Wie Einkäufer SS21 ordern: Miriam Anlauf, Buying Director bei Peek & Cloppenburg
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Für die Saison SS21 läuft einiges anders: Die Pandemie hat die Zeitpläne vieler Einkäufer, ihr Budget, und auch den Orderprozess ordentlich durcheinandergewirbelt. Wie sie die Order für SS21 angeht, darüber spricht Miriam Anlauf, Buying Director für Damen-Artikel und Boutique bei Peek & Cloppenburg Düsseldorf. Im Interview gibt sie auch einen Einblick in das derzeitige Flächenmanagement bei P&C und weltweite Lieferketten, denn sie verantwortet auch den Einkauf und die Strategie der Eigenmarken Christian Berg, Review und Montego gemeinsam mit den Kollektionsmanagern.
Frau Anlauf, wie läuft das Geschäft seit dem Ende des Lockdowns bei Peek & Cloppenburg ?
Miriam Anlauf: Für das gesamte Unternehmen kann ich sagen, es ist grundsätzlich noch schwierig mit den Umsätzen. Als am Anfang die Teilöffnungen waren, war es schwierig – unsere Sortimente kann man nicht auf 800 Quadratmetern darstellen. Als dann die Komplettöffnungen kamen, waren wir überrascht, dass die Frequenzen doch einigermaßen in Ordnung sind. Tourismusabhängige Standorte leiden weiterhin; es gibt kleinere Standorte in mittelgroßen Städten, die durchaus auch erfreulich laufen.
Welche Segmente laufen gut, welche weniger?
Durch den hohen Konfektionsanteil und viel Anlassmode in unseren Häusern leiden wir stark. Es gibt aber auch andere Bereiche, die eher casual und sportiv sind, hier verzeichnen wir gute Umsätze. Was deutlich über den Erwartungen läuft, ist der Young-Fashion-Bereich, der Boutique bei uns heißt. Alle Sportmarken wie Nike, Adidas, Champion, Ellesse und die großen Marken wie Tommy Jeans, CK Jeans, Levi’s, Guess und unser eigenes Brand Review laufen sehr erfreulich.
Auf welche Trends setzen Sie SS21?
Ich denke auf jeden Fall, dass es monochromer wird und die Sportivität bleibt. Es wird weiterhin viel Weiß geben und Braun und Rosttöne sind für die frühen Wareneingänge wichtig. Denim und Fake Leather werden als Material wichtig bleiben. Das wird im Herbst schon stark kommen und sich fortsetzen für die Frühjahrsmonate.
Die meisten Messen sind ausgefallen oder finden digital statt, auch Reisen sind mit Einschränkungen verbunden. Wie informieren Sie sich?
Wir versuchen jetzt natürlich, Recherchen über das Internet zu tätigen. Seitdem die Reiselockerung gilt, können die Teams zumindest innerhalb von Europa wieder unterwegs sein. Von Düsseldorf aus sind Amsterdam oder Antwerpen sehr gut zu erreichen – auch um sich in den Straßen inspirieren zu lassen und um ein Gefühl zu bekommen, wie sich die Saison Sommer 20/21 entwickeln kann. Aber weite Reisen oder der direkte Austausch auf der Messe findet nicht statt.
Vermissen Sie das Gefühl über die Messefläche zu gehen und neue Brands zu entdecken?
Grundsätzlich sind Einkäufer immer auf der Suche nach Inspiration und müssen Kleidungsstücke sehen und fühlen. Gerade für die Teams, die an der Kollektionserstellung unserer Eigenmarken arbeiten, sind Messen und Info-Reisen wichtig.
Das Thema Messe war für uns zum Teil aber auch ein Fragezeichen: Wie wichtig ist eine Messe noch? Das wurde in Deutschland die letzten Jahre immer wieder diskutiert. Es hatte nicht mehr so einen großen Stellenwert für den Einkauf im Fashionbereich.
Denken Sie, dass nach dieser Phase des notgedrungenen digitalen Orderns auch in Zukunft mehr online ablaufen wird?
Die Mischung macht es am Ende. Die aktuelle Zeit hat gezeigt, dass viele Dinge digital super gut machbar sind. Trotzdem ist die Mode eine haptische Branche, daher ist und bleibt es unerlässlich, Kleidungsstücke auch live zu erleben.
Mit welchen digitalen Möglichkeiten arbeiten Sie bei P&C?
