Die fünf großen Modethemen 2020
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Die Mode ist bunt und wandelbar – doch am Ende des Jahres gibt es immer ein paar rote Fäden zu entdecken. Welche Themen zogen sich durch 2020? FashionUnited fasst die Mode eines ereignisreichen Jahres in fünf zentralen Themen zusammen.
Digitalisierung: vom Online-Shopping bis zur virtuellen Modewoche
Der bemerkenswerteste Trend in der Mode war zweifelsohne die exponentiell zunehmende Digitalisierung. Online-Shopping wurde im vergangenen Jahrzehnt immer beliebter. Bereits 2019 präsentierte die belgische Marketing-Agentur Nightingale eine komplett virtuelle Laufsteg-Präsentation und entwickelte das digitale Modehaus The Fabricant und die niederländische Designerin Iris van Wees virtuelle Kleidungsstücke.
Mit der Ankunft des Coronavirus im Frühjahr nahmen diese Entwicklungen an Fahrt auf. Viele Konsumenten wurden mehr oder weniger gezwungen, digital aktiv zu werden. Online-Shopping wurde für viele Konsumenten zur einzigen Möglichkeit, an neue Produkte zu kommen, mit der Folge, dass sich Modeunternehmen auf ihre digitalen Kanäle konzentrierten. Hinzu kommt, dass in einer Zeit, in der es weniger physischen Kontakt gab, die Aufmerksamkeit auf die Online-Präsentation gerichtet wurde – in sozialen Medien oder in Spielen wie Animal Crossing, in denen die Mode eine immer wichtigere Rolle zu spielen begann. Einige Marken, darunter Balenciaga, nutzten sogar Spiele, um ihre neue Kollektion zu präsentieren. Auch weitere digitale oder phygitale Bekleidungsmarken, wie Copiist des niederländischen Designers Garry Dijkema kamen auf den Markt.
Physische Modenschauen konnten fast nirgendwo auf der Welt stattfinden und so entwickelte sich auch das Konzept der digitalen Modenschau 2020 uneingeschränkt. Internationale Couture-Marken drehten aufwändige Modefilme, Gucci wartete mit einem zwölfstündigen Live-Stream auf, und Dior baute einen glitzernden 3D-Kosmos für seine Online-Show auf. Das vielleicht fortschrittlichste Beispiel war die Helsinki Fashion Week, die nicht nur ein digitales Medium zur Übertragung einer physischen Show wählte, sondern auch virtuelle Kulissen, Kleidungsstücke und Avatar-Models einsetzte. Die Teams hinter den Abschluss-Shows der niederländischen und belgischen Mode-Akademien kreierten spektakuläre 3D-Landschaften, in denen die Arbeiten der Studenten gezeigt werden konnten. Auch Showrooms und Modemessen, wie Kingpins, Premium und Pitti Uomo, wurden digitalisiert.
Diese Entwicklungen werden sich voraussichtlich 2021 in Form von vollständig digitalisierten Lieferketten und einer weitreichenden In-Store-Digitalisierung fortsetzen. Ob die physische Modenschau endgültig der digitalen weichen wird, bleibt abzuwarten. Nuria de Miguel, Direktorin der Gran Canaria Swim Week, argumentiert, dass "die Kraft, die Energie und die Emotionen, die mit einer physischen Modenschau einhergehen" bei digitalen Shows "nicht in gleicher Weise vorhanden sein können".
Liebe für Loungewear
Der größte Style-Trend in der Mode 2020 war unbestritten Loungewear. Schon im Frühjahr wurde vorausgesagt, dass Loungewear der absolute Gewinner 2020 sein würde, und diese Prognose hat sich im Laufe des Corona-Jahres bewahrheitet. Bequeme, weiche Loungewear eignet sich nicht nur für Abende auf der Couch, sondern auch für stundenlanges Arbeiten von zu Hause oder das Backen von Pausenbroten für Kinder, die nicht zur Schule oder zur Kinderbetreuung gehen können.
