• Home
  • Nachrichten
  • Einzelhandel
  • Westfield enthüllt Einzelhandelstrends des nächsten Jahrzehnts

Westfield enthüllt Einzelhandelstrends des nächsten Jahrzehnts

Von Simone Preuss

Wird geladen...

Scroll down to read more

Einzelhandel

Die Shopping Centre Group Unibail-Rodamco-Westfield hat in ihrem jüngst veröffentlichten Bericht „Westfield How We Shop: The Next Decade“ enthüllt, was die voraussichtlich größten Einzelhandelstrends des nächsten Jahrzehnts sein werden. Traditionelle Einzelhändler, die wenig von der Verzahnung verschiedener Kanäle halten und auf den reinen Verkauf setzen, sollten sich vorbereiten, denn Westfield sagt für 2025 eine Experience-Trendwende voraus, wenn mehr als die Hälfte der Einzelhändler auf Erlebnisse setzen - der sogenannte „Upside-Down“ Einzelhandelstrend. Daneben hat Westfield vier weitere Trends wie „Anti-Prescription“; „Self-Sustaining Stores“; „Retail Surgery“ und „Locally-Morphed Retail“ identifiziert, die der Einzelhandel unbedingt einplanen sollte.

Der Bericht ist Unibail-Rodamco-Westfields bisher größter Report über Einzelhandelstrends und zeigt repräsentativ die Bedürfnisse und Wünsche von 15.700 Verbrauchern in zehn Ländern Europas auf – nämlich in Frankreich, Großbritannien, Spanien, Deutschland, Österreich, Schweden, Polen, Tschechien, Italien und den Niederlanden - die im Juni und Juli 2019 befragt wurden. Er prognostiziert die fünf wichtigsten Trends, die die Branche in den nächsten zehn Jahren prägen werden.

Deutsche sind an allen identifizierten Einzelhandelstrends interessiert

„Der 'Westfield How We Shop: The Next Decade'-Report ist eine der größten europäischen Studien zu den Einkaufsgewohnheiten der Verbraucher und eine Premiere für die Branche. Die Bedürfnisse der Kunden von heute und morgen zu verstehen, ist Teil unseres Bestrebens, die Branche voranzutreiben und sicherzustellen, dass sich Besucher in unseren Destinationen wohl fühlen und sich Einzelhändler und Marken erfolgreich entwickeln können“, kommentierte Christophe Cuvillier, Group CEO von Unibail-Rodamco-Westfield.

„Die wichtige Rolle des physischen Stores verändert sich und Einzelhändler müssen sich im kommenden Jahrzehnt neu erfinden, um relevant zu bleiben. Einzelhändler, die führend im Bereich von Nachhaltigkeit sind, mehr Raum für Erlebnisse schaffen, ein breites Produktspektrum online wie offline anbieten, präzise Produktempfehlungen auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse liefern und lokal denken und agieren, werden davon profitieren“, fügte Marketingchefin für Europa, Myf Ryan, und Direktorin der Gruppe für Brand and Strategic Marketing hinzu.

Upside Down Retail

Käufer wollen heutzutage, dass 40 Prozent der Verkaufsflächen Erlebnissen gewidmet sind, so Westfield, und identifiziert Upside Down Retail als einen Trend, der sich weiter fortsetzen wird. Wendepunkt wird das Jahr 2025 sein: Bis zu diesem Zeitpunkt erwarten 59 Prozent der Verbraucher, dass mehr als die Hälfte der Einzelhandelsflächen für Aktivitäten vorgesehen sind. Drei Viertel aller Käufer (75 Prozent) prognostizieren diesen Wandel bis spätestens 2027. 42 Prozent aller europäischen Verbraucher und fast die Hälfte der spanischen, französischen und tschechischen Käufer wünschen sich mehr kreative Erlebnisse – vom Studio, in dem man eigene Podcasts erstellen kann, bis hin zu Videospielen. „Mit dem Anstieg von Co-Working in ganz Europa nutzen fast 30 Prozent der Stadtbewohner Geschäfte auch als Orte zum Arbeiten oder Lernen. In Warschau beträgt der Anteil fast 50 Prozent“, fand der Bericht heraus.