Bei uns ist es so, dass wir grundsätzlich darauf angewiesen sind, was die Lieferanten uns zur Verfügung stellen. Für uns ist es toll, wenn uns der Lieferant wirklich eine gute Aufbereitung der Kollektion vorab zukommen lässt, also eine Art ‘Storytelling’ zur Kollektion, und bei den einzelnen Teilen wirklich bewegte Bilder dabei sind, damit man zum Beispiel sehen kann, wie das Teil fällt. Wenn wir eine 360-Grad-Ansicht mit bewegtem Bild haben, können wir sehen, wie der Stoff fällt und wie die Silhouette angezogen aussieht und uns damit ein besseres Bild machen.
Was machen Sie, wenn Ihnen die digitalen Angebote der Brands nicht genügend weiterhelfen?
Wenn uns das nicht ausreicht, sind die Lieferanten auch dazu bereit, dass wir unter strengen Bedingungen in einen Showroom gehen und uns die Musterteile anschauen. Da kommt es auch darauf an, wie groß das Limit ist, das wir ausgeben. Wenn wir ein sehr großes Limit ausgeben und einen Artikel in sehr hohen Stückzahlen einteilen, sind wir natürlich schon daran interessiert, dass der Artikel so ist, wie wir ihn uns vorstellen. Da ist es auch wichtig, ihn uns nochmal näher anzuschauen.
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Welche digitalen Angebote von Brands empfanden Sie bisher als hilfreich?
Levi’s hat es sehr gut dargestellt. Dann arbeiten wir auch mit sehr vielen kleineren, skandinavischen Marken zusammen, die hier schon weit vorne sind. Und natürlich als großer Player, der schon lange auf Digitalisierung umstellt, ist PVH zu nennen, wo wir Linien von Tommy Hilfiger und Calvin Klein kaufen. Die waren schon in der Vergangenheit sehr digital aufgestellt, und konnten das jetzt noch weiter vorantreiben, das läuft schon sehr professionell.
Die Pandemie hat nicht nur den Orderprozess verändert, sondern auch für Chaos in der Lieferkette gesorgt. Gab es auch Lieferverzögerungen bei den Eigenmarken von Peek und Cloppenburg?
Auf jeden Fall, das merken wir jetzt immer noch. Durch die stufenweise Schließung der Fabriken in den verschiedenen Ländern kam es zu Verschiebungen. Was jetzt wieder gut funktioniert, ist das was aus China kommt, weil alles dort wieder relativ normal läuft.
Trotzdem ist es so, dass in vielen Produktionsländern Ware zwar bereit steht, aber die Verschiffung nicht stattfindet, weil die Hafenmitarbeiter teilweise auch nicht gearbeitet haben. Da kommt es sicherlich die nächsten sechs bis acht Monate noch zu Verspätungen, weil Fabriken in einzelnen Ländern immer noch teilweise mit einer verminderten Besetzung arbeiten.
Wie gehen Sie in Zukunft mit Problemen in der Lieferkette um? Kommt eine lokalere Produktion in Frage?
Wir schauen auch gerade für die kommende Saison SS21, wo wir welche Aufträge platzieren, um auch dann zumindest einen Teil der Waren zu bekommen – falls es nochmal zu einem Lockdown kommt oder die Fallzahlen in einzelnen Ländern steigen. Wir setzen dabei auf unterschiedliche Länder.
Was ist im Moment das größere Problem: die Waren, die nicht ankommen oder die Waren, die übrig geblieben sind, weil die Läden geschlossen waren?
Das größere Problem ist die Ware, die bis zum Lockdown auf der Fläche war und dann fast acht Wochen lang nicht verkauft werden konnte. Wenn wir von dem Ready-to-Wear-Gedanken sprechen, war das ja noch winterliche Ware, die aus den Lieferterminen November, Dezember, Januar und Februar kam. Da sind auch hohe Strick- und Outdoor-Anteile dabei. Durch den Lockdown und das sommerliche Wetter war es sehr schwierig, die Ware jetzt zu verkaufen. Die Ware, die zu spät kommt, also die richtige Sommerware, die können wir jetzt bis August und bei gutem Wetter noch im September verkaufen.
Wie gehen Sie jetzt mit den Waren um, die Sie nicht verkaufen konnten? Beeinflusst das auch, wie Sie für SS21 einkaufen?
Wir sind bezüglich Warenaustausch auch auf unsere großen Partner zugegangen und haben versucht, gemeinsam Lösungen zu finden. Die Lieferanten haben auch sehr schnell reagiert als der Lockdown kam und für den Winter Produktionen storniert, so dass wir für Juli, August, September deutlich weniger Ware bekommen als wir ursprünglich geordert haben. Damit haben wir jetzt auf der Fläche mehr Raum, um die Produkte zu verkaufen, die im Moment noch da sind. Auf der anderen Seite wird uns die winterliche Ware, die sonst im August, September ausgeliefert wird, natürlich fehlen. Das ist ein zweischneidiges Schwert, aber wir mussten einfach schauen, was wirtschaftlich notwendig ist, um den größtmöglichen Schaden vom Unternehmen abzuwenden.
