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‘Queer Fashion’ in Paris: Französische Modedesigner:innen brechen mit olympischer Tradition

Von Florence Julienne

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Mode

Jeanne d'Arc-Kostüm von Jeanne Friot für die Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele Paris 2024. Bild: Jeanne Friot

Die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Paris hat Mut in Sachen Mode bewiesen. Nicht nur Entwürfe der Maisons des Luxuskonzerns und offiziellen Olympia-Partners LVMH standen im Rampenlicht, sondern auch junge Talente.

Mit der Auswahl der Kostüme und Designer:innen setzten die Verantwortlichen für Künstlerische Leitung und Kostüme, Thomas Jolly und Daphné Bürki, ein Zeichen. Durch ihren Einsatz konnten die unkonventionellen Entwürfe der französischen Designer:innen Jeanne Friot, Charles de Vilmorin, Kevin Germanier, Alphonse Maitrepierre, Weinsanto und Gilles Asquin während der Zeremonie am vergangenen Freitag in der französischen Hauptstadt gezeigt werden. Die Begeisterung für dieses queere Ereignis, das für Werte wie Inklusion, Liebe und Freiheit stand, war sowohl auf den Tribünen als auch in der Bar Chez Mylène am Seineufer der Bastille zu spüren, wo regelmäßig eine “Drag Race Party” stattfindet.

„Nach allem, was wir in letzter Zeit mit dem Aufstieg der Nationalen Sammelbewegung erlebt haben, brauchten wir eine Veranstaltung wie diese“, sagt die französische Designerin Jeanne Friot im Gespräch mit FashionUnited. In der LGBTQIA+-Gemeinschaft ist sie vor allem für ihr Engagement und ihre Funktion als deren modisches Sprachrohr bekannt. Ein Jahr lang musste sie das Modespektakel unter strengster Geheimhaltung vorbereiten – ein Geheimnis, das immer schwieriger zu wahren wurde, je näher der große Tag rückte.

Die Kreativen hinter der Eröffnungszeremonie

  • Thomas Jolly leitete das nationale Theaterzentrum in der französischen Stadt Angers, bevor er zum Künstlerischen Leiter bei den Spielen ernannt wurde.
  • Daphné Bürki war für die Kostüme der Eröffnungszeremonie verantwortlich. Sie begann ihre Karriere als Stylistin bei Dior, noch zu Zeiten von John Galliano als Chefdesigner. In Frankreich ist Bürki mittlerweile auch als Schauspielerin und TV-Persönlichkeit bekannt. Sie moderierte Sendungen auf Canal+, in denen sie Modetrends dechiffrierte, und war zuletzt Jurorin bei Drag Race France.
  • Maud Le Pladec war für die Choreografie bei der Eröffnungszeremonie zuständig. Die renommierte Choreografin ist Leiterin des Centre Chorégraphique National in der französischen Stadt Orléans.

Vor einem Jahr kontaktierten sie Bürki, die bereits zweimal für Jeanne Friot gelaufen war, und Jolly. Das kreative Duo hatte die Idee, ein Bild mit dem Pferd und der Symbolik der französischen Widerstandskämpferin Jeanne d'Arc zu schaffen, choreographiert von der französischen Tänzerin Maud le Pladec. Ziel war es, junge französische Kunstschaffende ins Rampenlicht zu rücken. Das Organisationskomitee der Olympischen Spiele stimmte dem Vorhaben zu.

Es schien ein verrücktes Projekt: Zum einen wegen des Hauptsponsors LVMH, der sich in vielen Bereichen durchgesetzt hatte und die Aufgabe übernahm, die auftretenden Stars einzukleiden. Die Sängerinnen Lady Gaga, Aya Nakamura und Céline Dion trugen allesamt Dior-Outfits. Zum anderen wegen der eindeutig queer ausgerichteten Modenschau auf der Fußgänger:innenbrücke Passerelle Debilly.

Jeanne d'Arc mit Olympischen Flagge am Eiffelturm

Entwurf von Jeanne Friot. Bild: Jeanne Friot

„Sowohl wegen ihres Vornamens als auch wegen ihrer Geschichte war dieser Vorschlag rund um Jeanne d'Arc symbolisch mit meiner Geschichte verbunden“, erklärt Friot. „Zusammen mit meinem Team haben wir einen Overall mit Gürteldruck – wie das Kleid, das Bürki bei meiner Herbst/Winter-Show 2024 trug – und eine Lederrüstung aus Kunstmetall mit dem französischen Lederkünstler Robert Mercier gefertigt.“ Auf seinem Instagram-Profil zeigt sich Mercier begeistert: „Ich habe keine Worte, um meine Gefühle auszudrücken, an diesem unglaublichen Ereignis teilgenommen zu haben. Ich bin unendlich dankbar. Seit einiger Zeit bin ich auf der Suche nach Ruhe in meiner Arbeit. Sie haben mir gezeigt, dass man unglaubliche Projekte schaffen kann, wenn man ehrlich und wohlwollend bleibt.“

Da Friot nicht wusste, wer ihre Entwürfe tragen würde, musste sie sie vervielfältigen und so gestalten, dass sie allen Körperformen passten. Neben dem Auftritt, der wohl in die Geschichte der Eröffnungsfeiern der Olympischen und Paralympischen Spiele eingehen wird, präsentierte Friot ihre Kleider zusammen mit anderen Modeschaffenden ihrer Generation auf dem Festival “Neuvième en scène”, das das Talent von Künstler:innen im neunten Pariser Arrondissement zur Schau stellt.

Französische Modenschau für Spaß und Inklusion

Prominente Namen der französischen Modeszene, aber nicht unbedingt einem breiten Publikum bekannt, nahmen an der Modenschau teil: Designer Kevin Germanier ist für seine Vorliebe für Dragqueens bekannt. Der Pariser Modeschöpfer Victor Weinsanto zeigte einen rosafarbenen elsässischen Kopfschmuck aus bedrucktem Organza, der von Kelsh-Stoffen – im Elsass hergestellte Leinen-, Baumwoll- oder Mischgewebe – inspiriert ist und von dem Model Ildjima aka Queen Toïdé getragen wurde. Zu weiteren Designer:innen, die ihre Arbeiten präsentierten, zählten Alphonse Maitre Pierre und Gilles Asquin, der zahlreiche Looks für die TV-Show “Drag Race France” entworfen hat. Musikalisch untermalt wurde die Veranstaltung von der DJane und LGBT-Ikone Barbara Butch.

Schwebende Tänzer:innen auf der Seine

Die Sequenz mit Tänzern:innen auf der Seine, die auf Stelzen saßen und in der Luft schweben schienen, stammt von dem französischen Designer Charles de Vilmorin, der für seine bunten Drucke bekannt ist.

Gegenüber FashionUnited erklärt Friot, dass sie „die totale kreative Freiheit genossen habe“, die es ihr ermöglichte, ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen. Besonders wichtig war für sie, dass das Organisationskomitee akzeptierte, dass die Modenschau, die für das Image von Paris als Modehauptstadt so wichtig ist, sich verändern würde. Selbst Bürki konnte kaum glauben, dass es „durchgehen würde“. Doch es funktionierte.

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf FashionUnited.fr. Übersetzt und bearbeitet von Heide Halama.

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