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Vom Asteroid zum kleinen Planeten: Die Berliner Modewoche greift nach den Sternen

Von Ole Spötter

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Mode
Haderlump SS25 Bild: ©Launchmetrics/spotlight

Die Berliner Modewoche greift nach den Sternen der Modewelt. Sie entwickelt sich von einem kleinen, unbedeutenden Asteroid in der Umlaufbahn von großen Fashion Weeks Paris, Mailand und London zu einem eigenen kleinen Planeten. Hoffentlich bleibt die deutsche Hauptstadt auf diesem Kurs und verpufft nicht wieder in der Atmosphäre.

Ein spannender Mix aus Streetwear, experimentellen wie provozierendem Designs mit viel Liebe fürs Detail lockte internationales Publikum diese Woche in die deutsche Hauptstadt – inklusive Buyer von Londoner Boutiquen wie LN-CC und Browns. Auf den Laufstegen präsentierten international Trend-setzende Marken wie GmbH und Anonymous Club, aber auch Neulinge wie Clara Colette Miramon und Vertreter:innen der lokalen Brand-Schmiede wie Richert Beil und Haderlump, die über die letzten Saisons gewachsen sind. Einige Marken bekamen für ihre Schauen Unterstützung von großen Namen wie Ed Hardy, Puma und Timberland.

Die Förderung und Bemühungen des Fashion Council Germany sind in diesem Zusammenhang ein wichtiger Bestandteil, dass die Modewoche so ein internationales Aufgebot bei Marken und Besuchenden bieten konnte.

Die Highlights der Woche haben wir hier für Sie zusammengefasst.

Mit Delphinen schwimmen

Richtert Beil, Kitschy Couture und GmbH (v.l.n.r.) Bild: Boris Marberg, Ben Moenks und Finnegan Koichi Godenschweger (v.l..n.r.)

Was wäre eine Spring-Summer-Saison ohne ein bisschen Bademode? Dass Swimwear aber auch mehr als simple Speedos und Bikinis sein kann, bewiesen mehrere Brands.

Das Berliner Label GmbH, das erstmals in der eigenen Heimat zeigte und sonst bei Modewochen wie Paris und Mailand aktiv ist, präsentierte bei seiner "Resistance Through Rituals"-Kollektion eine knappe Badehose in Schwarz mit einem ‘pinke Schleifen’-Print. Diese wurde mit einer zart rosa Bomberjacke kombiniert. In dieser Saison beschäftigte sich das GmbH-Duo Benjamin Huseby und Serhat Isik mit dem “Wiederaufleben des Faschismus”, den gesellschaftlichen Folgen und feierte die, die Widerstand leisten.

Das Berliner Duo Jale Richert und Michele Beil hinter der Marke Richert Beil zeigte als Teil seiner “Bademodenschau” schwarze Neopren-Badehosen in verschiedenen Längen. Dazu gab es andere Stücke wie einen Neopren-Mantel und ein Crop Top mit Luftpolster, das einem Schwimmflügel ähnelte – alles im tiefsten Schwarz. Der "Gothic meets Nordsee-Urlaub”-Vibe sei laut Label von den Menschen inspiriert, die keine Fans der typischen Sommermode sind.

Bei der “Kitschy Couture”-Designerin Abarna Kugathasan stand derweil eine ganz besondere Reise an. Sie schickte die Protagonistin ihrer "Artificial Paradise"-Kollektion in die Flitterwochen. Diese genoss sie auf einer großen Schwan-Luftmatratze im Pool – gekleidet nur in einem Bikini-Höschen mit Bändern, die um Bauch und Beine gewickelt waren. Als Location wurde dafür das Stadtbad Neukölln gewählt, in dem die Designerin noch weitere Looks wie dekonstruierte Bademode, einen schmal geschnittenen Rock mit Meerjungfrauen-Muster sowie Delphin-Accessoires präsentierte.

