Welt steht hinter Türkei auf der Istanbul Fashion Connection
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Als sich am Mittwoch, dem 8. Februar 2023, die Tore der dritten Istanbul Fashion Connection (IFCO) öffneten, hatten Besucher:innen und Aussteller:innen nicht wirklich Textilien und Bekleidung im Sinn, sondern waren in Gedanken bei den Opfern und Überlebenden der schrecklichen Erdbeben, die nur zwei Tage zuvor, in den frühen Morgenstunden des 6. Februars, die Türkei und Syrien erschütterten. Viele fragten sich sogar, ob IFCO überhaupt hätte stattfinden sollen.
Es gab zwei Hauptgründe, warum die Organisator:innen beschlossen, die Veranstaltung wie geplant durchzuführen: Zum einen waren bereits mehr als 2.000 Einkäufer:innen in Istanbul eingetroffen, und zum anderen braucht die Türkei nach einem solchen Schock eine starke Wirtschaft, um sich wieder zu erholen, und Veranstaltungen wie IFCO können dabei helfen.
Allerdings fand die Messe in einer etwas abgespeckten Version statt: Aus Respekt vor den Betroffenen und aufgrund der vom türkischen Präsidenten Erdoğan ausgerufenen Trauerwoche gab es keine Eröffnungsfeier, kein Gala-Dinner, keine Modenschauen. Dafür gab es Trendseminare von WGSN und Academia della Moda Mailand und gut besuchte Messehallen - sowohl bei den Besucher:innen als auch im Ausstellungsbereich.
Offiziellen Zahlen zufolge nahmen 588 Aussteller:innen und 22.543 Besucher:innen aus 134 Ländern teil, womit die dritte Ausgabe der IFCO die bisher größte war. Während die meisten Besucher:innen aus der Türkei kamen (55 Prozent), stammte von den übrigen 45 Prozent internationalen Besucher:innenn ein Drittel (33 Prozent) aus Asien, ein weiteres Drittel (33 Prozent) aus dem Nahen Osten, fast ein Fünftel (19 Prozent) aus Europa und der Rest (13 Prozent) aus Afrika.
Unter den Einkaufsdelegationen aus dem Ausland waren About You aus Deutschland, Adrenalease und Aritzia aus Kanada, Spring Near East Manufacturing aus dem Vereinigten Königreich, Desserto, Grupo Carolina, Koos, Nobus, Sportek und andere aus Mexiko sowie Derek Lam, Eighty One Int'l und RKMB aus den USA neben Vertreter:innen aus Brasilien, Chile, Kolumbien, Malaysia, Nigeria, Panama, Südafrika, Südkorea, Thailand und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Der Russische Verband der Modeindustrie (RAFI) war mit einem eigenen Stand vertreten und hatte eine Delegation von 350 russischen Einkäufer:innen organisiert, die nicht nur türkische Geschäftspartner:innen, sondern auch solche aus anderen russischsprachigen Ländern treffen wollten.
Die neun Hallen, in denen Damen-, Herren- und Kinderbekleidung, Denim, Sportbekleidung, Abend- und Hochzeitsmode, Dessous, Strumpfwaren, Leder und Pelze ausgestellt wurden, waren jedoch nie überfüllt, und am dritten Tag hatte sich die Zahl der Besucher:innen deutlich gelichtet. Aber mit 100.000 Quadratmetern war das Messegelände riesig, und die Besucher:innenmenge mag sich etwas spärlicher angefühlt haben, als sie tatsächlich war.
Auf Markenseite waren Marktführer wie İpekyol, DS Damat, Kiğılı, Altınyıldız, B&G Store, Lufian, Jakamen, Batik, NaraMaxx, Giovane Gentile, Lee Cooper und Tudors vertreten und nutzten die Messe, um ihr internationales Netzwerk weiter auszubauen.
