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Jahresrückblick 2021 – Teil 2: Juli bis Dezember

Von Jan Schroder

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Business

Foto: FashionUnited

Auch im Jahr 2021 prägte die Covid-19-Pandemie die Modebranche: Entwicklungen, die sich im Vorjahr bereits abgezeichnet hatten, verstärkten sich weiter – mit oft massiven Konsequenzen. Doch die Gesundheitskrise war beileibe nicht das einzige Thema.

Heute blicken wir auf einige Schlüsselereignisse in den Monaten Juli bis Dezember. Den Rückblick auf die erste Jahreshälfte lesen Sie hier.

Juli: Neuer Schwung nach Lockerungen

Nach der Aufhebung der meisten Corona-Schutzmaßnahmen im Laufe des Frühjahrs herrschte Hoffnung im Bekleidungshandel. Angesichts der fortschreitenden Impfkampagnen in Westeuropa und den USA schien ein Ende der pandemiebedingten Probleme absehbar. Die britische Regierung rief am 19. Juli sogar den „Freedom Day“ aus und schaffte neben allen Einschränkungen auch die Maskenpflicht ab.

Die Erholung nach der Wiedereröffnung der Läden beflügelte die aktuellen Geschäftszahlen der großen Bekleidungsanbieter: Die Zara-Mutter Inditex steigerte ihren Umsatz im ersten Quartal, das schon Ende April abgeschlossen wurde, um 50 Prozent und übertraf damit das entsprechende Niveau des Vorkrisenjahres 2019. Dank des kräftigen Wachstums konnte der Konzern zudem wieder einen Millionengewinn erzielen, nachdem die Auswirkungen der ersten Pandemie-Welle im Vorjahreszeitraum für Verluste gesorgt hatte.

Foto: Nike

Beim schwedischen Textilkonzern Hennes & Mauritz, dem großen Rivalen der Spanier, legten die Erlöse im zweiten Quartal um 62 Prozent zu, der Gewinn sprang um knapp zwei Drittel.

Auch der Sportartikelgigant Nike nahm weiter Fahrt auf: In Europa und Nordamerika konnte er seine Erlöse im Ende Mai abgeschlossenen vierten Quartal mehr als verdoppeln, der Konzernumsatz stieg damit um satte 96 Prozent. Unter dem Strich stand wieder ein hoher Überschuss: Nach Verlusten im Vorjahresquartal meldete Nike einen Nettogewinn von umgerechnet knapp 1,3 Milliarden Euro.

August: Esprit schreibt wieder schwarze Zahlen – aber die Turbulenzen gehen weiter

Aufhorchen ließ der seit Jahren kriselnde Bekleidungskonzern Esprit im August: Das Unternehmen verkündete, dass es in der ersten Hälfte des laufenden Geschäftsjahres einen kleinen Überschuss erzielen konnte. Damit erreichte es erstmals seit vier Jahren wieder die Gewinnzone. Vorangegangen waren massive Sparmaßnahmen und personelle Umbrüche.

Foto: Esprit

Doch der Konzern kam trotz der Erfolgsmeldung nicht zur Ruhe: Im Oktober verkündete CEO Mark Daley, der erst Ende 2020 berufen worden war, seinen Rückzug, wenige Wochen später verabschiedete sich dann auch Yung Ting Wan, die für die Produktentwicklung zuständig war, nach nicht einmal einem Jahr.

Geführt wird das Unternehmen nun vorerst von William Eui Won Pak. Der Ehemann von Chairwoman Christin Su Yi Chiu, der über keinerlei Erfahrungen in der Textilbranche verfügte, war im September zum Chief Operating Officer (COO) ernannt worden und stieg nach Daleys Abgang zum Interims-CEO auf. Auch sonst finden sich im Führungsteam des Unternehmens mittlerweile kaum noch Bekleidungsexperten.

September: Zeit für frische Sneaker – On geht an die Börse

Die Börse blieb ein attraktives Ziel für aufstrebende und etablierte Unternehmen. Im September war der schweizerische Turnschuhspezialist On soweit. Die 2010 gegründete Firma feierte einen gelungenen IPO an der New York Stock Exchange. Schon der Ausgabepreis der Aktien lag über den Erwartungen, am ersten Handelstag sprang ihr Wert um knapp fünfzig Prozent.

