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Jahresrückblick 2017 – Teil 2

Von Jan Schroder

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Mode

Die Modebranche durchlief auch im zu Ende gehenden Jahr einen tiefgreifenden Wandlungsprozess. Das führte zu einigen Turbulenzen: In alten Rivalitäten verschoben sich die Kräfteverhältnisse, es gab milliardenschwere Übernahmen – und einige bedauerliche Insolvenzen. Im zweiten Teil unserem Jahresrückblick haben wir einige der wichtigsten Ereignisse und Entwicklungen in den Monaten Juli bis Dezember noch einmal zusammengefasst. Den ersten Teil lesen Sie hier.

Juli: Letzte Runde vor dem Neustart in Berlin

Die Berliner Modemessen zeigten auch in der Sommersaison die mittlerweile gewohnte Stärke. Die wichtigste Laufstegveranstaltung in der Hauptstadt litt hingegen erneut unter den bekannten Schwächen. Doch es sollte die letzte Mercedes-Benz Fashion Week im bekannten Format werden. Schon vor der Eröffnung des Laufstegs im ehemaligen Kaufhaus Jandorf war klar gewesen, dass sich die US-amerikanische Agentur IMG, die das Spektakel seit zehn Jahren organisiert hatte, aus Berlin verabschieden würde. So war fraglich, wie es mit den Catwalk-Shows weitergehen würde.

Doch Titelsponsor Mercedes-Benz machte schnell klar, dass er der Modebranche in der Hauptstadt treu bleiben würde. Erst schloss er eine Partnerschaft mit dem Fashion Council Germany, die vor allem auf Nachwuchsförderung abzielte. Dann stellte der Autobauer auch ein neues Laufstegkonzept vor, das unter der Regie der Berliner Agentur Nowadays im Januar Premiere feiern wird.

Nicht nur der Name wurde offiziell auf MBFW verknappt, auch das zuletzt wenig fokussierte Programm wurde eingedampft. An nur noch zwei Tagen werden in der Wintersaison ausgewählte Labels ihre Kollektionen in der neuen Location E-Werk präsentieren. Die Veranstalter versprechen „mehr Raum für aufmerksamkeitsstarke Auftritte“ und eine modernisierte Kommunikationsstragie mit digitalen Schwerpunkten.

August: Börsenneuling Canada Goose im Höhenflug

Spektakuläre Börsengänge waren 2017 angesichts vielerorts schwieriger Marktbedingungen und politischer Unsicherheiten rar gesät. Im März wagte sich immerhin der kanadische Daunenjacken-Spezialist Canada Goose aufs Parkett – und bescherte den Anlegern satte Gewinne: Mit einem Preis von 17 Kanadischen Dollar war die Aktie im März an den Start gegangen, am letzten Handelstag vor Weihnachten lag ihr Wert bei fast 38 Kanadischen Dollar.

Getragen wurde der Kursanstieg von mächtigen Umsatzzuwächsen: So konnte Canada Goose im November verkünden, dass der Halbjahresumsatz gegenüber dem Vorjahreszeitraum um fast vierzig Prozent verbessert wurde. Der Nettogewinn wurde sogar annähernd verfünffacht. Großes Potenzial haben die Kanadier vor allem im eigenen Einzelhandel. Erst seit Herbst 2016 verfügt die Marke über eigene Boutiquen, im laufenden Jahr wurden in Tokio und London die ersten Flagshipstores außerhalb Nordamerikas eröffnet. Auch die Online-Präsenz wurde in den vergangenen Monaten signifikant erweitert.

September: Charles Vögele verschwindet

Auch namhafte Marken können manchmal ganz schnell von der Bildfläche verschwinden. Der schweizerische Bekleidungshändler Charles Vögele ist so ein Fall. Nach einer längeren Schwächeperiode war das Unternehmen im Herbst 2016 vom italienischen Einzelhändler OVS übernommen worden. Der legte wenig Wert auf den Namen Charles Vögele. Stattdessen wollte er die neu erworbenen Filialen in sein eigenes Netzwerk integrieren.