„Wir haben zum ersten Mal als İpekyol auf IFCO ausgestellt. Die Messe war aus unserer Sicht sehr gut; wir haben sehr positive Ergebnisse erzielt. Wir hatten viele Besucher:innen und Einkäufer:innen zu Gast und haben am Matchmaking teilgenommen. Wir haben Gespräche mit Einkäufer:innenn aus den osteuropäischen Ländern sowie aus den Ländern der Europäischen Union geführt. Vor allem an den ersten beiden Messetagen herrschte reges Treiben. In den folgenden Tagen haben wir verschiedene Gespräche weiterverfolgt. Wir erhielten sehr positive Rückmeldungen von den Einkäufer:innen, die unseren Stand besuchten. Es war sehr hilfreich, dass ausländische Buyer die wichtigsten Bekleidungsmarken der Türkei in einer speziellen Halle zusammen sehen konnten“, kommentierte Ertuğrul Yalçınkaya, Spezialist für Musterverfolgung bei İpekyol.
In zwei separaten Hallen gab die LinExpo im Rahmen der IFCO einen Überblick über Segmente wie Dessous, Strumpfwaren, Nachtwäsche und Kinderbekleidung mit 145 teilnehmenden Hersteller:innen, darunter Dessous-Unternehmen Eiline und Vanilya Secret, die Nachtwäsche- und Dessousmarke Doremi, Strumpfwarenhersteller Daymod und der Hersteller von Bio-Babybekleidung Zeynep. Die Anordnung der Stände schien recht willkürlich zu sein, so dass es nicht ungewöhnlich war, Wäsche direkt neben Strumpfwaren oder Kinderbekleidung zu finden. Bei der nächsten Ausgabe würde eine klarere Segmentierung Besucher:innenn helfen, schneller zu finden, was sie suchen.
The Core
Ein Höhepunkt der diesjährigen Ausgabe war der neu hinzugekommene Bereich für etablierte und aufstrebende türkische Designer:innen mit dem treffenden Namen „The Core“. Mehr als 20 Designer:innen wie Arzul Kaprol, Gül Agis, Mehmet Emiroglu, Asli Filinta, Merve Ulu, Naz Bileydi Yenigün, Yasemin Ögün und Yacup Bicer stellten hier ihre Kollektionen vor und beantworteten gerne alle Fragen der Besucher:innen. Zu ihren Marken gehören Lug von Siga, Guaj London, Asli Filinta, Kuela, By the Oak, Muse for All und Y Plus.
„Der gemeinsame Nenner all dieser hochwertigen türkischen Designer:innen in diesem Bereich ist, dass sie sich sehr für heimische Stoffe interessieren. By the Oak verwendet zum Beispiel einheimische Stoffe für Futterstoffe, was für zeitgenössische Herrenmode sehr passend ist. Bei Asli [Filinta] ist das Druckdesign eine Art Collage aus Holzfliesen und Drucken, verschiedenen Mosaiken. Sie hat auch Upcycling mit lokalen Stoffen hinzugefügt, was das Thema der Saison ist“, erklärt Modeberaterin und Branchenveteranin Günes Güner.
Arzul Kaprol, eine der Top-Designerinnen der Türkei, präsentierte ihre neue Linie „K by Kaprol“, die hauptsächlich Kaftane, Strand- und Freizeitkleidung umfasst. Wie Kaprol erklärte, sind alle Stücke „zu 100 Prozent in Anatolien produziert und inspiriert“ und werden entweder aus 100 Prozent Baumwolle, Seide oder veganer Seide von lokalen Frauengruppen hergestellt. Einige der Drucke werden in Handarbeit mit Holzformen hergestellt, was jedes Stück zu einem Unikat macht.
