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Esprit – wie sieht die Zukunft der ehemaligen Milliarden-Marke aus?

Von Weixin Zha

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Business |Hintergrund

Leerer Esprit-Showroom im CIFF-Village Credits: Ole Spötter für FashionUnited

Die Marke Esprit wird in Europa von dem Londoner Investor Alteri und seinem Modeunternehmen CBR übernommen. Wie geht es mit der einstigen Milliarden-Marke weiter? Was wir wissen und nicht wissen.

Das bisherige Esprit besteht nicht mehr.

Die geschäftlichen Aktivitäten hinter der Marke Esprit in Ratingen werden aufgelöst, in Deutschland und weiteren europäischen Ländern schließen Läden. Im größten europäischen Markt Deutschland verlieren mehr als 1300 Mitarbeitende ihre Arbeit.

Die Zentrale in Hongkong vergibt künftig nur noch gegen Lizenzgebühren die internationalen Markenrechte, nachdem es seit der Übernahme durch die jetzige Großaktionärin Karen Lo nicht gelungen war, das Unternehmen auf einen Erfolgspfad zurückzuführen.

„Jetzt haben wir eigentlich nur noch auf dem Papier die Marke. Die tue ich in den Schreibtisch und habe keine Operations mehr, nichts mehr, was den Herzschlag der Marke aufrechterhält. Das ist ganz arm”, sagt der ehemalige Esprit-Manager Thomas Fröhlich in einem Interview.

Diese zuletzt drastische Entwicklung hat bei vielen, auch Ehemaligen, Bestürzung ausgelöst, die sich an eine gute Zeit und ein positives Arbeitsumfeld erinnern. Vor allem der Teamgeist, oder “Esprit de corps” wird gelobt.

„Esprit war irgendwo schon ein sympathischer Haufen. Es ist nach wie vor eine Firma des Herzens, deswegen berührt es mich auch immer wieder, wenn sich die Geschehnisse so entwickeln”, erklärt Fröhlich.

Jetzt hat die Marke mit Alteri einen neuen Eigentümer. „Die Frage ist, was macht der neue Investor damit?” sagt Leo Faltmann, Geschäftsführer der Beratung Fashionconsult in einem Interview. „Esprit hat schon einen glanzvollen Namen, aber der hat seit 15 Jahren in der Krise gelitten.”

Ein langsamer Niedergang

Was machte das Erfolgsrezept von Esprit eigentlich aus? Sie war vor allem in der Mittelschicht beliebt – zu ihren erfolgreichsten Zeiten, ebenso begehrt bei Mutter wie Tochter. Die Marke bewegte sich komfortabel im mittleren Modemarkt-Segment.

„Ende der 90er bis Mitte der 2000er waren Midmarket-Brands sehr erfolgreiche Formate, die etablierten Modemarken Marktanteile abgenommen haben. Sie waren nicht sehr modisch, aber lieferten eine bessere Qualität als Value Brands und waren deutlich günstiger als echte, international bekannte Marken”, sagt der Modeindustrie-Experte Achim Berg im Gespräch.

Zu seinen besten Zeiten – im Geschäftsjahr 2007/2008 – machte Esprit 37,227 Milliarden Hongkong Dollar Umsatz (4,34 Milliarden Euro) und einen Gewinn von 6,450 Milliarden Hongkong Dollar (752,74 Millionen Euro). Aber der Niedergang von Esprit begann schon hier, am Ende der Ära des auch als “Mr. Esprit” bekannten Geschäftsführers Heinz Krogner. So sehen es zumindest auch viele Brancheninsider.

Die Marke war überdistribuiert, die Ware verlor ihren Glanz. Mit jedem weiteren Wechsel in der Geschäftsführung verschlimmerte sich die Lage. Nach der Finanzkrise schrumpften die Einnahmen über die Jahre weiter, auf zuletzt noch 5,912 Milliarden Hongkong Dollar (689,95 Millionen Euro) im Geschäftsjahr 2023. Unter dem Strich stand ein Rekord-Verlust von 2,339 Milliarden Hongkong Dollar (272 Millionen Euro).

„Die Kundschaft, die das Geld gebracht hat, ist mit der Marke alt geworden“, sagt Fröhlich, der bis 2019 bei Esprit gearbeitet hat.

Relaunch unter Alteri

Der Zerfall von Esprit unter der letzten Großaktionärin war am Ende dramatisch. Zunächst wurden große Pläne für die Märkte USA und China angekündigt, in denen Esprit nie groß geworden ist. Ein neuer Hub für Digitales in New York, London und Amsterdam sollte kommen. Im Rückblick wirken einige der Ideen sogar surreal.

