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Berlin Fashion Week Guide: Streetstyles zum Ausleihen, Newcomer:innen und modische Events

Von Heide Halama

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Mode
V.l.n.r.: Olivia Ballard, Rebekka Ruétz, Avenir und Kilian Kerner, SS24. Bild: ©Launchmetrics/spotlight

Dass die Berlin Fashion Week nach Abgang des Sponsors Mercedes-Benz auf eigenen Beinen stehen kann, hat sie bereits im vergangenen Jahr bewiesen. Für die Winterausgabe der Modewoche stehen einige Veränderungen im Raum: Ein später angesetztes Datum soll sie aus dem Schatten der Modewochen-Spitzenreiter Paris und Mailand treten lassen, auch von Messen hat man sich gelöst. Mit einem breiten und vielversprechenden Programm an verschiedensten Standorten, das auf eine Reise durch die Stadt einlädt, soll an den Erfolg der unmittelbar zuvor stattfindenden Copenhagen Fashion Week angeschlossen werden.

Vom 5. bis 8. Februar verwandelt sich die für Mode einst so begehrte deutsche Hauptstadt anhand von Schauen, Installationen, Pop-ups, Workshops, Showrooms und Vorträgen, erneut in ein Fashion-Mekka. Kreationen mit Einflüssen von Musik, Kunst und kultureller Vielfalt sollen laut Fashion Council Germany (FCG), der die Veranstaltungsreihe federführend betreut, nicht zu kurz kommen und junges Talent in den internationalen Fokus rücken. FashionUnited legt den Finger auf die Fashion-Week-Map und verrät Ihnen, welche Veranstaltungsorte und Events einen Besuch wert sind.

Intervention

Mit der Vision, in der nationalen und internationalen Kunstszene mitzumischen, bringt die in Berlin und Mailand ansässige Kommunikationsagentur Reference Studios, kuratiert von ihrem Gründer Mumi Haiati, frischen Wind in die Modewoche. Am 5. Februar lässt die Plattform mit ‘Intervention’ Kreative zusammenkommen, um eine Vielfalt von Laufstegshows, innovativen Installationen, Pop-ups mit Einzelhandelsbezug und Showcases vorzustellen. Ein ehemaliges Kaufhaus mit postmoderner Architektur in Berlin-Neukölln wird zum Schauplatz des Spektakels.

Der Veranstaltungsort des 'Intervention'-Formats. Bild: Intervention

Mit von der Partie sind der deutsche Jungdesigner und Central Saint Martins-Absolvent Gerrit Jacob um 12 Uhr und das Designer:innenduo Back2back, bestehend aus Marcelo Alcaide und Yolanda Zobel, um 14 Uhr – beide Acts feiern mit dieser Veranstaltung ihre Berlin-Premiere. Der US-amerikanische Modedesigner und Mitbegründer des Labels Hood by Air Shayne Oliver spielt hierbei eine übergreifende Rolle: Neben einer Catwalk-Show seines Projekts Anonymous Club um 20 Uhr im Obergeschoss des Komplexes wird sein kunstgetriebenes Pop-up-Konzept ‘Mall of Anonymous’ im Erdgeschoss Stücke seiner Kollektionen und die anderer Marken präsentieren.

Bild: Gerrit Jacob

Auch Teil des ‘Intervention’-Formats ist die Designerin Marie Lueder, die während der Anfänge ihrer Karriere als Herrenschneiderin an der Hamburgischen Staatsoper arbeitete. In Zusammenarbeit mit ‘Berlin Contemporary’ zeigt sie am 7. Februar um 21 Uhr die Laufstegshow ihres Labels Lueder, das eine Symbiose aus Sportswear und funktionaler Ästhetik bietet, in Berlin – der genaue Austragungsort ist noch geheim.

Nachwuchstalent im Berliner Salon

Seit Jahren findet sich der Berliner Salon, ein fixer Bestandteil der Modewoche, als Podium für lokale und nationale Designer:innen wieder. In den Hallen des klassizistischen Kronprinzenpalais am Boulevard Unter den Linden setzt die diesjährige Gruppenausstellung mit 39 Teilnehmenden unter der Kuratierung von Christiane Arp, deutsche Journalistin und FCG-Vorstandsvorsitzende, auf Nachhaltigkeit.

