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Rachid Mohamed Rachid: Wie ein ehemaliger ägyptischer Minister die globale Luxusmode prägt

Die Modewelt ist eine Illustre, nicht nur im Rampenlicht der Laufstege und Backstage während der Fashion Weeks. Ebenso schillernd können sich die Biografien der CEOs der Branche lesen, wie die des Valentino-Aufsichtsratsvorsitzenden Rachid Mohamed Rachid.

Vom Ingenieur-Student zum Handelsminister

Geboren wurde Rachid 1955 in der ägyptischen Stadt Alexandria. Der Sohn einer Kaufmannsfamilie fühlte schon früh seine Berufung zum Geschäftsmann, studierte aber zunächst auf Wunsch seines Vaters Maschinenbau in seiner Heimatstadt.

„Es machte keinen Spaß, Ingenieur zu sein”, erzählt Rachid in einem Interview mit Enigma Magazine. Aber sein Vater, ein erfolgreicher Schiffsunternehmer, gab ihm den Rat, dass er als Ingenieur bessere Möglichkeiten hätte, Investitionen zu analysieren und die Produktion zu verstehen. „Jetzt denke ich, dass er Recht hatte.”

Nach seinem Studium verspürte Rachid ein starkes Verlangen danach, Dinge zu schaffen – Produkte, Marken, Wert. Seit dem Anfang seiner Karriere gehe es ihm nicht darum, Zahlen hin- und her zu schieben, sagt Rachid in dem im vergangenen Jahr auf der Videoplattform Youtube veröffentlichten Interview. „Es ging mir darum, etwas zu schaffen, das vorher noch nicht existiert hat.”

Bevor er ab 1978 in die Lebensmittelsindustrie startete, sammelte Rachid noch Arbeitserfahrung als Ingenieur bei einem dänischen Kühlschrankproduzenten. Zurück in Alexandria stieg er in den Familienbetrieb mit Tiefkühlprodukten ein. Rachid erinnert sich heute noch gerne daran, wie er seine ersten Fabriken aufbaute – von den Gebäuden, über die Maschinen bis hin zum Moment, in dem die ersten Produkte vom Fließband rollten.

So kam auch eine lange, wechselhafte Karriere ins Rollen. Rachid gründete ein Joint Venture mit dem Konsumgüterriesen Unilever, ab 2000 verantwortete Rachid die Geschäfte einer gesamten Region als Präsident für Nordafrika, Mittlerer Osten und Türkei. Mit diesem Manager-Posten zog der Mann, der zuvor sein eigener Chef im Familienunternehmen war, in die Londoner Zentrale des britischen Konzerns. Dort hielt es ihn nicht lange.

Vier Jahre später wurde Rachid zum Minister für Außenhandel und Industrie Ägyptens unter Staatspräsident Husni Mubarak berufen. Seine Ernennung als Mann aus der Privatwirtschaft war ungewöhnlich und er schreibt sich bis heute die Liberalisierung der ägyptischen Wirtschaft zu.

Neuerfindung in der Modewelt

Sein Amtszeit endete jedoch mit der ägyptischen Revolution 2011, Rachid floh mit seiner Familie aus dem Land und ließ sich in Katar nieder. Die ägyptische Staatsanwaltschaft fror das Vermögen von ihm und anderen Ministern ein, erhob Anklagen wegen Korruption und erteilte eine Haftstrafe, die Jahre später laut Medienberichten wieder fallengelassen wurde.

Trotz der stürmischen Zeiten, die sein Wechsel in die Politik zum Ende hin mit sich brachte, blickt er stolz auf die Reformen und Freihandelsabkommen zurück, die er als Handelsminister angestoßen hat. Rachid rät jungen Menschen, Chancen für berufliche Veränderungen anzunehmen. „Wenn es ein Element der Veränderung gibt, nimmt man alles aus den bisherigen Erfahrungen und fügt etwas Neues hinzu. Das kann zu einer einzigartigen Kombination von Dingen führen.“

Rachid selbst schaffte es, sich wieder neu zu erfinden und kurze Zeit darauf erschien sein Name im Rampenlicht der Modeindustrie. Als CEO des Investmentfonds Mayhoola, in den auch Mitglieder des katarischen Königshauses investiert haben sollen, übernahm er 2012 das italienische Modehaus Valentino. Es folgten die Akquisitionen des Menswear-Labels Pal Zileri, des Modehauses Balmain und der türkischen Luxus-Warenhauskette Beymen.

Faszination Luxus

Nachdem er den Zugang zu seinem bisherigen Vermögen zwischenzeitlich verloren hatte, musste Rachid damals wieder von vorne beginnen. Nach den Jahren in der Politik beschloss er bewusst, sein Comeback in der Geschäftswelt in der hochkompetitiven und internationalen Welt der Luxusgüter zu wagen.