So wurden sie in den Hauptmärkten, darunter in der Heimat, Schritt für Schritt in OVS-Häuser umgewandelt. Die Integration verlaufe „reibungslos“, erklärte OVS-Chef Stefano Beraldo im September. Bis Anfang 2018 sollten aus allen früheren Charles-Vögele-Shops in der Schweiz OVS-Filialen geworden sein. Außerhalb der Kernmärkte, die den neuen Eigentümer interessieren, ereilten die Standorte unterschiedliche Schicksale. Viele wurden an neue Betreiber verkauft, einige Landesgesellschaften in die Insolvenz geschickt. Nur in Deutschland und Ungarn wird die Marke Charles Vögele noch etwas länger überleben.

Oktober: Wechselspiel der Stardesigner

Mit dem kreativen Kopf steht und fällt der Erfolg einer Luxusmarke. Wie wichtig der Chefdesigner sein kann zeigte zuletzt etwa Alessandro Michele, der das Label Gucci in kürzester Zeit vom Sorgenkind zum Überflieger machte. Inzwischen ist die lange schwächelnde Marke mit bemerkenswerten Umsatzsteigerungen zum Wachstumsmotor für den Mutterkonzern Kering geworden.

Vor einer Zäsur steht nun auch das britische Modehaus Burberry: Dort kündigte Creative Director Christopher Bailey Ende Oktober seinen Abschied an. Damit endet eine Ära bei den Briten: Seit 17 Jahren hat Bailey den Kurs der Marke bestimmt, seit 2009 auf dem Posten des Chief Creative Officer. Zwischenzeitlich war er als CEO auch noch zusätzlich für die Geschäftsführung zuständig gewesen. Ab dem kommenden Frühjahr will sich der 46-Jährige nun „neuen kreativen Projekten“ widmen. Wer ihm bei Burberry nachfolgen wird, ist noch nicht sicher.

Was Burberry noch bevorsteht, haben einige andere namhafte Luxuslabels 2017 vollzogen: So wechselten unter anderem bei Lanvin, Givenchy, Jil Sander und Chloé die kreativen Verantwortlichen.

Deutscher Markt als Hoffnungsträger

Lange war es erneut kein gutes Jahr für die Modehändler in Deutschland gewesen. Von der insgesamt glänzenden Kauflaune der Verbraucher vermochte die Bekleidungsbranche kaum zu profitieren. Erst im Herbst, der diesmal nicht so mild ausfiel wie im Vorjahr, wurde die Stimmung besser.

Von außen betrachtet ist Deutschland für viele Unternehmen aus der Branche aber nach wie vor attraktiv: Schließlich handelt es sich um den umsatzstärksten Markt in Europa. So setzten viele internationale Bekleidungshändler ihren Expansionskurs hierzulande fort.

Besonders wichtig ist der hiesige Markt für Anbieter aus kleineren Nachbarländern. So erwirtschaftet die dänische Modeindustrie einen großen Teil ihrer Umsätze in Deutschland. Da kann es nicht verwundern, dass auch der größte Textilkonzern des Landes, die Bestseller Group, zu der Marken wie Vero Moda, Jack & Jones oder Only gehören, große Hoffnungen auf die deutschen Kunden setzt. Nach insgesamt mageren Zahlen im abgelaufenen Geschäftsjahr rechnet das Unternehmen zukünftig mit besseren Resultaten – und setzt dabei ausdrücklich auf weiteres Wachstum in Deutschland.

Weihnachtsgeschäft mit bekannten Problemen

Der Handelsverband Deutschland (HDE) hatte der Branche im Vorfeld einen neuen Umsatzrekord im Weihnachtsgeschäft prognostiziert: Um drei Prozent sollten die Erlöse in den Monaten November und Dezember wachsen und das neue Rekordniveau von 94,5 Milliarden Euro erreichen.

Doch lange blieben die tatsächlichen Geschiäfte hinter den Erwartungen zurück. Schuld waren bekannte Probleme: Während Großunternehmen und Online-Händler Erfolge feiern konnten, zeigten sich kleine Firmen und insbesondere Anbieter, die in den Stadtzentren ansässig sind, bis zum Fest unzufrieden. Das lag unter anderem daran, dass die deutschen Innenstädte mit weiter sinkenden Kundenfrequenzen zu kämpfen hatten. Noch hoffen die betroffenen Händler auf die letzten Tage bis zum Jahreswechsel – die strukturellen Schwierigkeiten der Stadtzentren werden aber auch im kommenden Jahr ein Thema bleiben.

Fotos: FashionUnited(3), Canada Goose, OVS Facebook-Page, Daniel Leal-Olivas/AFP, Bestseller Group

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