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Trendforschung: Wie werden Modetrends vorhergesagt?

Von Esmee Blaazer

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Hintergrund

Dieses Bild wurde mit Hilfe eines KI-Tools erstellt Bild: FashionUnited

Wer sagt die Modetrends zukünftiger Saisons voraus und wie funktioniert das? FashionUnited hat den niederländischen Trendforscher Edwin van den Hoek befragt.

Edwin van den Hoek ist seit fast 30 Jahren in der Modebranche tätig. Er studierte am Amsterdam Fashion Institute und fokussierte sich auf den Bereich Modetrendprognose und -styling. Er sammelte Erfahrungen bei der Amsterdamer Styling-Agentur Kees van der Valk und der Pariser Trendagentur Peclers, bevor er 2001 sein eigenes Trendbüro gründete: Studio Edwin van den Hoek.

Als Trendforscher, der sich auf Herrenbekleidung spezialisiert hat, erstellt Van den Hoek Trendprognosen, die er regelmäßig öffentlich präsentiert. Das Studio Edwin van den Hoek bietet auch individuelle Beratungen für Unternehmen und Marken an.

Van den Hoek ist außerdem als Dozent für das Thema Trendwatching in einem Studiengang für Innenarchitektur tätig.

Trendprognose in der Mode: Wie funktioniert sie?

Inhalt

  1. Was genau machen Trendforscher:innen?
  2. Wie lassen sich Trends vorhersagen?
  3. Wann werden Trendprognosen erstellt? Und wann werden sie genutzt?
  4. Folgen Modeunternehmen den Trendprognosen? Was genau machen sie damit?
  5. Tipps für diejenigen, die Trendforscher:in werden wollen

1. Was genau machen Trendforscher:innen?

„Trendbeoforscher:innen zeichen den Zustand der Gesellschaft auf,” erklärt van den Hoek.

„Ich fange ein Zeitbild ein, indem ich soziale und wirtschaftliche Entwicklungen betrachte und ich schaue auf neue Materialien und Mode. Man betrachtet also nicht nur die Mode allein”, betont er. „Denn alles beeinflusst sich gegenseitig.” Trends ergeben sich aus dem, was in der Welt vor sich geht, weshalb die Mode „wie andere Branchen” auch immer ein Spiegelbild der Gesellschaft ist. „Was in der Modeindustrie passiert, hat regelmäßig Schnittstellen zu anderen Branchen, wie zum Beispiel dem Heimwerker- und Supermarkt-Sektor.”

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Hintergrund: Wussten Sie, dass Trendforscher:in ein relativ neuer Beruf ist?

Traditionell wurden die Trends von den Laufsteg-Kollektionen bestimmt. Die Bekleidungsindustrie sieht sich die Kollektionen der großen Modehäuser und Designer:innen an und kreieren ähnliche Looks und Stile, allerdings aus billigeren Materialien und zu niedrigeren Preisen.

Aber Trends entstehen auch auf andere Art. Im letzten Jahrhundert gab es einen Umschwung und Trends entwickeln sich zunehmend auch „von unten”. „Die Modetrends in den 70er- und 80er-Jahren wurden zunehmend von der Jugendkultur, der Streetwear und den aufstrebenden Boutiquen beeinflusst”, erklärt die Modeexpertin José Teunissen in der Einleitung ihres Buches 'Mode in den Niederlanden'. Für die Modeindustrie reicht es nun nicht mehr aus, nur auf die Laufstege zu schauen. „Es werden Menschen gebraucht, die neue Trends auf der Straße und in den Boutiquen beobachten und sie für die Konfektionsindustrie umsetzen. Dieser neue Bereich wird als Trendprognose bezeichnet”, so Teunissen.

Lidewij Edelkoort war die erste Vertreterin dieser neuen Fachrichtung und ist nach wie vor eine der bekanntesten Trendforscherer:innen. Sie gründete 1985 ihr Unternehmen Trend Union in Paris. Weitere bekannte Trendforschende und Trendprognose-Agenturen sind Christine Boland, Hilde Francq, Jan Agelink, David Shah, WGSN, Fashion Snoops und Trendstop.