Einen anderen Fisch holte derweil SF1OG ans Land – genauer gesagt auf den Markt. Der Wochenmarkt war das zentrale Thema der Berliner Brand um Rosa Marga Dahl und Jacob Langemeyer. Neben Marktbesuchenden, die mit ihren Taschen und auch Hunden durch die Stände schlenderten, charakterisierte SF1OG auch einige Händler:innen, die im Falle des Fischhändlers durch Fischköder und Harken verdeutlicht wurden. Details wie Schürzen, Geschirrtücher und Einkaufstaschen, die in verschiedene Pieces integriert wurden, rundeten das Thema ab.

Durch die Stadt

Avenir, Haderlump, SF1OG und Balletshofer (v.l.n.r.) Bild: Boris Marberg (links, Mitte rechts und rechts und Andrew Thomas (Mitte links)

Mit unserem täglichen Alltag in der Stadt und Bewegung beschäftigen sich in dieser Saison einige Marken. Neben SF1OGs Spaziergang über den Wochenmarkt thematisierte auch Avenir die Fortbewegung. In unmittelbarer Nähe zum Potsdamer Platz zeigte das ebenfalls in der deutschen Hauptstadt ansässige Label eine Kollektion, die sich um Pendler:innen drehte. Unter dem Name “Commute” zeigte Gründerin Sophie Claussen Looks, die vom Schlafzimmer – Styles, die an gestreifte Pyjamas angelehnt waren – bis ins Büro getragen werden. Dabei waren lässige Zweiteiler – auch aus Denim – sowie elegante Kleider zu sehen. Mit Liebe fürs Detail unterstrich sie das Thema mit Accessoires wie einem ‘Straßen’-Spielteppich als Tasche, geometrische Muster und Patchworks, die an Kacheln und Sitzbezüge in U-Bahn-Stationen erinnern sollten, sowie goldene Zugtickets als Ohrringe.

Alan Balletshofer ließ sich derweil vom Ankommen in einer neuen Stadt inspirieren und wie sich Menschen an ihre neue Heimat anpassen. Für den Gründer der Berliner Marke schien es darum zu gehen, nicht aus der Masse herauszustechen, denn die Kollektion “2024 - 006” setzte auf eine schlichte Farbpalette mit viel Grau und Schwarz sowie ein minimalistisches Design.

Dagegen ging es bei Haderlump darum, über sich hinaus zu wachsen. Im Mittelpunkt stand die Flugpionierin Amelia Earhart, die als erste Frau den Atlantik im Alleinflug überquerte. Die Haderlump-Macher Julius Weissenborn und Johann Ehrhardt zeigten ihre ‘Aero’-Kollektion im Hangar 6 des Flughafens Tempelhof zwischen alten Flugzeugen. Bomberjacken aus recycelten Fallschirmstoffen, Flieger:innen-Jacken und -Hauben aus Leder sowie Denim-Uniformen, die an Mechaniker:innen erinnerten, symbolisierten den Höhenflug.

Große Kapuze

Kapuzen bei GmbH, Lueder, Anonymous Club und Sia Arnika (v.l.n.r.) Bild: Finnegan Koichi Godenschweger (außer rechts) und Andrew Thomas (rechts)

Neben thematischen Gemeinsamkeiten gab es auch einige Überschneidungen bei der Silhouette. Kapuzen zeigten drei der vier Marken, die im Rahmen des Showcase ‘Intervention’ der Berliner PR-Agentur Reference Studios präsentierten. GmbH stelle spitze Cape-Kapuzen vor, die in das Revers von Sakkos übergingen. Die in London ansässige Designerin Marie Lüder, die sich für ihre Kollektionen von mittelalterlichen Rüstungen und Charakteren inspirieren lässt, zeigte die sportliche Version einer Mönchskapuze. Der dritte im ‘Intervention’-Bunde war der New Yorker Shayne Oliver, der mit seinem experimentellen Label Anonymous Club mit Silhouetten und Asymmetrie spielte und sportliche Referenzen wie Fußballtrikots integrierte. Decken-Mäntel umschlossen den gesamten Kopf und Bomberjacken mit integrierter Kapuze, wirkten so, als hätten die Models ihren Kopf nicht durch den Kragen zwingen können Die avantgardistische Kollektion zog auch ein internationales Publikum inklusive Skandal-Rapper Kanye West an, der sich unter seiner eigenen Kapuze versteckte.

