Modefabriek SS25: Neues Layout, dezente Stände und Wunsch nach mehr Frequenz
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Am ersten Juliwochenende findet traditionell die Sommerausgabe der Modefabriek im Amsterdamer Kongresszentrum RAI statt. Die niederländische Messe besteht seit rund 28 Jahren und hat in den letzten Ausgaben einige Veränderungen durchgemacht. Seit Kurzem konzentriert sich die Modefabriek auf Womenswear und Internationalisierung. Jetzt, da die Ausrichtung der Veranstaltung feststeht, ist es an der Zeit, die Messe selbst zu professionalisieren. Wie bewerten die Ausstellenden die Sommerausgabe 2024? FashionUnited war am Sonntag vor Ort und hat die ersten Eindrücke zusammengefasst.
Die Modefabriek hat ihr Konzept kontinuerlich an die Bedürfnisse der Branche angepasst. Im vergangenen Jahr wurde daher beschlossen, keine Herrenmode mehr zu zeigen. Modefabriek-CEO Caroline Krouwel begründet diesen Schritt unter anderem mit dem Wachstum der Herrenmodemese Preview Men in Nieuwegein bei Utrecht. Bei der ersten Ausgabe der Modefabriek nach den neuen Regeln wurden Marken, die sowohl Damen- als auch Herrenmode anbieten, noch in Halle A platziert. Bei der Winterausgabe, ein halbes Jahr später, nahm der Fokus auf Damenmode und Internationalisierung deutlichere Ausmaße an. Dieser Schwerpunkt sei eine Chance, sich breiter aufzustellen, erklärte Krouwels. „Was wir tun, tun wir gerne, und die Modeindustrie lebt davon, die moderne Frau zu bedienen. It’s a woman’s world.“ Diese Botschaft nahm während der Winterausgabe eine zentrale Rolle ein.
Wer nun dachte, die Messe hätte ihr neues Gesicht gefunden, wird bei der SS25-Ausgabe eines Besseren belehrt, denn auch hier finden sich angepasste Elemente. So hat die Modefabriek auf Wunsch der Besucher:innen die Öffnungszeiten am Montag um eine Stunde vorverlegt und die Stände neu angeordnet. Zu weiteren Änderungen zählt, dass die ‘Responsible Route’ deutlicher gekennzeichnet ist. Dabei handelt es sich um eine Route durch die Messehallen, die an verantwortungsvolleren Marken vorbei führt. Der ‘Vintage-Corner’ wird diesmal von internationalen Händler:innen besetzt, nachdem das niederländische Resale-Unternehmen The Next Closet, welches den Bereich davor bespielte, Anfang des Jahres Konkurs angemeldet hatte.
Weniger pompös: Modefabriek im dezenten Look
Am Sonntag schien die Modefabriek mit einer gemütlichen Wochenendstimmung zu starten. Um zehn Uhr ging es los, doch die Besucher:innen ließen auf sich warten. Die Zeiten des Gedränges vor der Tür sind wohl vorbei, auf der Messe ging es ruhiger zu als sonst. Wer den Showroom betritt, taucht in eine Welt aus Pastellblau und Rosa ein. Die sanften Farben spiegeln sofort das Gesamtbild der SS25-Saison wider. Die Marken, die sich im Außenbereich präsentieren, haben in der Regel die größten Stände und nehmen es ernst, ihren ‘Laden’ zu füllen. Aber diesmal schien es weniger pompös zu sein, was die Farben, die Größe und die Details betrifft. Die Amsterdamer Marke Beaumont brachte ihre ‘Modefabriek-Theke’ mit, dieses Jahr allerdings in einem dezenten Olivgrün. Das Modelabel Zusss, ebenfalls aus den Niederlanden, verwandelte seinen Stand in eine Boutique mit sandfarbenen Möbeln und roten Akzenten, die für eine gemütliche Atmosphäre sorgten.
Neben den unauffälligen Ständen gab es auch Marken, die sich von der Masse abheben wollten. Dazu zählt auch die niederländische Marke Fluresk, die einen Hauch von Marokko in das regnerische Amsterdam brachte. Interessent:innen konnten im ‘Fluresk Motel’ einchecken, am Marktstand ein Fruchtgetränk zu sich nehmen und in marokkanischer Atmosphäre in der Kollektion stöbern. Die Marke ist in den letzten sechs Monaten um 30 Verkaufsstellen gewachsen und will in wenigen Jahren die gesamten Niederlande erobern, sagte David Zheng, Operations Director der C&S Group, die die Marken C&S the label, Exxcellent, Fluresk und G-maxx auf die Messe gebracht hat.