Der Berliner Salon des Vorjahres. Bild: Lydia Gorges/Nowadays

Werke junger Nachwuchstalente wie Feline Sasse, die bunte rave-taugliche Teile entwirft, die mit Stoffen aus Überproduktionen arbeitende Marke Haderlump oder das avantgardistische Label Milk of Lime repräsentieren ein breites Spektrum von kreativen Ansätzen in der Mode. Die Exponate werden auf Büsten und Schaufensterpuppen inszeniert.

Bild: Milk of Lime

Die Ausstellung ist für geladene Gäste am 5. Februar von 15 bis 18 Uhr und am 6. Februar von 10 bis 14 Uhr für die Öffentlichkeit zugänglich. Auch der '202030 – Berlin Fashion Summit’ mit seinem Konferenzprogramm zum Schwerpunkt Kultur und Kommunikation kann am Dienstag im Kronprinzenpalais besucht werden.

‘Ain’t I Different?’: Labels aus der Ukraine

Auch in dieser Saison zeigte sich die Berliner Modewoche wieder solidarisch mit Marken und bietet vier von ihnen eine Fläche: Die Labels Bobkova, Dzhus, Glück Clothes und Plngns, die den ‘Berlin Contemporaty’-Preis für ihre Modepräsentationen erhielten, versprechen eine sehenswerte transkulturelle Darbietung.

Der ukrainische Designer Mitya Hontarenko haucht für sein Label Plngns ausrangierten Turnschuhen neues Leben ein, indem er Silhouetten und Schnitte rekonstruiert. Eingeladene Gäste des gewinnenden Showkonzepts ‘Ain’t I Different?’ können sich am 7. Februar im Pressecafé am Alexanderplatz auf eine Total-Look-Kollektion des Labels freuen, die den Upcycling-Prozess auch auf Kleidungsstücke überträgt.

Bild: Plngns

Wer in der ukrainischen Sprache Glück hat, darf sich keines positiven Zufalls erfreuen, sondern nimmt etwas Surreales wahr: Der Name des 2019 in Kyiv gegründeten Modelabels Glück steht für Halluzinationen, und diesem macht es alle Ehre: In der neuen, dem Schneiderhandwerk gewidmete Linie der Marke erhebt Designer Egor Bashtovenko realitätsferne Traumwelten zum Leitfaden. Auf eine atmosphärische Reise sollen sich Besucher:innen der am 7. Februar stattfindenden Präsentation begeben, um futuristische Party-Looks aus Mesh und Kunstleder um 13 Uhr im nHow Hotel Berlin zu erleben.

Bild: Glück

Bestens geplant: Showroom-Guide durch die Stadt

Zweimal jährlich präsentiert der ‘Berlin Showroom’ in Paris internationalen Einkäufer:innen und Fachleuten die Kollektionen Berliner Designer:innen. Zusätzlich hat die Plattform auf ihrer Website in Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe/Projekt Zukunft eine digitale Stadtkarte Berlins gestaltet, die die Showrooms und Läden von mehr als 100 lokalen Modeschöpfer:innen und Marken zeigt.

Dort bereitgestellte Informationen zu den aktuellen Bestell- und Liefermöglichkeiten kommen speziell Besucher:innen der Berlin Fashion Week mit knappem Zeitplan zugute. Berlin-Mitte mit dem für seine Kunst- und Theaterszene bekannten Scheunenviertel sowie die Spandauer Vorstadt weisen eine deutliche Konzentration von Geschäften auf. Neben einer Vielzahl weiterer Designer:innen sind dort das Kollektiv für nachhaltige Mode und Accessoires Linie Clara Kaesdorf oder das Taschenlabel Gretchen zu finden.

Sieger:innen der ‘Berlin Contemporary’

Abstauben hieß es für Designer:innen beim Konzeptwettbewerb der Berlin Fashion Week. Bereits zum dritten Mal wurden Ideen für Modepräsentationen und Business-to-Consumer-Events, die sowohl stilistisch als auch mit internationalem, wirtschaftlichem Potenzial überzeugen mussten, eingereicht.

Bild: Dennis Chuene

In der Kategorie ‘Berlin Contemporary’ wählten zwei Fachjurys 18 Gewinner:innen aus, die jeweils mit 25.000 Euro ausgezeichnet wurden und einen fixen Slot im Programm der deutschen Modewoche erhalten. Unter den Prämierten finden sich alte Hasen, aber auch Neuzugänge, die in dieser Saison ihr Debüt abliefern werden, darunter das Streetwear-Label Dennis Chuene, die in Berlin ansässige Französin Lou de Bètoly mit einer noch geheimen Show am 6. Februar um 20 Uhr, oder die multikulturell beeinflusste Marke und feste Größe der Modewoche William Fan, die am 5. Februar um 17.30 Uhr ihre neue Kollektion vorstellen wird.