Anonymous Club Bild: Anasteisha Danger für BFW

Die Dänin Sia Arnika stellte mehrere Fliegen-Kästen in das Zentrum ihrer Show und nutzte die Insekten auch als Inspiration. Sie zeigte einen knielangen, breiten Coat, der mit Verschlüssen und Design an eine Skijacke erinnerte. Auch darin war eine große Kapuze integriert.

Umstrukturierung

Sia Arnika, Haderlump, Anonymous Club und Killian Kerner (v.l.n.r.) Bild: Andrew Thomas (außer Mitte rechts) und Finnegan Koichi Godenschweger (Mitte rechts)

Asymmetrie spielte in vielen Kollektionen während der Berliner Modewoche eine große Rolle. Einige der Marken nutzen dieses um Pieces in einen neuen Kontext und teilweise auch zu einem anderen Kleidungsstück zu machen. Sia Arnika drehte das klassische Poloshirt, entfremdete den Kragen als Cutout auf Bauchhöhe und nahm ihm so den praktischen Nutzen. Daraus entstanden asymmetrische Tops und Kleider. Auch Kilian Kerner nahm sich das Hemd vor und drehte es so, dass der Kragen auf einer Schulter lag und die andere freigelegt wurde. Anonymous Club zeigte bei einem recycelten Pullover Schultern und verengte es zu einem Top an der Brust mit einem lockereren Verlauf nach unten. Haderlump drückte direkt ein ganzes Sakko runter und machte es zu einem Rock, der mit einem geschnürten Korsett kombiniert wurde.

Gut geschnürt

Haderlump, Clara Colette Miramon und Namilia (v.l.n.r.) Credits: Andrew Thomas (links und Mitte) und Studio Alexander Fischer (rechts)

Schnürungen besonders bei Korsagen waren in dieser Saison auch beliebt. So zeigte Haderlump bei seiner Fliegerinnen-Kollektion gleich mehrere eng geschnürte Tops und auch Clara Colette Miramon bediente sich daran. Das in Berlin ansässige Label lieferte bei seiner ersten Laufsteg-Show eine Hommage an “die oft übersehenen surrealistischen Frauen”. Daraus resultieren mehrere geschnürte Zweiteiler – in Lack-Pink und Blue-Denim – aus Rock und Top, die an der Seite geschnürt wurden. Auch bei Namilia gab es mehrere Lederstücke mit seitlichen Schnürungen zu sehen. Für seine Kollektion zeigte das Berliner Label lange Lederhosen, Korsagen und Röcke in diesem Stil.

Die Kollaborateur:innen

Namilia x Ed Hardy (links), Eastpak x SF1OG (oben rechts). Unten recht (v.l.n.r.): GmbH x Axel Arigato, Balletshofer x Timberland und Puma bei Lueder Credits: ©Launchmetrics/spotlight

Auch bei der Berliner Modewoche gab es wieder einige Marken, die sich von anderen Unterstützung holten. So stattete der Herzogenauracher Sportartikler Puma Lueder mit seinem gehypten Sneaker-Model ‘Speedcat’ aus. Balletshofer verpasste derweil einer klassischen Bootschuh-Silhouette der US-Marke Timberland mit einer blauen und schwarzen Kappe ein Update und GmbH kollaborierte mit Axel Arigato für eine Sneaker-Kollektion in silber-metallic mit Elementen von Kettenhemden und gepanzertem Metall. SF1OG kreierte zusammen mit dem Taschenanbieter Eastpak verschiedene Mini-Rucksäcke sowie Taschen und Namilia nutzte für einen Großteil der Kollektion Motive von Ed Hardy – ‚Old School Tattoo‘-Designs wie Drachen, Tiger, Rosen und Pin-ups.

FashionUnited wurde vom Fashion Council Germany nach Berlin eingeladen.

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