2. Wie lassen sich Trends vorhersagen?

„Wie man Trends vorhersagt, ist eine häufige Frage, vor allem von Studierenden,” sagt Van den Hoek. „Ich mache ihnen dann klar, dass die Entwicklungen, also die Trends, bereits im Gange sind, und sie beginnen irgendwann mit der Beobachtung. Ich mache immer den Vergleich mit einem fahrenden Zug, auf den sie aufspringen.”

„Trendprognosen beginnen mit einem guten Blick und einer guten Wahrnehmung. Man sammelt eine Menge Informationen, beispielsweise in Zeitungsartikeln, Blogs oder durch Straßenfotografie. Diese Informationen und Bilder bringt man dann zusammen und analysiert, was dort zu beobachten ist und ob diese Erkenntnisse auch in anderen Segmenten zu finden sind. Dann beginnt man mit dem Clustering, um die aktuellen Trends zu visualisieren”, erklärt Van den Hoek.

„Bei manchen Trends sieht man, wie die Dinge ineinander greifen und manchmal ist man zu früh dran und ein Trend braucht noch Zeit um zu wachsen. Wenn man länger in der Branche tätig ist, erkennt man auch, dass es Wellenbewegungen gibt.” Trends kommen und gehen.

Van den Hoek nennt ein Beispiel: „Im Moment experimentieren viele Männer mit Schmuck, Nagellack und Materialien, die wir normalerweise der Damenmode zu schreiben, wie transparente Stoffe, Seide und Spitze. Das habe ich bereits vor einigen Jahren auf der Straße beobachtet und jetzt wird es gesellschaftlich sichtbarer – der Trend wird größer.”

„Trendforschung ist kein Nine-to-Five-Job,” fügt er hinzu. „Beobachten und Wahrnehmen muss man rund um die Uhr.”

3. Wann werden Trendprognosen erstellt? Und wann werden sie genutzt?

„Ich bin es gewohnt, vorauszudenken,” sagt Van den Hoek.

“Die Stoffhersteller:innen

Stoffhersteller:innen entwickeln und kreieren neue Stoffe. Designer:innen und Modemarken kaufen diese Stoffe, um ihre neuen Kollektionen damit zu gestalten.

benötigen Trendvorhersagen etwa zwei Jahre im Voraus.” Das gilt auch für die Garnhersteller:innen, die in der Lieferkette noch vor den Stoffherstellenden stehen. „Es ist sehr inspirierend, an der Spitze der Entwicklungen mit diesen Parteien zu stehen.”

„Die Trendinformationen sind dann noch sehr abstrakt,” fährt er fort. „Stoff- und Garnhersteller:innen müssen sich in der Regel mit weniger konkreten Vorstellungen und manchmal sogar nur mit einer Ahnung begnügen.”

„Designer:innen bitte ein Jahr im Voraus um Informationen.” Das ist die Zeit, in der die Ideen für neue Kollektionen zu Papier gebracht werden.

Die Designer:innen der Modemarken entscheiden, wie die Kollektionen aussehen werden. Mehr darüber können Sie hier lesen: ‘So entsteht die Kollektion einer Modemarke ’

„Sie wollen dann wissen, was in Sachen Farben, Materialien und Design aktuell ist. Die Trendinformationen haben sich bis dahin herauskristallisiert.”

„Ein Jahr im Voraus ist das Kerngeschäft

Bei seinen Trendseminaren, an denen vor allem Marken, Handelsketten und Einkaufsverbände teilnehmen, blickt Van den Hoek etwa zwölf Monate voraus. Im vergangenen Juni präsentierte Van den Hoek seine Vision für die HW24-Saison und diesenNovember folgte das Seminar für SS25.

, aber kurzfristiger funktioniert es natürlich auch”, erklärt Van den Hoek.

„Einzelhändler:innen sind oft auf der Suche nach praktischen Informationen”. In der Regel zu Beginn einer neuen Einkaufssaison, etwa ein halbes Jahr im Voraus. „Und ein:e Stylist:in für ein Modemagazin möchte einige Monate vor Erscheinen der Zeitschrift von mir wissen, ob die neue Trendfarbe Grün oder Gelb ist und welche Teile gerade in sind.”

