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Who's Next: Volle Hallen, verunsicherte Newcomer und Neonyt in Paris

Von Julia Garel

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Messen

Der Eingang zur Messe Who's Next in Paris, Porte de Versailles, Ausgabe Januar 2023. Foto: FashionUnited

Die Wette der Who's Next ist aufgegangen. Die Verkürzung der Modemesse auf drei statt vier Tage – vom 21. bis 23. Januar – hat sich als effektiv erwiesen. So konzentrierte sich das Publikum auf einen kürzeren Zeitraum, was zu einem großen Andrang in den Gängen der Who's Next führte. Ein Rückblick auf drei Tage voller Begegnungen und Geschäfte.

Von Neonyt bis Wäschemesse: die neuen Formate der Saison

„Die Zahlen sind ausgezeichnet“, sagte Frédéric Maus, CEO des Messeveranstalters WSN, am Montag. Die Zahlen der Besuchenden waren noch nicht bekannt, aber man musste sich nur umschauen, um die Menschenmassen zu sehen, die die Herbst-/Winterkollektionen 2023 entdecken wollten. „Insgesamt werden wir auf ein Vor-Covid-Niveau bei den Besucher:innen kommen, was einfach außergewöhnlich ist,“ freut sich der Messechef.

Die große Neuheit in dieser Saison war nicht nur die verkürzte Ausgabe der Who's Next. Neben ihr fanden zum ersten Mal der Salon International de la Lingerie und die Interfilière ihren Platz im benachbarten Pavillon. Die zeitliche und räumliche Synchronisierung dieser beiden anderen Messen – die nun von WSN verwaltet werden – schuf ein dynamisches Ökosystem, zu dem die Gäste mit einem einzigen Ticket Zugang hatten und mit kleinen elektrischen Shuttles von einer zur anderen gebracht wurden.

Außerdem wurde erstmals die Neonyt, einer deutschen Messe, die sich auf nachhaltige Mode konzentriert, Teil der Pariser Messen. Es handelte sich jedoch nur um eine Vorschau, die durch einen Stand und die Anwesenheit der deutschen Organisator:innen, die die Who's Next Community treffen konnten, realisiert wurde. Die eigentliche Partnerschaft wird im September 2023 beginnen, wenn beide Messen Seite an Seite stattfinden.

Im Trend: Starke Farben und Boho-Styles

Bereits am Eingang wollten die Organisator:innen der Who's Next ihre Dynamik mit einer labyrinthartigen Schleuse in kräftigen Farben zeigen, deren Thema mit dem Namen ‘District Fantasy‘ das szenografische Konzept der Messe zum Ausdruck brachte. Der Hauptgang führte Besuchende dann in den neuen Bereich ‘CXMP District‘. Dieser rosafarbene Bereich, der als Concept-Store aufgebaut war, bot eine Mischung aus Ständen von Mode-, Accessoires- und Beauty-Brands.

Unter den 1.255 Marken und Lieferanten, die auf der Who's Next, der Impact (Messe für verantwortungsbewusste Marken) und der Bijorhca (Schmuckmesse) ausstellten, waren die ersten Stände, die ins Auge fielen – und die in der Regel immer aktiv waren – die von Boho-Bekleidungsmarken wie Stella Forest, Bobo Choses, Louise Misha, Leon & Harper oder Nous Antwerp. Ihre markanten Stücke und bunten Drucke waren bei weitem nicht die einzigen auf der Messe.

Die Herbst-/Wintersaison 23/24 hat eindeutig einen Boho-Einschlag mit karierten Drucken, leuchtenden Farben und lässigen Strickteilen. Auffällig ist auch die starke Präsenz von Cordhosen, die oft in gewagteren Farben als den üblichen neutralen Tönen angeboten werden.

Who's Next Messe in Paris, Porte de Versailles, Ausgabe Januar 2023. Foto: FashionUnited

Etablierte Marken: Treffen mit Labdip, Not Shy und der Imperial Group

Nach einer schwierigen Zeit aufgrund der Pandemie war 2022 für einen Großteil der Marken, die auf Who's Next vertreten sind, ein Jahr der Konsolidierung oder des Wachstums. Die Situation wird nun durch den Krieg in der Ukraine und die steigenden Energiekosten erschwert, aber die Marken bleiben zuversichtlich.