„Wir wollen in allen Städten präsent sein, trotzdem einzigartig bleiben und den Boutique-Charakter beibehalten. Wir sind auch auf der Suche nach Vertreter:innen in Belgien und Deutschland, wo wir gerne expandieren würden.“ Zheng betonte auch, mit einer angepassten Kollektion vertreten zu sein. „Wir haben es mit wechselhaftem Wetter zu tun, deshalb haben wir uns entschieden, uns auf Konfektionskleidung zu konzentrieren.“ Fluresk zeigt eine Kollektion mit langen Ärmeln und Teilen aus etwas dickeren Stoffen. „Das Wetter ändert sich, also passen wir uns an. Wenn man sich als Marke gut verkaufen will, ist das der richtige Weg. Deshalb haben wir aufgehört, die Kollektionen nach Jahreszeiten zu sortieren.“ Als FashionUnited Zheng nach den Verkaufszahlen der letzten Sommersaison fragt, zeigte er sich nicht unzufrieden. „Auch wenn wir in diesem Jahr den Verkauf von Hochsommerware etwas verpasst haben, war es dennoch eine sehr gute Saison. Außerdem haben die Leute, die in den Urlaub gefahren sind, unseren Sommerumsatz in die Höhe getrieben.“
Neben Fluresk sticht auch die niederländische Marke Harper & Yve hervor. Mit einer Bar verwandelte sie ihren Stand in ein rosafarbenes Walhalla und bot Erfrischungen an. Auch das Streetwear-Label Freebird setzte auf ein Boutique-Erlebnis im Altrosa-Look, Nischen in den Wänden, Blumengirlanden und Schaufensterpuppen. Die Marke Accentil verwandelt ihren Stand in eine Party mit goldener Rückwand, die die pastellfarbene Kollektion in Szene setzt. Auffallend ist auch die Marke Doggue, die an einem pinkfarbenen Stand glitzernde Essentials und Accessoires für die treuen Vierbeiner präsentierte.
Neues Layout zur besseren Vernetzung
Die Anordnung der Stände in der Mitte der Hallen wurde im Vergleich zur letzten Veranstaltung neu gestaltet. Die Stände wurden in kleinere Blöcke aufgeteilt, wodurch die Modefabriek zu einer Oase der Ruhe wurde. Dies wird von den Ausstellenden sehr geschätzt. Um die Fachleute untereinander und mit den Besucher:innen in Kontakt zu bringen, hat die Organisation die Seitenwände entfernt. Damit soll eine offene Atmosphäre geschaffen werden, in der die Begegnung im Vordergrund steht. Ein Vertreter der australischen Marke Jaase berichtete, dass die Besucher:innen, die durch die Innengänge schlenderten, ungehindert Blicke auf die Stände werfen konnten und somit keine Marke übersahen. Kritisch anzumerken sei, so der Vertreter, dass es die Besucher:innen eher zu den großen Ständen im Außenbereich ziehe. „Deshalb war es hier den ganzen Tag sehr ruhig, aber vielleicht ist das ja der Grundtenor der Messe.“ Die Marke ist auf der Modefabriek, um europäische Einzelhändler:innen anzuwerben. „Jaase ist in Australien schon sehr bekannt, aber jetzt wollen wir die Marke auch in Europa bekannter machen“, sagt er. Auf dem Stand sind farbenfrohe Kleider aus Paisley-Viskose zu sehen.
