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SS24-Trendvorschau der Womenswear: Die Entwicklung des Feminismus in der Mode

Von Rachel Douglass

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Mode

Bild: H/W23-Kollektionen von (v.l.n.r.) Versace, Roberto Cavalli und Andreas Kronthaler für Vivienne Westwood. via Launchmetrics Spotlight

Rebellion in Verbindung mit Feminismus war schon immer ein Teil der Mode. Das zeigt sich regelmäßig in darin, wenn Designer:innen feministische Aussagen zitieren, sei es auf dem Laufsteg in Form von Protesten – man denke an Karl Lagerfelds Chanel F/S15-Show – oder in Form von Statements in der Kleidung selbst – wie in bedruckten T-Shirts mit feministischen Slogans.

Im Laufe der Zeit hat sich die Ästhetik des Feminismus in der Mode weiterentwickelt und die Modehäuser beginnen, neue Wege zur Darstellung weiblicher Selbstbestimmung zu erkunden. Die Kollektionen für Herbst/Winter 23 wiesen daher sehr unterschiedliche Ansätze auf. Einige Kollektionen bezogen sich auf feministische Klassiker, wie den Power Suit, während andere auf die Kraft von Dessous setzten, um den weiblichen Körper und seine Ermächtigung zu feiern.

Patricia Maeda, Director of Womenswear bei Fashion Snoops, bewertet diese neuen Trends im Gespräch mit FashionUnited: „Durch die sozialen Medien, die in Echtzeit Zugang zu den neuesten Produkten und Mikroströmungen bieten, sind die Modetrends von heute viel breiter aufgestellt – und wechseln schneller als früher. Es gibt zwar Raum für die Koexistenz all dieser verschiedenen Trends, aber es ist klar geworden, dass die oberste Entscheidungsebene der Modehäuser heute ein starkes Gespür dafür hat, wer ihre Kund:innen sind und was sie kaufen. Deshalb liefern sie die Trends in markengerechter Optik, die letztlich eine andere Ästhetik annehmen können.“

Hexen haben das Sagen

H/W 23 Kollektionen von (v.l.n.r.): Aniye Records, Acne Studios und Victoria Beckham. Bilder: Launchmetrics Spotlight

Im vergangenen Jahr nahm die Verbindung zwischen Hexerei und Feminismus modisch neue Formen an, als Hexen zu den ultimativen „modernen Feministinnen“ aufstiegen. Der Wandel wurde durch eine Reihe neuer Filme und Bücher zu diesem Thema angestoßen und sickerte schließlich auch in die Modewelt durch, was sich zunächst auf die Kollektionen für die Frühjahr/Sommer-Saison 2023 auswirkte – beispielsweise im schwarzen Witwen-Look von Versace. Die Gothic-Ästhetik setzte sich auch in den HW23-Kollektionen fort, als Labels wie Aniye Records und Acne Studios ebenso provokante Looks präsentierten – oft mit Symbolen wie Kreuzen oder Flammen verziert. Dieser Trend wurde maßgeblich von der ehemaligen Domina und Schauspielerin Julia Fox angetrieben, die so etwas wie ein Aushängeschild für diesen Look geworden ist.

Und es scheint, dass wir in der kommenden Saison noch mehr vom Okkulten erwarten können, wie der Trendforscher des Deutschen Mode-Instituts, Carl Tillessen, vermutet. Während seines Trendvortrags stellte Tillessen eine Veränderung der Musen der Designhäuser fest, die „nicht nur Engel, sondern auch gefallene Engel auf den Laufsteg schicken”. Er fügte hinzu, dass die Menschen wieder in der Lage seien, sich zu ihren moralischen Ambivalenzen zu bekennen, und merkte an: „Es geht um unzensierten und hemmungslosen Sex für Fortgeschrittene".

Dessous werden zur Oberbekleidung

H/W 23 Kollektionen von (v.l.n.r.): Dilara Fındıkoğlu, Miu Miu und Dsquared2. Bilder: Launchmetrics Spotlight

Der Platz von Lingerie in der Alltagsgarderobe ist zwar nicht gerade neu, aber der zunehmende Einsatz von Lingerie in Laufstegkollektionen deutet darauf hin, dass sich die Sichtweise auf diese Kleidungsstücke in der Modewelt geändert hat. In den Augen der Modeschöpfer:innen ist das Zeigen von Haut eine Form von Body-Positivity und Selbstliebe. Die weibliche Figur wird unterstrichen, was auch als eine Reaktion auf den Y2K-Trend gesehen werden kann, der die Branche in den letzten Jahren beherrscht hat. Eine der Befürworterinnen dieses Trends ist die LVMH-Preisträgerin Nensi Dojaka, deren lingerieähnliche Konfektionskleidung ihr einen Hype in der Branche eingebracht hat. In einem Gespräch mit dem Fachmagazin WWD sagte Dojaka, dass das Zeigen des Körpers eher als Trend begann und dann zu einem Statement der Ermächtigung wurde und den weiblichen Körper ‘akzeptabel‘ macht, anstatt entweder Angst [vor seinem Anblick] zu haben, oder ihn zu sexualisieren.

