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Recht: Einblicke in das EU-Gesetz zum "Recht auf Reparatur" und ihre Auswirkungen auf die Modebranche

Von Gastautor:in

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Veranschaulichendes Bild zum EU-Recht auf Reparatur. Beschreibung: Das Social-Impact-Unternehmen Makers Unite und die Outdoor-Bekleidungsmarke Patagonia eröffneten 2022 das "United Repair Centre" in Amsterdam, um Reparaturen für Kund:innen in ganz Europa durchzuführen. Bild: Patagonia

Angesichts ernster Bedenken hinsichtlich Umweltzerstörung und Nachhaltigkeit zielt eine neue europäische Gesetzgebung darauf ab, die Langlebigkeit und Haltbarkeit von Produkten durch das "Recht auf Reparatur" zu verbessern. Dieser gesetzliche Rahmen stellt einen ganzheitlichen Ansatz zur Unterstützung der Kreislaufwirtschaft, der Abfallreduzierung und des nachhaltigen Konsums in der Union dar. Die Modeindustrie sollte sich darauf einstellen, da sie möglicherweise in naher Zukunft den Anforderungen an die Textillanglebigkeit unterliegt.

1. Worum handelt es sich bei dem neuen EU-Gesetzesvorschlag "EU-Recht auf Reparatur"? Gilt er auch für Textilien?

Der Gesetzesvorschlag über gemeinsame Regeln zur Förderung der Reparatur von Produkten ist eine aktuelle legislative Initiative, die die Europäische Kommission im März 2023 vorgelegt hat. Die Richtlinie fördert die Produktreparatur, um sicherzustellen, dass mehr Gegenstände innerhalb der Garantiezeit repariert werden und erschwingliche Optionen für Reparaturen nach Ablauf der Garantiezeit bereitstehen. Die Absicht besteht darin, die Nachfrage zu stärken, zugängliche Optionen für Verbraucher:innen zu fördern, die vorzeitige Entsorgung funktionsfähiger Waren zu reduzieren und die Lebensdauer des Produkts zu verlängern.

Neue Verpflichtungen zwingen Verkaufende, Reparaturmöglichkeiten anzubieten, wenn diese während der Garantiezeit wirtschaftlicher sind als ein Ersatz. Darüber hinaus erhalten Verbraucher:innen das Recht, Reparaturen für technisch reparierbare Artikel auch über die Garantiezeit hinaus zu beanspruchen. Eine bedeutende Anforderung besteht darin, eine Online-Vermittlungsplattform für Reparaturen einzurichten, die Verbraucher:innen mit Reparaturdiensten und Anbieter:innen von generalüberholten Waren verbindet, während Produzent:innen Verbraucher:innen auf Anfrage ein standardisiertes Reparaturinformationsformular zur Verfügung stellen müssen. Die Mitgliedstaaten müssen Preistransparenz integrieren und Qualitätsstandards für Reparaturdienste in ihre nationalen Systeme festlegen.

Da es sich um eine Richtlinie handelt, muss sie erst in die nationale Rechtsordnung der EU-Mitgliedstaaten umgesetzt werden, bevor sie Anwendung findet. Die Umsetzungsfrist beläuft sich auf maximal 24 Monate ab dem Inkrafttreten.

Dieser Vorschlag zum Recht auf Reparatur unterstützt die anderen beiden legislative Initiativen der Europäischen Kommission: die Verordnung über ökodesignfähige Produkte und die Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher:innen für den grünen Wandel. Alle drei Rechtsvorschriften zusammen decken den gesamten Lebenszyklus von Produkten ab und befassen sich mit dem "Recht auf Reparatur", während sie gleichzeitig mit der umfassenderen EU-Politik für nachhaltigen Verbrauch und die Kreislaufwirtschaft in Einklang gebracht werden.

2. Inwieweit ist die Modeindustrie am Recht auf Reparatur beteiligt?

In Bezug auf die neueste Gesetzgebung zur Förderung der Reparatur von Waren hat die Europäische Kommission den Anhang II veröffentlicht. Dieser Anhang umreißt Reparaturverpflichtungen für eine Reihe von Produkten wie Waschmaschinen und Waschtrockner für den Hausgebrauch, Geschirrspüler und Kühlgeräte. Die Modeindustrie wurde aus diesem Gesetzesvorschlag ausgeschlossen. Die Europäische Kommission könnte jedoch alle Textil- und Modeartikel in die die Ökodesign-Verordnung integrieren, indem sie für neue Produkte in Zukunft Reparierbarkeit vorschreibt.