Das Verlangen nach Loungewear bestand schon vor Beginn der Corona-Krise. Trendanalysen aus dem Herbst 2019 und dem Frühwinter 2020 zeigten bereits einen zunehmenden Fokus auf bequemere Kleidung für zu Hause und im Beruf. „Niemand kauft mehr maßgeschneiderte Anzüge", sagte Trendforscher David Shah bereits im Oktober 2019. „Wir leben in einer sehr informellen Gesellschaft. Athleisure ist der neue Lifestyle."
Mit dem Beginn der Lockdowns in mehreren europäischen Ländern explodierte die Nachfrage nach Loungewear. Nicht zuletzt deshalb schoss Nike, Top-Seller von Sneakern und Pullovern, hoch in den Lyst-Index, die Liste der begehrtesten Marken. Ende April veröffentlichte Stylight eine Analyse, die die wachsende Relevanz von Loungewear zeigte. Bereits im Frühjahr entwickelten mehrere Marken "Housewear"-Edits; mit den sinkenden Temperaturen im Herbst sprangen neue Loungewear-Unternehmen wie Pilze aus dem Boden, darunter die belgische Marke LordsxLilies. Bestehende Modemarken wie Ganni, Karl Lagerfeld, Zara und Theory führten eigene Loungewear-Linien ein.
So wie es aussieht, wird der Loungewear-Trend uns so lange begleiten, wie die Pandemie andauert. Das spiegelt sich auch in den Schuhtrends für Damen und Herren für das Frühjahr 2021 wider: Sneaker und gepolsterte Sandalen geben den Ton an. Andere prophezeien, dass 2021 das Jahr des 'Revenge-Dressings' sein wird: eine Gegenbewegung, geprägt von Schneiderkunst, High-Heels und luxuriöser Verarbeitung.
Abwehrkräfte aufbauen mit Activewear
Mit dem Ziel, sich im Jahr 2020 so gesund wie möglich zu halten – körperlich und geistig – rollten Menschen auf der ganzen Welt Yoga- und Sportmatten in ihren Wohnzimmern aus und begannen mit Wandern, Laufen und Fitness in Wäldern und Parks. Das Ergebnis: eine steigende Nachfrage nach Activewear, eine Branche, die sich auch während der Pandemie gut entwickelte. Bezeichnend für die Beliebtheit von Activewear war das deutliche Wachstum von Nike in einem Jahr, in dem die meisten Unternehmen Umsatzeinbußen hinnehmen mussten.
Die unterschiedlichsten Marken haben das Potenzial des Marktes im Jahr 2020 genutzt und neue Activewear-Linien eingeführt, darunter Cos und Wolford. Auch Rihannas Savage x Fenty hat eine im Programm.
In der Sportbekleidung wurde das Thema Nachhaltigkeit wichtig. Puma stellte Kleidung aus recyceltem Plastik und mit Bakterien bemalte Sportbekleidungskollektionen vor. Die größten Trends innerhalb der Sportswear waren in diesem Jahr vielseitige, Loungewear-ähnliche Yogakleidung, Tie-Dye-Prints und die Farbe Mandarine, so Stylight.
Sportswear-Einflüsse fanden auch ihren Weg in die Alltagsgarderobe, in Form von koordinierten oder unkoordinierten Sets aus Jersey, strukturiertem Strick und sportlichen, grafischen Prints wie breiten Streifen.
Activewear – im Fitnessstudio und auf der Straße – sollte 2020 sogar zum Thema einer großen Ausstellung im Modemuseum in der niederländischen Stadt Hasselt werden. Doch die Ausstellung musste verschoben werden und wird im Juni 2021 eröffnet.