Wenige Monate nach einem Pop-up im Pariser Kaufhaus Printemps und einer Berliner Party mit dem Streetwear-Magazin Highsnobiety waren Esprit-Töchter in der Schweiz und Belgien insolvent, der größte Franchsisebetreiber in Deutschland schloss 40 Stores und langjährige Franchisenehmende gingen bankrott, weil sie keine Waren mehr bekommen haben.

Das fehlende Verständnis für das Modegeschäft in Europa – dem größten Markt von Esprit – der jetzigen Geschäftsführung in Hongkong gilt als einer der vielen Gründe für das Ende von Esprit. Das scheint nicht das Problem beim britischen Fonds Alteri zu sein, zu dem das Modeunternehmen CBR mit den Marken Street One und Cecil gehört. Diese entwickelte sich in den vergangenen Jahren stabil.

„Wenn CBR es machen würde, haben wir eine gute Chance”, sagt Faltmann.

Es ist noch nicht final bekannt, ob Esprit von der CBR Fashion Group als Marke weitergeführt wird. Aber Anhaltspunkte gibt es. Der jetzige CBR-Geschäftsführer Jim Nowak arbeitete bei Esprit, auch noch zu Zeiten von Krogner.

„Die Vermutung liegt nahe, dass es zu CBR geht”, sagt der ehemalige Esprit-Manager Thomas Fröhlich. CBR antwortet auch auf Anfragen zu Esprit, aber hält sich sonst noch bedeckt. „Pläne über die Weiterführung der Marke Esprit werden wir auch erst nach dem Vollzug der Transaktion, zu einem späteren Zeitpunkt, veröffentlichen.” Es klingt so, als ob sich die neuen Lizenznehmer noch Zeit nehmen wollen.

„Ich denke auch, dass sie die Marke erstmal in der Schublade lassen, um ein zukunftsträchtiges Konzept zu entwickeln”, sagt Fröhlich. „Denn heutzutage eine Marke an etwas Existentes anzudocken, ist prinzipiell vom Synergiegedanken her nicht verkehrt, aber du musst eine echte Alternative haben zu dem, was du bereits im Markt hast.”

Zukunft im Mainstream?

Wie Esprit in der Zukunft positioniert wird, ist offen und bleibt spannend. An wen wird sich die Kollektion richten, mit welchen Looks und Preisen?

„Vom Prinzip und Prozess, wie sie Waren anbieten und nachliefern, sind sie alle recht ähnlich gewesen – CBR, Esprit, S.Oliver, Tom Tailor. Das war mehr oder weniger alles dasselbe. CBR hat das noch etwas perfektioniert für die heutige Zeit, von der Prozesskette her macht das Sinn”, sagt Fröhlich. „Aber Esprit muss auch Sinn machen als Alternative zu bestehenden CBR-Marken und dementsprechend aufgebaut werden – und eine Esprit-Genetik in sich tragen.”

Aber dieses traditionelle Mainstream-Segment hat in den vergangenen Jahren gelitten. Das zeigen die Insolvenzen von Bekleidungsherstellern wie Tom Tailor oder dem Warenhauskonzern Galeria. Vertikale Modeketten setzen ihnen ebenso zu, wie Rabatte bei Premium-Marken, das Geschäft im mittleren Modemarkt ist schwieriger geworden.

„Die Value-Spieler haben über Zeit in Qualität investiert, aber ihre günstigeren Preise gehalten”, sagt Berg. „Gleichzeitig haben die zuvor preislich höher angesiedelten Marken zu günstigeren Preisen angeboten, nicht zuletzt weil bis zu 60 Prozent der Artikel nicht zum Vollpreis verkauft werden."

Markenidentität

Beispiele aus der Vergangenheit wie die Marken Mexx oder Bench zeigen, dass ein Relaunch schwierig sein kann. Nach den Ankündigungen zum erneuten Markteinstieg ist bis heute wenig von ihnen zu hören.

Auch bei Esprit konnten bisher nur die europäischen Markenrechte verkauft werden. Wer wird die Rechte in den anderen Weltregionen erwerben und wird es dann noch ein international kohärentes Markenimage geben?

Die Marke kann im Zweifel darunter leiden. In Nordamerika fänden sich diese Marken Mexx oder Bench beispielsweise bei Walmart oder Costco, aber nicht mehr im Modehandel, sagt Fröhlich.

„Die sind am Ende nur noch als Lizenzmarken existent und führen heutzutage ein ganz, ganz schlimmes Discounter-Dasein. Diese Befürchtung habe ich auch für Esprit.”

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