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Von Hachmeister + Partner bis Lodenfrey: Die Digitalisierung im Modehandel

Von Ole Spötter

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Einzelhandel
Klaus Harnack beim BTE-Kongress „Fashion-Emotion 4.0“. Foto: BTE

Der Modehandel befindet sich im Wandel und schon seit einiger Zeit geht an der Digitalisierung, ob nun mit E-Commerce oder hybrid im stationären Handel, kein Weg mehr dran vorbei. Wie der Retail sich auf diese Veränderungen vorbereiten kann, um die Kundschaft auch weiterhin abzuholen, erklärt Klaus Harnack vom Beratungsunternehmen Hachmeister + Partner.

Als Keynote-Speaker stellt er beim BTE-Kongress „Fashion-Emotion 4.0“ acht Thesen über die Digitalisierung in der Fashionbranche auf. Wie es in der Praxis aussieht und welche Schwierigkeiten dem Modehandel aktuell noch begegnen, zeigen die Modehändler Lodenfrey, Jaacks Fashion und Frey auf.

1. Der Modehandel ist kein reiner Modehandel mehr

Als Reaktion auf den wachsenden Onlinehandel mit Big Playern wie Amazon und Alibaba müssen die großen Modehändler, die nur Bekleidung anbieten, sich mit “neuen, spannenden Sortimenten beschäftigen”, sagte Harnack bei seiner Präsentation. Daher würden erfolgreiche Modehändler auf die Lifestyle-Komponente setzen und diese in den physischen Store und Onlineshop integrieren. Dazu zählen zum Beispiel ein Beauty-Segment, eine Literatur-Ecke und Aktivitäten für den Sportswear-Bereich. „Es geht darum, diese Spannung zu erzeugen”, so der Experte. „5000 Quadratmeter nur ‘Klamotte’ ist einfach boring.”

Wie Modeanbieter diesen Ansatz umsetzen:

2. Geschäftsmodell muss digitalisiert werden

Die Effizienzsteigerung durch die Digitalisierung sei die Möglichkeit für Modehändler zu wachsen.

Der Druck, positive Ergebnisse zu erzielen, sei aktuell so hoch, dass es nur durch eine Effizienzsteigerung durch die Digitalisierung möglich sei, zu wachsen. Eines der Probleme der Modebranche sei es, dass keine kollaborative Planung zwischen Handel und Industrie besteht. Außerdem dauert der Zeitraum von der Produktidee bis zur Auslieferung zu lang. Es müsse schneller umgesetzt werden, sonst werde man “noch in Jahren neidisch auf die Zaras dieser Welt gucken”, so Harnack. Flächen müssen gemeinsam bespielt werden.

Die Digitalisierung des Never-out-of-Stock-Bereichs könnte dabei ein erster Schritt sein. Durch die Berechenbarkeit dieses Bereiches lassen sich auf Künstlicher Intelligenz basierte Systeme einsetzen, die den Einkauf entlasten. Es geht nach Harnack darum, die Vertriebskosten zu halbieren und die Ersparnisse an den Handel und ins Produkt weiterzugeben.

Auch Ralf Mager ist der Zusammenhalt zwischen Industrie und Händler wichtig, allerdings sieht der Lodenfrey-CDO auch immer noch Probleme bei der Einhaltung von Lieferterminen.

3. Händler sind "Reichweitenverlängerer" für die Brands

Zwar gibt es Marken wie Nike die ohne Modehändler auskommen und D2C “teilweise rücksichtslos gegen den Handel” spielen, allerdings bräuchten 95 Prozent der Marken, die “Platzhirsche und Department Stores” als Verbindung zur Kundschaft, ist sich Harnack sicher. Diese Verknüpfung zwischen Marke und Kund:innen müsse dann allerdings auch durch das Kundenwissen und geeignete Tools wie Social Media und die eigene App gewährleistet werden. „Am Ende werden CRM und Kundendaten wichtiger als Warenwirtschaftsdaten”, so der Experte weiter.

4. Die Mitte zwischen E-Commerce und stationären Handel

Der eigene Onlineshop spielt im Bereich der Digitalisierung natürlich auch eine wichtige Rolle. Viele Händler:innen seien allerdings aus dem stationären Geschäft in den E-Commerce-Bereich “rein gestolpert”, beobachtete Harnack. Um den Traffic im Onlineshop voranzutreiben, wurden dann verschiedene und oftmals teure Aktionen wie SEO-Maßnahmen und Discounts durchgeführt. Laut dem Experten wurde dabei die Mitte zwischen stationärem Handel und E-Commerce – Social Media, CRM und Kund:innen-App – vernachlässigt.

