Das Gen Z-Dilemma: umweltbewusst, aber süchtig nach Fast Fashion
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Einer der meistgelesenen Artikel im Oktober auf FashionUnited drehte sich um die Frage, wer hinter den nicht genehmigten Shein-Outlets in den Niederlanden steckt.
Man beachte, dass es sich hier um nicht autorisierte Pop-up-Shops handelt, die nur vorgeben, von dem chinesischen Internetriesen zu stammen.
In Städten wie Arnheim, Utrecht und Rotterdam machten Pop-up-Shops auf, die Kleidung zu extrem niedrigen Preisen anbieten. Diese Läden stossen wegen Sheins Ruf auf Widerstand, nämlich ein Unternehmen zu sein, das für sein Ultra-Fast-Fashion-Modell und die damit verbundenen Menschenrechts- und Umweltverstöße bekannt ist.
Trotz der Kritik werden viele Verbraucher:innen weiterhin von den niedrigen Preisen angezogen, wie die niederländische Tageszeitung NRC in einem Bericht vom 23. Oktober hervorhob.
Auf der einen Seite wird ständig von der Verantwortung von Unternehmen gesprochen, Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft zu integrieren, auf der anderen Seite ist die Popularität von Ultra-Fast-Fashion-Riesen wie Shein und Temu ungebrochen. Ein klares Paradoxon. Verbraucher:innen wollen nachhaltigere Entscheidungen treffen, greifen aber trotzdem zu neuer, billiger Trendkleidung.
Dieser Kontrast scheint bei der Generation Z am größten zu sein, also den jungen Menschen, die zwischen 1995 und 2012 geboren wurden und jetzt zwischen 12 und 29 Jahre alt sind. Eine bedeutende Gruppe in Deutschland, die demographischen Schätzungen zufolge etwa acht Millionen Menschen oder 10 Prozent der Gesamtbevölkerung umfasst.
Nachhaltiges Denken führt nicht immer zu nachhaltigem Einkaufen
Generation Z engagiert sich stark in sozialen und ökologischen Fragen und ist bekannt für ihren Aktivismus und ihre Sorge um Klimawandel, soziale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit.
Diese Werte spiegeln sich jedoch nicht immer in ihrem Kaufverhalten wider: In der Praxis entscheiden sich viele dieser Verbraucher:innen nach wie vor für Fast Fashion, wie eine Untersuchung der Secondhand-Plattform ThredUp im August 2022 zeigte.
Dies ist die bekannte Intentions-Verhaltens-Lücke, also der Unterschied zwischen dem, was Verbraucher:innen tun wollen (in diesem Fall nachhaltiger einkaufen) und dem, was sie tatsächlich tun.
Der Reiz billiger Mode für Generation Z
Junge Menschen stehen unter dem Druck, modisch auszusehen, insbesondere angesichts der Dynamik von Online-Plattformen – man denke an das „Outfit des Tages“ auf Instagram oder an TikTok-Trends.
Vor allem Shein und Temu machen sich diesen Wunsch zunutze, modisch auszusehen, ohne viel Geld auszugeben, und locken Verbraucher:innen mit irreführender Werbung, Marketing-Aktionen und Rabatten.
Es überrascht daher nicht, dass diese chinesischen Konzerne vor allem für jüngere Verbraucher:innen attraktiv sind – Shein ist derzeit eines der beliebtesten Modeunternehmen der Welt.
Obwohl die Autorin selbst ein Millennial ist (Jahrgang 1988), weiß sie zum Beispiel, dass ihre 14-jährige Nichte manchmal bei Shein einkauft. Sie kennt auch eine Gruppe von Freund:innen, die dort regelmäßig einkaufen. Sie fragte sie über Whatsapp, warum sie bei dem chinesischen Bekleidungsriesen einkaufen. Dabei handelt es sich natürlich nicht um eine repräsentative Umfrage, aber sie sagten, die Hauptgründe für den Kauf bei Shein seien die niedrigen Preise, die Bequemlichkeit und die große Auswahl.
„Billig“, antwortete zum Beispiel einer von ihnen. „Dann kann ich es ein Jahr lang benutzen und wieder etwas Neues kaufen. Hört sich eigentlich ziemlich schlecht an, während ich das hier tippe“, gefolgt von einem Lachen mit einem Smiley-Emoticon.
„Ich kaufe dort ein, wenn ich schnell ein schönes Sommerkleid oder etwas für eine Party brauche“, schrieb eine andere.
„Ich kaufe dort alles“, sagte eine Dritte. „Ich muss nicht mehr in verschiedenen Läden einkaufen, weil man dort alles hat. So ähnlich wie Zalando, nur hipper.“
In der zuvor erwähnten ThredUp Studie gaben 72 Prozent der Studierenden an, im Jahr vor der Umfrage Fast Fashion gekauft zu haben. Mehr als 2 von 5 gaben an, dass sie Kleidung für Anlässe kauften, bei denen sie sie wahrscheinlich nur einmal tragen werden. 50 Prozent von ihnen gaben an, wöchentlich Videos von Fast-Fashion-„Hauls“ in den sozialen Medien anzuschauen und 40 Prozent sagten, sich täglich auf Fast-Fashion-Websites umzusehen.
Die Modeindustrie macht es Verbraucher:innen schwer, sich eine nachhaltigere Garderobe zuzulegen, könnte man argumentieren.
Der derzeitige Schwerpunkt der Branche auf aktuellen Trends und der Förderung von „Neuem“ ermutigt sie, regelmäßig neue Kleidung zu kaufen.
Fast Fashion dominiert den Markt durch niedrige Preise und attraktive, trendige Artikel, während nachhaltige Mode weniger zugänglich und meist teurer ist.
