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Mode: Vom Laufsteg in den Kleiderschrank

Von Esmee Blaazer

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Hintergrund
Um den Trickle-Down-Effekt von Mode zu veranschaulichen, nehmen wir den Häkeltrend als Beispiel. Auf dem linken und mittleren Bild sehen Sie die Häkelmode von Anna Sui auf dem Laufsteg. Bild: Anna Sui SS22 via CatwalkPictures. Auf der rechten Seite sehen Sie gehäkelte Bademode von Calzedonia. Bild: Calzedonia Beachwear-Kampagne SS22 via UPR Belgien.

HINTERGRUND - Was genau ist eigentlich Mode? Und was beeinflusst sie? Welche Rolle spielen Modewochen? Wie entstehen Trends und wie finden sie ihren Weg in unsere Garderoben? FashionUnited erklärt die Dynamiken der Modewelt in diesem Artikel.

Inhalt

  1. Definition von Mode und Trends
  2. Trends und die Annahme von Trends
  3. Was beeinflusst Mode?
  4. Welche Rolle spielen Modewochen?
  5. Wie finden Trends ihren Weg in unsere Kleiderschränke?

1.Definition von Mode und Trends

Die Unterschiede zwischen Mode und Trends

Ein Hype ist ein Phänomen in der Mode, bei dem eine Idee oder ein Produkt schnell Aufmerksamkeit erregt, aber auch ebenso schnell wieder verschwindet.

Ein Trend entwickelt sich, wenn ein Mode-Phänomen sich über mehrere Saisons hält, es verschiedene Versionen davon gibt und es in mehreren Preiskategorien existiert.

Manche Trends halten sich über Jahre hinweg und definieren so Mode. Trends werden erst dann zu Mode, wenn die Mehrheit der Leute den Trend aufgreift. Dabei ändert sich Mode ständig, denn es gibt fortwährend neue Trends, aus denen sich Mode-Erscheinungen ableiten.

Manchmal existiert ein Mode-Phänomen innerhalb einer spezifischen, gesellschaftlichen Gruppe, die man dann als Subkultur bezeichnet.

Der Text wird unter den Bildern fortgesetzt.

Mode: Vom Laufsteg in den Kleiderschrank

Die Influencer:innen Linda Tol und Pernille Teisbaek trugen während der SS20-Modewochen verschiedene Bestseller-Items von Bottega Veneta – die gepolsterte Casette-Tasche aus der Herbstkollektion 2019 und die Lido-Sandalen mit Absatz aus der Pre-SS20-Kollektion. Bild: Bottega Veneta. Von diesen (und anderen) Bottega-Veneta inspirierte Accessoires werden auch 2022 noch in Mode sein.
Pantoletten mit Absatz von &Other Stories für 99 Euro und La Redoute für 64,99 Euro, inspiriert von den begehrten geflochtenen und gepolsterten Sandalen mit Absatz von Bottega Veneta (sieh oberes Foto). Die italienische Luxusmarke erreichte unter der Leitung des ehemaligen Kreativdirektors Daniel Lee einen wahren Kultstatus in der Modeszene. Bild: La Redoute SS22-Kollektion via MMBSY und &Other Stories SS22 Kapsel-Kollektion via UPR Agency.

2. Trends und die Annahme von Trends

Je nachdem wann Menschen und Labels Trends aufgreifen, können sie in vier Gruppen unterteilt werden.

  1. Innovators: diejenigen, die dem Zeitgeist voraus sind
  2. Trendsetters: diejenigen, die Trends aufgreifen und etablieren
  3. Trend followers: diejenigen, die sich dem Trend anschließen, wenn er den Mainstream erreicht hat
  4. Non-followers: diejenigen, die Modeerscheinungen nicht folgen

Die Theorie der Diffusion durch Innovation (DOI), eine der ältesten sozialwissenschaftlichen Theorien von E.M. Rogers aus dem Jahr 1962, berücksichtigt fünf Stufen der Akzeptanz, die die Verbreitung eines neuen Produkts oder einer Idee (oder einem Trend im Fall von Mode) erklären.