Nachhaltig und einmalig: Kleidung aus zweiter Hand
War 2019 bereits das Jahr der unabhängigen Second-Hand-Läden, Plattformen wie Rebelle und Unitedwardrobe, dann war der Kleiderverleih 2020 weiter auf dem Vormarschund es war das Jahr in dem konventionelle Unternehmen den Verkauf von Secondhand-Kleidung in ihr Geschäftsmodell aufgenommen haben.
Zalando hat im Oktober mit dem An- und Verkauf von Second-Hand-Kleidung durch Kunden begonnen. Im selben Monat startete Tommy Hilfiger die Initiative Tommy for Life: ein Kreislaufprojekt, bei dem gebrauchte oder beschädigte Tommy Hilfiger- und Tommy Jeans-Kleidung repariert oder in neue Kleidungsstücke in limitierter Auflage umgewandelt werden kann. Im November lancierte der deutsche Onlinehändler About You eine Rubrik 'Second Love' für Secondhand-Damenbekleidung und -Accessoires, in der Teile von Luxusmarken wie Ralph Lauren und Saint Laurent angeboten werden. Selbst der Luxuskonzern LVMH dachte Anfang Dezember über Möglichkeiten für den Verkauf von Second-Hand-Produkten an.
Woher kommt der plötzliche Boom für Secondhand-Kleidung? Das Image der Second-Hand-Kleidung hat sich in den letzten Jahren drastisch gewandelt. In der Vergangenheit lastete noch ein Stigma auf ihr: Die Kleidung wäre 'schmutzig' oder 'altmodisch'. Allmählich wird es jedoch immer akzeptierter, Kleidung aus zweiter Hand zu kaufen. Die Wiederverwendung von getragenen Kleidungsstücken steht im Einklang mit der zunehmenden Aufmerksamkeit für Nachhaltigkeit in der Modeindustrie. Der Markt für Secondhand-Kleidung bietet den Verbrauchern auch den Vorteil, dass sie in einem Markt, der hauptsächlich massenproduzierte Kleidung anbietet, Einzelstücke finden können. Second-Hand-Bekleidung wird damit zu einem erheblichen Wachstumsmarkt, der in den kommenden Jahren noch größer werden soll.
Einfach überall: Mundschutz
Das vielleicht am meisten getragene Fashion-Item 2020 war die Mund-Nasen-Maske. Spätestens ab Sommer waren sie überall im In- und Ausland zu sehen. In vielen Ländern wurde das Tragen einer Maske in Innenräumen oder sogar an öffentlichen Orten verpflichtend. Dadurch wuchs die Nachfrage nach den Masken plötzlich und explosionsartig. Einige benutzten einfache Einwegmasken, andere machten ein Bastelprojekt daraus oder kauften Design-Masken, mit oder ohne buntem Print.
Für Designer und Marken, deren Umsätze in der Zeit des Lockdowns zurückgingen, waren die Masken eine wichtige Einnahmequelle. Zu den Modemarken, die ihre eigenen Mund-Nasen-Masken produzieren, gehören Sjaak Hullekes, Goat Apparel, G-Star, Wolford und JBC und sogar Burberry .
In der litauischen Hauptstadt Vilnius wurde sogar eine echte Mund-Nasen-Maske-Modenwoche veranstaltet. In der ganzen Stadt wurde eine Route von 21 Plakatwänden mit Fotos von Männern, Frauen und Kindern – einschließlich des Bürgermeisters von Vilnius – in kreativen Mundstücken erstellt. Einige haben selbst welche gebastelt, andere haben vorhandene Masken bemalt. Jede Plakatwand wurde mit den Worten versehen: „Kreativität kann nicht verdeckt werden". So schön die Mund-Nasen-Masken auch sein können, so groß ist die Hoffnung, dass sie im Laufe von 2021 nicht mehr gebraucht werden.
Dieser übersetzte Beitrag erschien zuvor auf FashionUnited.nl.
Homepage-Bild: The Fabricant x Puma, via The Fabricant