Dies gilt insbesondere für Labdip, eine vor etwa zehn Jahren gegründete Marke, die chinesisches Know-how – das Geschwisterduo, das die Marke gegründet hat, ist chinesischer Herkunft – durch ein auf Hosen spezialisiertes Angebot hervorhebt (Boutique-Preise um 115 und 120 Euro). Die Marke hat kein eigenes Geschäft sowie 250 Verkaufspunkte in Frankreich und international.

„Es war ein gutes Jahr“, sagte Chloé Ridouh, Verkaufsleiterin der Marke Labdip, mit Blick auf 2022. Was das Geschäft betrifft, so stieg der Umsatz. Wir haben einen Kundenstamm, der sich immer mehr herausbildet, und einen E-Shop, der sich dynamisch entwickelt. Und aus BtoB-Sicht sind wir sehr zufrieden. Es gibt immer noch diese Begeisterung der Kundschaft, die Multibrand-Stores betreiben und das ist sehr wertvoll.“

Die Marke stellt seit zehn Jahren auf der Who's Next aus. „Es ist eine Messe, auf der wir viele unserer Exportkundschaft treffen, es ermöglicht uns, sie physisch zu sehen und baut auch Beziehungen auf", erklärte Ridouh. „Es ist wirklich mehr für den Export als für Frankreich, denn in Frankreich werden wir von einer Handelsagentur vertreten, die ihre Termine direkt in ihrem Showroom ausmacht. Und dann ist es auch für unsere Sichtbarkeit, zu zeigen, dass wir noch da sind, dass wir neue Dinge zu bieten haben. Und es ist auch wichtig, die anderen Kollektionen zu sehen.“

Zu den Neuheiten des Familienunternehmens mit Sitz in der Nähe von Shanghai gehört eine Linie, die aus Denim und Seide hergestellt wird, darunter eine weiche und leichte Hose. Jeans zu bequemen Kleidungsstücken zu machen, ist ihr Leitmotiv und wird in Form von Hybridartikeln umgesetzt, die Denim mit einem klassischen Hosenschnitt mit Paspeltaschen kombinieren. „Das ist es, was immer besser funktioniert“, stellt sie fest.

Das Labdip-Team empfängt Gäste seit einem Jahr direkt im Pariser Showroom in einem neu gestalteten Raum, der Le Lab genannt wird. Die Kund:innen vereinbaren einen Termin über die Website und kommen zur Anprobe. „Es wird Maß genommen, der Körperbau bestimmt und dann werden die Jeans anprobiert, die sie am besten zur Geltung bringen“, erklärt Chloé. Das Konzept wurde auch an die Händler:innen weitergegeben, um „etwas Retail Experience in die Verkaufsstellen zu bringen“ und die Kund:innenbindung zu erhöhen.

Der labyrinthartige Raum am Eingang der Who's Next Messe in Paris, Porte de Versailles. Ausgabe Januar 2023. Credit: FashionUnited

Ein Stück weiter drängen sich die Menschen am XXL-Stand der Kaschmirmarke Not Shy. Auch hier ist die Stimmung gut. „Wir hatten ein sehr gutes Jahr und ein außergewöhnliches Jahresende“, sagt Olivier Criq, Co-Leiter und Mitbegründer der Marke, die vor 25 Jahren lanciert wurde. „Wir erzielen seit fast fünf Jahren ein zweistelliges Wachstum“, merkt er an.

Aber für 2023 bleibt der Manager auf der Hut und angesichts der Inflation „vorsichtig“. Er fürchtet, dass „dies die Leute dazu bringen könnte, sehr vorsichtig zu sein“ und erklärt, dass er selbst keine Angst hat, da die Marke aufgrund der hohen Preise ihrer Produkte eine „etwas ungewöhnliche Klientel“ anspricht, so dass ihre Kundschaft nicht am stärksten betroffen sind. Doch auch bei der Kundschaft wird es Criqs Meinung nach „Reaktionen geben“.

