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Wird Vintagemode in Kaufhäusern Einzug halten?

Von Herve Dewintre

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Einzelhandel

Das Streben nach Nachhaltigkeit wird den Absatz von Vintagekleidung weiter nach oben treiben. Bisher wird diese auf Plattformen vertrieben, die in der digitalen Einzelhandelslandschaft fest etabliert sind: Vestiaire Collective, Vinted, The RealReal oder einfach Ebay und Bon Coin.

Die Zahlen sind bekannt: Der Bekleidungsmarkt ist seit mehr als einem Jahrzehnt im stetigen Rückgang begriffen (der Abstieg begann 2008). Sind die Verbraucher müde vom Konsum, dem sie zugunsten von Experiences abschwören? Nicht unbedingt, denn während der Markt mit neuer Mode sich rückläufig entwickelt, ist zu beachten, dass der Gebrauchtmodemarkt wächst. Das Institut Français de la Mode (IFM) schätzt den Markt auf eine Milliarde Euro alleine in Frankreich. Nach Angaben des IFM hatten 30 Prozent der Franzosen 2018 Second-Hand-Kleidung gekauft. Laut dem Re-Commerce Unternehmen Momox kauften 53 Prozent der Deutschen Mode aus zweiter Hand.

Der Secondhand-Markt soll Fast Fashion 2028 überholen

Noch spektakulärer: Eine Studie des den amerikanischen Unternehmens Thred Up - eine Plattform für den Verkauf von Secondhand-Mode unter Privatpersonen - besagt, dass der Markt für Secondhand-Bekleidung auch in den USA rasant wächst: Dieser Markt betrug 2012 9,72 Milliarden Euro, heute 21,2 Milliarden Euro. Gebrauchte Kleidung macht sechs Prozent der amerikanischen Modekäufe aus. Dieser Markt wird voraussichtlich bis 2028 auf 56,5 Milliarden Euro wachsen und damit den Fast Fashion Markt übertreffen, der in der gleichen Zeit voraussichtlich 38,85 Milliarden Euro erreichen wird.

Im Moment ist der Vintage-Markt auf das Netz fokussiert. Der physische Handel mit Gebrauchtkleidung basiert nur auf einer Handvoll Fachhändlern, deren typisches Modell der Secondhandladen oder Depotverkauf ist. Bis auf wenige Ausnahmen bieten diese Boutiquen in der Regel ein niedrigpreisiges Angebot, was auf Internetplattformen, wo die Preise mit Ausnahme von Vinted tendenziell steigen, nicht unbedingt der Fall ist. Andererseits haben Mode- und Luxuslabel wie große Warenhäuser diesen Markt aus historischen Gründen vollständig aufgegeben - vor allem aus Angst vor Imageverlust und gesetzlichen Grauzonen).

Second-Hand-Kleidung schafft den Durchbruch in amerikanischen Kaufhäusern

Doch das könnte sich nun ändern. Umweltkatastrophen haben das Bewusstsein der Öffentlichkeit geschärft. Verbände wie Emmaus läuten Alarm. Valérie Fayard, stellvertretende Generaldirektorin von Emmaus, sagte, dass die Vorschläge des Verbandes weitgehend in den Fahrplan der französischen Regierung für eine 100-prozentige Kreislaufwirtschaft aufgenommen worden seien. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Verbraucher von der Modebranche, die bekanntlich für 20 Prozent der weltweiten Abwassereinleitungen und 10 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich ist, starke Maßnahmen fordern. Die Werteskala hat sich in einem Jahrzehnt komplett verändert: Verschwendung ist keine Option mehr, soziales Engagement ist heute das Nonplusultra. Das wahrscheinliche Verbot der Vernichtung unverkaufter Artikel, das die französische Regierung in diesem Jahr angekündigt hat - eine Weltneuheit - wird wahrscheinlich eine grundlegende Bewegung beschleunigen, bei der Vintagemode eine führende Rolle in den physischen Geschäften spielen wird.

In den letzten zwei Jahren wurden mehrere diskrete Versuche unternommen: A.P.C. repariert zum Beispiel gebrauchte Jeans, bevor sie wieder in den Verkauf gelangen. H&M stellt Nähmaschinen in einigen Läden auf. Diskret, aber auch entschieden, die Entscheidung von Kering in diesem Jahr ein Luxus-Outlet in San Remo zu etablieren. Sicherlich handelt es sich nicht um Second-Hand-Kleidung, sondern um alte Kollektionen, die mit großen Rabatten verkauft werden, aber man kann nicht umhin zu glauben, dass diese Filiale das Signal eines neuen Willens der großen Luxuskonzerne verkörpert, ihre Verkaufspolitik zu überprüfen.

Wie auch immer, die große Veränderung kam aus den Vereinigten Staaten. ThredUp steckt hinter diesem Umbruch . Das vor zehn Jahren gegründete kalifornische Unternehmen, ein Spezialist für den Online-Verkauf von Secondhand-Bekleidung, hat nun insgesamt 270 Millionen Euro von Investoren wie Park Asset Management, Irving Investors und Goldman Sachs Investment Partners eingesammelt, um seine Zusammenarbeit mit physischen Stores und Kaufhäusern zu finanzieren. Das Unternehmen möchte seinen Partnern eine Auswahl an Second-Hand-Kleidung anbieten, die in ausgewählten Umgebungen in Kaufhäusern erhältlich sein wird.

Auch das Hamburger Unternehmen Rebelle bietet Einzelhändlern mit Shopping-Events, die Möglichkeit Kunden mit Second-Hand Mode wieder in die Filialen zu locken. Der nächste Schritt, wohl auch in Deutschland, könnten permanente Verkaufsflächen mit gebrauchter Kleidung in Kaufhäusern sein. Hier sind die Unternehmen in den Vereinigten Staaten schon einen Schritt weiter.

Überzeugt von der Ernsthaftigkeit des kalifornischen Unternehmens und der Effizienz ihrer Logistikarchitektur sowie der Notwendigkeit, Lösungen zu finden, um die allmähliche Unzufriedenheit der physischen Geschäfte auszugleichen, haben sich bereits zwei Kaufhäuser bereit erklärt, es auszuprobieren: Macy's und JC Penney, die in Kürze gebrauchte Kleidung in ihren Regalen anbieten werden. Das Angebot wird an die Kunden jedes Point of Sale angepasst: Im Moment sind 30 bis 40 Filialen beteiligt.

Es handelt sich um eine Pilotphase. Wenn das Modell funktioniert, können wir nicht nur mit einer Vervielfachung der Verkaufsstellen rechnen (400 Geschäfte, die kurzfristig allein für Macy's und JC Penney geplant sind), sondern auch mit einer globalen Revolution in den stationären Geschäften. Das Thema verdient es, berücksichtigt zu werden. Die Begeisterung für Vintage vor allem bei jungen Menschen deutet auf eine langfristige Entwicklung hin: 40 Prozent der 18 bis 24-jährigen besuchen Vinted, so eine Studie von Kantar TNS. Modemarken und Kaufhäuser täten sich keinen Gefallen, dieses tiefgreifende und dauerhafte soziale Phänomen in ihren Geschäften zu vernachlässigen.

Foto : Macy’s Facebook

Dieser Artikel wurde zuvor auf FashionUnited.uk veröffentlicht. Übersetzung und Bearbeitung: Barbara Russ

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