Wie beeinflusst die aktuelle Situation in der Modebranche Ihre Order für SS21?
Die Umstände beeinflussen unsere Order aktuell sehr stark aufgrund unserer Budgetierung. Aber auch auf Lieferantenseite mussten Kollektionsentwicklungen gestoppt werden und viele Lieferanten, die uns sonst zwei Kollektionen anbieten, Pre- und Main, haben uns die Pre-Kollektion gar nicht angeboten. Oder sie bieten die Pre- mit der Main-Kollektion an und haben die Kollektion insgesamt um 25 Prozent verringert.
Normalerweise würde die Auslieferung der Sommer-Kollektion mit November 2020 starten, aber dort, wo wir keine Pre-Kollektion angeboten bekommen haben, bekommen wir auch keine Ware. Unser Sommer startet bei fast 50 Prozent der Lieferanten im Januar, Umsätze, die wir sonst im November und Dezember tätigen, erreichen wir so eventuell nicht. Wir müssen also eine neue Rechnung aufmachen, weil unsere Saison erst im Januar startet.
In den vergangenen Monaten wurde der bisherige Modekalender und Pre-Kollektionen von vielen der Branche in Frage gestellt. Wie wünschenswert ist es, angesichts der fehlenden Umsätze aus dem Verkauf der Pre-Kollektionen, dass diese wegfallen oder die Saison später beginnt?
Grundsätzlich ist es schon wichtig, dass wir uns weiter in Richtung Ready-to-Wear und Bedarf orientieren. Wir wissen nicht, wie sich dieses Jahr entwickelt, aber normalerweise sind die Monate November und Dezember sehr frequenzstarke Monate. Es ist wichtig, darauf zu achten, wie lange der Kunde keine neue Ware mehr gesehen hat, denn wir möchten dem Kunden immer einen neuen Anreiz geben, zu uns in den Laden zu kommen.
Vor dem Hintergrund ist zumindest ein kleiner Anteil, der frühzeitig in die Läden kommt, für bestimmte Bereiche extrem wichtig. Da spreche ich von Premium-Bereichen, wo die Kundin früher gewillt ist, auch Teile zu kaufen, die etwas sommerlicher sind. Wenn wir uns im Mainstream-Bereich bewegen, brauchen wir das vielleicht nicht unbedingt. Es hängt vom Modegrad des Genres ab, ob ich schon früh viel neue Ware brauche oder ob es reicht, dass der Sommer bei uns im Januar, Februar, März anfängt.
Stichwort Modegrad: Sind Sie vorsichtiger beim Ordern für SS21 geworden und setzen weniger auf trendige Kleidungsstücke?
Das ist ein schmaler Grat. Wenn man nur NOS kauft, sind die Sortimente langweilig. Die Kunden kaufen aktuell schon auch modisch und mutig, wenn sie kaufen, und sind auch modisch interessiert. Man muss da einen Zwischenweg finden: Wir müssen schauen, dass wir sichere Sortimente haben, die natürlich nicht zu modisch sind. Wenn wieder etwas passiert, ist die Kleidung, die modisch ist, am schwierigsten im Abverkauf.
Von der allgemeinen Herangehensweise sind wir vorsichtig, das ist auch geboten. Der Anteil an NOS und Basics kann noch gesteigert werden, da kommt es am Ende auch darauf an, was die Lieferanten anbieten. Wir beschäftigen uns auch mit dem Thema Nachhaltigkeit, denn es gibt viele, die sich in der Zeit von Corona auch Gedanken gemacht haben, was das für sie bedeutet. Wir wollen den Part auch stärken und dann noch einen Teil im Sortiment haben, der zeitlos ist.
Sie haben auch das Thema Nachhaltigkeit erwähnt. Wie wollen Sie es weiter ausbauen?
Wir setzen uns schon lange mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinander, auch im Bereich Eigenmarke. Wir sind auf dem Weg, Anteile aus den Kollektionen nachhaltig zu produzieren. Organic Cotton ist bei unseren Eigenmarken teilweise schon Standard. Wir sind auch daran interessiert, mehr nachhaltige Marken einzukaufen. Mit Armedangels arbeiten wir beispielsweise schon zusammen, unsere Einkaufsteams sind auch gefragt, mehr Marken zu suchen, die komplett nachhaltig sind.
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Bild: P&C Weltstadthaus Düsseldorf © Markus Kaiser / Miriam Anlauf: © Mike Henning