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Monatsrückblick: Nachhaltigkeit im Juni 2022

Von Simone Preuss

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Business
Bild aus dem neuen Modemagazin Pureviu, das Menschen und Geschichten zur Nachhaltigkeit beleuchtet / Pureviu

Auch im Juni waren etliche Anstrengen der Modebranche im Nachhaltigkeitsbereich zu beobachten. Auffällig jedoch: Nicht alles wird anstandslos hingenommen. So werden etwa selbst etablierte Systeme wie der Higg-Index hinterfragt und neue Materialien kritisch auf ihre Tauglichkeit für eine ethische, faire und nachhaltige Branche begutachtet. Auch im Resale- und Upcycling-Bereich tat sich einiges.

Upcycling, Recycling & Resale

Das junge Berliner Upcycling-Label Avenir will seine Made-to-Order-Designs in den stationären Handel bringen. Avenir nutzt alte Kleidungsstücke oder Textilien und Restposten-Stoffe und fertigt daraus neue Produkte an, und zwar nur auf Bestellung. Onlineshop Asos ging inzwischen eine Partnerschaft mit dem Resale-Dienst für Bekleidung Thrift+ ein.

Modelabel Lala Berlin launchte mit ‘Lala Forever’ in diesem Monat eine Wiederverwertungs-Initiative für Kleidung und Accessoires. Kund:innen können künftig gut erhaltene Lala-Berlin-Ware über den Onlineshop an das Unternehmen zurückführen und erhalten im Gegenzug einen Gutschein für den Lala-Berlin Onlineshop. Die abgegeben Produkte werden gereinigt, aufgearbeitet und zu einem vergünstigten Verkaufspreis wieder angeboten. Dafür wurde der Webshop um einen eigenen Bereich ergänzt, in dem die ‘Lala Forever’-Stücke angeboten werden.

Der spanische Textilrecycler Recover sammelte unterdessen durch den Verkauf einer Minderheitsbeteiligung 100 Millionen US-Dollar (rund 95,8 Millionen Euro) ein. Dadurch soll die weltweite Expansion beschleunigt und die Produktionskapazitäten ausgebaut werden, damit sich das Unternehmen schneller auf die Nachhaltigkeitsinitiativen von Marken und Einzelhändlern einstellen kann.

Der US-amerikanische Garnproduzent AlgiKnit sammelte im Rahmen seiner Series-A-Finanzierungsrunde 13 Millionen US-Dollar (12,5 Millionen Euro) ein. Das 2017 gegründete Start-up, das mittels eines eigenen Verfahrens umweltfreundliche Garne und Fasern aus Seetang herstellt, will mit dem Geld in Wachstum und Kollaborationen investieren.

Innovation

Die dänische Marke Ganni präsentierte anlässlich des Global Fashion Summit 2022 eine neue Initiative, die der Erforschung und Entwicklung innovativer Materialien gewidmet ist. Mittels eines internen Programms wird das Label mit verschiedenen Start-ups zusammenarbeiten, um die kreislauforientierte und umweltfreundlichere Produktion anzukurbeln.

Das niederländisches Modelabel Neffa will indessen durch ‘Biofabrication’ Modedesign und Biologie in Einklang bringen und den Designprozess auf den Kopf stellen. Das heißt, es kreiert das Material und stellt sein Produkt am selben Ort her.

Das Unternehmen Inversa stellt Next-Gen-Leder aus Rotfeuerfischen her und will damit erheblichen Schäden an den Korallenriffen und der Artenvielfalt entgegengehen. Fakt ist jedoch, dass der heute als hochgradig invasive Spezies eingeschätzte Rotfeuerfisch schon morgen selbst bedroht sein könnte. Und hatte die Branche nicht endlich begriffen, dass Materialen, die auf der Ausbeutung und Tötung von Tieren beruhen, nicht mehr gefragt sind? Dieser Ansicht ist auch Yvonne Taylor, Direktorin für Unternehmensprojekte von PETA, die es als „absurd“ bezeichnet, Tierhäute für ein Produkt zu verwenden, besonders wenn man bedenkt, dass der Mensch für die derzeitigen Ausmaße der Existenz der Rotfeuerfischpopulation verantwortlich gemacht wird.

Preise, Auszeichnungen & Kritik

Das Schuhunternehmen Tamaris wurde beim Deutschen Award für Nachhaltigkeitsprojekte 2022 in der Kategorie Textilien und Bekleidung für sein Pilotprojekt ‘Made with Mushrooms’ ausgezeichnet. Modeunternehmer Renzo Rosso erhielt unterdessen einen Award in der Kategorie ‘Special Prize Italy’ bei den Green Awards 2022 in Berlin.

Doch nicht alle ernteten Lob: So bezeichnete etwa das norwegische Verbraucherschutzgremium Norwegian Consumer Authority (NCA) einige Daten des Higg-Index als „irreführend“ und forderte bestimmte Marken auf, sie nicht mehr zu Marketingzwecken zu verwenden. Die Sustainable Apparel Coalition (SAC), Entwickler des Higg-Indexes, nahm sich die Vorwürfe zu Herzen und versprach, diesen zu überarbeiten.

Auch der chinesische Fast-Fashion-Riese Shein geriet in jüngster Zeit wegen möglicher Plagiate und mangelnder Nachhaltigkeit in die Kritik - wobei anzumerken ist, das ein Geschäftsmodell, das auf der Produktion möglichst vieler, schnell wechselnder und kurzlebiger Produkte beruht, generell der Nachhaltigkeit entgegenwirkt. Um dieses Image anzugehen, ging Shein im Juni eine Vereinbarung mit The Or ein, einer Hilfsorgainsation mit Sitz in den USA und Ghana, die sich für Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit in der Bekleidungsindustrie einsetzt.

Shein gründete einen Fond für erweiterte Herstellerverantwortung (Extended Producer Responsibility, EPR) und wird in den nächsten fünf Jahren 50 Millionen US-Dollar (etwa 47 Millionem Euro) in einen EPR-Fund zahlen, der Communities unterstützt, die unter den Folgen von Textilabfällen leiden. Darauf, diese Textilabfälle durch eine zurückgefahrene Produktion zu verringern, scheint der Anbieter noch nicht gekommen zu sein beziehungsweise Imageeinbußen sind finanziellen vorzuziehen. Die Euratex ReHubs-Initiative gab indessen bekannt, das massive Textilabfallproblem in Europa angehen zu wollen.

Einen ähnlichen Pflastereffekt hat es auch, wenn Unternehmen wie H&M und Lululemon Athletica sich am insgesamt mit 250 Millionen US-Dollar (234 Millionen Euro) dotierten Fashion Climate Fund beteiligen, statt ihre Produktion zu drosseln oder ihre Produkte dauerhafter zu machen.

Tech-Plattform Start-up Impactbytes bietet indessen als erstes Unternehmen weltweit einen einfachen Zugang zu den Nachhaltigkeitsnachweisen von Zehntausenden Produkten von Modehäusern und Fair-Trade-Plattformen an und will so gegen das Greenwashing in der Branche angehen.

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