Auch Maison Hotel, eine spanische Marke für die spirituelle Frau, ist auf der Messe vertreten. Für SS25 reiste das Label mit seiner Kollektion nach Honolulu und Australien und präsentierte den Besuchenden drei Kollektionen. „Das ist bei weitem nicht alles, was wir auf Lager haben, aber es zeigt genau, wo wir als Maison Hotel stehen und wen wir ansprechen wollen: die spirituelle Frau“, sagt Jomy Mijnhart, der Agent, der die Marke vertritt. Ziel der Teilnahme sei es, ihr Gesicht zu zeigen und das Netzwerk zu erweitern. „Ohne Trennwände fühlt sich die Messe menschlicher an. Es ist einfacher, Kontakte zu knüpfen und sich mit den Kolleg:innen auf der Etage zu unterhalten.“ Ähnliches ist auch bei Markup zu hören. Tatsächlich hat die sportliche, italienische Marke bereits Aufträge für Neukund:innen aus Deutschland, den Niederlanden und Irland geschrieben. Ein Vertreter erklärte, dass der Durchschnittspreis von rund 24 Euro die Besucher:innen stark anspricht.
Neuzugänge im Spotlight, Fashion Gallery erwartet mehr Einzelhändler:innen
Eine weitere Neuerung gegenüber der letzten Ausgabe ist die Spotlight-Area, die 30 neuen Mode- und Lifestyle-Marken eine Bühne bietet. Mit großen Deckenbannern angekündigt, befindet sich die Fläche im hinteren Teil der Halle A. Dekoriert ist der in Orange und Lila gehaltene Bereich mit einem Oldtimer-Volkswagen, der als Coffeeshop fungiert und den Besuchenden die Möglichkeit gibt, Newcomer:innen in entspannter Atmosphäre kennenzulernen.
Einer der Neuzugänge der Messe ist Guave, eine Marke, die das javanische Batik-Handwerk in den Mittelpunkt stellt. Jedes Kleidungsstück wird von Hand gefertigt. Um den Designs eine persönliche Note zu verleihen, werden nachhaltig gewebte Stoffe des niederländischen Herstellers Enschede Textielstad verwendet, so ein Vertreter der Marke gegenüber FashionUnited. Guave nimmt zum ersten Mal an der Modefabriek teil, um zu testen, wie die Marke angenommen wird. Lotte van Stijn ist hingegen zum zweiten Mal im Spotlight-Bereich. Die niederländische Designerin hat vor einigen Jahren ihr Studium an der Amsterdamer Modeuniversität AMFI abgeschlossen und ist auf der Messe, um neue Kontakte zu knüpfen. „Letztes Jahr wurde ich zum ersten Mal eingeladen und es hat mir so gut gefallen, dass ich wieder dabei bin“, sagt sie. Van Stijn trifft auf der Messe verschiedene Modefachleute, von Stylist:innen bis hin zu Einzelhändler:innen. „Ich möchte den Leuten meine Arbeit zeigen, und wer weiß, vielleicht ergibt sich daraus eine gute Zusammenarbeit, in welchem Bereich auch immer.“ Die Schmuckmarke Moxie nutzt die Messe, um ihre Reichweite auszubreiten. „Ich habe vor allem in Amsterdam und Rotterdam Einzelhändler:innen, die meine Marke verkaufen, aber ich würde gerne in den Süden der Niederlande expandieren, beispielsweise nach Brabant“, so Moxie-Gründerin Demi Maxime. Ihre Zielgruppe sind stilbewusste Frauen, für die sie auf dem Messestand kantige Ringe in verschiedenen Formen und Farben präsentiert.
Auch die ‘Fashion Gallery’ ist wieder Teil der Messe: Auf ihrer Fläche in der Mitte der Halle B präsentieren sich 17 Marken. Obwohl es den gut gelaunten Aussteller:innen gelungen ist, die Stimmung den ganzen Tag über hochzuhalten, lässt das Publikum auf sich warten.
Es ist offensichtlich, dass die Modefabriek fortlaufend mit Innovationen aufwartet. Der dezente Messeauftritt erleichtert den Ausstellenden den Kontakt untereinander und mit Besucher:innen. Die in den Innengängen positionierten Ausstellenden konzentrieren sich eindeutig mehr auf das Produkt, während die Marken an den Außenseiten der Hallen versuchen, die Aufmerksamkeit der Besucher:innen auf subtile Weise zu erregen. Dies schafft eine ruhige Atmosphäre in der Mitte der Hallen und einen Strom an den Außenseiten. Die Modefabriek überrascht erneut mit positiven Reaktionen des Publikums im Spotlight-Bereich, während die ‘Fashion Gallery’ mit Hoffnung auf den zweiten Messetag blickt.
Dieser Artikel erschien ursprünglich auf FashionUnited.nl. Übersetzt und bearbeitet von Heide Halama.