Jahresrückblick 2018 – Teil 1
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Wieder endet ein ereignisreiches Jahr für die Modebranche. Gerade in Deutschland war es nicht unbedingt ein erfreuliches. Das lag nicht nur daran, dass viele Unternehmen weiter mit den gravierenden Veränderungen des Marktes zu kämpfen hatten. Auch widriges Wetter – vor allem der ungewöhnlich lange und warme Sommer – belasteten die Geschäfte. Doch es gab natürlich auch Lichtblicke.
Auf einige der wichtigsten Ereignisse schauen wir noch einmal in unserem Jahresrückblick. Heute sind die Monate Januar bis Juni an der Reihe, die zweite Jahreshälfte folgt dann am Mittwoch.
Januar: Berliner Fashion Week wird kompakter
In der Hauptstadt war während der Modewoche Konzentration angesagt – vor allem, was die Lauftstegschauen anging. Im Januar feierte ein neues Konzept für die Catwalk-Shows seine Premiere. Das hatte mit MBFW nicht nur einen kurzen Namen, sondern setzte auch inhaltlich auf eine gezielte Verknappung. Nach der vorangegangenen Sommersaison war endgültig klar geworden, dass die Mercedes-Benz Fashion Week in ihrer seit Jahren gewohnten Form keine Zukunft haben würde: Der Fokus war zu unscharf, die Qualität der Teilnehmer zu schwankend gewesen. Die US-Agentur IMG hatte daraufhin ihren Ausstieg als Veranstalter erklärt, der Zeitpunkt für einen Neustart war gekommen. So zeigte im Rahmen der MBFW, die von der Berliner Agentur Nowadays organisiert wurde, nun eine kleinere Zahl von ausgewählten Designern ihre Entwürfe erstmals im zentral gelegenen E-Werk.
Der Rückschnitt bei den Modenschauen machte deutlich, dass es in Berlin ohnehin weniger um die Laufstege, als um die Messen geht. Aber auch dort war ein Konzentrationsprozess erkennbar. Die Premium Group, die wichtigste Messegesellschaft der Hauptstadt, band ihr 2016 übernommenes Format Show & Order enger an die Hauptveranstaltung, holte es auf das Gelände am Gleisdreieck und machte die vormals eigenständige Plattform damit praktisch zu einem Segment der Premium. Auch anderenorts in Berlin wuchsen Veranstaltungen zusammen: Die kleine Spezialmesse Selvedge Run zog im Rahmen einer neu geschlossenen Partnerschaft zur gigantischen Panorama auf das Gelände der Messe West am Funkturm – und profitierte von höheren Besucherfrequenzen.
Februar: Die Modebranche in den Zeiten von MeToo
Ihren Ausgang hatte die MeToo-Bewegung 2017 in der Filmindustrie genommen. Kurz darauf wurden die Maßstäbe für inakzeptables Verhalten gegenüber Frauen aber endlich auch in der Modebranche strenger. Im Februar traf es Laurent Potdevin, den CEO des kanadischen Yogawear-Spezialisten Lululemon. Der hatte das Unternehmen zwar wirtschaftlich höchst erfolgreich geführt, musste aber gehen, weil er „Verhaltensstandards nicht erfüllt“ hatte. Später räumte Paul Marciano (Foto), einer der Gründer des Labels Guess, seinen Posten als Executive Chairman. Vorausgegangen war eine mehrmonatige interne Untersuchung, nachdem das Model Kate Upton Belästigungsvorwürfe gegen Marciano erhoben hatte. Generell stieg die Sensibilität für unangemessenes Verhalten. So verloren beim US-amerikanischen Sportartikelgiganten Nike im Laufe des Frühjahres gleich mehrere Führungskräfte ihre Jobs, nachdem das Unternehmen eine umfassende interne Ermittlung aufgrund entsprechender Aussagen von Mitarbeiterinnen durchgeführt hatte.
März: Stühlerücken der Stardesigner – Louis Vuitton holt Virgil Abloh
Auch 2018 drehte sich das Designerkarussell in der Modewelt: Für Schlagzeilen sorgte der französische Luxusgüterkonzern LVMH mit einigen spektakulären Personalwechseln. So wurde Virgil Abloh (Foto) im März als neuer Chefdesigner für die Herrenkollektionen des Traditionshauses Louis Vuitton vorgestellt. Der Gründer des Edel-Streetwearlabels Off-White und Kreativdirektor von Rapper Kanye West soll nun für frischen Wind bei der Pariser Mode-Institution sorgen. Sein Vorgänger Kim Jones wechselte innerhalb des Konzerns zur Marke Dior Homme und ersetzte dort Kris van Assche, der wiederum beim LVMH-Label Berluti unterkam.
Auch im Damenmodesegment konnte der Konzern einen überaus prominenten Neuzugang melden: Schon im Februar trat Hedi Slimane die Nachfolge der langjährigen Chefdesignerin Phoebe Philo beim Modehaus Céline ab.
