Textile Exchange: Modebranche setzt immer noch auf neue, fossile Kunstfasern
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Daten aus dem aktuellen „Materials Market Report“ der Non-Profit-Organisation Textile Exchange zeigen, dass der Marktanteil von neuen, fossilen Kunstfasern im Jahr 2023 weiter gestiegen ist, während der Anteil von Baumwolle und recycelten Fasern zurückging. Diese Ergebnisse decken sich mit denen einer Umfrage der NGO Changing Markets Foundation unter 50 großen Modemarken: Die Marken gaben zu, Versprechen zum Trotz mehr und nicht weniger synthetische Materialien zu verwenden.
Dem aktuellen Bericht zufolge erreichte die weltweite Faserproduktion für Kategorien wie Bekleidung, Heimtextilien, Schuhe und andere im Jahr 2023 mit 124 Millionen Tonnen ein Spitzenhoch. Dies entspricht einem Anstieg von 7 Prozent im Vergleich zu 116 Millionen Tonnen im Jahr 2022. Trotz der Bemühungen der Branche in den letzten zehn Jahren hat sich die Faserproduktion im Vergleich zum Jahr 2000 mehr als verdoppelt und wird bis 2030 voraussichtlich auf 160 Millionen Tonnen ansteigen, wenn sich der derzeitige Trend fortsetzt.
„Wir hoffen, dass diese Daten der Branche als klarer Handlungsaufruf dienen und sowohl die Erfolge als auch die kritischen Bereiche aufzeigen, auf die wir uns stärker konzentrieren müssen, um die Klimaziele zu erreichen“, kommentiert Claire Bergkamp, CEO von Textile Exchange, in einer Pressemitteilung.
Die globale Faserproduktion nach Material
Wie verteilen sich diese 124 Millionen Tonnen auf die einzelnen Materialien? Zwei Drittel (67 Prozent) oder fast 84 Tonnen entfallen auf synthetische Fasern; ein Viertel (25 Prozent) oder 31,4 Millionen Tonnen auf Pflanzenfasern (wobei Baumwolle mit 24,7 Millionen Tonnen den größten Teil hat), Chemiefasern auf Zellulosebasis machen 6 Prozent mit fast 8 Millionen Tonnen und Tierfasern schließlich 1 Prozent oder 1,3 Millionen Tonnen aus.
Betrachtet man die weltweite Faserproduktion von 1975 bis heute, so markiert das Jahr 2000 den Wendepunkt: Während Baumwolle zuvor die am häufigsten produzierte Faser war, zog Polyester in diesem Jahr gleich und übertraf Baumwolle in den folgenden Jahrzehnten bei weitem: Während sich die Produktion verdreifachte, blieben Baumwolle und andere Naturfasern auf dem gleichen Niveau, während sich die Produktion von Polyamid und anderen Kunststoffen wie Polypropylen, Acryl und Elasthan verdoppelte.
Kunststoffe - insbesondere Polyester - dominieren weiterhin
Die Produktion von neuen, fossilen Kunstfasern stieg von 67 Millionen Tonnen im Jahr 2022 um fast 12 Prozent auf 75 Millionen Tonnen im Jahr 2023 an. Mit 57 Prozent der gesamten Faserproduktion ist Polyester nach wie vor die weltweit am häufigsten produzierte Faser, gefolgt von Polyamid (Nylon).
Obwohl die Produktion von recycelten Polyesterfasern im Jahr 2023 leicht gestiegen ist, ging der Gesamtmarktanteil von recyceltem Polyester leicht zurück (von 13,6 Prozent auf 12,5 Prozent). Bei Polyamid machten recycelte Fasern nur 2 Prozent des gesamten Marktanteils aus.
„Diese Trends sind auf die niedrigeren Preise und die fortgesetzte Produktion von neuen Kunststoffen sowie auf die derzeitigen Grenzen der Recyclingtechnologien zurückzuführen. Weniger als 1 Prozent des weltweiten Fasermarktes stammte aus vor und nach dem Konsum recycelten Textilien", heißt es im Bericht.
Diese anhaltende Abhängigkeit von neuen, fossilen Kunststoffen untergräbt die Verpflichtungen der Branche zu ihren Klimazielen. Das Erreichen dieser Ziele wird durch die derzeitigen Grenzen des Textil-zu-Textil-Recyclings und den Mangel an innovativen Lösungen erschwert, da der Großteil des recycelten Polyesters immer noch aus PET-Flaschen stammt.
„Die Erschließung von Recyclingwegen von Textil zu Textil wird entscheidend sein, um die Abhängigkeit von neuen Kunststoffen zu verringern. Ebenso wichtig ist es, diejenigen vor Ort weiterhin zu unterstützen, die den Übergang von konventionellen Systemen zu bevorzugten Materialien vorantreiben. Es ist dringender denn je, diejenigen zu unterstützen, die bereits in bevorzugte Systeme investiert haben, und gleichzeitig den Ausstieg aus der konventionellen Produktion in großem Maßstab zu ermöglichen", so Bergkamp.
Nachhaltige Baumwolle macht fast ein Drittel der gesamten Baumwollproduktion aus
Obwohl die weltweite Baumwollmenge von 25,1 Millionen Tonnen im Jahr 2022 leicht auf 24,4 Millionen Tonnen im Jahr 2023 zurückging, blieb der Anteil der Baumwolle, die im Rahmen von Nachhaltigkeitsprogrammen produziert wurde, stabil bei 29 Prozent oder fast einem Drittel der gesamten Baumwollproduktion.
Es gibt zwar eine Vielzahl anderer Pflanzenfasern wie Jute, Kokos, Flachs, Hanf, Sisal, Abaca, Kapok, Ramie und Agave, die im Jahr 2023 zusammen 6,7 Millionen Tonnen erreichten, doch machen sie nur 5,4 Prozent der weltweiten Faserproduktion aus. Die Discover Natural Fibres Initiative schätzt jedoch, dass mehr als acht Millionen Haushalte an ihrer Produktion beteiligt sind.
Produktion von Chemiefasern auf Zellulosebasis nimmt zu
Die Gesamtproduktion von Chemiefasern auf Zellulosebasis (MMCF) stieg von 7,4 Millionen Tonnen im Jahr 2022 um fast 7 Prozent auf 7,9 Millionen Tonnen im Jahr 2023, was 6 Prozent des weltweiten Fasermarktes entspricht. Zu MMCFs gehören Materialien wie Viskose (Rayon), Acetat, Lyocell, Modal und Cupro.
Einsatz von zertifizierten Tierfasern nimmt zu
Der Anteil von Wolle, die nach Standards wie dem Responsible Wool Standard (RWS), ZQ, SustainaWool (Green and Gold), Sustainable Cape Wool Standard (SCWS) und Climate Beneficial-Programmen produziert wird, stieg von 4,2 Prozent im Jahr 2022 auf 4,8 Prozent im Jahr 2023. Recycelte Wolle macht weiterhin rund 6 Prozent des weltweiten Wollmarktes aus.
Zertifizierte Mohair- und Kaschmirfasern verzeichneten ein bemerkenswertes Wachstum, wobei die Marktanteile beider Fasern fast die Hälfte (47 Prozent) erreichten. Einzelheiten zu anderen Tierfasern wie Alpakawolle, Seide, Yak, Kamelhaar, Lama, Vikunja und Guanako sowie Angorawolle finden sich ebenfalls im Bericht, der auf der Website der Textile Exchange heruntergeladen werden kann.
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