Einzelhändler:innen kaufen ihre Kleidung von Modemarken. In jeder Saison wählen sie aus den neuen Kollektionen die Kleidungsstücke aus, die sie in ihren Geschäften an die Verbraucher:innen verkaufen. Der Einkauf erfolgt Monate bevor die Kleidung in den Geschäften hängt.

Im Januar beginnt die neue Wintereinkaufssaison. Die ersten Lieferungen der neuen Herbst-/Winterkollektionen kommen im Juli in die Geschäfte.

Die Einkaufs-Vorbereitungen für den Sommer beginnen im August. Die ersten Lieferungen der neuen Frühjahrs-/Sommerkollektionen kommen im Januar in die Geschäfte.

In dem Hintergrundartikel ‘Das Modesystem: Die Modesaisons und der Modekalender erklärt ’

können Sie mehr über die Modesaisons erfahren.

4. Folgen Modeunternehmen den Trendprognosen? Was genau machen sie damit?

Modeunternehmen treffen stets Entscheidungen, die ihren Kund:innenen und ihrem Zielpublikum entsprechen, und entscheiden sich daher oft für die Interpretation von Trendprognosen. Sie passen Trends an ihren eigenen Stil und die Vorlieben ihrer Kundschaft an.

Trendforscher:innen sind meist auch als Berater:innen tätig. „Als Berater:in analysieren und übersetzen wir die Trends speziell für die Kund:innen”, erklärt Van den Hoek. „Dabei kann es sich um eine Luxusmarke, ein Jeanslabel oder einen klassischen Herrenausstatter handeln. Der Schlüssel ist, sich in die Lage der Kund:innenen zu versetzen. Trendberater:innen müssen wissen, was der Charakter des Unternehmens ist und in welchem Segment es tätig ist. Eine Beratung ist daher für jedes Unternehmen individuell. „Außerdem sind nicht alle Trends für alle Marken geeignet.”

In der Modebranche lassen sich fünf Preissegmente unterscheiden:

  • Niedrigpreissegment: Kik und Shein
  • Niedriges bis mittleres Preissegment: C&A und H&M
  • Mittelsegment: Marc O’Polo und Gerry Weber
  • Mittelhohes Preissegment: Hugo Boss, Tommy Hilfiger und Drykorn
  • Hohes Preissegment: Luxuskaufhäuser und -marken wie das KaDeWe, Gucci, Prada und Bottega Veneta. Luuxusmarken und Modehäuser werden auch als High-End-Mode bezeichnet, was auf ein hohes Preisniveau hindeutet.
  • Beratungen werden nicht nur für die Produktentwicklung geleistet. Modeunternehmen können auch bei der Entwicklung ihrer Markenidentität begleitet oder beraten werden.

    5. Tipps für diejenigen, die Trendforscher:in werden wollen

    Auf die Frage, ob sich sein Job als Trendforscher mit der Zeit verändert hat, antwortet Van den Hoek mit Ja. „Ein wesentlicher Unterschied ist, dass man heute alles über das Internet erhält. Es gibt viel mehr, mit dem man arbeiten kann. Früher reisten Stylist:innen, Designer:innen und Einkaufsteams von Marken und Handelsketten jede Saison zu den großen Modemessen. Die Printmagazine wurden durch Online-Marketing und Werbung ersetzt. Modemagazine und Marken sind auf Social-Media-Kanälen vertreten und es gibt sogar Online-Trendagenturen. Die Kehrseite der Digitalisierung ist, dass alles einheitlicher geworden ist, weil alle auf die gleichen Informationen zugreifen”.

