Ein Leitfaden für den niederländischen Modemarkt
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Für alle, die ein Modegeschäft in den Niederlanden gründen oder ausbauen wollen,hat FashionUnited einen Leitfaden für den niederländischen Modemarkt zusammengestellt. Dazu gehören Details über den Markt selbst sowie das Einkaufsverhalten und die Wünsche der niederländischen Verbraucher:innen, wichtige Einkaufsstraßen, das Onlineshopping und natürlich auch die Sicht auf Nachhaltigkeit.
Ursprüngliches Erscheinungsdatum: August 2022. Aktualisierung im November 2022.
Inhalt
- Niederländisches Wetter, Modestil und Kultur
- Wirtschaft, Kaufkraft und Bekleidungskonsum
- Statistiken zur niederländischen Modebranche
- Der stationäre Handel
- Nachhaltigkeit
- E-Commerce
Kapitel 1. Niederländisches Wetter, Modestil und Kultur
Beginnen wir mit ein paar Klischees oder Need-to-knows über das Wetter in den Niederlanden, den niederländischen Modestil und die Kultur des Landes.
Das Wetter in den Niederlanden verdient eine gesonderte Erwähnung
In den Niederlanden herrscht ein gemäßigtes, maritimes Klima. Die Winter sind mild, die Sommer auch, und es regnet das ganze Jahr über. Obwohl die Niederlande als regenreiches Land bekannt sind, regnet es nicht ständig, sondern es gibt auch viele Trockenperioden. Das größte Problem ist die Unberechenbarkeit des niederländischen Wetters – man weiß nie, wie es sein wird.
Aufgrund dieses Wetters sind Modemarken aus Ländern mit ungefähr demselben Klima in den Niederlanden gut aufgehoben. Dazu gehören beispielsweise Labels aus Schweden, Dänemark und Norwegen. Außerdem verkauft sich Kleidung für die Herbst- oder Wintersaison in den Niederlanden tendenziell besser als Kleidung für die Frühlings- und Sommersaison, da diese Kleidungsstücke aufgrund des Wetters häufiger getragen werden.
Der niederländische Modestil
Niederländische Verbraucher:innen sind im Vergleich zu denen in Deutschland, den Vereinigten Staaten, Großbritannien oder Schweden weniger modebewusst.
(Aus: Magisterarbeit „Dutch sustainable clothing consumption“ von Mayte Leinenga, Universität Twente 2019. Quelle: Umfrageergebnisse zu Modekonsum und Nachhaltigkeit unter jungen Verbraucher:innen in Deutschland, den Niederlanden, Schweden, Großbritannien und den USA im Jahr 2014 von Andrea Farsang, Wencke Gwozdz, Tina Mueller, Lucia A. Reisch, Sarah Netter, veröffentlicht 2015 von Mistra Future Fashion)
Die Mehrheit der niederländischen Bekleidungskonsument:innen hält Mode für überbewertet. Nur zehn Prozent der Niederländer:innen, die Kleidung kaufen, sagen, dass sie Modetrends folgen. Dennoch halten über 44 Prozent von ihnen Mode für sehr wichtig. Für Niederländer:innen sind Passform, Preis und Stil am wichtigsten. Weit weniger wichtig ist ihnen, wo das Kleidungsstück hergestellt wurde und ob es sich um ein einzigartiges Kleidungsstück handelt.
(Aus der Magisterarbeit „Dutch sustainable clothing consumption“ von Mayte Leinenga, Universität Twente 2019. Quelle: Untersuchung von Ruigrok Van der Kwaak, 2009)
Niederländische Verbraucher:innen bevorzugen Komfort und Flexibilität. Sie tragen ein einziges Kleidungsstück und behalten es den ganzen Tag über an. Niederländer:innen ziehen sich im Allgemeinen tagsüber nicht schick an und tragen das gleiche Outfit bei der Arbeit und in der Kneipe.
(Quelle: UVA-Abschlussarbeit „Nederlandse identiteit in de mode: Co-evolutie tussen merken en consumenten“ („Niederländische Identität in der Mode: Co-Evolution zwischen Marken und Konsumenten“) von Freiherr von Maltzahn, C.-F. 2013)
Der niederländische Modestil ist vor allem eines: unkompliziert, bequem, entspannt, pragmatisch und praktisch. Ein gewisser Modernismus ist erlaubt, aber Niederländer:innen mögen nur wenig Schnickschnack. Da das Fahrrad das beliebteste Verkehrsmittel ist, sollte die Kleidung vor allem praktisch sein.
Denim verdient eine besondere Erwähnung, denn die Niederländer:innen lieben den Stoff sehr. „Niederländer:innen haben Jeans im Blut. Denim passt zu ihrer Mentalität”, sagte Adriano Goldschmied, der Pate des Denim. Niederländer:innen besitzen durchschnittlich 5,4 Paar Jeans pro Person. Auch hier spielt das niederländische Wetter eine Rolle: „Es ist in den Niederlanden nie zu warm für Jeans.”
Kultur: Niederländer:innen lieben Schnäppchen
Ausverkauf, Angebot, Aktion oder Sonderangebot, alles muss kostengünstig oder umsonst sein. „Wir lieben Schnäppchen, das liegt in unserer Kultur“, sagte Kitty Koelemeijer, Professorin für Marketing und Einzelhandel an der Universität Nyenrode, 2017 gegenüber Metronews. Niederländer:innen trauen sich, billiger zu kaufen und handlungsorientiert zu sein. „Anders als in anderen Ländern ist die Qualitätsbestätigung durch einen Markennamen weniger wichtig. Auch unser Einzelhandel ist darauf ausgerichtet“, sagte Koelemeijer der Zeitung.
Die Niederländer:innen wissen, wo und wann Rabatte in normalen Geschäften (88 Prozent) und in Onlineshops (83 Prozent) angeboten werden. Bei vielen Produkten (und Kleidung) wartet die Mehrheit mit dem Kauf, bis eine Rabattaktion kommt. Zwei von drei Niederländer:innen warten auf den Winter- und Sommerschlussverkauf, bevor sie einkaufen. Vier von zehn Personen, und dies gilt insbesondere für junge Leute, warten auf besondere Rabatttage wie den Black Friday.
Die Bereitschaft, auf Rabatte zu warten, ist in den letzten fünf Jahren (2016-2021) gestiegen. Bei Bekleidung ist dieser Anstieg am stärksten. Andererseits ist auch der Anteil der Niederländer:innen, die bereit sind, Produkte ohne Rabatt zu kaufen, leicht gestiegen.
