Trotz Umweltschäden findet Gen Z Gefallen an Ultra-Fast-Fashion
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Die so genannte „ultraschnelle Mode“ hat die Herzen der jungen Generation gewonnen, weil sie sich mit ihr sehr schnell und sehr günstig einkleiden können. Aktivist:innen hingegen beklagen, dass dieser Trend zu Umweltproblemen führt.
Die Ultra-Fast-Fashion-Unternehmen Boohoo aus Großbritannien, Shein aus China und Emmiol aus Hongkong sind die Hauptbeschuldigten dieser Branche, in der Artikel und Kollektionen in halsbrecherischem Tempo und zu Tiefstpreisen produziert werden.
Mit ihrem rein internetbasierten Geschäftsmodell machen sie den bekannteren und älteren „Fast Fashion“-Ketten mit physischen Geschäften, wie dem schwedischen H&M und dem spanischen Zara, heftige Konkurrenz.
Nach Angaben von Bloomberg hat Shein im vergangenen Jahr weltweit 16 Milliarden US-Dollar Umsatz gemacht.
Umweltaktivist:innen kritisieren das Phänomen der „Wegwerf-Kleidung“ jedoch als grobe Verschwendung – für die Herstellung eines T-Shirts, das bald darauf auf den Müll geworfen wird, werden 2.700 Liter Wasser verbraucht.
„Viele dieser billigen Kleidungsstücke landen (...) auf riesigen Müllhalden, werden in offenen Feuern verbrannt, in Flussbetten verstreut und ins Meer gespült, mit schwerwiegenden Folgen für die Menschen und den Planeten", so Greenpeace.
Allerdings gibt es angesichts der weltweit auf den höchsten Stand seit Jahrzehnten gestiegenen Inflation eine enorme Nachfrage nach preiswerter Kleidung.Und nach der Coronavirus-Pandemie haben es die Unternehmen mit physischen Läden und ihren hohen Kosten schwer, zu konkurrieren.
Quantität statt Qualität
Mit T-Shirts, die nur umgerechnet 4,80 US-Dollar kosten, und Bikinis und Kleidern, die für knapp 10 US-Dollar verkauft werden, scheint die ultraschnelle Mode für junge Menschen wie die 18-jährige Lola aus der französischen Stadt Nancy unschlagbare Schnäppchen zu bieten.
Sie ignoriert die Kosten für die Umwelt und sagt, dass Marken wie Shein es ihr ermöglichen, den neuesten Trends zu folgen, „ohne astronomischen Summen auszugeben“.
Lola sagt, dass sie normalerweise zwei oder drei Bestellungen pro Monat bei Shein aufgibt, mit einem durchschnittlichen Gesamtwert von 70 Euro für etwa zehn Artikel.
Die junge Zielgruppe der ultraschnellen Mode sucht „eher nach Quantität als nach Qualität“, sagt Wirtschaftsprofessorin Valerie Guillard von der Universität Paris-Dauphine.
Ein Großteil des Erfolgs von Shein, das Ende 2008 gegründet wurde, ist auf die massive Präsenz in sozialen Netzwerken wie TikTok, Instagram und YouTube zurückzuführen.
In sogenannten „Haul“-Videos packen junge Menschen Shein-Pakete aus, probieren Kleidung an und bewerten sie online.
Allein auf TikTok gibt es 34,4 Milliarden Erwähnungen des Hashtags #Shein und sechs Milliarden für #Sheinhaul.
Die Marken erweitern ihre Reichweite auch über kostengünstige Partnerschaften mit sogenannten Social-Media-Influencern, um Vertrauen aufzubauen und den Absatz zu steigern.
Die irische Influencerin Marleen Gallagher, 45, die mit Shein und anderen Firmen zusammenarbeitet, lobte sie dafür, dass sie ein breites Größensortiment anbieten.
„Sie sind konkurrenzlos, wenn es um die Auswahl für Frauen mit Übergrößen geht“, sagte sie gegenüber AFP.
Kohlenstoffdioxid-Fußabdruck
Aber die Branche steht nicht nur im Ruf, wertvolle Ressourcen zu verschwenden und die Umwelt zu schädigen. Die ultraschnellen Modeunternehmen wurden auch von Skandalen über angeblich schlechte Arbeitsbedingungen in ihren Fabriken geplagt.
Die in der Schweiz ansässige Nichtregierungsorganisation Public Eye entdeckte im November 2022, dass die Beschäftigten in einigen Shein-Fabriken bis zu 75 Stunden pro Woche arbeiteten und damit gegen chinesische Arbeitsschutzgesetze verstießen.
Das britische Unternehmen Boohoo sah sich nach Medienberichten, laut derer es seine Arbeitskräfte in Zulieferbetrieben in Pakistan unterbezahlen, ebenfalls der Kritik ausgesetzt.
Kaum überraschend, dass auch der CO2-Fußabdruck der Branche katastrophal ist.
Die französische Agentur für ökologischen Wandel schätzt, dass Fast Fashion für zwei Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen pro Jahr verantwortlich ist – so viel wie der gesamte Luft- und Seeverkehr zusammen.
Es überrascht daher nicht, dass die Klimaschützerin Greta Thunberg die Unternehmen anklagt.
„Die Modeindustrie trägt erheblich zum Klima- und Umweltnotstand bei, ganz zu schweigen von den Auswirkungen auf die zahllosen Arbeitskräfte und Gemeinden, die auf der ganzen Welt ausgebeutet werden, damit einige Menschen in den Genuss von Fast Fashion kommen, die viele wie Wegwerfartikel behandeln", schrieb Thunberg letztes Jahr.
Auch die Behörden beginnen, die Praktiken der Marken unter die Lupe zu nehmen.
Die britische Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde (Competition and Markets Authority) hat eine Untersuchung wegen „Greenwashing“ gegen Boohoo, Asos und Asda eingeleitet, weil sie befürchtet, dass einige der Umweltaussagen über deren Produkte irreführend sind.
Die 14-jährige Charlotte sagt, sie habe beschlossen, nicht mehr bei Shein und Emmiol zu bestellen.
„Ich war froh, neue Kleidung zu haben, aber dann hatte ich ein schlechtes Gewissen“, sagt sie. „Jetzt suche ich sie auf Vinted“, einem Online-Marktplatz für den Kauf und Verkauf von neuen und gebrauchten Artikeln, so die Teenagerin.(AFP)
Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.uk veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