Überdurchschnittlich viele deutsche Verbraucher wünschen sich kreative Erlebnisse, gefolgt von gesundheitsorientierten Angeboten wie Meditationskurse oder Gaming-Experiences wie beispielsweise VR-Welten. „Neben einem höheren Erlebnisfaktor wünschen sich die deutschen Verbraucher auch, dass Stores künftig mehr Waren anbieten, die sie beeindrucken und zum Staunen bringen. Es sehnt sich etwa die Hälfte aller Berliner Konsumenten nach Produkten, die sich selbst reparieren können. 40 Prozent aller Deutschen wollen technische Innovationen, die das gesamte Erlebnis unterhaltsamer machen“, so der Bericht.

Anti-Prescription

Mit „Anti-Prescription Retail“ meint der Bericht einen Trend gegen die zunehmende Automatisierung: Verbraucher wollen weiterhin selbständig Kaufentscheidungen treffen und suchen die Atmosphäre einer physischen Verkaufsumgebung, besonders da sie unzufrieden mit ungenauen Produktempfehlungen beim Online-Shopping sind - in der Tat mehr als 143 Millionen in den wichtigsten europäischen Städten, so der Bericht.

„Rund 56 Prozent der Käufer in ganz Europa sind mit Online-Empfehlungen nicht zufrieden. Anhand der Länder Polen (70 Prozent), Spanien (63 Prozent) und Österreich (62 Prozent), die diesbezüglich die höchste Unzufriedenheitsrate aufweisen, zeigt sich, wie wichtig es ist, den Kunden wirklich zu verstehen“, rät Westfield. Onlinemarken reagieren darauf, indem sie ihre ersten Schritte auch im physischen Einzelhandel wagen, um die Bindung zu ihren Konsumenten zu vertiefen.

Speziell für Deutschland fand die Untersuchung heraus, dass ein vorgeschriebene Einkaufserlebnisse deutsche Kunden „frustrieren“: „Mehr als die Hälfte der Befragten ist enttäuscht von ungenauen Online-Empfehlungen. Das ist mehr als im europäischen Durchschnitt. Fast die Hälfte möchte lieber das gesamte Sortiment durchstöbern als vorausgewählte Kollektionen. Die große Mehrheit der Deutschen mag das Gefühl des analogen Shoppings. Zwei Drittel von ihnen gehen gerne aus Spaß Bummeln. Wenn sie in physischen Geschäften einkaufen, tätigen zwei Drittel der deutschen Verbraucher – auch die in Berlin – Impulskäufe.“

Self-Sustaining Stores

Hiermit sind Läden gemeint, die Selbstversorger sind, was Ressourcen wie zum Beispiel Energie angeht. Verbraucher sind sich zunehmend ihrer ökologischen Auswirkungen auf den Planeten bewusst und erwarten dementsprechend auch von Marken und dem Einzelhandel, ihnen zu helfen, eine nachhaltigere Zukunft zu gestalten. Es ist gerade dieser Bereich, der dem Einzelhandel viele Möglichkeiten bietet, wie die folgenden Beispiele zeigen.

Die Studie fand heraus, dass 290 Millionen Käufer in ganz Europa von Läden verlangen, in Zukunft Selbstversorger zu sein. „Insbesondere große Unternehmen müssen bei einer Umstellung auf ein autarkes Ladenmodell ihre Infrastruktur erheblich verändern. Kleinere, flexiblere Start-ups werden wahrscheinlich hier die Führungsrolle übernehmen und größere Unternehmen unter Druck setzen, ihrem Beispiel zu folgen“, erwartet Westfield.

Erstaunliche 71 Prozent der befragten Verbraucher wünschen sich zudem, dass Marken ihre Produkte im Laden direkt vor den Augen der Verbraucher herstellen oder Produkte bereits vorher im Laden erstellen, um Abfälle zu minimieren. Für Westfield ein Anzeichen dafür, dass der Trend in Richtung Factory-Stores geht.

60 Prozent der europäischen Konsumenten wollen zudem auch Einwegkunststoffe verbieten, wobei die Zustimmungsrate für diese Forderung in Österreich, Spanien, Deutschland, Großbritannien und Polen über dem europäischen Durchschnitt liegt. Andere energie- und ressourcensparende Maßnahmen der Zukunft sind zum Beispiel Kleingärten auf dem Dach, auf denen Zutaten angebaut werden können, Zero-Waste-Verpackungslösungen und ein Punkteprogramm, mit dem Kunden für umweltfreundliche Praktiken belohnt werden.

