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Aktivismus in der Mode: Wird die Branche politischer?

Von Florence Julienne

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Mode

Foto: Jeanne Friot, Herbst/Winter 2023/2024

Kleidung mit Botschaften, engagierte Musen, Modeschöpfer:innen an vorderster Front. Einige Akteur:innen der Branche scheinen den Wunsch zu verspüren, politische Veränderungen herbeizuführen, wie es Dame Vivienne Westwood einst getan hat. Von Studien des Institut Français de la Mode über das französische Luxuslabel Dior bis hin zur aufstrebenden Designerin Jeanne Friot – ein kleiner Einblick in einen aktivistischen Trend, der Hoffnung macht.

Mode und Politik?

Die Modebranche basiert auf einem System des konstanten Konsums. Spätestens alle sechs Monate wird die Mode überholt. Außerdem ist die Branche vertikal aufgebaut – Luxus für die Reichen, Fast Fashion für die breite Masse und eine Mittelschicht, die sich mit dem zufrieden gibt, was in den Multimarken-Geschäften übrig bleibt. Die Mode ist ein Spiegel der Illusionen, der auf der geopolitischen Skala an den Meistbietenden verkauft wird. Wie also kann sich die Modebranche eines politischen Bewusstseins rühmen?

Und doch ist die Mode – geplagt von Kritik an ihrem CO2-Fußabdruck und der Ausbeutung ihrer Fabrikarbeiter:innen – dabei, einen Wandel zu vollziehen. Caroline Ardelet und Benjamin Simmenauer, Professor:innen am Institut Français de la Mode, beobachten dieses Phänomen aufmerksam. Ihre Studie über Modeaktivismus ist derzeit noch in Arbeit und daher noch nicht ganz zuverlässig, aber ein erstes Kapitel haben sie während der “Fashion Reboot”-Konferenz in Paris bereits enthüllt.

Mode mit Botschaften, der erste Archetypus der politischen Kleidung

Die Expert:innen des IFM beschreiben einen neuen gesellschaftlichen Druck, der auf den Marken lastet, insbesondere durch die sozialen Netzwerke. „Unternehmen und ihre Führungskräfte haben die Verantwortung, sich zu sozialen und politischen Themen zu äußern“, heißt es in der Studie. Um glaubwürdig zu sein, muss der Aktivismus von Modemarken mit einem aufrichtigen Engagement und nicht mit zynischem Opportunismus einhergehen. Je riskanter die Wahl, desto stärker die Anziehungskraft. So kann Kleidung mit einer "brisanten" Nachricht ein entscheidender Faktor für die Kund:innenbindung sein.

Feminismus bei Dior

Rückblickend lässt sich der Erfolg von Maria Grazia Chiuri bei Dior durch eine starke Kund:innenbindung erklären. Die Modeschöpferin setzt sich seit Beginn ihrer Amtszeit für Frauenrechte ein. Ein T-Shirt mit dem Slogan "We should all be feminists" ("Wir sollten alle Feministen sein"), inspiriert von einem gleichnamigen Essay und TEDx-Talk war eines der meistdiskutierten Stücke ihrer Debüt-Kollektion für das Pariser Modehaus. 2017 wurde das “Women at Dior"-Mentorenprogramm für junge Frauen gegründet, das seit 2020 Teil der Global Education Coalition von Unesco ist. Mit der Ernennung von Delphine Arnaultzur Chefin von Christian Dior Couture ist das Modehaus fortan außerdem in weiblicher Hand – eine Seltenheit in der Branche.

Jeanne Friot: Aktivismus als Startpunkt für eine Kollektion

Aktivismus bildet die Grundlage der Kollektionen der jungen Designerin Jeanne Friot. Sie verfügt über deutlich weniger Ressourcen als die Luxusgüterkonzernen, allerdings zieht ihre Marken-DNA besonders die Konsument:innen der Gen Z an. Friot steht für LGBT-Rechte, nachhaltige Mode, lokale Produktion und geschlechtsneutrales Casting. Inspiriert von Sonia Rykiel und Vivienne Westwood bedauert die junge Frau, dass so viele Marken mit einem weiblichen Namen heutzutage von Männern geführt werden. Auffällig ist auch, dass sie die einzige Frau war, die in der Herbst/Winter-Saison am Sphère Showroom der Fédération de la Haute Couture et de la Mode teilnahm.

„Es ist nicht länger möglich, nicht darüber zu sprechen", so Friot über Politik im Interview mit FashionUnited am Vorabend der Show. „Mit Hilfe des Buches ‘Les Guérillères’ von Monique Wittig erinnert meine Kollektion an Femizide. Zu Beginn der Schau wird ein Text vorgelesen, der eine neue Welt zum Ausdruck bringt, in der die Frauen die Macht wiedererlangen. Wie kann man dekonstruieren, um zu rekonstruieren, ohne in dieselben Muster zu verfallen. Eine grundlegende Frage und eine Haltung, die besonders für die Mode relevant ist.

Dieser übersetzte und bearbeitete Beitrag erschien zuvor auf FashionUnited.fr.

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