Not Shy gehört zu den Stammgästen der Who's Next. Der Stand des Labels ist oft mit Menschen überfüllt und die Marke kennt sie fast alle. Aber trotz des Anscheins ist dieses Format für das Unternehmen heute vielleicht nicht mehr das relevanteste. Olivier Criq sagte, dass er darüber nachdenke, Präsentationen in der Privatsphäre seines neuen Pariser Büros zu organisieren: „Ich denke, dass wir unsere Kund:innen kurzfristig bei uns zu Hause empfangen werden, für mehr Privatsphäre, mehr Präsentation, etwas Anspruchsvolleres. Ich sage nicht, dass es hier nicht gut ist, aber es ist alles gemischt. Es geht nicht nur darum, zu verkaufen, sondern auch darum, die Kund:innen zu begleiten, gemeinsame Projekte zu entwickeln und auf Messen hat man keine Zeit dafür. Ich denke, es wäre vernünftig, wenn wir vielleicht ein bisschen weniger Kund:innen hätten, aber unser Potenzial mit langjährigen Kund:innen, die an die Marke glauben, besser nutzen würden.“

Der Manager fügte hinzu: „Die Marke ist 25 Jahre alt. Wenn wir langfristig bestehen wollen, müssen wir neue Formen der Zusammenarbeit mit den Händler:innen, mit den Boutiquen finden. Wir müssen über CSR, Qualitätsprobleme und so weiter sprechen.“

Auch bei der Imperial Group laufen die Geschäfte sehr gut. Die 1978 gegründete italienische Gruppe, zu der Imperial, Imperial homme, Please (seit 1993) und Dixie – eine florentinische Marke, die 2014 übernommen wurde – gehören, schloss 2022 ein „ausgezeichnetes“ Jahr ab, „aber das bedeutet nicht, dass es dem Gesamtmarkt besser geht. Es ist eher so, dass der Markt zu uns kommt“, sagte Alban Valentin, Verkaufsleiter für Frankreich. Luca Deluca, Geschäftsführer von Imperial Frankreich, fügte hinzu: „2022 war für uns extrem positiv, weil wir vorher in die Struktur investiert haben, wir haben Leute ausgebildet und als das Post-Covid kam, waren sie bereit.“

Ausgerichtet auf ein Fast-Fashion-Geschäftsmodell, das vollständig ‘Made in Italy’ ist, arbeitet das Unternehmen mit sofortiger Lieferung und präsentiert auf der Who's Next nicht seine Herbst-Winter 2023 Kollektionen, sondern die für Frühjahr-Sommer 2023. Die vier Marken der Gruppe bieten jede Woche Neuheiten an und verfügen daher über ein umfangreiches Sortiment, das durch die Größe der Stände widergespiegelt wurde.

Die Imperial Group eröffnete ihre französische Niederlassung vor 10 Jahren. Heute verfügt sie über fünf Showrooms in Frankreich und eine große Logistikbasis bei Aix-en-Provence – in der Nähe von Marseille –, die es ihr ermöglicht, die meisten Artikel innerhalb von 24 Stunden in die Geschäfte zu liefern. Für 2023 strebt das Unternehmen ein Wachstum von 15 Prozent an. „Wir müssen die Investitionen, die wir zwischen 2019 und 2022 getätigt haben, noch weiter konkretisieren“, sagte Valentin.

Kleine Neuigkeiten und Nischenmarken

Obwohl die etablierten Marken die große Mehrheit der Ausstellenden ausmachten, belegten auch junge Labels und Nischenmarken einige Quadratmeter des riesigen Pavillons, dazu gehören Chez Nous und Our Sister.

„Dies ist unsere dritte Who's Next und wir sind gerade von der Pitti Uomo in Florenz zurückgekommen. Es war großartig“, sagte Camélia Barbachi, die Gründerin von Chez Nous. Das junge Label wurde im Oktober 2021 gegründet und setzt auf ein geschlechtsneutrales Angebot an Prêt-à-porter-Mode und Accessoires mit einer erschwinglichen Premium-Positionierung. Jedes Stück ist von den tunesischen Wurzeln der Gründerin inspiriert und wird in Frankreich und Tunesien hergestellt.