Trendbereiche
Ein weiterer Höhepunkt war die von der IMA, Istanbul Moda Akademisi, kuratierte Trend Area, deren Thema für FW24-25 passenderweise „Resilience“ ist. Sie war in vier Bereiche unterteilt, die den Trends und Themen der kommenden Saison gewidmet waren: „Euphoric Recall“ umfasste eine farbenfrohe, verspielte 70er-Jahre-Stimmung, während „Metasphere“ die Rückkehr von Glitzer und Metallic mit einem futuristischen Anstrich beschrieb, bei „Bio-Nat“ drehte sich alles um die Wahrnehmung der Umwelt mit einem Fokus auf Wiederbelebung und Resilienz, während „Sane Mind“ sich auf das intelligente Zuhause mit posttraumatischem Stressdesign konzentrierte und geistigen Wohlstand und achtsame Reinheit in den Mittelpunkt stellte.
Der Bereich „New Gen“ zeigte Stücke von Nachwuchsdesigner:innen, und eine eigene Ausstellung war dem KOZA-Wettbewerb für junge Modedesigner:innen gewidmet, der seit 1992 jährlich stattfindet und sein 30-jähriges Jubiläum feierte. Im Laufe der Jahre hat KOZA Designer:innen wie Bahar Korcan, Hakan Yildirim, Özgür Masur, Hatice Gökçe, Elif Cigizoglu, Giray Sepin, Niyazi Edogan, Zeynep Tasun, Özlem Kaya, Zeynep Erdogan, Ayse Deniz Yegin, Kadir Kiliç und andere hervorgebracht.
Türkisches Design und Designer:innen im Ausland
Die Türkei hat zwar eine lange Tradition in Bezug auf Design und heimische Marken, doch waren diese bisher eher auf Märkten wie Russland, Nordafrika und dem Nahen Osten gefragt und scheinen in Märkten wie Europa und Nordamerika, wo türkische Modeunternehmen bisher eher als Hersteller für andere Labels tätig waren, ein Geheimtipp zu sein. Das soll sich nun unter anderem durch Initiativen wie IFCO ändern.
Die Designerin Arzul Kaprol schreibt Organisationen wie der Istanbuler Textil- und Bekleidungsexportvereinigung (ITKIB), der 2007 gegründeten Istanbuler Modeschule IMA (Istanbul Moda Akademisi), die junge Marken unterstützt, und Veranstaltungen wie der IFCO die Förderung und Unterstützung türkischer Designer:innen auf internationalen Ebene zu.
„Meine erste Modenschau fand mit Unterstützung der ITKIB statt, und seither bin ich Teil des offiziellen Kalenders der Pariser Modewoche. Ich habe mein Geschäft und mein Designdenken weiterentwickelt, und heute mit Unterstützung der ITKIB auf der IFCO zu sein und all meine Freund:innen zu sehen, ist so herzerwärmend, und alle internationalen Besucher:innen zu begrüßen ist wertvoll“, erklärte sie.
Modeberaterin Güner stimmt zu, dass die türkische Textil- und Bekleidungsindustrie starke Organisationen, Messen und die Presse braucht, um türkische Marken und Designer:innen international bekannt zu machen. Die Covid-19-Pandemie hat das Nearshoring und damit die Türkei für internationale Einkäufer:innen attraktiver gemacht, die laut Güner „immer auf der Suche nach etwas Einzigartigem, Neuem, einer anderen Kultur“ sind und den „kulturellen Reichtum in der Türkei“ schätzen.
Da die Türkei jedoch hauptsächlich als Beschaffungsland bekannt ist, müssen Designer:innen oft härter arbeiten, um sich zu etablieren. „Wir sind sehr anpassungsfähig, aber das kann auch bedeuten, dass man die Authentizität verliert. Wir versuchen, das zu ändern“, sagt sie. Das Haupthindernis ist für sie der Mangel an Wissen über türkische Marken und Designer im Ausland. „Das ist eine starke Barriere, die wir überwinden müssen“, fügt sie hinzu.
Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit stand bei der IFCO für viele Marken im Mittelpunkt, und obwohl es keinen Meinungsaustausch in Form von Branchengesprächen und Podiumsdiskussionen gab, waren Aussteller:innen und Besucher:innen gleichermaßen bereit, über das Thema zu sprechen.
Der türkische Hersteller Sik Makas ist auf Denim-Produkte spezialisiert und verkauft diese an große Marken und Einzelhandelsunternehmen in Deutschland, Polen und Russland. Das macht aber nur 20 Prozent des Geschäfts aus - die restlichen 80 Prozent macht die Eigenmarke Cross Jeans aus. Sie ist derzeit in mehr als 3.200 Verkaufsstellen, in 30 Monobrand-Stores und bei Onlinehändlern wie Zalando, Otto und Amazon erhältlich. Mit einem Hauptsitz in Istanbul und 7.000 Beschäftigten in zwei Fabriken in der Türkei (eine davon LEED-zertifiziert) und einer in Ägypten produziert Sikmakas rund 20 Millionen Kleidungsstücke pro Jahr.
Nachhaltigkeit ist ein Muss, wie Teamleiter Rifat Orak gegenüber FashionUnited erklärt: „Wassereinsparen ist sehr wichtig, ebenso wie ein effizientes CO2-Management.” Das Unternehmen bietet auch Lebenszyklusanalysen (LCAs) als Teil seiner Dienstleistungen für Kund:innen an, die danach fragen. „Das macht ein Produkt zwar zwei bis drei Euro teurer, aber Endverbraucher:innen fragen zunehmend nach den Umweltauswirkungen dessen, was sie tragen”, sagt Orak.
Auch für Designerin Kaprol ist Nachhaltigkeit ein Muss. Als Hauptgründe nennt sie neben dem Schutz des Planeten auch Haltbarkeit und Langlebigkeit der Artikel: „Als Textilindustrie müssen wir die Dinge nachhaltig gestalten... wir haben keinen Platz mehr, um Textilmüll aufzubewahren.” Für sie ist Nachhaltigkeit eine Art des Denkens: „Alle Beziehungen, die wir in unserem Leben pflegen - mit uns selbst, mit unseren Freund:innen, mit unseren Gedanken, mit unseren Modeartikeln, mit unserer Garderobe - müssen länger halten. Das ist das wichtigste persönliche Ziel im Leben.”
Als Beschaffungs- und textilproduzierendes Land suchen türkische Designer:innen zuerst nach Stoffen vor Ort. Laut Modeberaterin Güner ist es sogar fast selbstverständlich, dass sie zuerst nach Restposten in den Stofffabriken suchen. „Türkische Designer können gut upcyceln, zum Beispiel einen lokalen Stoff, den sie dann mit Restbeständen nacharbeiten”, sagt sie. Für sie ist Nachhaltigkeit Teil der anatolischen Kultur: „Wir sind daran gewöhnt, mit null Abfall zu leben, nichts ist Müll”, erklärt sie. Außerdem ist Vintage in, und für sie macht es Sinn, in gute, hochwertige Stücke zu investieren.
Der Hersteller Demezoglu produziert Premium-Bekleidung aus Baumwolle, Strick, Jersey und Fleece für italienische Luxusmarken wie Versace und Moschino. Da Qualität und Schlichtheit im Vordergrund stehen, „ist die Fabrik ein wichtiger Punkt für das Material-Know-how”, sagt Yavuz Ozturk von Demezoglu im Gespräch mit FashionUnited. Mit nur 100 Beschäftigten für Zuschnitt, Nähen und Veredelung wird jede einzelne Kraft zu einer wertvollen Ressource. „Man muss Stellung beziehen”, sagt er, wenn es darum geht, etwas als „Bio” zu bezeichnen und einen fairen Preis zu verlangen. „Man muss verstehen, wann Kund:innen ein echtes Bedürfnis haben und wann es sich um Gier handelt”, fügt er hinzu.