Jaacks Fashion hat sich für das volle Paket entschieden: Social-Media-Marketing, Newsletter sowie App mit digitaler Kundenkarte und Bonusscheck-System. Aktuell nutzen 75 Prozent der Kundschaft auch die App, erklärt Ralf Jaacks. Ein weiteres Feature, das die Brücke zwischen physisch und digital schafft, ist die Push-Benachrichtigung für App-Nutzende. Die Nachricht erscheint nach dem physischen Einkauf auf den Geräten, wodurch Kund:innen das Gefühl bekommen, dass sich Händler:innen auch nach dem Geschäft weiterhin für sie interessieren, so der Jaacks-Inhaber. Der Modehändler aus Timmendorfer Strand integriert dabei einen Fragebogen, der die Beratung der Kundschaft verbessern soll.

5. Verkaufsmitarbeitende sind Zentrum des Omnichannels

Um einen anderen Weg, als die großen Onlinehändler zu gehen, sollten die Modehändler bei ihrem Omni-Channel-Ansatz die Mitarbeitenden mehr ins Zentrum rücken, so ​​Harnack. Dabei wird das Verkaufspersonal zu Stylist:innen, die die Kundschaft – mit Zugriff auf Kundenprofile inklusive Kaufhistorie, Präferenzen und Social-Media-Accounts sowie KI-basierte Empfehlungen – individuell beraten kann. Zusätzlich kann das Personal über das Smartphone direkt Lagerbestände abfragen und Zahlungen abwickeln, wodurch das Kassensystem eingespart wird.

Für Lodenfrey-Digitalchef Mager ist es bei einem digitalen Ansatz im stationären Handel wichtig, dass das Verkaufspersonal die Beratung in die Hand nimmt. Es soll mit den digitalen Möglichkeiten des Stores wie Touchpoints mit den Kund:innen interagieren, bevor die Kundschaft zu stark mit ihren eigenen Geräten agiert, die sie anderweitig ablenken könnten.

6. Digitale Markenflächen sind die Zukunft des Multibrand-Handel

Diese Kompetenz des Verkaufspersonals muss aber auf den speziellen Markenflächen innerhalb eines Modehändlers bestehen. Für die Kundschaft ist es wichtig, dass sie sich in diesem Bereich genauso gut beraten fühlt wie im eigenen Flagship der Marke. Daher müssen die Mitarbeitenden mit dem digitalen Storytelling der Marke vertraut sein, um es an die Kundschaft weiterzugeben.

Aber auch beim Sortiment sind die Erwartungen an die Verkaufsfläche beim Modehändler genauso groß wie beim eigenen Flagship der Marke. Diese Flagship-Flächen sollen daher als Zentrum der Stores dienen, die von einer individuellen kuratierten Fläche umgeben werden, so Harnack.

Frey analysiert in einem Pilotprojekt die Flächen-Performance. Mit Hilfe der Technologie von Ariadne Maps kann der Einzelhändler beispielsweise so auch kleinste Teilbereiche messen. Durch die Analyse der Aufenthaltsdauer und Frequenz der Kundschaft kann das Unternehmen so seine Verkaufsfläche besser ausrichten, erklärt Freys Marketingchef Sebastian Sprödhuber.

7. Professionalität und Qualität von Daten

Das Fundament der digitalen Ausrichtung sei die Professionalität und Qualität von Daten beim Artikelstamm und Bilddaten, bei den Kundendaten sowie den Lieferantendaten. Dadurch kann die Kooperation mit der Industrie verbessert werden. Außerdem sei eine detaillierte Trendanalyse wichtig, um genau zu verstehen, wohin der Trend für ein einzelnes Stück geht und bessere Einkaufsentscheidungen zu treffen, so Harnack.

8. Kanalübergreifende Beobachtung

Durch den Omnichannel-Ansatz reiche es nicht mehr, nur noch auf den stationären Handel zu schauen, sagt Harnack. Es ist auch wichtig, was auf Social Media geklickt wird und im E-Commerce gut läuft. Diese drei Bereiche müssen also parallel beobachtet und mit spezifischen Key Performance Indicators verfolgt werden, um das Sortiment besser zu steuern.

Mager ist davon überzeugt, dass Modehändler flexibel in ihren Strukturen sein müssen. Bei Lodenfrey wurde das E-Commerce-Geschäft Stück für Stück parallel neben dem Stammhaus als eigener Bereich aufgebaut. Erst durch Corona sei dann im Unternehmen das Verständnis für das E-Commerce-Geschäft und die Verbindung zum stationären Handel gekommen, wodurch Strukturen wie Marketing und Logistik zusammengeführt wurden. Die Branche solle nicht in Kanälen, sondern wie ihre Kundschaft denken, so Magner.

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