Der oben genannte Gesetzesvorschlag vom März 2022 zum Ökodesign führt neue Regeln zur Reparierbarkeit bestimmter Produkte in der Produktionsphase ein. Die Modeindustrie könnte bald betroffen sein, obwohl die Gruppe der Produkte, die den Ökodesign-Regeln unterliegen, noch festgelegt werden muss. Die neuen Bestimmungen, die vom Ausschuss des Europäischen Parlaments für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) eingeführt wurden, betonen die Priorisierung von Textilien und Schuhen vor anderen Produkten.

Zusätzlich werden in Anhang I dieses Vorschlags eine Reihe von Parametern genannt, die als Grundlage für die Verbesserung der Reparatur- und Wartungsfreundlichkeit, der Kompatibilität mit verfügbaren Ersatzteilen, der Zugänglichkeit von Reparatur- und Wartungshandbüchern, der Menge, der Art der verwendeten Werkstoffe und Bauteile, der Anzahl und der Komplexität der erforderlichen Verfahren und Werkzeuge, der Leichtigkeit der zerstörungsfreien Demontage und des Wiederzusammenbaus sowie der Bedingungen für den Zugang zu Produktdaten dienen.

Kapitel VI der Eco-Design-Verordnung legt jährliche Transparenzanforderungen für die Offenlegung von Daten zu unverkauften Konsumgütern fest, wobei Ausnahmen für kleine Unternehmen und längere Übergangsphasen für mittelständische Unternehmen gelten. Dies resultiert aus erheblichen Umweltauswirkungen durch die Entsorgung unverkaufter Konsumgüter, insbesondere Textilien und Schuhe.

Dieser Legislativvorschlag enthält zwar keine detaillierten Angaben zur Reparierbarkeit, soll aber durch die Erleichterung des Informationsaustauschs die Reparatur und Wiederverwendung fördern. Händler:innen sind verpflichtet, Verbraucher:innen notwendige vorvertragliche Informationen über After-Sale-Dienstleistungen, einschließlich Reparaturdienstleistungen, bereitzustellen. Darüber hinaus sollten Händler:innen, sofern kein Reparaturservice gemäß EU-Recht eingerichtet ist, für alle Arten von Waren andere verfügbare Informationen des Herstellenden bereitstellen, wie die Verfügbarkeit von Ersatzteilen und ein Benutzer- und Reparaturhandbuch. Der erwartete Umfang an Details ist noch offen, da das EU-Parlament weitere Verpflichtungen vorschlagen wird.

Da es sich um eine Verordnung handelt, gilt sie automatisch in allen EU-Mitgliedstaaten, sobald sie in Kraft tritt. Eine vorläufige Einigung wurde zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat am 5. Dezember 2023 erzielt. Die Verordnung tritt in Kraft, sobald sie von beiden Organen förmlich angenommen und im Amtsblatt der EU veröffentlicht wurde.

Darüber hinaus verpflichtet die am 6. März 2024 im Amtsblatt veröffentlichte Richtlinie über den grünen Wandel jeden Mitgliedstaat, sie bis zum 27. März 2026 in nationales Recht umzusetzen. Sie verpflichtet Unternehmen, vergleichende Informationen zur Haltbarkeit und Reparierbarkeit von Produkten offenzulegen. Darüber hinaus ändert die Union die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, indem sie zehn neue verbotene Geschäftspraktiken hinzufügt, wie etwa die Übertreibung der Haltbarkeit eines Produkts oder die falsche Behauptung der Reparierbarkeit. Mit der Änderung wird auch die Richtlinie über die Rechte der Verbraucher:innen dahingehend geändert, dass die vorvertraglichen Informationen für die Verbraucher:innen verbessert werden, einschließlich der Verpflichtung, Haltbarkeitsgarantien zu geben und die Verfügbarkeit von Ersatzteilen zu gewährleisten.

3. Welche Änderungen könnten auf Designer:innen und große Modeunternehmen zukommen?

Das Europäische Parlament fordert strenge Regeln, um übermäßige Produktion und Konsum zu bekämpfen, indem Textilprodukte länger halten und ihre Reparatur und Wiederverwendung erleichtert wird. Die Kommission mit ihrer EU-Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien zielt darauf ab, die Branche zu revolutionieren und nicht nur das Textildesign zu verändern, sondern auch kreislauffähige Geschäftsmodelle zu fördern. Ziel ist es, die Erschwinglichkeit für Verbraucher:innen und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen zu erhalten und gleichzeitig den Textilabfall zu reduzieren.