Die Auswirkungen des Erdbebens
Die Erdbeben vom 6. Februar 2023 trafen den Südosten der Türkei, ein Gebiet, das für die Produktion von Kurzstapel-Baumwolle bekannt ist (das Gebiet der Ägäis ist für Langstapel-Baumwolle bekannt). Während Bekleidungsfabriken eher im Norden und in der Mitte des Landes angesiedelt sind, wurden die Baumwollgarnspinnereien und Denimfabriken in den betroffenen Gebieten, insbesondere in den Städten rund um die ersten Beben - Malatya, Kahramanmaras, Adana und Adiyama - in Mitleidenschaft gezogen. Obwohl es noch zu früh ist, um die Auswirkungen auf Fabriken abzuschätzen, von denen viele den Erschütterungen standgehalten haben, umfasst das betroffene Gebiet zehn Städte und fast 14 Millionen Menschen, von denen viele vertrieben, verletzt oder getötet wurden, was einen schweren Schlag für die Belegschaft bedeutet.
„Kurzfristig beziehen die Fabriken wichtige Materialien aus den betroffenen Gebieten und bringen sie in Gebiete, die nicht vom Erdbeben betroffen sind, um die Produktion so gut wie möglich fortzusetzen. Derzeit unterstützen alle Logistikunternehmen den Transport von Spenden und Hilfsgütern für die betroffenen Gebiete, so dass die üblichen Lieferungen von Stoffen und anderen Produkten auf Eis gelegt sind. Wir gehen davon aus, dass die mittel- und langfristigen Auswirkungen minimal sein werden, da sich die Produktion wieder annähernd normalisieren wird. Langfristig wird der Wiederaufbau der betroffenen Fabriken aufgrund der verschärften Gesetzgebung widerstandsfähiger gegen künftige Erdbeben sein”, ist Bülent Alkanli zuversichtlich, Executive Vice President des Lieferkettenexperten 28One, in einer E-Mail an FashionUnited.
„Die Hälfte unserer Stoffe wird in Hatay, Antakya, hergestellt, das am stärksten betroffen ist. Wir stehen in ständigem Kontakt mit unseren Produzenten vor Ort. Gott sei Dank sind sie alle in Sicherheit, aber die ganze Stadt liegt in Trümmern”, berichtet Designerin Kaprol. „Heute haben wir als Branche eine größere Rolle zu spielen: Ich kann sagen, dass alle Designer:innen hier, während sie nach außen hin ihre besten Kollektionen mit einem Lächeln zeigen, innerhalb unserer Gruppe jetzt alle Schutzkleidung nähen. Wir können mit vereinter Kraft auftreten, um unsere Leute zu schützen, und das ist unsere Pflicht”, fügt sie hinzu.
Zu den offiziellen Bemühungen, Beschäftigten und Unternehmen zu helfen, gehört eine von der Regierung angekündigte Pause bei der Einziehung von Krediten für die Betroffenen, während Unternehmen für die nächsten Monate von Steuerzahlungen befreit wurden. Betroffene Familien erhalten finanzielle Unterstützung, und in der gesamten Türkei nehmen Schulen kostenlos Schüler:innen an, die ihre Schule wechseln müssen, so Alkanli.
„Der türkische Exportverband (TIM) und die Verbände der Exporteure haben in Abstimmung mit der offiziellen Katastrophenschutzbehörde der Türkei eine sofortige Hilfskampagne gestartet, um den Opfern zu helfen. Über 150 Lastwagen mit Lebensmitteln, Wasser, Winterkleidung, Socken, Unterwäsche, Winterschuhen und -stiefeln, Decken, Schlafanzügen, Babywindeln, elektrischen Heizgeräten und getrockneten Lebensmitteln wurden bereits verschickt. Allerdings sind in der Türkei mehr als 6.500 Gebäude eingestürzt, wodurch Hunderttausende obdachlos wurden. Notunterkünfte und Evakuierungen reichen noch nicht aus, und die Lage derjenigen, die noch auf der Straße leben, ist katastrophal. Vor diesem Hintergrund haben die Verbände der TIM und der Exporteure eine neue Kampagne gestartet, die aus vorgefertigten Bauteilen in der Nähe von organisierten Industriegebieten besteht, um Notunterkünfte zu errichten und Einrichtungen zur Fortsetzung der Produktion bereitzustellen”, sagt der stellvertretende Vorsitzende der IHKIB, Mustafa Paşahan, in einer Erklärung.