  1. ”Innovators”, diejenigen, die Produkte, Ideen oder Trends als Erstes ausprobieren wollen, machen 2,5 Prozent der Bevölkerung aus
  2. An zweiter Stelle folgen die “Early Adopters” (auch Pioniere genannt), die circa 13 Prozent der Bevölkerung ausmachen.
  3. Darauf folgt die “Early Majority” (oder Wegbereiter), die 34 Prozent der Bevölkerung ausmachen.
  4. Anschließend erreichen die Trends die “Late Majority” (auch als Nachläufer bezeichnet), die ebenso 34 Prozent der Bevölkerung ausmachen.
  5. Schlussendlich folgen die “Laggards” (auf Deutsch Nachzügler), die circa 16 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Diese Stufe der Akzeptanz “zeigt an, dass der Trend eine Sättigung erreicht hat oder veraltet”, erläutert das Analyse-Unternehmen für den Einzelhandel Edited in einer Veröffentlichung vom Juni über den Trendzyklus.
  6. Nicht alle Trends folgen dieser Abfolge von Akzeptanz und nicht alle Trends kommen bei der breiten Masse an (wie in Abschnitt 1 nachzulesen ist).

    Der Text wird unter den Bildern fortgesetzt.

    Die französische Modeschöpferin Gabrielle “Coco” Chanel hatte großen Einfluss auf die Frauenmode. Zwei Hauptthemen, die Chanel in ihren Designs immer wieder aufgriff, waren das Kleine Schwarze und Zweiteiler aus Tweed. Insbesondere die Tweed-Jacken sind nach wie vor in Mode. Bei der Einzelhandelskette H&M tauchen Jacken und Blazer aus strukturiertem, gewebten Material beispielsweise in den FW22-Kollektionen auf. Bild: Victoria & Albert Museum.

    3. Was (oder wer) beeinflusst Mode?

    Nachdem Mode und Trends erklärt wurden, ist es wichtig zu wissen, was Mode beeinflusst.

    Einfluss auf die Mode haben viele. Allen voran beeinflussen Modehäuser und Modeschöpfer die Mode (mehr dazu in den Abschnitten 4 und 5), aber auch Trendbeobachter:innen, Stoffmanufakturen, Mode-Fachzeitschriften und Einzelhändler, beziehungsweise deren Einkäufer:innen. Hinzu kommen Medien, Prominente, Menschen aus dem Umfeld der Konsument:innen und man selbst (in dem man darüber entscheidet, was man trägt).

    Darüber hinaus wird die Mode indirekt durch gesellschaftliche Entwicklungen wie kulturelle Trends, Technologie, Politik und Gesetzgebung, das Wetter, die Umwelt, soziale Phänomene und Kunst beeinflusst.

    4. Welche Rolle spielen Modewochen?

    Das Konzept der Modewoche, wie wir sie kennen, mit einem vollen Programm, bei dem mehrere Designer:innen und Modehäuser ihre Kollektionen präsentieren, geht auf das Jahr 1943 zurück.

    Während des Zweiten Weltkriegs erkannte die amerikanische Journalistin Eleanor Lambert, dass es für Designer:innen unmöglich war, europäische Trends in den Vereinigten Staaten zu etablieren. In diesem Problem sah Lambert eine Chance: Sie wollte einheimischen Talenten die Möglichkeit geben, ihre Arbeiten und Projekte auf einer Veranstaltung namens Press Week zu präsentieren. Die erste Ausgabe der Veranstaltung war ein großer Erfolg und wurde anschließend in jeder Saison in New York wiederholt. Die Stadt machte sich bald einen Namen als eine Modemetropole– und begann nur wenige Jahre später damit, ihre eigenen Modewochen zu veranstalten.

