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Studie: Corona-Krise hat Kaufverhalten in China drastisch verändert

Von Simone Preuss

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Einzelhandel

Wie sieht es nach dem Lockdown in China aus, dort, wo die Corona-Pandemie ihren Anfang nahm? Und könnte das Verhalten von Verbrauchern dort Aufschlüsse über das von Verbrauchern in anderen Ländern geben, in Deutschland und Europa zum Beispiel? Der „China Shopper Report 2020“ von Bain & Company hat das derzeitige Konsumverhalten in China untersucht.

Ersten Ergebnissen zufolge ist der Umsatz des chinesischen Einzelhandels im ersten Quartal 2020 um 19 Prozent eingebrochen und chinesische Verbraucher gaben weniger aus, selbst für Waren des täglichen Bedarfs, die einen Rückgang um 6,7 Prozent verzeichneten. Der Onlinehandel mit Lebensmitteln und Drogerieartikeln stieg jedoch um 19 Prozent an. Insgesamt fand der Bericht, dass sich das Einkaufsverhalten in China durch die Corona-Pandemie deutlich gewandelt hat.

Einkaufsverhalten hat sich in China durch Corona-Pandemie deutlich gewandelt

„Im Zuge der Corona-Krise ist der Konsum in China so stark eingebrochen wie nie zuvor in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. Der Umsatz der Einzelhändler fiel im ersten Quartal 2020, das vom Lockdown geprägt war, um 19 Prozent. Die von der Pandemie verunsicherten Chinesen hielten sich selbst beim Kauf von Artikeln des täglichen Bedarfs zurück“, fasst der Bericht zusammen.

„Wann sich die private Nachfrage in China wieder erholt und das Vor-Corona-Niveau erreicht haben wird, ist noch nicht absehbar“, sagt Miltiadis Athanassiou, Bain-Partner und Leiter der Praxisgruppe Konsumgüter und Handel in Europa, im Mittleren Osten und in Afrika (EMEA). Dies würde eine Rückkehr zum jährlichen Wachstum von rund 5 Prozent bedeuten, auf die sich die Konsumgüternachfrage in China in den letzten Jahren eingependelt hatte.

Dies kann jedoch dauern, haben chinesische Verbraucher im ersten Quartal 2020 doch 3,9 Prozent ihres verfügbaren Einkommens eingebüßt; rund fünf Millionen von ihnen verloren im Januar und Februar ihren Arbeitsplatz. Dazu kommen Faktoren wie geopolitische Risiken, ein von 72 auf 58 Milliarden US-Dollar geschrumpfter Handelsüberschuss, eine hohe Staatsverschuldung, Inflationsdruck und die Angst vor einem Wiederaufflammen der Pandemie, die den Konsum alle weiter stagnieren lassen.

Chinesische Verbraucher setzen auf heimische Anbieter und Angebote

Darunter leiden aber nicht alle Anbieter gleich: So verloren die fünf chinesischen Top-Marken im ersten Quartal nur jeweils 6 Prozent ihres Umsatzes, während die Konkurrenz 11 Prozent beziehungsweise ausländische Marken und Hersteller sogar 14 Prozent einbüßten. Zudem sind Discountprodukte sehr gefragt: günstige Marken machten ein Minus von nur 1 Prozent, Premiummarken dagegen von bis zu 12 Prozent. Die an höherwertige und ausländische Produkte gewöhnten chinesischen Verbraucher haben ihr Konsumverhalten durch die Pandemie also drastisch geändert.

Onlinehandel legt weiter zu

Was sich in Deutschland und Europa abzeichnet, ist auch in China ein Trend: Der Lockdown hat das Wachstum des Onlinehandels weiter beschleunigt - besonders bei Lebensmitteln. „Im ersten Quartal 2020 legte der Umsatz, der über Onlinekanäle erzielt wurde, insgesamt um 19 Prozent zu, im stationären Handel ging er hingegen um 13 Prozent zurück“, fand der Bericht.

Interessant ist hier, dass das Livestreaming den Einkaufsbummel ersetzt zu haben scheint. Plattformen wie Taobao, Kuaishou und Doyin verzeichneten für ihre kurzen Clips, in denen Waren präsentiert werden, einen wahren Boom. „Schon 2019 hatten sich die von den Shoppingfilmen initiierten Einkäufe verdreifacht. Mittlerweile machen sie 4 Prozent aller Onlineumsätze in China aus. Allerdings werden die Produkte im Livestreaming meist als Sonderangebote mit einem Abschlag von 30 bis 60 Prozent angepriesen“, fasst der Bericht den Trend zusammen.

Wie für deutsche und europäische Marken und Einzelhändler, die bei der Digitalisierung gezögert haben, gilt auch für chinesische Konsumgüterhersteller, hier schnell aufzuholen, um die Chance zu nutzen: „Sie sollten ihr Angebot zielgenau auf die neuen Verhaltensmuster der Post-Corona-Zeit ausrichten. Wer sich rasch auf die veränderten Marktbedingungen einstellt, kann auch dann erfolgreich sein, wenn die Zeiten unsicher bleiben“, rät Bain-Partner Oliver Merkel.

Ausländische Anbieter müssen schnell, digital und lokal sein

Für ausländische Anbieter heißt dies, ihre lokale Präsenz zu verstärken und sich noch intensiver um das Vertrauen der chinesischen Verbraucher zu bemühen. Dafür müssen Produkte speziell für den dortigen Markt entwickelt und die dazu notwendigen Entscheidungen vor Ort getroffen werden. Auch sollten sie schnelle Lieferzeiten und die Vertriebskanäle anbieten, an die chinesische Kunden gewöhnt sind. "Konsumgüterhersteller kommen nicht umhin, ihr China-Geschäft weiter zu digitalisieren - und das schnell. Darüber hinaus müssen sie ihre Vertriebswege anpassen. Dazu gehört nicht zuletzt das bislang für sie ungewohnte Livestreaming", rät Branchenexperte Athanassiou abschließend.

Foto: Chic Shanghai / China National Garment Association

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