Lesen Sie mehr darüber in dem kürzlich auf Linkedin veröffentlichten Artikel: „We Know by Now That Cheap Fashion Isn’t Sustainable—So Why Do We Keep Buying It?”
Die gute Nachricht: Bewusstsein für negative Auswirkungen auf die Umwelt verringert Kaufabsicht
Nun zur guten Nachricht. Eine aktuelle Fallstudie von Zimand-Sheiner und Lissitsa (2024) über die Generation Z, Fast Fashion und Shein zeigt, dass die Teilnehmenden nach der Lektüre negativer Informationen über die Umweltauswirkungen von Shein eine negativere Einstellung gegenüber dem Unternehmen entwickelten und sich „betrogen“ fühlten, was ihre Kaufabsicht verringerte. Einfacher ausgedrückt: Junge Menschen kaufen weniger wahrscheinlich Kleidung von Shein, wenn sie wissen, wie schlecht die Marke arbeitet.
Dies deutet darauf hin, dass Transparenz und die Bereitstellung zuverlässiger Informationen über die Auswirkungen von Fast Fashion von entscheidender Bedeutung sind, um jungen Menschen zu helfen, bewusstere Entscheidungen zu treffen.
Wie ist es um dieses Bewusstsein bestellt?
Die niederländische Modeexpertin und Dozentin Ellen Haeser sieht ein wachsendes gesellschaftliches Bewusstsein für nachhaltige Mode, auch bei Modestudierenden, sagt sie auf Nachfrage. „Wir müssen aber geduldig sein, denn es geht in kleinen Schritten voran.“
Kürzlich fragte Haeser ihre Student:innen, ob sie bereit wären, ihre Garderobe um die Hälfte zu reduzieren, wenn der Rest der Garderobe aus hochwertigen, guten Stücken bestünde, die man jahrelang tragen kann. Nur zwei von 20 Studierenden sagten ja. Die anderen befürchteten einen Mangel an Abwechslung bei den Outfits und dass es langweilig werden würde.
Bei Podiumsdiskussionen während der letzten Dutch Design Week wurde die gleiche Frage gestellt und die gleichen Antworten gegeben, sagt Haeser. „Einigen Modefachleuten hat das die Augen geöffnet und gezeigt, dass es einen großen Unterschied im Bewusstsein für Nachhaltigkeit innerhalb und außerhalb „der Bubble“ gibt“, sagt Haeser.
Kurzum: Transparenz und Aufklärung sind zweifellos wichtig.
Aber das Bewusstsein allein reicht nicht aus. Die Dinge ändern sich nur dann wirklich, wenn wir unsere Konsumgewohnheiten strukturell ändern. Mit anderen Worten: Das Bewusstsein muss in eine dauerhafte Verhaltensänderung umgewandelt werden.
Das Spannungsverhältnis zwischen Fast Fashion und Nachhaltigkeit, zwischen Konsum und Verantwortung, wird in den kommenden Jahren ein wichtiges Thema in der Branche bleiben.
Fazit: Mode unterliegt immer Paradoxen
Im Übrigen sind Widersprüche der Modebranche inhärent und ein wesentlicher Bestandteil ihrer Dynamik. Sowohl in Bezug auf die Ästhetik als auch auf das Verhalten der Verbraucher:innen.
Neben „Nachhaltigkeit versus Fast Fashion“ und „trendy versus zeitlos“ kann man auch an „Individualität versus Konformität“ und „Kreativität versus Kommerz“ oder „Minimalismus versus Exzess“ denken.
Mode ist immer in Bewegung und spiegelt breitere gesellschaftliche Trends wider. Diese Widersprüche machen die Mode nicht nur komplex, sondern auch faszinierend.
Es liegt an uns als Verbraucher:innen, Designer:innen und Unternehmen kritisch über unsere Rolle in diesem System nachzudenken und uns um eine bessere, nachhaltigere und verantwortungsvollere Modebranche zu bemühen.
Quellen:
-FashionUnited-Archiv und insbesondere die Artikel zu den niederländischen „Shein“-Outlets von Caitlyn Terra vom Oktober 2024 und der englische Artikel „ThredUp debuts resources to support Gen Z hooked on fast fashion’“ von Jackie Mallon vom 16. August 2022.
- NRC-Artikel „Fast-Fashion-Läden sind wegen der niedrigen Preise zu attraktiv, um sie zu ignorieren: ‘Ich sah das Wort ‚Discount‘ und ging hinein’“ von Marit Willemsen vom 23. Oktober 2024 [auf Niederländisch].
-ThredUP 2022 Gen Z Fast Fashion Report, komplette Studie, verfügbar im TredUp Newsroom. Quelle: GlobalData 2022 Verbraucherbefragung von 1989 US-Gen Zers (16-25 Jahre) im Juni-Juli 2022.
-Zimand-Sheiner, D., & Lissitsa, S. (2024). Generation Z - factors predicting decline in purchase intentions after receiving negative environmental information: Fast fashion brand SHEIN as a case study. Journal of Retailing and Consumer Services, 81, 103999. Diese Studie basiert auf einer Online-Umfrage unter Verbraucher:innen der Generation Z, die zwischen 1995 und 2003 geboren wurden. Die ursprüngliche Stichprobe bestand aus 849 Befragten, von denen 607 die Umfrage ausfüllten, heißt es auf der Website.
-Schriftlicher Beitrag von Modeexpertin und Dozentin Ellen Haeser, Ende Oktober 2024.
-Teile des Artikeltextes wurden mit einem KI-Tool erstellt und anschließend bearbeitet.
Dieser Artikel erschien ursprünglich auf FashionUnited.nl. Teile des Artikels wurden mit einem KI-Sprachtool übersetzt. Bearbeitet von Simone Preuss.