Modisches Kaffeekränzchen im Pressecafé

Als beliebter Treffpunkt für Journalist:innen und Korrespondent:innen zu DDR-Zeiten fungierte das am Alexanderplatz gelegene Pressecafé bereits im vorigen Jahrhundert. Schon damals lud ein überdurchschnittlich modernes Interieur mit Designermöbeln stilbewusste Menschen zum Verweilen ein. Trotz anhaltender Umbauarbeiten im Haus des Berliner Verlages kehrt das Café zu modebewussten Ansätzen zurück und öffnet seine Pforten für gleich sechs Laufstegpräsentationen im Rahmen der Modewoche – an keinem anderen Ort finden in dieser Saison mehr Shows statt. Pünktlich zum Auftakt der Veranstaltungen werden die abgedeckten Scheiben des Gebäudes enthüllt, um Gästen einen Vorgeschmack zu geben.

Olivia Ballard, SS4. Bild: Haydon Perrior

Der Startschuss fällt am Montag, 5. Februar, um 13 Uhr mit der Designerin Olivia Ballard, deren Entwürfe vor allem Harmonie zwischen Körper und Identität erforschen. Träger:innen ihrer Kleidungsstücke sollen sich schmücken, um Selbstvertrauen zu gewinnen oder es zu stärken. Um 19 Uhr gibt der Designer Mario Keine das Berlin-Debüt seines Label Marke, dessen Kollektionen sich aus den unterschiedlichsten Inspirationsquellen, sei es aus der Vergangenheit oder der Zukunft, speisen. Die ukrainische Konzeptmarke Dzhus zeigt am 6. Februar um 11 Uhr Kreationen, die absolutes Tierwohl voraussetzen; ein Erlösanteil wird an Tierschutzorganisationen gespendet. Dennis Chuene schließt um 14 Uhr an, um 18.15 Uhr betritt das ebenfalls aus der Ukraine stammende Label Bobkova die Bühne. Den Abschluss bildet Plngns mit einer letzten Show am 7. Februar um 11 Uhr.

Bobakova, SS24. Bild: Finnegan Godenschweger

‘Unlock’: Der Schlüssel zur Modeszene

Auch außerhalb der heißbegehrten und oft nur schwer zugänglichen Laufstegshows der Modewoche möchte die Initiative ‘Studio2Retail’ von 5. bis 10. Februar einem branchenunabhängigen Publikum die Chance geben, auf seine Kosten zu kommen und die bunte Landschaft der Berliner Modeszene miterleben zu können. Unter dem Leitmotiv ‘Unlock’ entstehen Events wie Workshops und Partys von Berliner Labels und Shops.

Zu den Höhepunkten des Programms zählen unter anderem Showrooms und Events von Preisträger:innen des Konzeptwettbewerbs, aber auch viele weitere interaktive Veranstaltungen. So zeigt Human Touch zum Markenlaunch am 6. Februar, welch harte Arbeit hinter der Fertigung von Kleidungsstücken steckt – in einer Welt, wo Stücke per Hand, anonym und unter unmenschlichen Bedingungen gefertigt werden. Die Veranstaltung findet ab 18 Uhr in der Notagallery statt.

Launch-Event von Human Touch. Bild: Yukka Podolkaya

Die interdisziplinäre Mode-Location Platte.Berlin präsentiert während der Modewochetäglich von 13 bis 19 Uhr den ‘Next Gen’-Pop-up mit Werken aufstrebender Neuzugänge der Modeszene. Mit einer Maniküre-Station, einem Tattoo-Stand sowie einem umfangreichen DJ-Lineup fehlt es an nichts. Unter den vertretenen Designer:innen finden sich das avantgardistische Label Monamobile, der Kurde Sezgin Kivrim, die saisonunabhängig produzierenden Marispyper Studios sowie die experimentellen Modeschöpferinnen Anna Ritter und Essie Kramer. Am Donnerstag ab 17 Uhr feiert das Magazin ‘Hotline’, das von Modejournalismus- und Kommunikationstudierenden der Akademie Mode & Design Berlin kreiert wurde, dort seinen Launch. Zentrale Themen aus der Popkultur, von Fotografie über Mode bis hin zu Intimität werden darin behandelt.