Foto: On

On hatte den Anlegern ein attraktives Gesamtpaket präsentiert: Die Schweizer verfügen über hochwertige, nachhaltige Produkte und innovative, digitale Vertriebswege wie etwa einen Abo-Service für Laufschuhe – sowie den nötigen Glamour-Faktor: Tennisstar Roger Federer ist ein langjähriger Partner und Miteigentümer des Unternehmens. Die Geschäfte verliefen entsprechend erfolgreich: Zum Börsenstart präsentierte sich On als „eine der am schnellsten wachsenden Sportschuhfirmen weltweit“.

Im November feierte mit dem US-amerikanischen Unternehmen Allbirds ein weiteres Unternehmen sein Börsendebüt, das mit umweltfreundlich produzierten Turnschuhen zuletzt kräftige Zuwächse erzielen konnte. Wie On setzt auch Allbirds darauf, die anhaltend hohe Nachfrage nach Sneakern mit Nachhaltigkeitsversprechen zu verbinden – und damit eine Alternative zu etablierten Branchengrößen wie Nike oder Adidas zu bieten, die sich immer mal wieder mit Vorwürfen wegen vermeintlich fragwürdiger Geschäfts- und Produktionspraktiken konfrontiert sehen.

Neben den Aufsteigern fanden auch konventionelle Turnschuhanbieter im Laufe des Jahres Zuspruch bei den Anlegern und Investoren: Kurz vor dem Jahreswechsel hatten Sneaker-Spezialisten einer Untersuchung von FashionUnited zufolge auf verschiedenen Wegen bereits mehr als eine Milliarde Euro an frischem Kapital eingesammelt.

Oktober: Die Luxusbranche erholt sich – und muss neue Wege gehen

Nach pandemiebedingten Rückschlägen ist die globale Luxusgüterbranche vorerst wieder auf Kurs: Im Oktober meldete der französische Weltmarktführer LVMH, dass sein Neun-Monats-Umsatz im Jahresvergleich um 46 Prozent auf 44,2 Milliarden Euro gestiegen war – und damit auch das entsprechende Niveau des Vorkrisenjahres 2019 klar übertreffen konnte. Vor allem in Asien und Nordamerika legte die Nachfrage nach Luxusgütern wieder kräftig zu, während die Erholung in Europa langsamer verlief.

Jay-Z und Beyoncé in der aktuellen Werbekampagne von Tiffany (Foto: LVMH)

Beim größten Konkurrenten, der Gucci-Mutter Kering, wuchsen die Erlöse in den ersten drei Quartalen immerhin um insgesamt knapp 35 Prozent und lagen damit um neun Prozent über dem Vergleichswert von 2019. Zahlreiche andere Luxusmarken verzeichneten ebenfalls kräftige Steigerungen.

Die Branchenexperten von der Unternehmensberatung McKinsey und Branchendienst „The Business of Fashion“ (BoF) prognostizierten in einer gemeinsamen Studie die Fortsetzung der jüngsten Aufwärtstrends im kommenden Jahr, mahnten die Branche aber dazu, neue Wege einzuschlagen. So sollten internationale Luxusmarken angesichts der anhaltenden Einschränkungen im weltweiten Reiseverkehr die Inlandsmärkte stärker in den Fokus nehmen und ihre Präsenz in der virtuellen Welt stärken: Künftig gelte es, „das Potenzial von Non-Fungible Tokens (NFTs), Videospielen und digitaler Mode“ auszuschöpfen, erklärten die Studienverfasser:innen. Viele namhafte Anbieter machten im laufenden Jahr bereits erste Schritte in diese Richtung und sicherten sich durch Kollaborationen oder Übernahmen von entsprechend spezialisierten Start-ups ihren Platz im Metaverse.