(Quelle: Nationaler Discount-Monitor 2021 des Marktforschungsunternehmens Etil).
Kapitel 2. Wirtschaft, Kaufkraft und Kleiderkonsum
Niederlande: ein wirtschaftlich gesundes Land
Die Niederlande sind ein kleines, aber dicht besiedeltes Land. Es hat derzeit 17,7 Millionen Einwohner:innen. Randstad, die Region um Utrecht, Amsterdam, Den Haag und Rotterdam, ist das am dichtesten besiedelte und am besten entwickelte Gebiet des Landes. Sie gilt auch als das wirtschaftliche Herz der Niederlande.
Die Wirtschaft der Niederlande ähnelt derjenigen der Europäischen Union insgesamt. Im Allgemeinen haben die Niederlande ein langsames Wirtschaftswachstum und eine stabile Wirtschaft. (Quelle: Statista, Juli 2021)
Wirtschaftswachstum
Die Niederlande sind ein kleines Land in Europa, dennoch tragen sie sechs Prozent zum Bruttoinlandsprodukt der Europäischen Union bei und sind damit die fünftgrößte Volkswirtschaft in der EU-27.(laut CBS im Juli 2021, basierend auf Eurostat-Daten)
Niederländisches Pro-Kopf- Bruttoinlandsprodukt ist eines der höchsten in der EU
Das Pro-Kopf-Volumen der niederländischen Wirtschaft ist mehr als anderthalb Mal so hoch wie der EU-Durchschnitt: fast 30.000 Euro.
2020 lag das niederländische Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf bei fast 46.000 Euro. Bereinigt um die unterschiedlichen Preisniveaus in den einzelnen Ländern ist das niederländische Pro-Kopf- Bruttoinlandsprodukt eines der höchsten in der EU. Nur Luxemburg, Irland und Dänemark haben ein höheres Wohlstandsniveau.
Verfügbares Haushaltseinkommen in den Niederlanden pro Kopf: 26.500 Euro
Unter den EU-Ländern, für die Zahlen für 2019 vorliegen, kommen die Niederlande an fünfter Stelle, nach Luxemburg, Deutschland, Österreich und Belgien.
(laut CBS im Juli 2021, basierend auf Eurostat-Daten)
Kaufkraft
2019 hatten Niederländer:innen durchschnittlich 20.416 Euro zum Sparen und Ausgeben zur Verfügung, 39 Prozent mehr als der europäische Durchschnitt. Die Niederlande liegen auf Platz 14 von 42 Ländern, die an der Umfrage teilgenommen haben.
Die Kaufkraft in den Niederlanden ist ziemlich gleichmäßig auf die 12 Provinzen verteilt. Mit einer Kaufkraft von 20.442 Euro liegt die Provinz Zuid-Holland an dritter Stelle und nahe am nationalen Durchschnitt. Nordholland hat die höchste Kaufkraft: 22.076 Euro. (Quelle: 'GfK Purchasing Power Europe 2019' Untersuchung, Oktober 2019.) In Nordholland befinden sich auch die reichsten Gemeinden der Niederlande, wie Blaricum, Bloemendaal und Laren, sowie die Hauptstadt Amsterdam.
Wie sieht es mit dem Bekleidungskonsum in den Niederlanden aus?
Niederländer:innen kaufen weniger Kleidung als Verbraucher:innen in Großbritannien, Deutschland, Italien, Frankreich und Spanien. 2018 gaben niederländische Haushalte 14,6 Milliarden Euro für Kleidung aus. Das scheint viel zu sein, aber in Großbritannien waren es mit 65,4 Milliarden Euro mehr als viermal so viel. Im Vergleich: in Deutschland werden pro Haushalt 62,7 Milliarden Euro pro Jahr für Kleidung ausgegeben; in Italien 52,4 Milliarden Euro; in Frankreich 35,7 Milliarden Euro und in Spanien 24,1 Milliarden Euro.
(Quelle: Konsumausgaben der privaten Haushalte für Bekleidung in der Europäischen Union 2018, nach Ländern, Statista 2022)
Ausgaben für Schuhe und Kleidung in den Niederlanden
Die Pro-Kopf-Ausgaben für Bekleidung und Schuhe in den Niederlanden werden für 2021 auf 1.201,89 US-Dollar (etwa 1.027,56 Euro) geschätzt. Bis 2025 wird dieser Betrag voraussichtlich bei 1.406,95 US-Dollar (etwa 1.202,88 Euro) liegen.
(Quelle: Statista Juli 2021, “Fashion consumer spending per capita forecast in the Netherlands 2010-2022”. Diese Prognosen wurden um die erwarteten Auswirkungen der Covid-Pandemie auf die lokale Wirtschaft bereinigt).
Niederländer:innen geben pro Person und Jahr 721 Euro für Kleidung und Schuhe aus.
(Aus der Fast-Fashion-2020-Studie der Regierung. Quelle: Haushaltsausgaben CBS Statline 2015)
2015 gaben niederländische Haushalte 12,2 Milliarden Euro für Kleidung und Schuhe aus. Drei Viertel der Ausgaben entfielen auf den Kauf von neuer Kleidung, davon etwa 54 Prozent für Damenbekleidung, 31 Prozent für Männerkleidung und 15 Prozent für Kinderkleidung.
Produkt & Gesamtausgaben der niederländischen Haushalte
Damenbekleidung: 4,8 Milliarden Euro
Herrenbekleidung: 2,8 Milliarden Euro
Baby- und Kinderkleidung: 1,4 Milliarden Euro
Schuhe: 2,5 Milliarden Euro
Sonstiges: 0,6 Milliarden Euro
Gesamt: 12,2 Milliarden Euro
Das sind 1.178 Euro für Bekleidung pro Haushalt und Jahr, oder 534 Euro pro Einwohner:in und Jahr beziehungsweise 721 Euro pro Einwohner:in und Jahr, rechnet man die Ausgaben für Schuhe hinzu.
(Aus der Fast-Fashion-2020-Studie der Regierung. Quelle: Haushaltsausgaben CBS Statline 2015)
Niederländische Verbraucher:innen kauft 46 neue Kleidungsstücke pro Jahr
Niederländer:innen kaufen im Durchschnitt 46 neue Kleidungsstücke, Schuhe und Accessoires pro Jahr. Frauen, junge Erwachsene und Menschen in Großstädten besitzen mehr Kleidung als Männer, ältere Menschen und Bewohner:innen kleinerer Städte und Dörfer. Der Durchschnittspreis eines Kleidungsstücks liegt bei 16 Euro.
