert", sagt beispielsweise Patrick Schulte, der mit Lozuka Siegen einen lokalen Onlinemarktplatz betreibt.

In zahlreichen Städten entstanden neue Plattformmodelle, um dem stationären Einzelhandel in der Region unter die Arme zu greifen, sie reichen von regionalen Netzwerken wie beispielsweise Lozuka in Siegen und helfen.berlin bis hin zu deutschlandweiten Plattformen wie z.B. Einzelheld.de, Kiezware.de oder Lokalkauf.org. Lokalkauf.org ist das Resultat aus dem Corona-Hackathon der Bundesregierung und gerade erst gestartet. Kiezware ist seit April online. Die lokalen Marktplätze funktionieren meist so, dass die lokalen Händler einzeln gelistet sind und ihre Produkte über die Website verkaufen. Die Auslieferung organisieren die Geschäfte selbst.

Auch die Aktion „Händler-helfen-Händlern“, die von den beiden Händlern Rose Bikes und Visunext Group sowie dem Shopsoftwarehersteller Shopware initiiert wurde, basiert auf der Idee, den stationären Händlern ein komplett kostenloses IT-Netzwerk zur Verfügung zu stellen, auf dem sie ihre Filialbestände hochladen und zum Beispiel durch Taxen, Lieferdienste, Getränkelieferanten und andere regionale Logistikdienstleister versenden können. Die Liveschaltung soll in der nächsten Woche erfolgen.

Mode24 und Outfits24

Hinter den Plattformen Schuhe24, Outfits24, Taschen24 und Sportmarken24 steckt Dominik Benner, der auch das Familienunternehmen Schuh Benner leitet. Schließt sich ein Händler beispielsweise Outfits24 an, kann er nicht nur über diese verkaufen, sondern gleich über 45 Verkaufskanäle - wozu auch otto.de oder amazon.de gehören. Benners Plattformen werben damit, dass Kunden bei ihnen von lokalen Händlern bestellen - mit Namen sichtbar sind die Händler selbst nicht. Seit Mai verkaufen mehr als 2.000 Geschäfte über seine vier Angebote, sagt Dominik Benner. Im April sind die Verkäufe über die Plattformen um 42 Prozent gegenüber Vormonat gestiegen und seine Mitarbeiter kämen kaum noch mit den neuen Anbindungen hinterher. “Wir haben seit Anfang März eine massive Anfrage von Händlern aus den Branchen Sport, Schuhe und Mode. Während früher 2-3 Händler pro Woche gestartet sind, fragen nun pro Woche 25 Händler an”, erzählt er.

Bild: Screenshot Mode24

Auf seinen Onlineshops beobachter er auch Veränderungen in der Verbrauchernachfrage: Der durchschnittliche Preis der gekauften Artikel sei leicht gesunken und es werden mehr funktionale Artikel gekauft. “Den High Heel in rot sucht derzeit niemand, den Sneaker oder Wanderschuh für 99 Euro aber jeder. Und auch klassische Tops und Hosen in der Preiskategorie bis 70 Euro sind der Renner”, sagt Benner. Er hat zur Zeit die Anbindungskosten für Händler abgeschafft, Gebühren gesenkt und Kündigungsfristen aufgehoben. Mehr über das Geschäftsmodell von Outfits24 lesen Sie hier.

MyStationery: stationäre Concept Stores werden digital

Das Münchener Startup MyStationary.de digitalisiert stationäre Concept Stores und Boutiquen. Das heißt, besondere Läden im Fashion Bereich können über den Online-Marktplatz ihre Ware verkaufen. “Momentan sind 30 Stores angebunden, zehn weitere werden in der nächsten Woche online sein”, erklärt Vanessa Kaiser, Co-Founder von MyStationary. “Mit vielen weiteren sind wir in Gesprächen. Aber wir wollen ein Fashion Markplatz bleiben und achten darauf, dass die Stores auch passen und nehmen nicht alle Anfragen auf.”

Bild: MyStationary

Wer dazu passt, bekommt ein schnelles und einfaches Onboarding und erhält Zugriff auf eine neue Community, mehr Reichweite und einen neuen Vertriebskanal. Andocken können sich Stores im Fashion-, Home-, Lifestyle- und Accessoires- Bereich in ganz Deutschland. Wie genau läuft das Onboarding ab? „Der Store schickt uns Bilder und Angaben zum Store, danach wird Paypal angebunden. Der Store bekommt ein eigenes Backend und somit quasi auch einen eigenen Store in unserer Fashion Mall“, erklärt Vanessa Kaiser. Die Bezahlung läuft über Paypal Marketplace und wird direkt nach jeder Bestellung in Echtzeit ausgeschüttet abzüglich der Provision. Zusätzlich ist eine monatliche Gebühr fällig. Bei Verkauf über angeschlossene Marktplätze erfolgt die Ausschüttung monatlich. Jeder Kunde versendet selbst und kann verschiedene Versandoptionen anbieten.

Avocado-Store: Das Angebot für den nachhaltigen Lebensstil

Der Avocado-Store wurde 2010 mit Idee gegründet, nachhaltigen Ladengeschäften, Brands, Designern und Start-Ups eine Plattform für ihre Produkte zu bieten. Um über die Plattform zu verkaufen, sollten Anbieter begründen können, warum sie eines der zehn nachhaltigen Kriterien erfüllen. Zu den Kriterien gehören zum Beispiel ‘Rohstoffe aus Bioanbau’, ‘Made in Germany’ oder ‘Recycelt & Recyclebar’.