Das Konsumverhalten könnte für Modemarken eine große Veränderung bedeuten. Die neue Gesetzgebung könnte Verbraucher:innen dazu anregen, bessere Produktbedingungen zu fordern. Dies könnte dazu führen, dass Verbrauchende sich für Modemarken entscheiden, die innovative Lösungen im Einklang mit erschwinglichen Preisen bieten. Folglich könnten Wettbewerb und Verantwortlichkeit in der Branche gesteigert werden und positive Veränderungen ermöglichen. Mit der Gesetzgebung zur Förderung der Reparatur von Produkten ist es wichtig zu betonen, dass Verbraucher während der gesetzlichen Garantiezeit von zwölf Monaten zwischen Reparatur und Ersatz wählen können, die auf Ermessen jedes Mitgliedstaats verlängert werden kann. Sollten Textilprodukte von dieser Richtlinie erfasst werden, könnten Modemarken, die als Verkäufer:innen fungieren, verpflichtet sein, Reparaturen über die gesetzliche Garantie hinaus durchzuführen. Ein Wandel könnte von europäischen Marken erwartet werden, da sie ihre Geschäftsziele neu ausrichten. Modemarken könnten beispielsweise innovative Lösungen einführen, indem sie Reparaturdienstleistungen im Laden zu wettbewerbsfähigen Preisen anbieten. Dies befriedigt das Interesse der Verbraucher:innen und ermöglicht die Einhaltung der europäischen Gesetzgebung. Bemerkenswert ist, dass Modeunternehmen bereits innovative Wege wählen, um ihre Geschäftstätigkeit auszuweiten oder mit anderen Dienstleistern zusammenzuarbeiten, um Reparaturdienstleistungen zu erleichtern. Modeunternehmen wie Ganni, Sojo, Farfetch, Manolo Blahnik und Nicholas Kirkwood haben ihre Geschäftsstrategien geändert und tragen zu Recht auf Reparatur und nachhaltigeren Lösungen für die Umwelt bei.

4. Welche Art von Veränderung bringt diese Initiative mit sich, die bereits in der ersten Phase, am Skizzentisch, begonnen wurde?

Die Mitgliedstaaten haben bereits Maßnahmen zur Unterstützung der Kreislaufwirtschaft und des Rechts auf Reparatur umgesetzt, einschließlich ökologischer Gestaltungsstandards, Reparaturgutscheine, reduzierter Mehrwertsteuersätze für spezifische Reparaturdienstleistungen und Sicherstellung der Verfügbarkeit von Ersatzteilen. Da die Union nun das Spielfeld in dieser Angelegenheit reguliert, müssen Designer:innen und Modemarken ihre Produktion an diese Initiativen und Ziele anpassen.

Bereits in der Skizzierungsphase könnte eine klare Strategie implementiert werden, um die Lebensdauer von Produkten zu verlängern, indem Textilien sorgfältig ausgewählt, der Einsatz von gefährlichen Chemikalien begrenzt und die Freisetzung von Mikroplastik während der Produktion minimiert wird. Die Branche sollte sich auf die Reparaturverpflichtungen der absehbaren Zukunft vorbereiten, indem sie möglicherweise Mechanismen zur Erleichterung der Informationsübermittlung an Verbraucher:innen etabliert. Die Möglichkeit einer Zusammenarbeit mit Recycling- und Abfallmanagementunternehmen könnte auch zu einer effizienten Ressourcenverwaltung führen und gleichzeitig einen Wettbewerbsvorteil auf dem Markt bringen.

Außerdem können Modemarken interne Reparaturverfahren einführen und Informationen über die Reparaturfähigkeit ihrer Produkte bereitstellen. Diese proaktive Strategie dient als Präventivmaßnahme gegen die potenzielle Ausweitung der EU-Rechtsvorschriften über die gemeinsame Regelung zur Förderung der Reparatur von Waren auf Textilerzeugnisse in ihrem Anwendungsbereich. Da andererseits zu erwarten ist, dass Textilerzeugnisse von der Ökodesign-Verordnung im Rahmen der umfassenderen EU-Rechtsvorschriften zur Reparatur erfasst werden, sollten sich Modeunternehmen auf die Einhaltung der vorgeschriebenen Ökodesign-Standards konzentrieren. Darüber hinaus sollten sie die Einrichtung von Systemen zur Rückverfolgbarkeit und Quantifizierung unverkaufter Ware in Betracht ziehen. Investitionen in digitale Technologien zur besseren Produktionsplanung können die Einhaltung der Vorschriften erleichtern, die Massenproduktion reduzieren und die Produktqualität verbessern.