Beim LVMH-Konkurrenten Kering trat im Sommer Tomas Maier nach 17 Jahren als Kreativchef von Bottega Veneta ab, ihn ersetzte Daniel Lee. Auch das britische Traditionshaus Burberry vollzog den lange angekündigten Designerwechsel: Auf Christopher Bailey folgte Riccardo Tisci.
Die wohl letzte aufsehenerregende Personalentscheidung des Jahres kam kurz vor Weihnachten aus den USA: Der Bekleidungskonzern PVH gab den Abschied von Raf Simons bekannt. Der Belgier war dort seit 2016 Kreativchef der Marke Calvin Klein gewesen. Das Label und der Stardesigner hätten sich „freundschaftlich“ getrennt, teilte PVH mit. Calvin Klein strebe aber eine neue Ausrichtung der Marke an, die „von Simons’ kreativer Vision abweicht“.
April: Kering setzt ganz auf Luxus und trennt sich von Puma
Der französische Kering-Konzern war einmal ein Gemischtwarenladen. Einst gehörten zahlreiche Einzelhändler zur Unternehmensgruppe, die damals noch den Namen PPR trug. Von denen trennte sich der Konzern Schritt für Schritt, die Umbenennung in Kering sollte 2013 die Konzentration auf das Mode- und Luxusgütersegment signalisieren. 2018 setzte der der Konzern seine gezielte Portfoliobereinigung fort.
Für Aufsehen sorgte vor allem die Trennung von der deutschen Tochter Puma, die auf der Hauptversammlung im April endgültig beschlossen wurde. Kering gab den größten Teil seiner Aktien in Form einer Sachdividende an die eigenen Anteilseigner weiter und entließ den Sportartikler aus Herzogenaurach im Mai in die Unabhängigkeit. Dabei steht es um Puma keineswegs schlecht: Bjørn Gulden, der im Frühjahr 2013 zum CEO ernannt worden war, hatte das kriselnde Traditionsunternehmen durchgreifen saniert und wieder auf Erfolgskurs gebracht.
Puma war nicht die einzige Marke, auf die Kering verzichten konnte: Auch die Labels Volcom und Stella McCartney wurden im Frühjahr abgegeben. Mit der ausschließlichen Konzentration auf die derzeit erfolgreichen Luxusmarken – allen voran das weiterhin boomende Label Gucci – geht der Konzern aber auch ein beträchtliches Risiko ein.
Mai: Under Armour zahlt den Preis für seinen Höhenflug
Wie schnell der Höhenflug einer Marke enden kann, zeigt das Beispiel Under Armour. Vor Kurzem galt der US-amerikanische Sportartikler noch als Überflieger der Branche, zwischenzeitlich konnte er selbst das Traditionslabel Adidas vom zweiten Platz der Umsatzranglisten in den USA verdrängen. Die guten Zeiten sind allerdings vorbei. In der Heimat schöpfte die Marke ihr Potenzial aus und wuchs nicht mehr, lediglich im Ausland konnte Under Armour noch zulegen. Das hatte kostspielige Restrukturierungsmaßnahmen zur Folge. Das Geschäftsjahr 2017 endete mit einem Verlust von fast fünfzig Millionen US-Dollar. Auch das neue Geschäftsjahr begann wenig verheißungsvoll: Im Mai musste das Unternehmen einräumen, dass der Fehlbetrag im ersten Quartal weiter gewachsen war. Die teuren Umbaumaßnahmen und die Schwäche in den USA, wo Adidas längst wieder am einstiegen Shooting Star vorbeigezogen ist, belasteten das Unternehmen auch im weiteren Verlauf des Jahres.
Juni: Neuer CEO Kristiansen soll die Wende bei Esprit schaffen
Schon seit Jahren läuft es beim Bekleidungskonzern Esprit nicht rund. Erste Sanierungsprogramme führten langfristig nicht zum gewünschten Erfolg, im März kündigte CEO Jose Manuel Martínez Gutiérrez, der das Unternehmen seit 2012 geführt hatte, seinen Rückzug an.. Für ihn übernahm Anfang Juni Anders Kristiansen den Chefsessel. Der Däne ließ umgehend eine interne Bestandsaufnahme vornehmen und legte im Herbst das nächste Maßnahmenpaket vor. Es sieht unter anderem eine neue Markenstrategie und massive Stellenstreichungen vor, nachdem Esprit im Geschäftsjahr 2017/18 einen erneuten Umsatzrückgang erlebt und tiefrote Zahlen geschrieben hatte. Durch die zusätzlichen Umbaumaßnahmen will das Unternehmen nun in „zwei bis drei Jahren“ den operativen Break-even schaffen. Hoffnungen setzt Esprit dabei insbesondere auf die Expansion in China.