(Quelle: Untersuchung durch HvA (Create-It Applied Research), Modint, Saxion, Circle Economy, Sympany und MVO Nederland. Veröffentlichter Forschungsbericht 'Measuring the Dutch Clothing Mountain', 2017.)
Teilt man den im obigen Absatz genannten Betrag von 721 Euro pro Jahr durch 46 Kleidungsstücke, so ergibt sich ebenfalls ein Durchschnittspreis von 15,6 Euro pro Stück, aufgerundet auf 16 Euro.
Kapitel 3. Statistiken zur Modebranche der Niederlande
Der Wert des niederländischen Bekleidungsmarktes wird auf 10 Milliarden Euro geschätzt. (Quelle: Modint)
In den Niederlanden kommen jedes Jahr fast eine Milliarde Kleidungsstücke und Accessoires auf den Markt. Wenn man die Accessoires nicht mitzählt, sind das 900 Millionen Kleidungsstücke. (Aus der Fast-Fashion-2020-Studie der Regierung, Quelle: CBS-Zahlen 2008-2018 über Bekleidungsimporte und -exporte).
Die Niederlande sind ein wichtiges Transitland. Der Großteil der Bekleidungsimporte geht wieder ins Ausland zurück. 2020 importierten die Niederlande Kleidung im Wert von 12,4 Milliarden Euro und exportierte Kleidung im Wert von 10,9 Milliarden Euro. (Laut CBS in “Handel mit Waren mit hohen Umweltauswirkungen” Longread, 2021. Daten: CBS, Eurostat.)
2019 lag der Nettoumsatz ohne Mehrwertsteuer im Segment Bekleidung & Sport bei 13,8 Milliarden Euro. Der Nettoumsatz der Modegeschäfte ohne Mehrwertsteuer lag 2019 bei 10,2 Milliarden Euro. (Quelle: Retail Insiders.)
Der Einzelhandel ist einer der beschäftigungsstärksten Sektoren in den Niederlanden. 2020 arbeiteten insgesamt 114.415 Menschen in der Bekleidungs- und Sportbranche. In Modegeschäften (Bekleidungsgeschäften) arbeiten insgesamt 84.650 Menschen. Quelle: Retail Insiders
Die Zahl der Modeunternehmen in den Niederlanden beträgt mehr als 50.000. (Quelle: Die fettgedruckten Daten basieren auf Daten von CBS, KV und anderen).
Physische Bekleidungsgeschäfte: 13.700 (Stand: 1. Januar 2022)
Über 13.000 Geschäfte verkaufen Kleidung, das sind 16 Prozent aller Geschäfte in den Niederlanden; die Zahl der Bekleidungsgeschäfte ist jedoch rückläufig.(Quelle: CBS, Mai 2022) Mehr zum stationären Handel in Kapitel 4.
Webshops für Kleidung: 12.580 (2020 im 2. Quartal). Quelle CBS 2022
Die Zahl der Onlineshops hat in den letzten Jahren zugenommen. Mehr über Webshops erfahren Sie in Kapitel 6 zum E-Commerce.
Kapitel 4. Stationäre Geschäfte in den Niederlanden
Die größte Gruppe der stationären Händler:innen in den Niederlanden verkauft Kleidung. Bekleidungsgeschäfte machen etwa 16 Prozent der insgesamt fast 84.000 stationären Einzelhandelsgeschäfte aus. (Quelle: CBS, Mai 2022).
Maastricht ist die “Shopping-Hauptstadt” der Niederlande und hat die höchste Einkaufsdichte unter den 25 größten Gemeinden. Mit Stand vom 1. Januar 2021 gab es in Maastricht 7,1 physische Geschäfte pro tausend Einwohner:innen. Auf den Plätzen zwei und drei liegen Amsterdam mit 6,2 physischen Geschäften und 's-Hertogenbosch mit 5,9 Geschäften pro tausend Einwohner:innen. 2017 war Maastricht bisher die Shopping-Hauptstadt der Niederlande, während Amsterdam in absoluten Zahlen die Einzelhandelshauptstadt der Niederlande ist. (Quelle: CBS.)
Die Einzelhandelslandschaft ist ziemlich gesättigt, vor allem in den Großstädten.
Die Zahl der Bekleidungsgeschäfte in den Niederlanden geht zurück
In einer Welt, die von E-Commerce-Riesen wie Zalando, Amazon und vertikalen Fast-Fashion-Anbietern wie Zara und H&M beherrscht wird, kann es eine Herausforderung sein, ein unabhängiges Modegeschäft zu haben.
In den vergangenen zehn Jahren haben die Wirtschaftskrise und der zunehmende Druck des gesättigten Bekleidungsmarktes, insbesondere im mittleren Marktsegment, mehrere große niederländische Modemarken und Einzelhandelsketten zum Scheitern gebracht. Beispiele hierfür sind Mexx im Jahr 2014, Miss Etam in 2015, MS Mode in 2016, McGregor Gaastra in 2016, V&D in 2016 und Men at Work in 2018.
Ein jüngeres Beispiel ist Hudson's Bay, das internationale Kaufhaus, das sich in den Niederlanden etablierte und als Nachfolger von der niederländischen Kette Vroom & Dreesmann (V&D) angesehen wurde. Die kanadische Hudson's Bay Company unternahm jedoch kaum Anstrengungen, um die Marke in den Niederlanden zu positionieren und die niederländischen Verbraucher:innen anzusprechen. Das Preisniveau im Geschäft war hoch und konkurrierte mit De Bijenkorf. De Bijenkorf ist ein Premium-Kaufhaus und ein bekannter Name in den Niederlanden. Aufgrund des hohen Preisniveaus bei Hudson's Bay stieß das neue Kaufhaus die ehemalige V&D-Kundschaft ab. Außerdem war das Markenportfolio nicht einzigartig oder besonders, und das Ladenkonzept auf der Etage wirkte unübersichtlich und unaufgeräumt. Es wurde schnell klar, dass es kein Erfolg war. Innerhalb von zwei Jahren fiel der Vorhang.
„Ein leitender Angestellter des deutschen Kaufhofs Karstadt, dem langjährigen Eigentümer von Hudson's Bay, kam zu dem Schluss, dass es an einer guten Strategie fehlte, um die niederländischen Verbraucher:innen zu erreichen”, sagte der Einzelhandelsexperte Rupert Parker Brady gegenüber Avtrotros' EenVandaag in 2019.
