Berlins letzte Hoffnungsträgerin: Modemesse Seek feiert Debüt in neuer Rolle
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Am Dienstag öffnete die Modemesse Seek in der Hauptstadt ihre Tore für die Fachbesucher:innen. Die Plattform für moderne Freizeitkleidung, Denim und nachhaltige Marken gibt es zwar schon seit 2009, doch diesmal findet sie sich in einer ganz neuen Rolle wieder: Erstmals muss die Seek praktisch allein den Messestandort Berlin für die Modebranche am Leben erhalten.
Nach dem Aus der Premium steht die Seek besonders im Fokus
Seit November war klar, dass die Muttermesse Premium eingestellt würde, andere Veranstaltungen wie die Panorama, die Selvedge Run oder gar die Riesenveranstaltung Bread & Butter, die früher gemeinsam Zehntausende von internationalen Besucher:innen zur Modewoche in die Hauptstadt locken konnten, hatten schon im Laufe der vergangenen Jahre aufgegeben. Auch die Laufsteg-Schauen der Berlin Fashion Week, die traditionell meist zeitgleich mit den Messen stattfanden, stehen diesmal erst Anfang Februar auf dem Programm.
Kontinuität schafft bei allen Umbrüchen immerhin die Location. Die als „The Station“ bekannten historischen Hallen des früheren Postgüterbahnhofs am Gleisdreieck waren jahrelang das Domizil der Premium – abgesehen von zwei Abstechern auf das Messegelände am Funkturm in der City West nach der pandemiebedingten Pause.
Die Messe präsentiert sich übersichtlich und homogen
Doch schon im vergangenen Sommer hatte die Seek sich dort einquartiert – seinerzeit noch zusammen mit der Premium. Durch die Einstellung der früheren Hauptmesse ist der Platzbedarf nun allerdings geringer. Die Seek mit ihren diesmal knapp 200 ausstellenden Marken bespielt nur noch eine Halle des weitläufigen Gebäudekomplexes und nutzt dazu ein paar Nebenräume als Garderobe und für Podiumsdiskussionen.
Im benachbarten Kühlhaus hat sich erneut der Union-Showroom angesiedelt, der zusammen mit der Seek auch erstmals den gemeinsamen Bereich „The Junction“ ausrichtet.
So wirkt auf dem Gelände diesmal alles kompakter. Auch in der Messehalle wird durch den Verzicht auf eine Segmentierung und besondere Aktionsflächen unnötige Kleinteiligkeit vermieden. Die zum „Conscious Club“ gehörenden nachhaltigen Labels, die immerhin fast die Hälfte des Portfolios ausmachen, mischen sich daher ganz selbstverständlich unter ihre konventionellen Mitaussteller:innen.
Der Community-Gedanke rückt noch stärker in den Vordergrund
Wohltuend homogen ist auch das Spektrum der Marken, von denen immerhin 45 Prozent erstmals auf der Messe vertreten sind. Große internationale Labels aus dem Sportswear-Segment, die früher zum Standardprogramm der Seek gehörten, sind kaum noch zu finden. Stattdessen konzentriert sich das Angebot neben einigen Stammgästen wie Lyle & Scott, Sandqvist und Veja weitgehend auf sorgfältig ausgewählte Marken abseits des kommerziellen Mainstreams.
Schließlich versteht sich die Messe nach den Worten der Veranstalter:innen als „Bühne für eine progressive und zukunftsorientierte Generation von Player:innen, die neue Werte, Visionen und Chancen für die Modebranche mitbringt und fördert“. Dieser Ansatz kommt nun, da die Seek für sich steht und nicht mehr nur als Juniorpartnerin der etablierten Premium wahrgenommen wird, umso klarer zum Ausdruck.
Auch dem Community-Gedanken, der bei der Seek immer schon eine tragende Rolle spielte, kann die neue Kompaktheit nur guttun. Messechefin Maren Wiebus hatte diesen Aspekt im Vorfeld noch einmal hervorgehoben: „Menschen müssen einander treffen – jetzt und in der Zukunft – um Dinge zu tun, die getan, erlebt, besprochen, verbunden, erlernt und verlernt werden müssen. Für den Ort, der das organisiert bekommt, gibt es eine Zukunft. Und dieser Ort, das ist die Seek“, betonte sie in einem Statement.
Die Seek will für „gelebte Veränderung“ in der Modebranche stehen
Und am Eröffnungstag wirkte das reichlich erschienene Publikum, das sich immer schon von der traditionelleren Klientel der Premium unterschied, auch entsprechend gemeinschaftsbewusst. Das wurde besonders bei den Gesprächsrunden zu aktuellen Themen der Modeindustrie deutlich, die im Zeichen der erhofften oder von den Rahmenbedingungen erzwungenen Umbrüche in der Textilindustrie standen.
Ganz ausdrücklich will sich die Messe an die Spitze dieser Wandlungsprozesse stellen. Die Seek stehe „für gelebte Veränderung, neue Chancen und eine Community, die bereit ist, sich den ständig neuen Bedürfnissen anzupassen und dabei neue Wege zu erkunden“, hatten die Veranstalter:innen im Vorfeld betont. Angesichts des geschäftigen Treibens in den Hallen am Dienstag ergab sich jedenfalls der Eindruck, dass die Messe mit diesem Anspruch auch allein in Berlin bestehen kann.
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