    Die ursprüngliche Idee hinter der Press Week, war es, den Designer:innen die Möglichkeit zu geben, ihre Kollektionen Modejournalist:innen und potenziellen Kund:innen vorzustellen um Sichtbarkeit zu erlangen und ihre Designs zu verkaufen. Dasselbe Prinzip gilt noch für die heutigen Modewochen – bei den Veranstaltungen geht es letztlich darum, Geschäfte zu machen.

    Modedesigner:innen und Labels veranstalten Modewochen, um Begeisterung und Begehrlichkeit für die Stücke zu schaffen, die in ihren Geschäften erhältlich sein werden. Viele Designer:innen zeigen bei ihren Laufsteg-Präsentationen extravagante Versionen ihrer Kleidung, die anschließend für den Verkauf im Einzelhandel oft vereinfacht werden.

    Der Text wird unter den Bildern fortgeführt.

    Alexander McQueens berüchtigte Bumster-Hose war der Wegbereiter des Low-Waist-Trends. Das Foto auf der linken Seite zeigt Supermodel Kate Moss in dem Design auf dem Laufsteg. Später kreierte McQueen tragbare Versionen der Hüftjeans – wie zum Beispiel die Version aus der SS99-Kollektion auf dem rechten Foto. Bild: Alexander McQueen AW96-Kollektion via CatwalkPictures (Archiv) und Alexander McQueen SS99-Kollektion via CatwalkPictures (Archiv).
    Das linke Bild zeigt eine karierte Hose von Marni. Auf dem Bild in der Mitte sieht man ein Blumenmotiv aus Marnis SS22-Kollektion. Das Karo- und das Blumenmuster wurden in einer abgeschwächten Form in einer Kollaboration mit Uniqlo aufgegriffen. Bild: Marnis FW20-Herrenkollektion via CatwalkPictures, Marni SS22-Kollektion via CatwalkPictures, Marni x Uniqlo-Kollaboration via Uniqlo und UPD Belgien.

    Zwischen der Beschaffung der Stoffe und der Präsentation der fertigen Kollektionen in den Stores vergehen etwa sechs Monate. Eine Ausnahme gilt bei der Haute Couture, da sie nicht in Serie in einer Fabrik gefertigt wird.

    Ready-To-Wear und Haute Couture

    Die meisten Modeunternehmen stellen Ready-to-Wear-Kollektionen (auch Konfektion genannt) her. Dabei werden die Kleidungsstücke im fertigen Zustand in standardisierten Größen wie 34/36/38/40 oder S/M/L/XL verkauft. Von jedem Modell werden in einer Produktionsstätte zahlreiche Exemplare hergestellt, sie sind also keine Maßanfertigungen. Modelabels wie Bottega Veneta, Louis Vuitton, Gucci, Prada, Calvin Klein und Tommy Hilfiger, aber auch Labels wie Levi’s und Primark produzieren und verkaufen Konfektionskleidung.

    Haute Couture ist High-end Mode , die vom ersten bis zum letzten Stich von Hand genäht wird und für die ausschließlich hochwertiger, teurer und oft exklusiver Stoff verwendet wird. Die Stücke werden mit einem ausgeprägten Sinn für Details gefertigt und von erfahrenen petit mains handwerklich umgesetzt. (Der Begriff beschreibt die hochqualifizierten Handwerker:innen, die die Entwürfe der Couturiers zum Leben erwecken. Das Wort, das aus dem Französischen kommt, bedeutet kleine Hände. Für manche Kleider werden bis zu 2.000 Stunden Handarbeit aufgebracht. Obwohl die meisten Couture-Haeuser nicht dazu bereit sind, ihre Preise offenzulegen, kann ein Kleid vom Valentino-Laufsteg beispielsweise bis zu 82.500 Euro kosten. Nur eine kleine Gruppe von Konsument:innen ist in der Lage, Couture-Kleidung zu kaufen. Bei einem Kauf stehen zwei Dinge fest: einzigartiges Design und maßgeschneiderte Handarbeit. Haute Couture hat demnach einen anderen Status und bedient ein anderes Klientel als Konfektionsware. Sie erfordert bahnbrechende Ideen und hervorragende Handwerkskunst. Bekannte Couturiers sind Christian Dior und Coco Chanel, aber auch Viktor & Rolf sowie Iris van Herpen.