November: Lieferengpässe werden zur „größten Herausforderung“ der globalen Textilindustrie

Während viele Modeunternehmen eine Erholung von den unmittelbaren Auswirkungen der Covid-19-Pandemie erlebten, schob sich ein neues Problem in den Vordergrund – und auch das hat mit der Gesundheitskrise zu tun: Wochenlange Werksschließungen nach einem Anstieg der Corona-Fälle in Vietnam sorgten für Produktionsausfälle bei den zahlreichen Unternehmen, die einen Großteil ihrer Artikel in dem asiatischen Land herstellen lassen. Hinzu kamen Lieferschwierigkeiten aufgrund der Überlastung vieler internationaler Häfen. Und es wurde zunehmend klar, dass die schon seit dem Sommer anhaltenden Störungen nicht nur ein kurzfristiges Problem bleiben würden: In der bereits genannten Studie von McKinsey und BoF wurden die Lieferengpässe von Brancheninsidern bereits als größte Herausforderung für 2022 genannt.

Bild: Tom Fisk via Pexels

Die Folgen der anhaltenden Lieferschwierigkeiten waren im November bereits an aktuellen Geschäftszahlen ablesbar: So bremsten sie das Wachstum von Adidas im dritten Quartal und veranlassten den Sportartikelkonzern dazu, seine Jahresprognosen vorsichtiger zu formulieren.

Aufgrund der globalisierten Fertigungsprozesse belasteten die Probleme zahlreiche namhafte Unternehmen: So verfehlte der US-Konzern VF Corporation, zu dem Marken wie Vans, The North Face und Timberland gehören, die Wachstumserwartungen im zweiten Quartal deutlich, auch der Schuhkonzern Wolverine World Wide enttäuschte und senkte seine Jahresziele. Angesichts der globalen Unsicherheiten setzte in der Branche ein Umdenken ein: Laut einer aktuellen McKinsey-Studie erwägen über 70 Prozent der Modeunternehmen, künftig weniger in Asien und dafür verstärkt in näher gelegenen Ländern produzieren zu lassen.

Dezember: (Fast) alles auf Anfang – Omikron wirft die Modebranche zurück

Anfang November wurde in Südafrika die neuartige Omikron-Variante des Coronavirus erstmals entdeckt – und weil sie den vorliegenden Erkenntnissen zufolge als ansteckender und gegen Impfungen resistenter als die bisher vorherrschenden Erreger gilt, wurden umgehend die Schutzmaßnahmen in zahlreichen Ländern wieder verschärft. In Deutschland schloss die neue Bundesregierung unter Führung von Kanzler Olaf Scholz zwar einen erneuten Lockdown vorerst aus, doch auch die alternativen Beschränkungen belasteten das Weihnachtsgeschäft erheblich. So erhielten im Rahmen der 2G-Regelung nur noch Geimpfte und Genese Zugang zu Geschäften, die nicht den Alltagsbedarf abdecken.

Davon betroffen waren auch die Modehändler, die zu den größten Verlierern in den so wichtigen Wochen vor Weihnachten zählten. „Im November ist das Weihnachtsgeschäft gut angelaufen, doch 2G hat Umsätze und Frequenzen einbrechen lassen. Bei vielen Handelsbetrieben herrscht Ernüchterung und Existenzangst“, bilanzierte Stefan Genth, der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), die Lage der Branche am Montag nach den Feiertagen. „Bereits das zweite Mal in Folge war die Weihnachtszeit für den Einzelhandel eine Katastrophe.“

Gähnende Leere in den Frankfurter Messehallen. Bild: Frankfurt Fashion Week

Doch nicht nur die Händler waren zum Jahreswechsel ernüchtert. Die rapide Ausbreitung der Omikron-Variante sorgte dafür, dass die Situation in allen Bereichen der Modebranche wieder ähnlich düster aussah wie vor zwölf Monaten. Erneut wurden angesichts der verschärften Bestimmungen die für den Januar geplanten Modemessen abgesagt. So wartet die Frankfurt Fashion Week weiter auf ihr bereits vor anderthalb Jahren angekündigtes physisches Debüt: Die Messen Premium, Seek, Neonyt und das neue Format Val:ue werden nun frühestens im kommenden Sommer ihre Premieren in der Mainmetropole feiern. Für den ursprünglichen Januar-Termin kündigten die Veranstalter lediglich ein „coronakonformes“ Rumpfprogramm mit „Showcases, Events und Konferenzen“ in Frankfurt an.

Betroffen waren auch die traditionellen Fachmessen in München: Sowohl die Sportartikelmesse Ispo als auch die Sourcing-Plattform Munich Fabric Start sagten ihre Wintertermine ab.

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