Charles Vögele muss auch in Österreich Insolvenz anmelden
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Es hatte sich abgezeichnet: Auch der österreichischen Tochtergesellschaft des Bekleidungshändlers Charles Vögele blieb am Dienstag nur der Weg in die Insolvenz. Das bestätigte die österreichische Gläubigerschutzorganisation Alpenländischer Kreditorenverband (AKV Europa) in einer Mitteilung. Nach einem Bericht der Tageszeitung Der Standard hatten mehrwöchige Verhandlungen mit möglichen Investoren nicht rechtzeitig zum Erfolg geführt.
So musste die Charles Vögele (Austria) GmbH aufgrund am Monatsende fälliger Zahlungen schließlich den Gang zum Landgericht für Zivilrechtssachen (ZRS) in Graz antreten. Dort beantragte das Unternehmen ein Sanierungsverfahrens ohne Eigenverwaltung. Zum Insolvenzverwalter wurde der Rechtsanwalt Norbert Scherbaum bestellt. Die Verhandlungen mit den Kaufinteressenten für das gesamte Filialportfolio soll aber fortgesetzt werden.
Nach Angaben des AKV sind 711 Mitarbeiter in Österreich von der Insolvenz betroffen. Zuletzt verfügte der Einzelhändler dort noch über 102 Filialen, von denen 89 unter dem Namen Charles Vögele firmierten. Zu den Ursachen für die Pleite zitierte Der Standard Gerhard Weinhofer vom Gläubigerschutzverband Creditreform: Der machte „Umsatzeinbrüche“ sowie die „Insolvenz der schweizerischen Muttergesellschaft“ von Charles Vögele für die akuten Finanzprobleme der österreichischen Tochter verantwortlich.
Miller & Monroe gilt als Kaufinteressent für die österreichischen Filialen
Mit der Insolvenz in Österreich ist das Scheitern einer der spektakulärsten Übernahmen im Bekleidungshandel endgültig besiegelt. Ende 2016 hatte das Konsortium Sempione Retail unter der Führung des italienischen Handelskonzerns OVS das kriselnde schweizerische Traditionsunternehmen Charles Vögele gekauft. Der neue Eigentümer wollte sich auf wenige Kernmärkte konzentrieren, die Filialen in den übrigen Ländern, darunter in Deutschland, wurden verkauft, einige regionale Tochtergesellschaften in die Insolvenz geschickt.
Doch auch in den verbliebenen Märkten liefen die Geschäfte schlecht. So scheiterte das Unterfangen, alle Charles-Vögele-Filialen in der Schweiz in OVS-Märkte umzuwandeln. Die Kunden blieben weg, im Mai dieses Jahres musste Sempione Retail Insolvenz anmelden. Daraufhin wurden die Shops in der Schweiz geschlossen und die Warenlieferungen an die österreichische Tochter eingestellt.
Deren Geschäftsleitung sucht nun weiter nach einem Käufer. Als aussichtsreicher Kandidat gilt die niederländische Kette Miller & Monroe. Der Bekleidungshändler hatte Anfang April bereits 200 frühere Charles-Vögele-Standorte in Deutschland übernommen und ist derzeit dabei, diese schrittweise zu eigenen Filialen umzubauen. Eine Entscheidung über die Zukunft der österreichischen Läden wird voraussichtlich in näherer Zukunft fallen: Bezüglich einer Investorenlösung sollte „binnen der nächsten 2-3 Wochen Klarheit erlangbar sein“, erklärte der AKV.
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