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So soll Berlins neuer Fashion Hub aussehen

Von Weixin Zha

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Mode |Exklusiv

Bald soll auch die Adresse des Berliner Fashion Hubs feststehen. Bild: Markus Spiske via Pexels

Berlins Fashion Hub nimmt Gestalt an. Vor mehr als zwei Jahren wurde bekannt, dass die deutsche Hauptstadt innovative und nachhaltige Mode mit einer neuen Anlaufstelle fördern will. Wie soll die Institution mit dem offiziellen Namen Vorn - The Berlin Fashion Hub aussehen?

Seit ein paar Wochen ist die Präsenz des Fashion Hubs im Internet zu finden. Wer die Website aufruft, sieht erst viele Fragen, die wie ein Bildschirmschoner abwechselnd in den Vordergrund treten:

„Was sind regenerative Modesysteme?”

„Was ist ein Paradigmenwechsel?”

„Was ist der Schlüssel zur Nachhaltigkeit in der Mode- und Textilbranche?”

Der Fashion Hub stellt zweifelsohne die Zukunftsfragen der Modeindustrie, für deren Beantwortung es noch keine Formel gibt. Doch auch wer große Fragen lösen will, fängt mit kleinen Schritten an.

Ein Haus voller spannender Modeunternehmen

Der digitale Mitgliedsbereich, einer der vier Säulen des Fashion Hubs, ist seit kurzem online, erzählt die Vorstandsvorsitzende Magdalena Schaffrin in einem Interview mit FashionUnited. Dazu kommen bald noch drei weitere Pfeiler: ein Innovation-Lab, ein Scaling-Programm sowie ein Co-Working-Space mit Ausstellungsraum. Auch die Adresse des Modehubs soll bald feststehen.

„Wir haben mittelfristig große Pläne. Ich träume von einem großen Haus voller interessanter Unternehmen, die in der Mode arbeiten. Sie treffen sich dann bei unseren Events oder in der Mittagspause”, sagt Schaffrin, die seit Jahren grüne Mode in Deutschland vorantreibt. Sie ist Mitgründerin der Beratung Studio MM04 und des Greenshowrooms, aus dem später die Modemesse Neonyt wurde.

Langfristig soll Berlins Fashion Hub auf eigenen Beinen stehen. Die Mittel des Landes Berlin – 1,5 Millionen Euro bis 2025 – dienen als Anschubfinanzierung. In Zukunft will sich der Hub selbst finanzieren und gewinnbringend wirtschaften.

Die Gründer:innen, die die Ausschreibung des Berliner Senats für das Projekt gewonnen haben, bringen durch ihre bisherigen Unternehmungen viele Kontakte mit.

Die Expertise von Schaffrin in der Mode liegt bei Nachhaltigkeit und Fairtrade. Ihre Vorstandskollegen kennen sich in der Lieferkette gut aus: Marte Hentschel ist Geschäftsführerin der Sourcing-Plattform Sqetch, Max Gilgenmann hat mit Schaffrin das Studio MM04 gegründet und steht auch viel in Kontakt mit Herstellern technischer Textilien und Textilmaschinen.

Mitglieder gesucht

Im Community-Bereich können sich Mitglieder online austauschen, Ressourcen teilen und Netzwerke knüpfen. Mitglied werden können alle, sowohl Unternehmen aus Berlin als auch aus anderen Teilen der Welt. Bald kommt zum Beispiel ein Unternehmen aus Sri Lanka dazu.

„Wir fördern die Berliner Szene mit dem Hub und wollen sie mit physischen Events ansprechen”, sagt Schaffrin. „Die Internationalität ist auch im Sinne der Stadt Berlin, denn Berlin hat auch ein Interesse, internationale Unternehmen hierher zu ziehen und den Standort weiterzuentwickeln."

Vorn - The Berlin Fashion Hub nimmt seine Arbeit auf. Bild: Screenshot der Website

Wer kein Mitglied ist, hat zwar keinen Zugang zum Community-Bereich, aber kann an den Programmen des Vorn Fashion Hubs teilnehmen. Der Fokus des Hubs liegt darauf, Talente zu entdecken und dabei zu helfen, Unternehmen fundiert aufzubauen. Die Mitgliedsbeiträge beginnen bei 120 Euro pro Jahr für Start-ups mit bis zu zehn Mitarbeitenden.

„Das ist der niedrigschwellige Ansatz für alle, die mit uns zusammenarbeiten wollen, aber wirtschaftlich noch nicht so groß sind”, sagt Schaffrin. „Unsere Community richtet sich in erster Linie an die Jungunternehmen, die kreative Szene, Start-ups, Scale-ups – da ist das Leben, da wo wir die interessanten Ideen und Innovationen sehen.”

Aber auch größere Unternehmen sind willkommen. Sie zahlen als Mitglieder bis zu 2.500 Euro pro Jahr und bekommen dafür Zugang zu einer "interessanten Community", Kreativen, die an Nachhaltigkeit arbeiten oder Innovationen wie dem Metaverse, so Schaffrin. „Hier ist der Ort, wo die Zukunft der Mode stattfindet. Da findet man die, die so denken und arbeiten, dass sie die Zukunft der Mode gestalten werden.”

Innovation Lab

Das Innovation Lab soll vom Geschäftsvolumen her der größte Bereich des Berliner Modehubs werden. Forschungspartnerschaften mit anderen Organisationen sollen mit Hilfe von Fördergeldern entstehen. Außerdem wird es ein Living Lab geben, einen Raum, in dem beispielsweise eine Microfactory, ein 3D-Drucker oder eine Inhouse-Recycling-Anlage für eine begrenzte Zeit stehen könnte.