Ähnlich war auch das gescheiterte niederländische Modeabenteuer von Marks & Spencer, dem britischen Einzelhandelsunternehmen, das in der Vergangenheit zweimal versuchte, die Niederlande zu erobern. „Es war sehr englisch, was das Angebot anging. In den Niederlanden mochten die Menschen vor allem das Lebensmittelangebot der Kette. Niemand ging dorthin, um Kleidung zu kaufen. Infolgedessen konnten sie nicht mit den anderen Ketten konkurrieren“, erklärte Parker Brady.
Aber es gibt auch einige interessante Neuerungen in den niederländischen Einkaufsstraßen.
Grüne Kaufhäuser
In letzter Zeit haben einige „grüne“ Kaufhäuser ihre Türen geöffnet, darunter Green Up in Utrecht und Nieuwe Mos Warenhuis in Amersfoort.
In einem prächtigen Gebäude in der Stadhuisbrug 5 in Utrecht befindet sich das neue nachhaltige Kaufhaus Green Up. Green Up bietet ökologische Schönheitsprodukte, nachhaltige Modemarken, Upcycling-Workshops, Secondhand-Möbel, Vintage-Kleidung, Naturweine, lokale Lebensmittel und einen botanischen Innenhof. Etwa ein Drittel der Fläche ist mit Mode gefüllt, darunter das Vintage-Konzept Serendipity Vintage Dreamer, die nachhaltige Modeplattform Planet Hugs, die faire Bekleidungsmarke Common & Sense und House of Useless, das Kleidung aus upcycelten Materialien herstellt. Auch für die Inneneinrichtung wurden hauptsächlich nachhaltige Materialien verwendet.
TOMO hat sich zum Ziel gesetzt, die “erste kreislaufförmige Kaufhauskette der Welt” auf den Markt zu bringen. Das Kaufhaus, das sowohl offline als auch online betrieben wird, bietet nachhaltige und Vintage-Kleidung an sowie die Möglichkeit, Kleidung zu mieten. Kund:innen können dort auch selbst ihre Kleidung reparieren oder recyceln lassen. TOMO hat es sich zur Aufgabe gemacht, den “nachhaltigen Einzelhandel zur neuen Normalität zu machen”. Die erste Filiale wurde vor kurzem eröffnet.
Mall of the Netherlands
Westfields Einkaufszentrum Mall of the Netherlands ist eine Neugestaltung des Einkaufszentrums Leidsenhage in Leidschendam-Voorburg in der Region Randstad. Die Mall of the Netherlands wird als “das erste Einzelhandels-, Freizeit- und Unterhaltungszentrum der Niederlande” positioniert: Das Einkaufszentrum, das im März 2021 eröffnet wurde, bietet fast 3.000 Geschäfte, Restaurants und Unterhaltungsangebote. Einzelhändler:innen und Marken betreiben dort Flagshipstores. Es ist ein beliebtes Ziel für einen Tagesausflug. Das Einkaufszentrum zieht derzeit rund eine Million Besucher:innen pro Monat an.
Was schätzen niederländische Verbraucher:innen beim Einkaufen?
Was macht also ein gutes Geschäft aus? Was sind die Erwartungen der Verbraucher:innen?
Crossmarks hat dazu 2019 “Die 40 inspirierendsten Einzelhändler in den Niederlanden” veröffentlicht, in denen das Einzelhandelsberatungsunternehmen “Die fünf Säulen der Inspiration” definiert.
Die Umfrage ('The Inspiring 40: Retail Edition', durchgeführt von Crossmarks und Synergie) zeigt fünf Säulen, die zusammen bestimmen, wie inspirierend ein Einzelhandelsunternehmen ist. Dabei werden das Angebot und Sortiment, Ladengestaltung, Ladenerlebnis, Kund:innenkontakt und die Identität als besonders wichtig eingeschätzt.
1. Angebot und Reichweite: Biete mir, was ich brauche
Ein breites Angebot, gute Qualität der Produkte und Dienstleistungen und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Besonders beherrschen Ikea, Rituals, Dille & Kamille und Hunkemöller diese Eigenschaften. Es ist klar, was angeboten wird und das erhöht die Erfolgschancen.
2. Ladendesign: Hilf mir zu finden, was ich brauche
Angenehme Navigation und ein klares und attraktives Ladenlayout. Zwei Einzelhändler, die sich laut Crossmarks in dieser Hinsicht auszeichnen, sind die Drogerie ICI Paris XL und der Outdoorhändler Bever.
3. Einkaufserlebnis: Überrasche mich mit einem Ort, an dem es etwas zu erleben gibt
Die Kosmetikfirma Rituals schafft eine Oase der Ruhe im geschäftigen Stadtzentrum und der Innenausstatter Intratuin ist ein Ort, an dem man zahlreiche Workshops besuchen kann. Wie Ikea ist auch Intratuin ein sehr beliebtes Ausflugsziel in den Niederlanden. Beide haben ein Restaurant und einen Spielbereich. Intratuin hat außerdem ein Karussell, und der Weihnachtsmarkt beginnt bereits im Oktober.
4. Kund:innenkontakt: mich sehen und für mich da sein
Einzelhandelsunternehmen, die hilfsbereit und ansprechbar sind, sind nach Ansicht der Verbraucher:innen inspirierend. Menschen finden es wichtig, schnell und einfach mit Mitarbeiter:innen in Kontakt treten zu können. Während viele Einzelhändler:innen ihren Kontakt zu Kund:innen immer noch als Beschwerdestelle nutzen, ist Pure Player [http://Bol.com](http://Bol.com "smartCard-inline") ein Einzelhändler, der es versteht, mit einem Kund:innenservice zu überraschen, der Tag und Nacht erreichbar ist.