    Viele große Modehäuser, wie Chanel, Dior, Givenchy, Valentino und Balenciaga haben sowohl eine Abteilung für Konfektionskleidung, als auch für Haute Couture.

    Der Text wird unter den Bildern fortgesetztt.

    Das ist Couture von Balenciaga. Der spanische Modeschöpfer Cristóbal Balenciaga eröffnete sein Pariser Modehaus im Jahr 1937. In der Stadt der Lichter wimmelt es von erfolgreichen Couturiers, aber Balenciaga unterscheidet sich von seinen Kolleg:innen durch die architektonische Qualität seiner Entwürfe. . Auf der linken Seite ist ein Model in einem Balenciaga-Anzug von 1947 abgelichtet. Bild: Lipnitzki/ Roger-Viollet/ AFP. Auf der rechten Seite sieht man eine moderne Balenciaga-Couture-Kreation aus der FW22-Kollektion, geschaffen vom derzeitigen Designer Demna (der kürzlich seinen Nachnamen Gvasalia aus seinem Namen streichen ließ). Der Entwurf wurde bei der Pariser Haute-Couture Modewoche gezeigt. Bild: Balenciaga

    Die Modewochen: The Big Four, Haute Couture und die Damenkollektionen im Fokus

    Die Modewochen bekommen nicht nur durch die Modeindustrie viel Aufmerksamkeit, sie sind fast schon eine Industrie für sich. Die großen Modewochen haben einen enormen wirtschaftlichen Einfluss auf die Städte, in denen sie stattfinden und auch auf die Modeindustrie als Ganzes. Auch deshalb sind Modewochen auf der ganzen Welt ein Begriff (haben Sie zum Beispiel schon von der Graduate Fashion Week, Lakme Fashion Week, Taipei Fashion Week, Tokyo Fashion Week und Helsinki Fashion Week gehört??).

    Trotz allem bleibt das Rampenlicht größtenteils den Big Four vorbehalten: den Modewochen in New York, London, Milan und Paris. Die Haute-Couture-Schauen und die Damenmode-Schauen, bei denen die Konfektionskleidung gezeigt wird, zieht die größten Massen an. Das liegt daran, dass die Haute Couture die Crème de la Crème der Mode ist und weitestgehend bestimmt, in welche Richtung die Mode einschlägt (mehr dazu in Abschnitt 5). Außerdem ist Damenmode das bedeutendste Segment der Industrie, 2018 trug Damenmode mehr als die Hälfte (53 Prozent) der Ausgaben im Modeeinzelhandel weltweit bei.

    Weitere wichtige Veranstaltungen im Showkalender sind die Modewochen für Herrenmode, (sie macht 31 Prozent der weltweiten Ausgabenfür Bekleidung aus) und die Resort-Präsentationen. Letztere sind ausschlaggebend für die Umsätze vieler Modehäuser.

    Die Haute Couture Fashion Week Paris findet zweimal im Jahr in der französischen Hauptstadt statt, im Januar und im Juli. Die Laufsteg-Saison für Damenmode findet zweimal im Jahr statt, zunächst im Februar und dann im September in New York, jeweils gefolgt von der Londoner Modewoche, der Mailänder Modewoche und nicht zuletzt der Pariser Modewoche, die jeweils Anfang März und Oktober endet.

    Die Frühjahr/Sommer-Kollektionen werden auf der Fashion Week im September und Oktober für den folgenden Sommer gezeigt, während die Herbst/Winter-Kollektionen im Februar und März für den folgenden Winter präsentiert werden

    Dies ist der Kalender, an den sich ein Großteil der Modeindustrie hält:

    Die Frühjahr/Sommer-Kollektionen werden im September und Oktober auf dem Laufsteg präsentiert und zwischen Januar und März in die Geschäfte geliefert.

