Adidas und Puma: Aufholjagd in Übersee
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Für Sportartikelfirmen ist der nordamerikanische Markt ebenso verführerisch wie schwierig. Einerseits wird nirgends wird so viel Geld für Turnschuhe und Sportswear ausgegeben wie in den USA, andererseits sind die Konsumenten zurückhaltender geworden. Oft lassen sich Produkte nur mit hohen Preisnachlässen verkaufen, einige wichtige Handelsketten mussten in den vergangenen Jahren Insolvenz anmelden. Darunter leiden derzeit vor allem die lokalen Platzhirsche: Beim Marktführer Nike und Under Armour, dem Aufsteiger der vergangenen Jahre, stagnierten die Umsätze in der Heimat zuletzt. Die deutschen Traditionsmarken Adidas und Puma konnten hingegen mächtig Boden gutmachen.
Während die größten einheimischen Marken in Nordamerika stagnieren, können Adidas und Puma wieder Boden gutmachen
Die jüngsten Quartalszahlen der vier Unternehmen sprechen eine deutliche Sprache: Nike kam im vierten Quartal in Nordamerika kaum voran – der Umsatz in den Monaten März bis Mai lag mit 3,75 Milliarden US-Dollar gerade einmal um 0,5 Prozent über dem Vorjahresniveau. Ähnlich mager sah es bei Under Armour aus: 829,5 Millionen US-Dollar erwirtschaftete das Unternehmen in Nordamerika im zweiten Vierteljahr, was einer Steigerungsrate um 0,3 Prozent entsprach.
Während sich die wichtigsten US-Konkurrenten kaum vom Fleck bewegten, konnte der Adidas-Konzern zum Jahresbeginn in deren Heimat auftrumpfen. Im ersten Quartal stiegen die gemeinsamen Erlöse der Marken Adidas und Reebok in Nordamerika um erstaunliche 35,8 Prozent (währungsbereinigt +30,6 Prozent) auf 988 Millionen Euro. Im zweiten Vierteljahr, für das die Zahlen am Donnerstag vorgelegt werden, ist erneut mit kräftigen Verbesserungen zu rechnen. Positiv entwickelte sich auch Puma. Zwar sind die Resultate nicht unbedingt vergleichbar – konkrete Daten weist das Unternehmen nur für Amerika insgesamt aus – aber zum Wachstum um 12,4 Prozent (währungsbereinigt +10,5 Prozent) auf 354,6 Millionen Euro trugen im zweiten Quartal auch deutlich bessere Geschäfte in Nordamerika bei.
Nach schwächeren Jahren haben sich beide deutsche Traditionsmarken neu aufgestellt
Ein Grund für den aktuellen Erfolg der deutschen Traditionsmarken ist, dass sie sich anders als ihre beiden großen US-Konkurrenten in den vergangenen Jahren neu aufstellen mussten. Vor nicht allzu langer Zeit hatten Adidas und Puma deutlich an Attraktivität verloren und darauf mit Reformen reagiert, die auch eine Modernisierung des jeweiligen Markenimages zur Folge hatten. Beide setzten neue Schwerpunkte, verpflichteten frische Aushängeschilder und justierten das Verhältnis von sportlichem Leistungsversprechen und modischer Lifestyleaussage neu, dessen Koordinaten sich branchenweit aufgrund des aktuellen Athleisure-Booms verschoben haben.
So rückte Adidas technische Innovationen stärker in den Vordergrund – eigentlich eine Domäne der US-Marken – und schuf sich damit ein moderneres, im Fertigungsbereich sogar ausgesprochen futuristisches Image . Gleichzeitig wurde das Lifestyleportfolio um neue Attraktionen bereichert, etwa durch den spektakulären Wechsel des US-Rappers Kanye West, der zuvor mit Nike zusammengearbeitet hatte und nun seit zweieinhalb Jahren Turnschuhe für die Herzogenauracher entwirft. So kann Adidas bei den Produkten, die nicht für den aktiven Sport gedacht, aber für den Umsatz umso wichtiger sind, mittlerweile nicht nur mit Reissues bewährter Old-School-Klassiker glänzen, sondern auch durch modische Aktualität.
Puma unterzog sich nach dürren Jahren ebenfalls einer Frischzellenkur: Kann das Label im Performance-Bereich schon seit 15 Jahren von der Partnerschaft mit Usain Bolt, dem wohl weltweit populärsten Sportler, zehren, wurde zuletzt auch im Lifestyle-Bereich globale Prominenz verpflichtet, die ein junges Publikum begeistern kann. Am augenfälligsten ist dabei die 2014 gestartete Kreativpartnerschaft mit Popstar Rihanna, aber auch Kollaborationen mit dem Rapper Big Sean, dem Supermodel Cara Delevigne oder dem Reality-TV-Sternchen Kylie Jenner sprechen neue Zielgruppen an.
Bei den beiden US-Konkurrenten waren solche Neuerfindungen angesichts der wirtschaftlichen Erfolge lange nicht nötig. Erst in den vergangenen Wochen reagierten sie auf die nachlassende Nachfrage: Sowohl Nike als auch Under Armour kündigten nun ihrerseits einschneidende Restrukturierungsmaßnahmen an.
Fotos: Adidas, Puma