5. Identität: Zeigen, wofür man steht und was hinter den Kulissen geschieht
Die fünfte Säule, Identität, trägt nach Ansicht von Crossmarks dazu bei, auf einer höheren Ebene zu inspirieren. Mit dieser Säule können Einzelhändler wirklich einen Unterschied machen: „Offenheit und Ehrlichkeit, auch über das, was hinter den Kulissen passiert, wird immer wichtiger. Zeigen Sie, wofür Sie stehen und wie Sie dorthin gelangen, den Weg der Innovation“. Laut Crossmarks ist Ikea ein gutes Beispiel dafür. „Der Einzelhändler lässt die Mission (ein besseres Alltagsleben für viele Menschen) überall sehen, in allen 423 Geschäften in 52 Ländern. Ob es eine LED-Lampe für einen Euro ist, die Personalpolitik (“Wir stellen Charaktere ein, nicht nur Fähigkeiten”), oder die Art und Weise, wie das Unternehmen an Nachhaltigkeit in der gesamten Kette arbeitet.“
Die Einzelhandelsunternehmen, die Crossmarks unter diesen fünf Säulen erwähnt, sind daher die Unternehmen, die auch die Top Ten der ‘40 inspirierendsten Einzelhändler:innen in den Niederlanden‘ belegen. Ikea schafft es auf den ersten Platz, gefolgt von Rituals, Dille & Kamille, ICI Paris XL, Bever, Douglas, Flying Tiger, Intratuin, Hunkemöller und Riviera Maison.
(Quelle: Cossmarks)
Diese Untersuchung zeigt auch, dass
86 Prozent der Verbraucher:innen bereit sind, für ein besseres Einkaufserlebnis mehr zu bezahlen
Nur 44 Prozent aller Einzelhandelsunternehmen inspirieren Verbraucher:innen, sprich, mehr als die Hälfte schaffen das also noch nicht.
Nur 27 Prozent der Einzelhändler:innen wissen, wie sie mit Angebot und Sortiment inspirieren können.
Während der Corona-Lockdowns vermissten die niederländischen Verbraucher:innen ihre Einkäufe bei den folgenden Einzelhandelsunternehmen am meisten: Action, Hema, Bijenkorf, Zeeman, Primark, Ikea, Mediamarkt, Blokker, Intratuin und Primera.
(Quelle: 2021 Umfrage des Forschungsunternehmens Q&A unter 4.500 Niederländer:innen)
Action, eine ursprünglich niederländische, internationale Discounterkette, die von Buddha-Statuen bis hin zu Unterwäsche und Socken alles im Sortiment hat, bietet ein Erlebnis. Sie überrascht die Kundschaft, weil man nie weiß, was man finden kann.
Melvin van Tholl, ein niederländischer “Erlebnisarchitekt” mit einem Hintergrund im Gastgewerbe, setzt sich seit Jahren dafür ein: „Die Existenzberechtigung des physischen Ladens hängt von der Erfahrung ab.”
Verschiebung der Ausgaben der Verbraucher:innen: Die Gelder werden von traditionellen Einzelhandels(ketten) auf das Gastgewerbe und auf Einzelhandelsunternehmen verlagert, die Omnichannel, Komfortplattformen und Erlebnisangebote nutzen.
Dieser Wandel im Verhalten der Verbraucher:innen ist überall zu beobachten, auch in den Niederlanden. Menschen wenden sich massenhaft an Online-Plattformen, um Zeit, Ärger und Geld zu sparen. Man zieht es vor, dieses Geld für Erlebnisse auszugeben – für Orte, an denen es etwas zu erleben gibt.
Der Einzelhandel als Welt der Bequemlichkeit
Die Bequemlichkeit dient dem Menschen, und der Einzelhandel von heute macht sich dies geschickt zunutze. Dies ist die Domäne von disruptiven Plattformen wie Amazon, Coolblue, Net-a-Porter und Farfetch. Aber auch von Preiskämpfern wie Primark, Poundland oder den Dollar-Stores in den USA. Coolblue liefert und installiert Ihre neue Waschmaschine mit ein paar Mausklicks. Und als i-Tüpfelchen: Sie nehmen Ihre alte Maschine gleich wieder mit. Beim Discounter zahlen Sie weniger für mehr. Durch die Bequemlichkeit können Verbraucher:innen nicht nur Zeit, sondern auch Geld und Mühe sparen.
Der Einzelhandel als Welt der Unterhaltung
Unterhaltung ist für Einzelhändler:innen und (Mode-)Marken noch ein relativ unerforschtes Gebiet. Hier gehört die Bühne den Marken, die Treffpunkte für ihre Fans schaffen. Nehmen Sie zum Beispiel House of Vans – die Schuhmarke –, die alte Korridore der Londoner U-Bahn in eine einzigartige Welt mit Indoor-Skatepark, Galerie, Bar und Veranstaltungsräumen verwandelte. Ein weiteres Beispiel für einen Hangout ist Apple Town Square. Diese Erlebnisläden haben eines gemeinsam: Das Ziel ist es, Zeit, Geld und Aufwand zu maximieren. Indem man die Kundschaft so lange wie möglich “drinnen” hält, steigt die Wahrscheinlichkeit des Konsums und damit eines Kaufs.
Niederländische Verbraucher:innen bevorzugen nach wie vor physische Einkäufe
Vor der Coronapandemie wurden laut dem Branchenverband INretail 80 Prozent der Modeverkäufe in den Niederlanden in physischen Geschäften getätigt.
Eine im September 2021 von ABN Amro Bank und Q&A Research durchgeführte Umfrage unter fast 2.000 Niederländer:innen zeigte, dass physische Geschäfte nach wie vor der bevorzugte Verkaufskanal sind, gleichzeitig aber der Vormarsch des “Online-Shoppings” anhält.
Änderungen des Einkaufsverhaltens aufgrund der Pandemie
Der Spaß am Einkaufen hat einen Dämpfer bekommen
18 Prozent der niederländischen Verbraucher:innen geben an, dass sie seltener einkaufen.
Großstädte sind out, Einkaufen vor Ort ist in
Wegen des Ausbruchs des Coronavirus wurden die Einkaufsstraßen der Großstädte gemieden. Fast 20 Prozent der Niederländer:innen ziehen es vor, in ein Geschäft in der Nähe zu gehen. 27 Prozent der Verbraucher:innen geben an, dass sie es jetzt wichtiger finden, in unabhängigen Geschäften einzukaufen.
Besucher:innen sind besser vorbereitet und kommen mit einem bestimmten Ziel
Die Käufer:innen, die in die Einkaufsstraße kommen, sind vorbereitet, haben sich vorher informiert und haben mehr Geld zur Verfügung.
Verbraucher:innen kaufen bewusster ein als vor der Krise
Kund:innen kaufen (wieder) lokal, weniger und besser. Die Bedeutung nachhaltiger Produkte hat im Vergleich zur Vorkrisenzeit zugenommen. Jetzt sagt ein Viertel aller Niederländer:innen, dass sie nachhaltige Produkte für wichtiger halten, und 28 Prozent geben an, dass sie einen fairen Preis zahlen wollen.