„Es war eine sehr rationale Entscheidung, ich komme aus dem Konsumgüterbereich und hatte ein großes Netzwerk, auch mit Kontakten in der italienischen Luxusgüterbranche”, sagt Rachid im Interview mit Enigma. Als Handelsminister hatte er zuvor die Strahlkraft der Kreativindustrie kennengelernt und den Appetit der damals erwachenden chinesischen Mittelschicht nach Luxusgütern.

Seine Faszination mit der Luxusgüterindustrie erklärt Rachid mit der globalen Strahlkraft der Marken. Im Vergleich zum Konsumgüterbereich, wo die Produkte lokalen Geschmäckern angepasst wurden, unterscheiden sich die Produkte der Luxusmarken weltweit nicht. „Luxus hatte die Kraft, eine globale Sprache zu sprechen, und das fand ich sehr attraktiv. Ich wusste, dass dies in Zukunft sehr wichtig sein würde.“

Eine Bühne für Kreative

Rachids Wette auf die Kraft des Luxus scheint aufgegangen zu sein. Der Umsatz des Modehauses Valentino hat sich seit der Übernahme von Finanzinvestor Permira auf über 1,3 Milliarden Euro mehr als vervierfacht. Die Einnahmen von Balmain haben sich laut einem Bericht des Fachmagazins Women’s Wear Daily seit der Übernahme auf rund 300 Millionen Euro verdreifacht.

Trotz der geschäftlichen Erfolge gibt der aus der bedürfnisorientierten Konsumgüterwelt kommende Geschäftsmann in Interviews offen zu, dass er keinen guten Riecher für den kreativ-emotionalen Part der Modewelt habe und ihn den dafür zuständigen Teams überlässt.

Als Beispiel nennt er gerne die Verjüngung der Marke Valentino, die er mit Fokus auf Accessoires vorangetrieben hat. Als das Kreativteam ihm den Fotoshoot der nietenbesetzten High Heels mit den tätowierten Männerhänden zeigte, hatte er große Zweifel. Letzten Endes verließ er sich aber auf die Intuition des Teams, und es wurde eine der erfolgreichsten Werbekampagnen.

Es gehe darum, die beste Umgebung für Kreative zu schaffen, beschreibt Rachid seinen Part in den Modehäusern, der sich auf den geschäftlichen Bereich konzentriert. „Meine Aufgabe ist es, die Vision und die Richtung vorzugeben, die richtigen Leute für eine Aufgabe auszuwählen, sie zu motivieren und dafür zu sorgen, dass sie ihrer Verantwortung nachkommen”, sagt er im Interview mit Enigma.

Luxusflaute

Allerdings scheint die jüngste Flaute in der Luxusindustrie auch Häuser wie Valentino und Balmain nicht zu verschonen. Seit 2023 sinken die Umsätze und Erträge. Das Modehaus reagierte unter der Regie des Aufsichtsratsvorsitzendes Rachid mit der Neubesetzung von Spitzenpositionen: Alessandro Michele löste im vergangenen Jahr Pierpaolo Piccioli nach 25 Jahren als Kreativdirektor ab, Riccardo Bellini ersetzte den langjährigen CEO Jacopo Venturini im August. Balmain verkündete in dieser Woche den Abschied vom langjährigen Kreativdirektor Olivier Rousteing nachdem Matteo Sgarbossa vergangenes Jahr als CEO das Ruder übernahm.

Rachid distanzierte sich zuletzt zunehmend von seinen einstigen Plänen, ein eigenes Luxuskonglomerat aufzubauen. Der französische Luxuskonzern Kering erwarb vor zwei Jahren einen Anteil von 30 Prozent an Valentino, mit der Option, weitere Anteile zu kaufen. Die Transaktion bewertete das einst für 700 Millionen US-Dollar gekaufte Modehaus mit sechs Milliarden US-Dollar.

Im Gegenzug erwäge Mayhoola mittelfristig eine Minderheitsbeteiligung an Kering aufzubauen und sich als Investor zu positionieren, aber habe keine Pläne mehr ein eigene Luxusgruppe aufzubauen, sagte Rachid vor zwei Jahren in einem Interview mit dem Branchenmagazin Miss Tweed.

Alsara und Bidayat

Rachid ist auch über seine selbst gegründeten Fonds in der europäischen Modearena aktiv. Mit seinem in der Schweiz beheimateten Fonds Alsara Investment Group übernahm er die italienische Outerwear-Marke Khrisjoy und das Brillenlabel Akoni.

Mit dem Investmentfonds Bidayat investiert und fördert er die Kreativindustrie im Mittleren Osten und Nordafrika. Zu den Investitionen gehören das Schmucklabel Azza Fahmy sowie das Accessoire-Label Okhtein, die beide modernes Design mit Elementen aus der jahrtausendealten ägyptischen Kultur verknüpfen.

Der gut vernetzte Geschäftsmann ist weiterhin tief mit seiner Heimat verbunden – von Alexandria spricht er oft als schönsten Stadt der Welt. Mit seinen Investments in Marken aus dem Nahen Osten und Nordafrika hofft er, ihnen mit seinen Ressourcen bei der Internationalisierung zu helfen.


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