    „Der Rat, den ich den Studierenden immer gebe, ist: Seid neugierig! Geht raus, entdeckt Dinge, erforscht sie und vernetzt euch”,sagt er. „Wenn man Messen und Veranstaltungen wie die Première Vision, die Ispo oder Pitti Uomo besucht, kann man sehen, fühlen und erleben. Man kommt mit dem Produkt und der Geschichte der Designer:innen in Berührung. Auch Branchenveranstaltungen sind wichtig, um mit Menschen aus anderen Disziplinen in Verbindung zu kommen und sich über aktuelle Themen auszutauschen. Das alles ist viel inspirierender als die zweidimensionalen Informationen, die man online bekommt.”

    Van den Hoek geht gerne mit seiner Kamera auf die Straße. Als er 1995 damit begann, gab es die Streetstyle-Fotografie noch nicht. „Die Menschen auf der Straße sind für mich Realität. Looks, die nicht vom Marketing einer Bekleidungsmarke oder Stylist:innen einer Zeitschrift konzipiert wurden. Außerdem habe ich mit meinen eigenen Bildern Material in der Hand, das einzigartig ist, weil ich es selbst gesammelt habe.” Sein Tipp lautet: „Unzählige Menschen machen jedes Jahr ihren Abschluss. Sorgen Sie dafür, dass Sie etwas haben, wodurch Sie auffallen. Entwickeln Sie Ihre eigene Handschrift oder Spezialisierung."

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    Streetstyle-Fotografie von Edwin van den Hoek in Florenz (links) und Amsterdam (rechts).Bilder: Edwin van den Hoek

    Abschließend hält Van den Hoek es für wichtig, dass die Studierenden erkennen, dass sie nicht an eine Branche wie die Bekleidungsindustrie gebunden sind. „Wenn man in der Modebranche einen Trend erkennen kann, kann man das im Grunde auch in anderen Bereichen. Modedesign-Absolvierende, die ein gutes Gespür für Farben, Stoffe und Materialien haben, können auch in der Innenarchitektur arbeiten”, verdeutlicht er. „Das versuche ich den Student:innen immer zu vermitteln.” Für Van den Hoek ist der Modedesigner Raf Simons ein gutes Beispiel: „Simons konnte bereits für Jil Sander, Adidas, Dior, Calvin Klein und jetzt Prada arbeiten. Er entwickelt auch Stoffe für Kvadrat und stellt Keramik her. Er arbeitet multidisziplinär.”

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    Streetstyle-Fotografie von Edwin van den Hoek in Amsterdam (links) und New York (rechts). Bilder: Edwin van den Hoek

    Bonus – FAQ

    Was war zuerst da, die Prognose oder der Trend?

    Trendprognosen und Trends sind miteinander verwoben und beeinflussen sich gegenseitig. Trendforscher:innen erkennen Muster und bieten Einblicke in neue Entwicklungen. Durch Prognosen kommunizieren sie Trends, bevor sie sich verbreiten. Gleichzeitig werden Trendforschende natürlich von bereits laufenden Entwicklungen beeinflusst, auf die sie ihre Vorhersagen stützen. Es funktioniert also in beide Richtungen.

    Treten Vorhersagen immer ein?

    Trendprognosen sind keine exakte Wissenschaft und immer mit einer gewissen Unsicherheit verbunden. Trends sind komplex und dynamisch und können durch unerwartete Ereignisse oder schwer vorhersehbare gesellschaftliche Veränderungen beeinflusst werden, man denke an die Pandemie.

    Aber da Trendprognosen auf dem Weltgeschehen beruhen und die meisten Modeunternehmen und -fachleute sich an den Prognosen orientieren, treffen die Vorhersagen tatsächlich oft zu.

    Streetstyle-Bilder von Edwin van den Hoek in Florenz (links) und Londen (rechts). Bilder: Edwin van den Hoek

    Quellen:
    - Interview mit dem niederländischen Trendbeobachter Edwin van den Hoek vom Studio Edwin van den Hoek am 1. November 2023
    - Das Buch "Mode in den Niederlanden" von Dr. José Teunissen, 2006
    - FashionUnited-Archiv.
    - Teile dieses Textes wurden mit einem KI-Tool erstellt und anschließend bearbeitet.

    Mehr Hintergrund:

    Dieser übersetzte Beitrag erschien zuvor auf FashionUnited.nl.

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