Preisgünstige Produkte haben an Bedeutung gewonnen.
Dagegen gaben 26 Prozent an, dass preisgünstige Produkte während der Pandemie an Bedeutung gewonnen hätten.
(Quelle: ABN Amro-Untersuchung ‘Auf dem Weg zu einem neuen normalen Einkaufsverhalten’, 2021)
Wann ist Einkaufen in den niederländischen Einkaufsstraßen angesagt?
Der Samstag ist nach wie vor der verkehrsreichste Einkaufstag, aber dieser Tag verliert jedes Jahr etwas an Bedeutung. Am ruhigsten ist es am Montag- und Sonntagmorgen. Dienstags und mittwochs ist ungefähr genauso viel los wie donnerstags und freitags, wo bereits etwas mehr Besucher:innen eintreffen.
Was die Tageszeit betrifft, so sind die meisten Passanten im Durchschnitt gegen 14.30 Uhr unterwegs. In größeren Städten ein wenig später, in kleineren Städten etwas früher, weil die Geschäfte dort früher schließen. Derzeit sind die Einkaufsstraßen nachmittags stärker frequentiert als vormittags.
(Quelle: Bureau RMC)
Kapitel 5. Nachhaltigkeit
Besitz und Verwendung von Kleidung in den Niederlanden
Insgesamt enthält jeder niederländische Kleiderschrank 173 Gegenstände. Über 120 Artikel werden aktiv genutzt und regelmäßig getragen. Das bedeutet, dass 28 Prozent der Kleidungsstücke im Kleiderschrank nicht benutzt werden. Frauen, junge Erwachsene und Menschen, die in größeren Städten leben, haben mehr Kleidung als Männer, ältere Erwachsene und Menschen, die in kleineren Städten und Dörfern leben.
Quelle: Untersuchung von HvA (Create-It Applied Research), Modint, Saxion, Circle Economy, Sympany und MVO Nederland. Veröffentlichter Forschungsbericht “Measuring the Dutch Clothing Mountain” (Messung des niederländischen Bekleidungsbergs), 2017.
Niederländer:innen nutzen ihre Kleidung etwa vier Jahre lang, was im Vergleich zu anderen europäischen Ländern durchschnittlich ist. Abschlussarbeit zum nachhaltigen Bekleidungskonsum von Mayte Leinenga, Universiteit van Twente 2019. Quelle: Gray, 2017
Pro Niederländer:in werden jedes Jahr 40 Kleidungsstücke weggeworfen. Quelle: Untersuchung von HvA (Create-It Applied Research), Modint, Saxion, Circle Economy, Sympany und MVO Nederland. Veröffentlichter Forschungsbericht “Measuring the Dutch Clothing Mountain” (Messung des niederländischen Bekleidungsbergs), 2017.
Textilien, die nicht mehr getragen oder benutzt werden, wandern in der Regel in die Textiltonne oder werden an Wohltätigkeitsorganisationen oder Freunde und Bekannte verschenkt. Quelle: GFK Verbraucherforschung Shopping Tomorrow, 2021.
Einstellung und Verhalten niederländischer Verbraucher:innen gegenüber dem nachhaltigen Bekleidungskonsum
Niederländische Verbraucher:innen können als mäßig nachhaltige Bekleidungskonsument:innen betrachtet werden. Abschlussarbeit zum nachhaltigen Bekleidungskonsum von Mayte Leinenga, Universität Twente 2019. Quelle: Gray, 2017
Die Hälfte der niederländischen Verbraucher:innen gibt an, beim Kauf von Waren auf Nachhaltigkeit zu achten.
Quellen: 46 Prozent der Niederländer:innen laut dem GFK-Nachhaltigkeitsdossier 2018 und 54 Prozent laut ABN 2018.
Für viele Verbraucher:innen ist Nachhaltigkeit ein netter Bonus, wenn der Artikel alle anderen wichtigen Kriterien erfüllt, wie Form, Preis und Stil.
(Abschlussarbeit zum nachhaltigen Bekleidungskonsum von Mayte Leinenga, Universität Twente 2019. Quelle: Untersuchung von Ruigrok Van der Kwaak, 2009)
Verbraucher:innen sind sich zunehmend der Auswirkungen ihres Konsumverhaltens bewusst und erwarten von den Unternehmen, dass sie sich für Nachhaltigkeit einsetzen und eine aktive Rolle dabei spielen. Viele sagen, dass sie es für wichtig halten, aber in der Praxis ziehen sie daraus noch keine oder nur wenige Konsequenzen für Marken und Einzelhandelsunternehmen. Untersuchungen zeigen, dass dies bis 2030 immer wichtiger werden wird.
(Quelle: Bericht Einzelhandel 2030 von INretail, 2017)
Daher wird die Kommunikation über Nachhaltigkeit auch für Marken immer essentieller. Für den Einzelhandel und den Modehandel bedeutet dies den Übergang zu einer offenen Organisation und zu vollständiger Transparenz, bei der die Verbraucher:innen vollen Einblick in die Unternehmenspolitik und die Produktionsprozesse haben.
(Quelle: Bericht Einzelhandel 2030 von INretail, 2017)
Verbraucher:innen sind Unternehmen, die einen positiven Beitrag zur Gesellschaft leisten, gegenüber loyaler. (Quelle: Kommunikation & Markenbildung Euretco Fashion Academy)
Sind Niederländer:innen bereit, mehr für Nachhaltigkeit zu bezahlen?
Der Anteil der Verbraucher:innen, die bereit sind, für nachhaltige Produkte mehr zu zahlen, ist von 2014 bis 2018 gestiegen. Über 30 Prozent sind bereit, mehr für nachhaltige Produkte zu zahlen.
(Quelle: Dossier zur Nachhaltigkeit 2018, GFK)
Verbraucher:innen sind bereit, bis zu 12 Prozent mehr zu zahlen. (Quelle: ABN-Untersuchung 2018)
Laut GfK sind 80 Prozent der Verbraucher:innen, die ein nachhaltiges Angebot attraktiv finden, auch bereit, einen höheren Preis zu zahlen. Im Durchschnitt handelt es sich dabei um einen Mehrpreis von 14 bis 22 Prozent.