Die Marke wird im Direktvertrieb und über ein Wholesale-Netzwerk vertrieben und hat ein Oversized-T-Shirt zu ihrem Bestseller gemacht. Das Stück trägt den Namen Tataouine und zeigt auf der Vorderseite einen gestickten Schriftzug in arabischer Kalligraphie ‘Chez nous‘. Es bezieht sich auf einen Ausdruck, der von den Tunesier:innen verwendet wird, um Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft zu bezeichnen. „Wenn man nach Tunesien geht, spricht man von Frankreich und sagt: ‘Chez nous là-bas en France‘“, erklärte die 25-jährige Designerin. Es ist also ein kleiner Spitzname, den ich mir wieder aneignen wollte, indem ich ihn zum Namen meiner Marke machte. Erstens, weil ich finde, dass es etwas Verbindendes hat, es spiegelt die Werte der Gastfreundschaft wider, und zweitens, weil die Idee darin bestand, die Pluralität der Identität zu feiern.“

Chez Nous gehört zu den jungen, engagierten Marken, die die neuen Standards von heute in ihrer DNA verankern: nämlich eine umweltfreundlichere Produktion und ein inklusives Angebot. Die Stücke werden in acht Größen angeboten, von Doppel-XS bis Dreifach-XL. Camélia Barbachi erklärt: „Alles ist so konzipiert, dass es für möglichst viele Körperformen passt, daher nimmt die Skalierung viel Zeit in Anspruch.“

Ausgestellt ist ein Stück aus Denim, mit Abnähern, etwas locker und mit hoher Taille: Zooter, ein weiterer Bestseller von Chez Nous. „Es ist eine Jeans, die von den Zoot Suits inspiriert ist, die Afroamerikaner:innen zur Zeit der Rassentrennung in den USA trugen. Ich wollte diese Arbeit, die von Minderheiten geleistet wurde, um sich ihre Identität wieder anzueignen, würdigen und feiern, und ich wollte sie auch in Tunesien herstellen, weil es in Tunesien ein echtes Denim-Know-how gibt.”

Sie fügte hinzu: „Ich versuche, Minderheiten zu repräsentieren, Menschen, die man gewöhnlich nicht in der Modeindustrie sieht. Ich bin tunesischer Abstammung und das war der Ausgangspunkt, von dem aus ich mich nicht mit der Modebranche identifizieren konnte.“ Ihr Ziel für 2023: Entwicklung des B2B-Netzwerks in Frankreich und auf internationaler Ebene.

Stand der Marke Our Sister auf der Who's Next in Paris, Ausgabe Januar 2023. Foto: FashionUnited

Im Eingangsbereich der Messe, im Bereich ‘CXMP District’, macht die belgische Marke Our Sister mit ihren farbenfrohen Kleiderständern eine gute Figur. Our Sister mit Sitz in Antwerpen ist das weibliche Pendant zur Herrenmarke Castart, die 2018 gegründet wurde. Die junge Marke verfügt über ein Geschäft in Antwerpen, einen Hauptvertrieb in den Niederlanden und Belgien und expandiert aktuell nach Kanada und Asien.

Für die Marke ist es die erste Teilnahme an der Who's Next. „Wir mögen es, aber wir denken, dass es vielleicht ein wenig zu groß für uns ist, weil wir eine wirklich persönliche und authentische Marke haben, die ein wenig nischig ist“, so das Label am Sonntag, dem letzten Tag der Messe.

Auch wenn das Unternehmen ernsthafte Kaufinteressierte, darunter einen koreanischen „Großkunden“, getroffen hat, weist es auf das hin, was auch andere junge Marken in ihren Gesprächen mit FashionUnited angedeutet haben. Denn obwohl Who's Next junge Marken anzieht, erfüllt die Messe nicht immer die Erwartungen von Nischenmarken und kleinen Designer:innen. Die koreanische Marke The Author, die sich durch einen klaren Stil auszeichnet, sagte, sie sei an Messen interessiert, die sich mehr auf junge Kreative konzentrieren, wie die Tranoï.

Dieser Artikel wurde ähnlich auf FashionUnited.fr veröffentlicht. Übersetzung und redaktionelle Bearbeitung: Barbara Russ

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