Interessant sollte für den Einzelhandel auch sein, dass der Wunsch, Produkte zu mieten, ebenfalls zu den wachsenden Trends europäischen Verbraucher gehört und ein wichtiger Schritt ist, um den Laden der Zukunft noch nachhaltiger zu gestalten. „Die Bereitschaft zu mieten statt zu kaufen ist unter spanischen, polnischen, schwedischen und italienischen Verbraucher besonders hoch und liegt über dem europäischen Durchschnitt von 45 Prozent. Autos, Roller, Haushaltsgegenstände, Möbel, Mode und Beauty-Artikel gehören zu den potenziell beliebtesten Mietartikeln. … Über ein Viertel der Deutschen würde darüber hinaus auch Mode- oder Beauty-Produkte mieten“, fand die Studie heraus.

Retail Surgery

Mit „Retail Surgery“ ist der Trend gemeint, dass Einzelhändler anfangen werden, wie Hausärzte zu handeln, indem sie „spezifische, personalisierte und genaue“ Lösungen „verschreiben“, die den Alltag der Kunden verbessern. Das heißt, dass der Einzelhandel auf der Grundlage von Fakten und nicht von Vermutungen genau diagnostizieren sollte, was ein Käufer braucht. „Etwas mehr als die Hälfte (51 Prozent) der Käufer geht in Geschäfte, um sich persönlich beraten zu lassen und so das ideale Produkte für sich zu finden. Der Retail-Surgery-Markt von morgen könnte europaweit einen Wert von bis zu 4 Billionen Euro pro Jahr generieren“, sieht Westfield voraus.

In Deutschland, vor allem in Berlin, ist das Interesse an Retail Surgery groß, fand die Untersuchung heraus: „Die Hälfte der Kunden wünscht sich persönliche Beratungen, die ihnen helfen, die perfekten Produkte für sie zu finden. Es besteht außerdem eine große Nachfrage nach Einzelhändlern, die DNA-Tests oder andere Gesundheitsmessungen anbieten, um bessere Empfehlungen, etwa zu Ernährungsplänen oder Gesundheitsprodukten, bieten zu können. Ein Drittel der Berliner Verbraucher und mehr als ein Viertel der Deutschen würde solche Angebote in Anspruch nehmen.“

Locally Morphed

Der Trend hin zu Lokalität wird die bestehenden Einzelhandelsdestinationen verändern. Sie müssen sich ihrer Umgebung anpassen und auf die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung eingehen. So äußeret fast die Hälfte der heutigen Verbraucher den Wunsch, stärker mit den Menschen aus dem eigenen Viertel verbunden zu sein. „Sieben von zehn Käufern geben an, dass sie sich von den Einzelhandelsumgebungen der Zukunft wünschen, die Bedürfnisse der Individuen und Gemeinschaften aus der näheren Umgebung widerzuspiegeln. Dies ist insbesondere in Spanien und Italien der Fall, wo sich drei Viertel der Befragten wünschen, dass die Einkaufslandschaften den Wünschen der lokalen Bevölkerung entsprechen“, so der Bericht.

„Beinahe zwei Drittel der deutschen und Berliner Verbraucher wünschen sich künftig Einkaufsumgebungen, die sich stärker an ihrer Kundschaft orientieren. Die Deutschen schätzen lokale Marken sehr. Mehr als die Hälfte aller Konsumenten, darunter auch die in Berlin, bevorzugt in ihrer idealen Einkaufsumgebung lokale Brands statt bekannter Marken. In dieser Hinsicht ist Deutschland einer der progressivsten Märkte“, fand der Bericht.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass jeder der fünf Trends - erlebnisreich, physisch präsent, nachhaltig, kundenzentriert und lokalisiert - Chancen, aber auch Herausforderungen für den Einzelhandel darstellt. Der traditionelle Einzelhandel, in dem Kunden im Laden selbst suchen und hoffentlich finden, was sie suchen und es ohne große Interaktion kaufen, scheint passé und Einzelhändler sind gefragt, das Erlebnis im Laden so angenehm und informativ, aber auch auf den Kunden zugeschnitten wie möglich zu machen.

Foto: Self-sustaining Store / Unibail Rodamco Westfield

Einzelhandel
Einzelhandelstrends
Unibail-Rodamco-Westfield
Westfield