Im Vergleich zu anderen Formen des Feminismus auf dem Laufsteg zeigt der Dessous-Trend eine etwas sanftere Interpretation des Konzepts, die sich teils durch Pastellfarben und leichte Materialien wie Chiffon oder Spitze auszeichnet. Maeda von Fashion Snoops stellt fest: „Die Hinwendung zu einer feminineren und weicheren Ästhetik zeigt den wachsenden Wunsch, sich von den starren patriarchalischen Strukturen zu lösen und einen softeren Ansatz zu wählen. In der gegenwärtigen Gesellschaft [in den USA], in der die körperliche Autonomie der Frauen eingeschränkt und bestraft wird, wird die Rückbesinnung auf die Weiblichkeit zu einem wichtigen Akt der Emanzipation. In dieser Kultur kann Kleidung wichtige Teile der Erfahrung weiblicher Identität offenbaren, von der ermächtigenden Körperdarstellung durch Layering bis hin zur Rückeroberung sexualisierter Körperteile mit Hilfe der entblößten Dessous.“

Power Suits kehren zurück – aber subtiler

H/W 23 Kollektionen von (v.l.n.r.): Bottega Veneta, Balmain und Alexander McQueen. Bilder: Launchmetrics Spotlight

Anfangs wurde der Power Suit für Frauen entworfen, die sich in einer von Männern dominierten (Arbeits-)Umgebung behaupten mussten. Der Zweiteiler wurde als Look vermarktet, den jede Frau brauchte, die im Laufe des 20. Jahrhunderts in den Arbeitsmarkt eintrat und dort ihre Daseinsberechtigung demonstrieren musste. Heute hat sich die Bedeutung des Anzugs mit den Ansprüchen der aktuellen Zeit dramatisch verändert. Die Grenzen seiner Bedeutung verschwimmen und er wird immer weniger zum Machtsymbol. Das Wiederaufleben des Anzug-Trends geht einher mit dem Quiet Luxury-Trend, der in den letzten Monaten die Mode erobert hat. Dabei handelt es sich um eine Ästhetik, die sich durch subtile, zurückhaltende Labels definiert, die gänzlich ohne Logos auskommen, aber dennoch der Inbegriff von hoher Qualität sind.

Die Trendforscherin Hilde Franq verwies in ihrem Trendvortrag für SS24 darauf, in dem sie die Rückkehr des „echten Luxus“ mit dem derzeitigen instabilen Klima in Verbindung brachte, da sich die Menschen in einer turbulenten Zeit auf die Sicherheit der Vergangenheit besinnen. Für Franq wird sich dies in der kommenden Saison in einem subtilen und raffinierten Luxus äußern, der durch hochwertige Verarbeitungen und Details erreicht wird. Ein Hinweis darauf war bereits während der Herbst/Winter-Kollektionen 2023 in Form von Tailoring zu sehen, dessen Schnitte modernisiert wurden und dennoch Bezüge zur Vergangenheit aufwiesen. Während Alexander McQueen elegante Zweiteiler mit Nadelstreifen präsentierte, spiegelte der Look von Balmain die Anzüge der 80er Jahre mit klaren Silhouetten wider.

Barbie setzt ihre Herrschaft fort

H/W 23 Kollektionen von (v.l.n.r.): Ahluwalia, The Blonds und Christian Siriano. Bilder: Launchmetrics Spotlight

Barbies Platz im Feminismus ist ein höchst umstrittenes Thema. Viele sind jedoch der Ansicht, dass man die Puppe als „feministische Ikone“ bezeichnen könnte. Die Argumente, die für sie sprechen, konzentrieren sich in der Regel auf das Gefühl der Selbstbestimmung, das sie kleinen Kindern - oft Mädchen - vermittelt, und ihre Fähigkeit, sie zu einer Vielzahl von Berufen zu inspirieren. Letztes Jahr wurde Barbies Beliebtheit weiter befeuert, als bekannt wurde, dass die gefeierte Regisseurin Greta Gerwig einen Film über die Mattel-Kreation drehen würde. Sie löste eine Welle von Barbie-pinken Modetrends aus, die unter dem Namen ‘Barbiecore’ bekannt wurden. Im Juli kommt der Film endlich in die Kinos und so wird er der Hype um die ikonische Figur erwartungsgemäß nicht so schnell abebben. Auch die jüngste Cruise-Kollektion von Versace mit Dua Lipa, bei der üppige Haare und witzige Prints im Vordergrund standen, zeigte Anklänge an Barbiecore.

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Dieser Artikel wurde auf http://FashionUnited.com veröffentlicht. Übersetzung und redaktionelle Bearbeitung: Barbara Russ

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