Die Anbieter bezahlen 17 Prozent Kommission auf den Bruttoverkaufspreis, wofür der Avocado-Store Kundenservice, Pressearbeit und Online Marketing übernimmt. Für die Verpackung und den Versand der Produkte sind die Anbieter zuständig. Wer als Händler über die Plattform verkauft, bekommt auch seine eigene Seite auf der Plattform, wo Kunden alle Produkte ansehen können. Auf die Anmeldegebühr von 149 Euro verzichtet der Avocado-Store derzeit; seit Beginn des Lockdowns haben sich 50 Läden neu angeschlossen.

Bild: Screenshot Avocado-Store

Zu Beginn des Lockdowns brachen die Umsätze für Mode ein, aber dafür stieg die Nachfrage nach nachhaltigen Produkten wie Wasserfilter, Joghurtkulturen oder Toilettenpapier, sagte Geschäftsführerin Mimi Sewalski. “Als der erste Schock etwas nachließ, haben wir erhöhte Nachfrage bei Yoga-Mode, Yoga-Utensilien und Kinderspielzeug gemerkt. Erst jetzt, knapp einen Monat nach dem Lockdown erholen die Umsätze sich wieder und wahrscheinlich aufgrund des schönen Wetters sind auch Mode und Schuhe wieder mehr gefragt”.

Super Etage: Von B2B zu B2C

Die digitale B2B Orderplattform Super Etage aus Hamburg, die vor etwa drei Jahren mit der Idee gestartet war, vor allem kleine Labels und Händler zusammenzubringen, erweitert jetzt ihr Angebot in Richtung B2C. Neben dem klassischen B2B-Orderbusiness bietet das Unternehmen für Labels Beratung beim Onboarding auf Marktplätze wie Zalando, About You, Otto, Douglas, Amazon und über zehn weitere. Für Onlinehändler besteht jetzt zudem die Möglichkeit, neue Produkte auf Kommission zu ordern, das heißt Produkte können im Shop präsentiert werden, zahlen muss der Händler aber erst, sobald das Produkt verkauft wurde.

Durch eine Kooperation mit dem Unternehmen Shopitag können stationäre Händler und Onlineshops außerdem den Verkauf über Social Media pushen. Die dafür notwendige App erhalten angeschlossene Partner von Super Etage zu günstigeren Konditionen. Ganz neu sind sechs ebenfalls sehr reichweitenstarke Content-Commerce Plattformen, wie zum Beispiel InStyle.de, Elle.de, Cosmopolitan.de und Harpersbazaar.de, durch die direkt an die Online-Community abverkauft und gleichzeitig Aufmerksamkeit durch Einbindung in redaktionelle Inhalte der Magazine geschaffen werden kann.

Etwa 1.000 Labels und ein internationales Netzwerk aus etwa 10.000 Händlern und Einkäufern arbeiten derzeit mit Super Etage. „Zurzeit haben wir eine hohe Registrierungsquote - bis zu 15 Prozent plus pro Woche - und eine verstärkte Anfrage von Labels auf unsere aktuellen Produkte, also dem Onboarding auf Online Sales-Kanäle“, sagt Anna Zinke von Super Etage. Auch auf das Angebot der Kommissions-Order für Onlineshops reagieren derzeit viele Händler, so das Unternehmen.

Zalando: Anfangspunkt für Mode

Der Berliner Onlinehändler Zalando hat sich als Ziel gesetzt zum Anfangspunkt für Mode zu werden und dazu gehört auch die Kooperation mit Händlern und Brands. Wenn Modehändler und -marken Produkte aus ihrem Beständen über Zalando verkaufen, erhöht es auch das Angebot des Onlinehändlers, ohne dass er mehr Produkte auf Lager halten muss. Für seine Dienste berechnet Zalando normalerweise eine Provision zwischen 5 bis 25 Prozent pro verkauften Artikel, die je nach Produktgruppe und Preispunkt variiert. Vom 1. April bis zum 31. Mai verzichtet das Unternehmen aber auf Provisionsgebühren für alle Händler in seinem Connected Retail-Programm und zahlt die Einnahmen an die Partner wöchentlich aus. Bisher verkaufen 1.500 Händler in Deutschland und den Niederlanden über Zalando. Die Händler arbeiten mit einheitlichen Verpackungen von Zalando und sind selbst nicht für den Endkunden sichtbar.

Modebrands können ihre Produkte auch selbst unter dem Partnerprogramm über Zalando verkaufen, hier machen bisher 2500 Marken mit. “Unmittelbar nach Beginn der Kontaktsperre haben wir ein erhöhtes Interesse von Marken und Einzelhändlern festgestellt”, sagte eine Sprecherin von Zalando. Seitdem Lockdown sei die Motivation der Partner-Brands in kurzer Zeit live zu gehen oder in neue Märkte zu expandieren höher. Mehr über das Händlerprogramm Connected Retail von Zalando lesen Sie hier.

Dieser Beitrag enstand mithilfe von Weixin Zha

Bild: Stringer Imaginechina via AFP

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