'Studio2Retail' in der Platte.Berlin. Bild: Studio2Retail

Im ‘Studio2Retail’-Pop-up im Einkaufszentrum Bikini Berlin zeigen und verkaufen zehn Berliner Designer:innen ihre Kollektionen vom 6. bis 10. Februar, darunter das Strickwaren-Label Katharina Dubbick, das auf Textilabfall spezialisierte Rebirth Studios und die Kooperation der digitalen Plattform LoopLook mit der auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Marke Natascha von Hirschhausen: Am Reparaturtag können Interessierte nach Voranmeldung defekte Kleidungsstücke reparieren lassen. Ebenfalls im Bikini ist das Projekt ’Vorn – The Berlin Fashion Hub’ mit Installationen vertreten. Eine Ausstellung zu Tradition, Innovation und Nachhaltigkeit ist in der Artco Gallery in Berlin-Schöneberg zu sehen.

Noch vor dem Auftakt der Modewoche verleiht die Initiative Homefullofclothes Vintage-Teile am 2. und 3. Februar in der Boppstraße 3, und hilft Besucher:innen sie bestmöglich in Szene zu setzen. Das Sblmtn Studio zeigt am 7. Februar ab 18 Uhr eine phygitale Modepräsentation inklusive Performance in der Kemmler Kemmler GmbH. Arbeitsschritte eines in Deutschland hergestellten Kleidungsstücks zeigt das Label Nowrubi anhand seines Pop-ups am 8. Februar in der Gipsstraße 11. Ebenfalls am Donnerstag um 13.30 Uhr findet im ‘Conscious Fashion’-Store des Düsseldorfer Bekleidungsherstellers Peek & Cloppenburg die Diskussion ‘Berlin Fashion Stages’ des FCG statt, bei der Branchenexpert:innen die Bedeutung von Plattformen wie der Berlin Fashion Week und dem nachhaltigen Ladenkonzept der Marke erörtern.

Mit Spannung erwartet

Zu vielversprechenden Talenten im Schauenkalender gehört in dieser Saison die Marke SF1OG – kurz für Seitenflügel erstes Obergeschoss – die sich auf geschlechtsneutrale Maßanfertigungen spezialisiert hat. Am 7. Februar um 19 Uhr sollte man sich ihre Show vormerken – der Veranstaltungsort wird noch bekannt gegeben.

'Faustus Wardrobe'. Bild: LD-13

Am 8. Februar um 14.30 Uhr präsentiert das New Yorker Label LD-13 zum ersten Mal auf der Berlin Fashion Week. In der Station Berlin darf man sich auf eine Show der Designerin der Marke, Lisa Deurer freuen, die in ihre Heimatstadt zurückkehrt. Mit ihren Unisex-Kollektionen hinterfragt sie bestehende Strukturen und stellt Kunst und Handwerk in den Mittelpunkt ihrer Kreationen.

Bündnis der fixen Größen

Vier Designer:innen, die die Modewoche bereits viele Male absolviert haben und somit als Routiniers gelten, sind Kilian Kerner, Danny Reinke, Marcel Ostertag und Rebekka Ruétz. In der Verti Music Hall haben sie in dieser Saison ihre aufeinander folgenden Shows am 7. Februar ab 12 Uhr unter dem Titel ‘W. E4. Fashion Day’ zusammengelegt. Dem öffentlichen Publikum stehen 270 Tickets pro Show zur Verfügung, deren Erlöse einem karitativen Zweck gespendet werden.

Danny Reinke, SS24. Bild: Sebastian Reuter/Getty Images für Danny Reinke

Feste feiern, wie sie fallen

Vor, während oder nach besuchten Veranstaltungen stehen natürlich auch einige Feten auf dem Programm. Mit der ‘Deadhype Fashion Week Opening Party’ am 5. Februar ab 21 Uhr lässt man den ersten Tag in der Georgia Bar in Berlin tanzend Revue passieren. Am 8. Februar schmeißt die Kunst- und Modezeitschrift ‘Keyi Magazine’ mit eigens kuratierter Kunst und Musik eine Feier im Friedrichshainer Oxi Club. Die Consulting-Agentur Out of Office präsentiert ebenfalls am 8. Februar ein ‘Puff-Up’-Event, ‘Prototype:AM’. Zu Drinks können neue Formen und ‘Puffs’ entdeckt werden.

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