    Die Herbst/Winter-Kollektionen werden im Februar und März auf dem Laufsteg präsentiert und zwischen Juli und September in die Geschäfte geliefert.

    Die Monate dazwischen Resort und Pre-Fall, sind so getaktet, dass sie im Winter bzw. im Hochsommer in die Geschäfte kommen.

    Der Text wird unter den Fotos fortgesetzt.

    Sich sexy zu kleiden ist derzeit angesagt – Haut zu zeigen steht im Vordergrund. Denken Sie an Bodycon-Kleidung mit Ausschnitten, Crop-, Tube- und BH-Tops und den Mikro-Minirock. Bild: Laufstegkollektionen Balmain SS22 (links), Catwalk Pictures & Saint Laurent SS22 (rechts), Catwalk Pictures. Unten sehen Sie zwei Looks von &Other Stories.
    Bild: &Other Stories Sommer-Kapselkollektion (SS22), &Other Stories via UPR Belgien

    5. Wie finden Modetrends ihren Weg in unsere Kleiderschränke?

    Fashion Weeks bringen Neues

    Alles beginnt mit den zukunftsweisenden Modewochen, auf denen die Designer:innen ihre neuen Kollektionen vorstellen. Zu diesem Zeitpunkt stellen Modedesigner:innen und Modehäuser die Mode der nächsten Saison und neue Ideen vor.

    Die Modewoche (weitere Informationen in Abschnitt 4. Modewochen) ist traditionell ein starker Indikator dafür, wohin sich die Modeindustrie entwickelt. Die bekanntesten Modehäuser und Designer:innen zeigen auf den Modewochen. Modeschauen haben immer noch Einfluss darauf, wie sich die Menschen kleiden und was sie kaufen. Die Modenschauen, die in der Regel etwa 15 bis 20 Minuten dauern, bestimmen weitgehend, wie die Mode der Zukunft aussehen wird – sei es in sechs Monaten oder in wenigen Wochen. Modenschauen beeinflussen Stile, Farben, Textildesigns, Techniken, Materialien und sogar Schönheitstrends.

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    Gefütterte Jacken, auch bekannt als Puffer-Jacken, sind in Mode. Bilder von links nach rechts: Daunenjacken von Givenchy, Off-White und Rick Owens, die auf dem Laufsteg zu sehen waren (AW21-Kollektionen). Bilder: Catwalk Pictures. Unten sehen Sie ein etwas erschwinglicheres Design von C&A.
    Bild: Herbstkollektion 2022 von C&A

    Von der Haute Couture in den Mainstream: der Trickle-Down-Effekt der Laufstegmode

    Traditionell werden die Trends vom Laufsteg vorgegeben. „Die Trends bewegen sich von der Couture-Luxusmode zu Premium-Modemarken, dann kommen sie im Mainstream an und enden schließlich bei den Niedrigpreis-Labels und Einzelhandelsketten", erklärte das Einzelhandels-Analyseunternehmen Edited in einem Artikel, der den [neuen] Trendzyklus im vergangenen Juni untersuchte.

    Sehen Sie sich diesen 2-minütigen Clip aus dem Film "Der Teufel trägt Prada" über den Trickle-Down-Effekt an.

    Die Bekleidungsindustrie orientiert sich an den Entwürfen der Laufstege. Die Couture-Kollektionen sind eine wichtige Inspirationsquelle. Die Entwürfe werden auf den Geschmack der modeinteressierten Bevölkerung abgestimmt.

    Die frische Brise der Couture-Woche bestimmt die Richtung, in die das Modeschiff segelt

    Wie funktioniert das? Die [Couture-]Entwürfe werden zu einfacheren und tragbareren Versionen zu niedrigeren Preisen komprimiert, woraufhin sie von konservativen Einzelhändlern und schließlich von der breiten Masse gekauft werden. Bei diesem Vorgang werden Abstriche bei Exklusivität, Qualität und anderen Designelementen vorgenommen.

