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Exklusiv: 15 Minuten mit H&M-Geschäftsführer Karl-Johan Persson

Von Caitlyn Terra

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Business|CEO-INTERVIEW

Stockholm - Die Basis des schwedischen Modekonzerns Hennes & Mauritz AB wurde vor mehr als siebzig Jahren vom Großvater des heutigen Vorstandsvorsitzenden Karl-Johan Persson geschaffen. Heute ist das Unternehmen in mehr als siebzig Ländern mit verschiedenen Marken wie Cos, Monki und &Other Stories vertreten. Die Nachhaltigkeitsbemühungen der H&M-Gruppe werden seit Jahren von Branche und Öffentlichkeit genau unter die Lupe genommen. FashionUnited gelang es, Karl-Johan Persson nach dem Global Change Award für fünfzehn Minuten am Hauptsitz der Gruppe in Stockholm zu erwischen und mit ihm über Nachhaltigkeit zu sprechen.

Laut Persson ist Nachhaltigkeit oder sogar Zirkularität der Schlüssel zur Zukunft der H&M-Gruppe. In mehreren Nachhaltigkeitsberichten des Konzerns heißt es, dass der Top-Manager das Thema Nachhaltigkeit als einzigen Weg zum Fortbestand der Gruppe ansieht. Außer seiner Position als CEO ist Persson auch Vorstandsmitglied der H&M Foundation, einer von der H&M-Gruppe unabhängigen Organisation, die sich in mehreren Bereichen für Veränderungen einsetzt.

Sie glauben, dass Nachhaltigkeit der einzige Weg für den Konzern ist. Wie werden wir das in den kommenden Jahren auf industrieller Ebene und auf Verbraucherebene erleben?

Persson: Ich denke, es ist eine der großen Chancen, dem Kunden den Fortschritt im Bereich der Nachhaltigkeit zu verdeutlichen und damit transparenter zu machen, welche Schritte unternommen werden. Es ist eines der Dinge, an denen wir gerade arbeiten. Es scheint für die Welt am besten, wenn die Verbraucher beim Kauf eines Produkts sehen können, welche Eigenschaften das Design besitzt und welche sozialen und ökologischen Auswirkungen diese Eigenschaften haben. Diese Informationen sind ein wichtiger Bestandteil der Kaufentscheidung.

Es übt auch Druck auf die Unternehmen aus, mehr Schritte [Richtung Nachhaltigkeit, Anm. der Redaktion] zu unternehmen und diese transparenter zu gestalten. Wenn der Verbraucher die Auswirkungen sehen kann, wollen Sie als Unternehmen beweisen, dass Sie nachhaltig sind. Der Kunde hat dadurch ein viel besseres Verständnis für alles rund um das Thema Nachhaltigkeit. Auf diese Weise basieren Nachhaltigkeitsansprüche auch auf Fakten.

Anstatt nur den Preis zu betrachten und zu sagen: "Das muss nachhaltiger sein als ein billiger Artikel", basiert eine solche Aussage dann auf Fakten. Natürlich liegt es auch in unserem Interesse, diese Arbeit im Sinne der Nachhaltigkeit transparenter zu gestalten. Wir sind alles andere als perfekt, aber wir sind im Augenblick in einer guten Position.

Was waren die Schwierigkeiten im Nachhaltigkeitsprozess und vor welchen Herausforderungen stehen Sie jetzt?

Eine der größten Herausforderungen besteht im Moment darin, die Modebranche in eine Kreislaufwirtschaft zu überführen. Wir müssen aufhören, neue Rohstoffe zu verwenden, wie wir es jetzt tun. Die Mittelschicht wächst, was gut ist, denn dieses Wachstum hat viele Vorteile; Arbeitsplätze werden geschaffen und der wirtschaftliche Wohlstand wächst. Aber gleichzeitig müssen wir die negativen Auswirkungen dieses Wachstums auf die Umwelt lösen. In diesem Bereich denke ich, dass Innovationen die Lösung sein können. Während des Global Change Awards haben wir erneut gesehen, dass wir traditionelle Materialien durch recycelte Materialien ersetzen können. Diese Materialien hätten die gleichen Eigenschaften bei gleichem Preis, aber ohne die negativen Auswirkungen. Ich bin optimistisch, dass wir diese Herausforderung annehmen können, aber es ist eine große Herausforderung.

Die H&M-Gruppe arbeitet seit Jahren daran, das Unternehmen nachhaltiger zu machen. Auf einer Skala von 1 bis 100, wie weit sind Sie gekommen?

Es kommt darauf an, von welchen Zielen wir sprechen. Wenn es darum geht, bis 2030 nur noch nachhaltig bezogene Materialien zu verwenden, liegen wir bei 57 Prozent, das ist gut. Natürlich wird sich die Definition [von nachhaltig bezogenen Materialien, Anm. der Redaktion] im Laufe der Zeit verändern, so dass wir hoffen, langfristig nur recycelte Materialien zu verwenden. Wenn wir die Nutzung erneuerbarer Energien und die positiven Auswirkungen auf die Umwelt betrachten, nutzen wir bereits 95 Prozent erneuerbare Energien in unserer eigenen Wertschöpfungskette. Natürlich wollen wir in unserer Lieferkette noch weiter gehen. Wir haben noch einen langen Weg vor uns, aber wir befinden uns auf einem guten Niveau.

Wenn wir die gesamte Modebranche betrachten, was ist notwendig, um sie auf das Niveau zu heben, auf dem sie in Bezug auf Nachhaltigkeit sein sollte?