Auf die Frage, was die internationale Textil- und Bekleidungsindustrie und insbesondere internationale Einkäufer:innen tun können, um zu helfen, sagte Alkanli: „Bestellen und kaufen Sie weiterhin bei türkischen Herstellern. Haben Sie Geduld bei ausanstehenden Lieferungen. Sagen Sie keine Urlaubs- oder Einkaufsreisen wegen des Erdbebens ab, da das betroffene Gebiet außerhalb der meisten Touristenorte und Einkaufsgebiete liegt. Jetzt ist es an der Zeit, echte Partnerschaft zu zeigen und gemeinsam etwas aufzubauen.”
Ausblick
Der türkische Textil- und Bekleidungssektor verzeichnete im Jahr 2022 ein Exportvolumen von 31,2 Milliarden US-Dollar (fast 29,5 Milliarden Euro), was 12,4 Prozent der türkischen Gesamtexporte und 6,7 Prozent des gesamten BIP entspricht. In beiden Sektoren sind über 1,2 Millionen Menschen beschäftigt. Mit einem Exportvolumen von über 21 Milliarden US-Dollar (fast 20 Milliarden Euro) ist die Türkei der sechstgrößte Bekleidungsexporteur der Welt. Mittelfristig strebt das Land ein Exportvolumen von 40 Milliarden US-Dollar an. Die Türkei ist bereits der drittgrößte Lieferant für den Bekleidungsmarkt in der Europäischen Union. Andere Märkte wie Nord- und Südamerika gewinnen ebenfalls an Bedeutung. Die Ausfuhren in die USA sind in den letzten fünf Jahren um mehr als 60 Prozent gestiegen.
Insgesamt ist IFCO dabei, sich als zentraler Treffpunkt zwischen Europa und Asien, aber auch für Amerika und Afrika zu etablieren und dabei die einzigartige Position der Türkei zu nutzen, die nicht nur Rohstoffe (Baumwolle) und technisches Know-how im Bekleidungs- und Textilbereich liefert, sondern auch ein verlässlicher Beschaffungsstandort und eine solide Basis in Sachen Design ist.
„Wir waren mit der Messe insgesamt sehr zufrieden, vor allem wegen des Matchmaking, das wir vor Ort durchgeführt haben. Wir planen, auch bei der nächsten IFCO, die zweimal im Jahr veranstaltet wird, auszustellen. Unser Land brauchte eine Show für die Modebranche. IFCO war in diesem Sinne sehr nützlich”, fasst Nihat Onuk, Leiter für internationalen Geschäftsentwicklung bei Ds Damat, seine Eindrücke von der Messe zusammen.
Für die Zukunft gibt es ein paar Dinge, die IFCO zu einer wirklich internationalen Messe machen würden: Seminare und Podiumsdiskussionen von Branchenexpert:innen aus der Türkei und dem Ausland, um Informationen auszutauschen und den Weg in die Zukunft zu ebnen, ebenso Informationen und Mitarbeiter:innen, die Details in englischer Sprache bereithalten, und eine viel stärker nach Produkten gegliederte Hallenaufteilung, die Besucher:innen die Navigation auf der Messe erleichtern würde.
Die vierte Ausgabe der IFCO wird vom 9. bis 11. August 2023 stattfinden.
FashionUnited wurde von IFCO zur Messe eingeladen.