    Ein Haute-Couture-Kleid wird aus luxuriösen Materialien und mit schönen Details handgefertigt. Meist sind die Kleider maßgeschneidert und werden für spezielle Anlässe entworfen. Wenn Sie also ein Kleid bei einer großen Modekette kaufen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es von einem Couture-Exemplar inspiriert ist, aber in einer preiswerteren und schlichteren Version von der großen Modekette verkauft wurde. Die abgewandelte Version ist meist aus weniger hochwertigem Stoff und hat weniger aufwändige Details. Hinzu kommt, dass das Kleid nicht wie seine Inspirationsvorlage ein Einzelstück ist, sondern in großen Mengen hergestellt wird, so dass bis zu vielen tausenden Exemplare desselben Modells zu kaufen gibt.

    Dabei werden nicht nur Couture-Entwürfe imitiert – auch Entwürfe aus den Ready-to-Wear-Kollektionen werden kopiert, manchmal sogar fast identisch.

    DieBubble-Up-Theorieder Trends

    Die Bubble-Up-Theorie ist das Gegenteil zur Trickle-Down-Theorie, dabei finden die Trends ihren Ausgangspunkt im Streetstyle. Mit anderen Worten: die Mode lässt sich vom Streetstyle inspirieren.

    Die Dynamik der Mode funktioniert also in beide Richtungen. Der Streetstyle lässt sich von der Designermode inspirieren, und der Laufsteg von dem, was auf der Straße getragen wird.

    Der Text wird unter den Fotos fortgesetzt.

    Korsetts und Bustiers, die auf dem Laufsteg von Balenciaga SS22, Isabel Marant SS21 und Christian Dior Resort22 zu sehen waren (von links nach rechts). Bild: Catwalk Pictures
    Korsetts und Bustiers auf der Straße. Streetstyle in Mailand, Paris und New York. Bild: Nick Leuze (links und Mitte), NYFW / David Dee Delgado / Getty Images North America / Getty Images via AFP (rechts).

    Trends haben heutzutage vielerlei Ursprünge

    „Für Jahrzehnte war das Top-Down-Modell vorherrschend in der Modeindustrie, mit Laufstegen und Prominenten als Vorboten von Trends. Für Trendbeobachter:innen war der Zeitgeist stets die erste Quelle für Zukunftsprognosen. „Mittlerweile sind Influencer:innen in den sozialen Medien unverzichtbar, sowohl für das Identifizieren bestimmter Strömungen, als auch für das Bestätigen von Trends”, erklärt die Trendprognose-Agentur Fashion Snoops im Juli 2022.

    Im 21. Jahrhundert haben das Internet und die sozialen Medien das Bubble-Up-Schema vorangetrieben. Es begann mit dem Aufstieg der Fashion Blogger:innen, die in den Nullerjahren an Aufmerksamkeit schürten und im darauffolgenden Jahrzehnt immer mehr Beliebtheit erlangten. Angeführt wurde diese Strömung von Frauen, die sich in ihren Outfits fotografierten und die Bilder anschließend auf einer eigenen Website oder auf sozialen Netzwerken wie Facebook zur Schau stellten.

    Fashion Blogger:innen haben dafür gesorgt, dass die Streetstyle-Szene, wie wir sie kennen, und das Modespektakel, das während der Modewochen vor und nach den Shows auf der Straße stattfindet, großen Einfluss erlangte. „Der Rummel um die Schauen scheint genauso wichtig zu sein, wie das, was in den sorgfältig bewachten (Fashion Week) Zelten passiert”, schrieb die angesehene Modejournalistin und -kritikerin Suzy Menkes 2013 in einem Artikel der NY Times mit dem Titel "The Circus of Fashion" über das Phänomen. Mit dieser Entwicklung lässt sich auch das kalkulierte Warten vor den Veranstaltungsorten der Modenschauen erklären, das auch als “Peacocking” (zu deutsch: Pfauen-Verhalten) bezeichnet wird.