Ich glaube, dass Zusammenarbeit auf lange Sicht entscheidend ist, ohne sie wird nicht viel passieren. Als wir das System der fairen Löhne einführten, taten wir es gemeinsam mit Regierungen, Gewerkschaften, Lieferanten und vielen anderen Parteien. Gleiches gilt für die Entwicklung innovativer Materialien, wie beispielsweise den Global Change Award. Wir wählen die Gewinner aus und arbeiten dabei mit Accenture und dem KTH Royal Institute of Technology in Stockholm zusammen. Zusammenarbeit ist wirklich entscheidend.

In den zurückliegenden Jahren wurde die H&M-Gruppe dafür kritisiert, dass sie ihre Nachhaltigkeitsziele nicht erreicht oder anpasst. Was halten Sie davon?

Kritik ist vielleicht nicht das richtige Wort, aber ich denke, es ist gut, dass die Leute ein Auge auf einen haben, wenn man ein großes Unternehmen ist. Es gibt viele positive Dinge, die daraus entstehen können. In der Vergangenheit konnten wir dadurch hinter Dinge kommen, die nicht richtig liefen, was uns erlaubt hat, uns zu verbessern. Wenn es um Medienberichte geht, denke ich manchmal, dass es mehr um die Sensation geht. Bei allem, was wir als Unternehmen tun, ist es wichtig, dass es auf Fakten basiert, denn dann informiert man die Verbraucher auf die richtige Weise und eine gut informierte Gesellschaft ist großartig. Eine schlecht informierte Gesellschaft ist gefährlich, egal worum es geht.

Es geht manchmal zu schwarz-weiß zu; um ein komplexes Thema aufzugreifen und es interessanter zu machen, werden bestimmte Teile weggelassen. Dann suchen die Leute nicht nach der Wahrheit und das ist frustrierend. Wir sind bei weitem nicht perfekt, aber wenn man all die objektiven Analysen verschiedener Experten betrachtet, bin ich erstaunt, wenn wir nicht als eines der ethischen Unternehmen gesehen werden. In mehreren Ländern, darunter Schweden, werden wir einfach nicht so gesehen, und hier müssen wir was tun. Das ist in Ordnung. Wir sind, wer wir sind, und von unserer Position aus wollen wir uns jetzt weiter verbessern. Kritik ist frustrierend, wenn sie nicht auf Fakten basiert, denn das Bild, das die Verbraucher dann haben, ist weit entfernt von dem, was wir wirklich sind.

Ist die falsche Wahrnehmung des Unternehmens durch die Verbraucher ein Anreiz, transparenter zu sein und mehr zu tun?

Wir wollten schon immer ein ethisches Unternehmen sein, aber als wir mit der Arbeit an der Nachhaltigkeit begannen, lag das daran, dass mehrere Dinge ans Licht kamen und wir sie angehen wollten. Wir haben diese Fakten durch Kritik entdeckt. Es ist also gut, dass die Medien Unternehmen auf ihr Verhalten ansprechen, aber es ist nicht die treibende Kraft für uns. Wir tun dies, weil es das Richtige ist.

Auf lange Sicht handeln wir auch für das Unternehmen, weil die Verbraucher wissen, was los ist. Unsere fantastischen Kollegen wollen für ein Unternehmen arbeiten, das gut ist. Wenn unseren Worten nicht Taten folgen, wenn wir nicht die richtigen Schritte unternehmen, werden die Leute das sofort sehen und es wird auch eine interne Wirkung entfalten. Es ist also wirtschaftlich sinnvoll und ermöglicht uns, mit anderen Unternehmen zu konkurrieren. Kurzfristig sind viele Investitionen erforderlich, aber langfristig lassen sich die von uns ergriffenen Maßnahmen durchaus rechtfertigen."

H&M ist ein Familienunternehmen, wie ist das mit Nachhaltigkeit verknüpft und wie geht es weiter für das Unternehmen?

Es hat mit der langfristigen Vision zu tun. In einem börsennotierten Unternehmen wie H&M betrachtet man den Gewinn pro Quartal, aber die komplexesten Schritte der Nachhaltigkeit, eigentlich alle Schritte, zahlen sich nicht sofort aus. Wenn wir beispielsweise in nachhaltige Materialien investieren, können Sie vielleicht innerhalb von fünf Jahren, oder sagen wir lieber in zehn bis zwanzig Jahren, Auswirkungen auf die Geschäftszahlen feststellen. Man muss eine langfristige Vision verfolgen, das ist die Vorgehensweise eines Familienunternehmens. Meine Familie und ich kümmern uns darum, wie dieses Unternehmen in zwanzig, dreißig und vierzig Jahren aussehen wird. Ehrlich, wenn wir es nicht jetzt tun, was hat es dann für einen Sinn es überhaupt zu tun?

Wir haben darüber gesprochen, das Unternehmen auf die nächste Generation vorzubereiten. Sind Ihre Kinder (15, 10 und 5 Jahre) an dem Unternehmen interessiert?

Die beiden fünfzehn- und zehn Jahre alten Kinder stellen Fragen und sind schon hier gewesen. Ich würde sie nie zwingen, in das Unternehmen einzusteigen. Sie müssen in Zukunft das tun, was sie wollen, solange es etwas Vernünftiges ist. Mein Vater war genauso, es wurde mir nie aufgezwungen, in die Firma einzutreten. Es ist wichtig, dass es aus Leidenschaft geschieht.

FashionUnited wurde von der H&M Foundation eingeladen, Anfang April an den Global Change Awards in Stockholm teilzunehmen. Dieser Beitrag erschien zuvor auf FashionUnited.nl. Übersetzung und Bearbeitung: Weixin Zha.

Bild: Karl-Johan Persson via H&M

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