Quo vadis, Esprit? Die turbulenten vergangenen Monate des Modekonzerns
Wird geladen...
Modeunternehmen Esprit hat wie viele andere der Branche mit den Folgen der Coronakrise und den damit verbundenen Geschäftsschließungen und Umsatzeinbrüchen zu kämpfen. Aber bereits vor der Pandemie ging es bei Esprit turbulent zu und ein Managementwechsel und die neue Ausrichtung nach Asien versprechen weitere Veränderungen. FashionUnited hat die Entwicklungen der letzten Monate zusammengestellt.
Esprit hatte Ende März 2020 ein Schutzschirmverfahren für sechs seiner deutschen Tochtergesellschaften beantragt. Der Grund: die Umsatzeinbußen als Folge der wochenlangen Ladenschließungen im Rahmen des ersten Lockdowns in Deutschland.
Sparmßnahmen
Anfang Juli 2020 verkündete Esprit dann drastische Sparmaßnahmen: Alle Filialen außerhalb des chinesischen Festlandes wurden geschlossen, darunter auch etwa die Hälfte der deutschen Esprit-Filialen. Weltweit will sich der Konzern von 1200 Mitarbeitern trennen, wovon 800 in den Filialen arbeiten, 300 in der Verwaltung in Deutschland und 100 am Standort Hongkong. Ein Großteil des Stellenabbaus entfällt damit auf Deutschland.
Ende Oktober stimmten die Gläubiger den Restrukturierungsplänen und einem teilweisen Forderungsverzicht zu; Ende November wurde dann offiziell der Abschluss der Schutzschirmverfahren verkündet, nachdem das zuständige Amtsgericht Düsseldorf eine entsprechende Entscheidung getroffen hatte. Im Dezember erhielt der Konzern dann die Kontrolle über die betreffenden Tochtergesellschaften zurück.
Managementaustausch
Mitte Dezember 2020 ging das große Stühlerücken auf Managementebene los: Der Konzern gab bekannt, dass Esprit Group-CEO Anders Kristiansen und CFO Johannes Schmidt-Schultes aus ihren Positionen in der Geschäftsführung zum 28. Februar 2021 ausscheiden würden. Executive Director Schmidt-Schultes beendete diese Rolle bereits zum 17. Dezember 2020.
Während Kristiansen seine Position im Juni 2018 antrat, wurde Schmidt-Schultes erst im Oktober 2019 zum CFO ernannt. Er steuerte Esprit damit durch das Schutzschirmverfahren und bereitete es auf eine „neue wirtschaftliche Realität“ vor, so das Unternehmen. Kristiansen trieb unter anderem die Neuausrichtung der Esprit Group voran.
Verlagerung nach Hongkong
Zum gleichen Zeitpunkt gab das Modeunternehmen bekannt, seine Geschäftsführung nach Hongkong verlagern zu wollen. Zudem wurde Christin Su Yi Chiu mit Wirkung zum 17. Dezember zum Mitglied des Risikomanagement-Ausschusses des Verwaltungsrats ernannt. Chiu gehörte zu den Kandidatinnen, die Kristiansen und Schmidt-Schultes als Executive Directors ersetzen sollten und in den Vorstand berufen wurden.
Chiu zog sich nur wenige Wochen später aus dem Risiko-Komitee des Aufsichtsrats zurück und wurde vorübergehend Chefaufseherin bei Esprit. Raymond Or, Carmelo Lee und Sandrine Zerbib verließen den Aufsichtsrat und machten Platz für William Giles und Kwok Pan Chun.
Der gebürtige Japaner Mark Daley, der langjährige Erfahrungen im asiatisch-pazifischen Raum hat, wurde bereits Ende Dezember 2020 zum neuen CEO ernannt und wird mit Kristiansen bis zu dessen Ausstieg zusammenarbeiten. Gleichzeitig ernannte Esprit die Wissenschaftlerin Yung Ting Wan als Chefin für Produktentwicklung. Sie ist zur Zeit Assistenz-Professorin am College of Art and Design der Beijing University of Technology.
Anfang Januar 2021 zog dann ein weiterer Topmanager seinen Hut: Executive Director und Chief Operating Officer (COO) Marc Andreas Tschirner verließ seinen Posten mit sofortiger Wirkung am 8. Januar 2021. Er werde sich „anderen geschäftlichen Interessen“ widmen, hieß es in der offiziellen Mitteilung. Tschirner war erst im Juli 2020 zu Esprit gestoßen.
Angesichts der Neuausrichtung des Unternehmens nach Asien und der Forderung des Rücktritts der Geschäftsführer durch Großaktionär North Point Talent Limited bereits im Juli 2020 kommt der Austausch des Managementteams für Beobachter nicht überraschend. Jetzt bleibt abzuwarten, ob sich die neue Strategie des Modeunternehmens auszahlt.
Foto: Esprit-Filiale in Beijing / Esprit