EU-Justizkommissar Didier Reynders (C) und EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius (R) halten am 22. März 2023 in Brüssel, Belgien, eine gemeinsame Pressekonferenz über Maßnahmen gegen irreführende Umweltangaben und das Recht auf Reparatur. Bild: Dursun Aydemir / Anadolu Agency via AFP
Dieser Beitrag wurde von

Lucas Falco (Counsel) und Annea Bunjaku (Paralegal) von Edson Legal verfasst und aus dem Englischen übersetzt.

Beide Rechtsakte, die Ökodesign-Verordnung und die Richtlinie über gemeinsame Vorschriften zur Förderung der Reparatur von Waren, müssen vom Europäischen Parlament und vom Rat der EU förmlich verabschiedet werden, bevor sie angewendet werden können. Der Zeitplan im Europäischen Parlament sieht die Ökodesign-Verordnung für den 25. April 2024 und die Richtlinie über gemeinsame Vorschriften zur Förderung der Reparatur von Waren für den 22. April 2024 vor. Auf der Grundlage dieser Informationen ist davon auszugehen, dass die Rechtsvorschriften noch in diesem Jahr offiziell im EU-Amtsblatt veröffentlicht werden.
Weiterlesen:

Quellen:
- European Commission, topic ‘Rules promoting the repair of goods’
- European Commission 'Proposal for a DIRECTIVE OF THE EUROPEAN PARLIAMENT AND OF THE COUNCIL on common rules promoting the repair of goods and amending Regulation (EU) 2017/2394, Directives (EU) 2019/771 and (EU) 2020/1828', Brussels 22 March 2023
- European Parliament 'Proposal for a directive on common rules promoting the repair of goods in “A European Green Deal"', commission 2019-24
- European Commission 'Proposal for a REGULATION OF THE EUROPEAN PARLIAMENT AND OF THE COUNCIL, establishing a framework for setting ecodesign requirements for sustainable products and repealing Directive 2009/125/EC', 30 March 2022, Brussels
- European Commission 'DIRECTIVE (EU) 2024/825 OF THE EUROPEAN PARLIAMENT AND OF THE COUNCIL amending Directives 2005/29/EC and 2011/83/EU as regards empowering consumers for the green transition through better protection against unfair practices and through better information', 28 February 2024, Brussels
- Annex II: European Commission 'ANNEXES to the proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council on common rules promoting the repair of consumer goods and amending Regulation (EU) 2017/2394, Directives (EU) 2019/771 and (EU) 2020/1828', 22 March 2023, Brussels
- European Commission 'Proposal for a REGULATION OF THE EUROPEAN PARLIAMENT AND OF THE COUNCIL establishing a framework for setting ecodesign requirements for sustainable products and repealing Directive 2009/125/EC, 30 March 2022, Brussels
- European Parliament New provisions Ecodesign Regulation 'Amendments adopted by the European Parliament on 12 July 2023 on the proposal for a regulation of the European Parliament and of the Council establishing a framework for setting eco-design requirements for sustainable products and repealing Directive 2009/125/EC (COM(2022)0142 – C9-0132/2022 – 2022/0095(COD))1' 2019-24
- Annex I: 'ANNEXES to the Commission proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council establishing a framework for setting ecodesign requirements for sustainable products and repealing Directive 2009/125/EC' 30 March 2022, Brussels
- European Parliament 'Amendments adopted by the European Parliament on 11 May 2023 on the proposal for a directive of the European Parliament and of the Council on amending Directives 2005/29/EC and 2011/83/EU as regards empowering consumers for the green transition through better protection against unfair practices and better information (COM(2022)0143 – C9-0128/2022 – 2022/0092(COD))(1)', 11 May 2023, Strasbourg
- the Directive on Green Transition: Eur-Lex 'Directive (EU) 2024/825 of the European Parliament and of the Council of 28 February 2024 amending Directives 2005/29/EC and 2011/83/EU as regards empowering consumers for the green transition through better protection against unfair practices and through better information', 28 February 2024, Brussels
- Unfair Commercial Practices: European Union 'DIRECTIVE 2005/29/EC OF THE EUROPEAN PARLIAMENT AND OF THE COUNCIL', 11 May 2005
- the Consumer Rights Directive: European Union 'DIRECTIVE 2011/83/EU OF THE EUROPEAN PARLIAMENT AND OF THE COUNCIL' 25 October 2011
- European Parliament Briefing EU Legalisation in Progress 'Empowering consumers for the green transition', June 2022
- European Parliament press release 'Ending fast fashion: tougher rules to fight excessive production and consumption', 27 April 2023

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