Zu den Maschinen wird es ein Programm geben, das die Technologie den Start-ups oder Kreativen verfügbar macht. „In diesen Programmen arbeiten wir gezielt mit Industriepartnern zusammen”, sagt Schaffrin.

Denkbar wäre zum Beispiel eine Kollaboration mit einem der Hidden Champions aus dem Bereich technischer Textilien oder Textilmaschinenbau, in denen Deutschland Weltmarktführer ist. Diese Hersteller hätten oft noch keine Verbindung zur Mode, sagt Schaffrin. Aus einer Zusammenarbeit könnten neue Produkte entstehen oder Märkte erschlossen werden.

Zum Innovation Lab gehört auch das Programm der Vorn Academy, das bereits läuft: Zehn junge Talente lernen in Berlin acht Wochen lang, wie Mode digital entwickelt und zirkulär gestaltet wird. Ein Stipendium von 3000 Euro gibt es obendrauf, zu den Partnern gehören Berliner Onlinehändler Zalando, der israelische Textildruckmaschinenhersteller Kornit und Unity, eine Spieleentwickler aus San Francisco.

Das Ergebnis, eine “phygitale Circular Fashion Capsule Collection” soll bei der kommenden Berliner Modewoche im Januar vorgestellt werden.

Co-Working-Space und Scaling-Programm

Sobald der Berliner Fashion Hub seine Räume bezieht, wird es einen Co-Working-Space geben, wo Mitglieder einen Arbeitsplatz buchen können. Ein Showroom wird als Schaufenster dienen, um nachhaltige Modethemen in Ausstellungen zu präsentieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Auch als Raum für Events kann er zeitweise genutzt werden.

Damit bekommt grüne Mode dauerhaft einen öffentlichen Platz in Berlin. Ein ähnliches Konzept gibt es bereits bei der Organisation Fashion for Good in Amsterdam, wo Start-ups gefördert werden und regelmäßig Innovationen im Museum präsentiert werden. In Paris gibt auch mit La Caserne einen weiteren Inkubator für grüne Mode.

Der Berliner Modehub plant aber, kein klassischer Accelerator zu sein. Mit dem im kommenden Jahr beginnenden Scaling-Programm will der Hub größere Unternehmen und kleinere Labels in Kollaborationen zusammenbringen und sie in diesem Prozess beraten. Für Designer:innen kann es zum Beispiel rechtliche Beratung geben oder Kommunikationsberatung beim Thema Nachhaltigkeit für größere Unternehmen, damit die Zusammenarbeit auf Augenhöhe abläuft.

Der Fashion Hub als Genossenschaft

Der Hub ist organisiert als Unternehmensgenossenschaft, in die investiert werden kann und die Gewinne ausschüttet, ähnlich wie bei einem festverzinslichen Investment. Die Investition sei eher als Beitrag in die Zukunftsfähigkeit einer Branche zu sehen, nicht als Risikoinvestment mit hoher Gewinnaussicht, so Schaffrin. Nach reiflicher Überlegung haben sie und ihre Mitgründer:innen sich bewusst für diese Rechtsform entschieden.

„Die Genossenschaft sorgt dafür, dass unsere Werte, die wir in unserem Code of Honour niedergeschrieben haben, auch weiter bestehen. Es war uns wirklich wichtig, eine Organisationsform zu wählen, die dem klassischen Raubtierkapitalismus nicht in die Karten spielt”, sagt sie.

In der Debatte um eine nachhaltigere Modeindustrie stehen bislang oft Materialien oder eine faire Arbeitsbedingungen im Vordergrund. Aber die Wurzel der Probleme liegt oft bereits in den Rahmenbedingungen. Unternehmensformen wie Aktiengesellschaften neigen dazu, Gewinne und Wachstum vor Faktoren wie Umwelt zu stellen. Aus diesem Grund entschied sich der Gründer der Outdoor-Marke Patagonia jüngst, das Unternehmen an Stiftungen zu übergeben.

Maßvolles Wachstum

„Wenn man sich überlegt, wie man die Probleme in der Modebranche lösen kann, den Blick weitet und das System betrachtet, dann kommt man auch in die Wachstumsdiskussion hinein”, erklärt Schaffrin. „Wie viel Wachstum können wir vertragen? Aber dieser Wachstumsgedanke ist niedergeschrieben in den Gesellschaftsformen. Unsere Genossenschaft steht für ein maßvolles und Impact getriebenes Wachstum.”

Die Investor:innen bekommen Gewinne ausgeschüttet, aber können Anteile nicht gewinnbringend verkaufen. Sie sind nicht stimmberechtigt bei den geschäftlichen Entscheidungen des Fashion Hubs, aber haben vollen Einblick in die Arbeit des Hubs und können beraten.

Die Gespräche mit Interessenten laufen noch, sagt Schaffrin. „Größere Investoren geben uns das Kapital, uns auf andere Förderprogramme oder Kredite bewerben zu können”, erklärt sie. „Die hebeln uns finanziell, um größere Vorhaben auch stemmen zu können.”

Es braucht in der Modeindustrie eben alle, um die großen Fragen auf dem Weg in eine nachhaltigere Zukunft anzupacken.

Anmerkung der Redaktion: Die Angaben zum Stipendium der Vorn Academy wurden am 25. Oktober um 12:42 Uhr berichtigt.

Berlin
Magdalena Schaffrin
Modeförderung
Nachhaltigkeit
Vorn - The Berlin Fashion Hub