(Quelle: Dossier zur Nachhaltigkeit 2018, GFK)
Eine weitere Umfrage aus dem Jahr 2019 zeigt, dass die Mehrheit der niederländischen Verbraucher:innen zwar langlebige Jeans kaufen möchte, aber nur, wenn sie noch bezahlbar sind. Hier kommt wieder die niederländische Schnäppchenkultur ins Spiel. Ein Preis wurde nicht genannt.
(Qulele: ABN AMRO Bericht “Kreuzzug für saubere und faire Jeans”, 2019)
Einstellung zu Gebrauchtwaren und Kleidermiete
Etwa sieben Kleidungsstücke im niederländischen Kleiderschrank sind aus zweiter Hand. Quelle: HvA-Untersuchung (Create-It Applied Research), Modint, Saxion, Circle Economy, Sympany und MVO Nederland. Veröffentlichung des Forschungsberichts “Measuring the Dutch Clothing Mountain”, 2017.
Zwei Drittel aller Niederländer:innen sind für den Kauf von gebrauchten Gegenständen offen. Der Hauptgrund dafür ist, dass man damit Geld spart. Verbraucher:innen erwarten, dass der Preis für gebrauchte, recycelte oder refurbished (erneuerte und aktualisierte) zwischen 25 und 45 Prozent niedriger ist als ein neuer Artikel.
Quelle: ABN-Untersuchung, 2018
Immer mehr Verbraucher:innen sind bereit, für die Nutzung statt für den Besitz zu bezahlen. 49 Prozent der Verbraucher:innen sind von der Kurzzeitmiete als Alternative zum Kauf begeistertQulle: ABN Amro, 2018.
Fazit: Eine nachhaltige Garderobe hat für die niederländischen Verbraucher:innen noch nicht die höchste Priorität, aber es gibt eine zunehmend positive Einstellung und ein positives Verhalten gegenüber Nachhaltigkeit und Kleidung.
Last but not least: Die Verbraucher:innenschutzorganisation ACM hat eine Untersuchung über irreführende Nachhaltigkeitsangaben unter anderem im Bekleidungssektor eingeleitet
Die “Autoriteit Consument & Markt” (ACM) will den vielen irreführenden Angaben ein Ende setzen. Die Verbraucher:innenschutzbehörde hat 2021 eine Untersuchung über irreführende Nachhaltigkeitsangaben unter anderem im Bekleidungssektor eingeleitet.
ACM will – genau gesagt – durchsetzen, dass Nachhaltigkeitsangaben auf faire und transparente Weise verwendet werden. Nach Ansicht der ACM kommt dies sowohl den Verbraucher:innen als auch den Wettbewerber:innen zugute: Verbraucher:innen können eine klarere Auswahl treffen und die Wettbewerber:innen werden nicht mit falschen Nachhaltigkeitsangaben von Konkurrent:innen konfrontiert.
Eine der Angaben lautete beispielsweise “T-Shirt aus Biobaumwolle”, obwohl das Produkt nur zu 50 Prozent aus Biobaumwolle besteht. Wenn Unternehmen Nachhaltigkeitsangaben falsch verwenden, kann die ACM Geldstrafen von bis zu 900.000 Euro verhängen.
Im Bekleidungssektor schrieb die Behörde in 2021 70 Unternehmen an. Bei sechs Bekleidungsunternehmen leitete die ACM eine Folgeuntersuchung zu potenziell irreführenden Angaben ein, wie sie im November 2021 berichtete. ACM hat zusätzliche Informationen angefordert, um zu beurteilen, ob die Behauptungen, die irreführend zu sein scheinen, zutreffen.
Die ACM hat außerdem fünf Faustregeln für die (Abfassung) zuverlässiger Aussagen aufgestellt.
Kapitel 6. E-Commerce in den Niederlanden
Online-Einkaufsverhalten: Was kaufen Niederländer:innen online?
E-Commerce wächst seit Jahren. (Quelle: CBS)
Niederländer:innen kaufen mehr und mehr online ein. Im Vergleich zu anderen Ländern stehen die niederländischen Verbraucher:innen ganz oben auf der Liste, wenn es um ihre Vorliebe für Online-Einkäufe geht. Die Niederlande stehen international an fünfter Stelle, und diese Vorliebe hat im letzten Jahr noch zugenommen. (Quelle: Klarna Shopping Pulse, Februar 2022)
Nicht nur, dass immer mehr Menschen Produkte online kaufen, auch der Betrag, den sie online ausgeben, ist in den letzten Jahren gestiegen. (Quelle: CBS Longread ‘Wat kopen we online?’ (“Was kaufen wir online?”), 2021)
Um eine Vorstellung zu vermitteln: 2020 gaben Niederländer:innen 26,6 Milliarden Euro in Onlineshops aus, 7 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. 2021 gaben sie 30,6 Milliarden Euro online aus, 16 Prozent mehr als im Vorjahr (27,7 Milliarden Euro Onlineausgaben in den Niederlanden, 2,9 Milliarden außerhalb der Niederlande). Natürlich wurden während der Covid-19-Pandemie und der Lockdowns mehr Onlinekäufe getätigt als je zuvor.
Das Wachstum des E-Commerce wird sich voraussichtlich fortsetzen, allerdings mit geringerem Tempo. Quelle: Thuiswinkel Markt Monitor. Und die neuen vorläufigen vierteljährlichen Einzelhandelszahlen von CBS scheinen dies zu bestätigen. (Quelle: CBS Februar 2022)
Online-Shopping: Wer und wann?
Vor allem die 25- bis 45-Jährigen kaufen gerne online ein.Quelle: CBS Longread ‘Wat kopen we online?’, 2021 Käufer:innen unter 40 Jahren – Generation Z und die Millennials – kaufen mehr online als in den Geschäften ein. (Quelle: Klarna Shopping Pulse, Februar 2022)
Frauen sind ebenso aktive Online-Einkaufende wie Männer: 77 Prozent der Frauen und Männer kaufen online ein, Männer geben jedoch mehr Geld für Online-Einkäufe aus als Frauen.(Quelle: CBS Longread ‘Wat kopen we online?’, 2021)
Der Mittwoch ist der beliebteste Tag für Online-Einkäufe. Was die Tageszeit betrifft, so ist 21 Uhr die Spitzenzeit. (Quelle: Klarna Shopping Pulse, Februar 2022)
Blick auf E-Commerce und Mode:
Kleidung gehört zu den beliebtesten Internetkäufen. Vor allem Kleidung, Schuhe und Accessoires werden online gekauft. (Quelle: 59 Prozent der Niederländer:innen, laut CBS Longread ‘Wat kopen we online?’, 2021 & Eurostat 2022.)