    Ein Sprung in die Gegenwart: Einige Jahre später wurden Bloger:innen durch Influencer:innen ersetzt und die Webseiten und Facebook-Profile durch Instagram Instagram abgelöst.

    "Mit der wachsenden Macht der sozialen Medien und der Influencer:innen gehen die Trends zunehmend von den Verbraucher:innen aus und weniger von Einzelhändlern, Redakteur:innen und Trendbeobachter:innen. Das beruht auf einer Verschiebung der Machtverhältnisse: Anstatt dass die Modeindustrie den Verbraucher:innen Produkte aufdrängt, wird das Produkt von der Nachfrage der Verbraucher:innen angetrieben", so der Autor des Artikels 'New Normal in Fashion Trends: Predictive Analytics powered by AI and the Bottom-up Consumer Revolution’ veröffentlicht auf Medium.com im Mai 2020.

    Heutzutage gibt es viele “virale” Produkte (Produkte, die in sehr kurzer Zeit über das Internet zu einem allgegenwärtigen Trend werden) und Mikrotrends die ihren Urprung auf TikTok finden, sagt Edited. Auch Serien haben großen Einfluss: als Beispiel lässt sich hier der Netflix-Effekt nennen, bei dem die raffinierten Filmgarderoben der Protagonist:innen einen erheblichen Einfluss auf die Mode nehmen – wie beispielsweise bei “Das Damengambit” (Eleganz der 1950er Jahre mit dem modernen Zeitgeist von Gucci) und “The Crown” (insbesondere die vierte Staffel, in der Looks von Prinzessin Diana und Sloane-Ranger-Ästhetik gezeigt werden). “Stranger Things” brachte den Look der Achtziger zurück in Mode während “Bridgerton” den “Regencycore” und “Royalcore” nach sich zog – eine Stilrichtung, bei der Korsetts, Empirekleider und Haarbänder getragen werden. „Die sozialen Medien haben einige traditionelle Trendzyklen für den modernen Einzelhandel irrelevant gemacht", so die Schlussfolgerung der Einzelhandelsanalyseagentur Edited.

    Kampagnenbild der Stradivarius-Kollektion "Bridgerton" im März 2022, inspiriert von der zweiten Bridgerton-Saison. Bild: Stradivarius

    Quellen:

    • TMO Fashion Business School Studie und Buch von den Autoren Mirjam van den Bosch, Astrid Hanou und Hans van Otegem, herausgegeben von Stichting Detex Opleidingen, 2003, zweite Edition.
    • Wie sieht der neue Trend-Zyklus aus?, bearbeiteter Artikel der Autorin Kayla Marci, Juni 2022.
    • Aufbereitung der Innovation-Theory, SPH - Boston University Website, 2019 & Niederländische Wikipedia-Seite Rogers Innovation Theory, 2013.
    • The Circus of Fashion", über das Phänomen der Modeblogger und die Streetstyle-Szene bei Modeschauen. Artikel in der New York Times von Autorin Suzy Menkes, Februar 2013.
    • 'New Normal in Fashion Trends: Predictive Analytics powered by AI and the Bottom-up Consumer Revolution" Artikel von Autor Frank Jee Ph.D. auf Medium.com, Mai 2020.
    • Inhalte aus dem FashionUnited-Archiv der Autor:innen Christin Parcerisa, Léana Esch, Vivian Hendriksz, Don-Alvin Adegeest, Hervé Dewintre, Ole Spötter, Nora Veerman, Wendela van den Broek, Marjolein Stormezand, der Presseagentur AFP und des Gastredakteurs Fashion Snoops (die Originalveröffentlichungen finden sich oft im verlinkten Artikeltext).
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