Es wird erwartet, dass Niederländer:innen bis 2026 rund 44 Prozent ihrer Kleidung und 40 Prozent ihrer Schuhe und Lifestyle-Artikel online kaufen werden. Dies prognostiziert das Marktforschungsunternehmen GfK auf der Grundlage einer vom E-Commerce-Netzwerk ShoppingTomorrow in Auftrag gegebenen Analyse. 2021 lag dieser Anteil bei 34 Prozent. (Quelle: GFK Verbraucher:innenuntersuchung Shopping Tomorrow, 2021)
Verhältnis vom physischen zum Online-Shopping in den Niederlanden
Niederländische Verbraucher:innen kaufen lieber im stationären Handel ein. 2019 kauften rund 2,2 Millionen Niederländer:innen überhaupt nichts online. (Quelle: CBS Longread ‘Nederland in cijfers ‘Welk percentage van Nederlanders koopt online? En wat...?’(‘Die Niederlande in Zahlen 'Wie viel Prozent der Niederländer:innen kaufen online ein? Und was...?' 2020) 80 Prozent zogen es vor, ein Geschäft zu besuchen, um beispielsweise das Produkt in natura zu sehen.
Vor der Covid-Pandemie wurden laut dem Branchenverband INretail 80 Prozent des Modeumsatzes in den Niederlanden in physischen Geschäften getätigt. (Mehr zum stationären Handel in Kapitel 4)
Mobile First
Das Smartphone wird immer mehr zum wichtigsten Gerät für den Online-Einkauf. 59 Prozent der niederländischen Online-Käufer:innen nutzen ein Smartphone. Fast die Hälfte erwartet, dass sie bis 2026 den Großteil ihrer Onlinekäufe über das Handy tätigen werden. (Quelle:GFK Verbraucher:innenuntersuchung Shopping Tomorrow, 2021)
Es ist wichtig, dass die Inhalte der Marken und Einzelhandelsunternehmen für digitale Kanäle und Geräte geeignet sind.(Quelle: 'Trendrapport Handel' SBB, 2021)
Niederländische Verbraucher:innen sind echte Omnichannel-Nutzer:innen
Niederländische Verbraucher:innen sind Omnichannel-Käufer:innen. (Quelle: Blis-Bericht ‘The real retail story: Evolving shopper behaviour in EMEA’, Umfrage unter 4681 Konsument:innen in den Niederlanden, Deutschland, UK und Italien. MENA, 2019)
Vier von zehn niederländischen Verbraucher:innen wollen ein Produkt erst im Laden ausprobieren und sehen, bevor sie es online bestellen. Etwa die gleiche Anzahl bevorzugt es, online zu bestellen und das Produkt im Geschäft abzuholen. (Quelle:GFK Konsument:innenuntersuchung Shopping Tomorrow, 2021)
44 Prozent der niederländischen Verbraucher:innen wollen außerdem, dass das Einkaufserlebnis überall gleich ist, unabhängig vom Vertriebskanal: im Geschäft, online oder über ein mobiles Gerät. Der Omnichannel-Einzelhandel ist wichtig für das Erlebnis der Verbraucher:innen. (Quelle: ‘5 Things You Should Know Before Entering the Dutch Market’ Textmaster, 2018)
Ideal
Die beliebteste Zahlungsmethode in den Niederlanden ist Ideal. Auch Post-Pay, etwa Anbieter:innen wie Klarna und Afterpay, sind auf dem Vormarsch.
Was finden Niederländer:innen beim Onlinekauf von Mode am wichtigsten?
Für niederländische Verbraucher:innen sind die folgenden Aspekte beim Online-Kauf von Kleidung/Schuhen am wichtigsten
- Rückgabemöglichkeiten
- Versandkosten
- Retourenkosten. Niederländische Verbraucher:innen lieben den kostenlosen Hin- und Rückversand.
Es sei darauf hingewiesen, dass etwa ein Drittel der bestellten Kleidungsstücke zurückgeschickt werden.
Niederländische Online-Käufer:innen in Mode-Webshops sind am zufriedensten mit:
- Einer leicht zu findenden Website
- Einfacher Bestellvorgang
- Breite Palette – weshalb Online-Plattformen sehr beliebt sind.
Betrachtet man die Top 10 der Onlineshops in den Niederlanden in 2021, so verkaufen fünf von zehn Kleidung, nämlich [http://Bol.com](http://Bol.com "smartCard-inline") , Zalando, Wehkamp, Amazon und De Bijenkorf. (Quelle: Twinkle100, Ausgabe 2021)
Immer mehr Verbraucher:innen erkennen die Bequemlichkeit dieser Art von “Suchmaschinen”-Shops mit zahlreichen Filtermöglichkeiten, weshalb sich sowohl Marken als auch Einzelhandelsunternehmen anschließen (im Hinblick auf Sichtbarkeit, Verkauf usw.). Zum Beispiel das Partnerprogramm von[http://Bol.com](http://Bol.com "smartCard-inline") und Zalando Connected Retail.
Online-Shopping in Modegeschäften: Damit sind die Niederländer am wenigsten zufrieden:
- Inspiration
- Liefer-/Abholoptionen – 90 Prozent der Niederländer ziehen es vor, den Liefertermin selbst zu bestimmen. Wenn Onlineshops ihre Versprechen bezüglich Lieferzeit oder Lagerbestand nicht einhalten, kauft die Mehrheit nicht mehr in dem betreffenden Geschäft ein.(Quelle: Descarters)
- Zugänglichkeit des Kund:innendienstes – Dieser Dienst niederländischer Unternehmen ist sehr “kundschaftsorientiert”; Kund:innen haben immer Recht.
(Quelle: GFK Insights 'De online fashion shopper journey. Inzichten in de oriëntatie, selectie, transactie, levering en service binnen fashion webshops' (Der Weg der Online-Modekäufer:innen. Einblicke in die Orientierung, Auswahl, Transaktion, Lieferung und den Service in Mode-Webshops), Oktober 2017. In der Umfrage wurden 26 Einzelhandelsunternehmen, die Kleidung und/oder Schuhe online verkaufen, von über 5.000 Befragten bewertet)
Fazit: Der niederländische Modemarkt
Niederländer:innen sind gut informierte, anspruchsvolle Verbraucher:innen mit großer Kaufkraft.
Dieser übersetzte und bearbeitete Beitrag erschien zuvor auf FashionUnited.nl